Was die Insolvenz von Signa für Deutschland bedeutet

Das Signa-Imperium ist pleite. Damit geraten die verbleibenden Galeria Karstadt Häuser, die zum Konzern gehören, in die nächste Krise. Gleichzeitig steuert Deutschland auf eine Rekord-Insolvenzwelle zu, was auch an der nach wie vor zu hohen Inflation liegt. Von Samuel Faber

IMAGO / Manfred Segerer
Sport-Scheck gehört seit 2019 zur Galeria Karstadt Kaufhof der Signa Holding. Foto: Sport-Scheck in München

„Trotz erheblicher Bemühungen in den letzten Wochen konnte die erforderliche Liquidität für eine außergerichtliche Restrukturierung nicht in ausreichendem Maße sichergestellt werden“, hieß es in der Mitteilung vom Donnerstag. Damit ist klar: Die Signa Holding ist pleite. Dies bestätigt, was bereits vor Wochen deutlich wurde. Im Fokus steht Sport-Scheck, das zahlungsunfähig ist und zu Signa gehört. Die Geschäftsleitung beantragte beim Amtsgericht München die Insolvenz.

Bereits Anfang November drängten wichtige Signa-Gesellschafter den Gründer des Unternehmens, René Benko, dazu, das Amt als Beiratsvorsitzender der angeschlagenen Holding aufzugeben, was er dann auch tat. An seiner Stelle trat der renommierte Wirtschaftsprüfer Arndt Geiwitz. Dieser gilt in der Branche als Experte in Sachen Insolvenz und Unternehmensabwicklung. Zudem ist er mit dem Unternehmen vertraut, da er bereits zweimal Galeria Kaufhof saniert hat, das aufgrund der Lockdowns und fehlgeschlagener Unternehmenspolitik in Schwierigkeiten geraten war.

Es droht ein Verfahren wegen Insolvenzverschleppung

Zu Signa gehören auch die ehemaligen Ketten Karstadt und Kaufhof, die heute fusioniert sind, während das Filialnetz erheblich geschrumpft ist. Zur Erinnerung: In der Corona-Krise erhielt Galeria Karstadt 680 Millionen Euro Hilfen im Zuge des Schutzschirmverfahrens. Derzeit ist völlig offen, ob dieses Geld überhaupt zurückgezahlt werden kann. In Zeiten klammer Staatskassen ist dies sicher keine gute Nachricht.

Geiwitz ist nun in der schwierigen Situation, die undurchsichtige Konzernstruktur von über 1000 Einzelfirmen zu überblicken und gegebenenfalls zu entflechten. Zuletzt ging es bei Signa um ein Finanzloch von 500 Millionen Euro. Verbindlichkeiten, die Ende Dezember fällig gewesen wären. Gespräche mit Investoren aus Saudi-Arabien und zuletzt dem US-Hedgefonds Elliott führten nicht zum Erfolg.

Doch es kommt noch dicker: Laut BILD erwägen erste Investoren, Strafanzeige gegen Benko zu stellen. Sie werfen dem Österreicher vor, die Insolvenz verschleppt zu haben. Daten von Ende 2022 zeigen, dass Signa bereits damals mit rund zwei Milliarden Euro Schulden belastet war.

Ist das Geschäftsmodell überhaupt noch zeitgemäß?

„Für die Mitarbeiter von Galeria ist der Verbleib im Unternehmen auf lange Sicht ungewiss. Zwar wird das Weihnachtsgeschäft für Liquidität sorgen, von Dauer dürfte dies jedoch nicht sein. „Aber danach, wenn die neue Ware bestellt werden muss, könnte es schnell schwierig werden“, sagte der Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein gegenüber der Wirtschaftswoche.

Die Gewerkschaft ver.di bemängelt indes bei Galeria mangelnde Konstanz in der Führung des Konzerns. Für die 12.500 Mitarbeiter wünscht sich Bundesfachgruppenleiterin Corinna Groß einen neuen Eigentümer, der Kompetenz im Handel aufweist. „Die immer neuen Hiobsbotschaften bei Signa sorgen bei den Beschäftigten von Galeria für Unruhe“, sagte Groß. „Sie wollen Jobsicherheit und eine planbare Perspektive“, betonte sie gegenüber Tagesschau.de.

Im Zuge immer wiederkehrender Insolvenzen großer Einzelunternehmen stellt sich die Frage, inwieweit Geschäftsmodelle aus vergangenen Jahrzehnten für die kommenden Jahre überhaupt noch tragfähig sind. Einerseits hat sich der Online-Handel bei den Kunden längst als kundenfreundlicher und bequemer etabliert. Andererseits bleibt die Kaufkraft in der deutschen Bevölkerung vergleichsweise auf einem geringen Niveau.

Die Inflation bleibt ein Problem

Betrachtet man allein den deutschsprachigen Raum, so liegt die Bundesrepublik laut GfK nach Österreich (26.671 Euro) und der Schweiz (49.592 Euro) mit 26.271 Euro auf dem letzten Platz. Auch im europäischen Vergleich rutscht Deutschland einen Platz nach hinten auf Platz 9.

Eine wesentliche Konsumbremse ist naturgemäß die Inflation, die im November bei 3,2 Prozent liegt. Das mag zunächst gering erscheinen, wenn man sich vergangene Raten ansieht, jedoch sind hier mehrere Dinge zu beachten. Zum einen liegt die Kaufpreiserhöhung bei Nahrungsmitteln mit 6,1 Prozent immer noch auf einem sehr hohen Niveau. Dies hat zur Folge, dass Ausgaben jenseits von Brot, Milch und Butter fehlen werden, was Warenhäuser wie Galeria zu spüren bekommen.

Zum anderen sind selbst 3,2 Prozent Teuerungsrate noch zu hoch, da diese durch Einkommenserhöhungen derzeit wohl kaum kompensiert werden kann. Betrachtet man dann noch die weitaus höhere Inflationsrate der vergangenen Monate, die auch kompensiert werden müsste, um auf ein Niveau vor der Krise zu kommen, so kommt man zum Schluss, dass Deutschland immer noch vor großen Problemen steckt.

Für Habeck ist das Klima wichtiger

Auch Allianz-Trade-Chef Milo Bogaerts prognostiziert für den deutschsprachigen Raum schwierige Zeiten, insbesondere für den Handel im bevorstehenden Weihnachtsgeschäft. „In diesem Jahr dürften deutlich weniger Geschenke unter dem Weihnachtsbaum landen“, sagt Bogaerts. Die Pleite von Signa dürfte hier erst der Anfang sein. „Die großen Insolvenzen sind in diesem Jahr zurückgekehrt und nehmen Kurs auf den Höchststand aus 2020“, erklärt Maxime Lemerle, Insolvenzspezialist bei Allianz Trade gegenüber Merkur.

Robert Habeck, dessen Hauptaugenmerk kraft seines Ressorts die Wirtschaft sein sollte, ist derzeit in anderen Sphären unterwegs: „Klimaschutz ist Freiheit“, philosophierte der Grünen-Politiker am 30. November bei einer Ökologie-Konferenz in Berlin – am Tag, an dem die Signa-Holding in die Insolvenz ging.

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Kommentare ( 38 )

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38 Comments
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MichaelR
1 Jahr her

ÜBERALL in Deutschlands Städten verschwinden Händler, was aber auch einen Grund hat: zum einen sind die Ladenmieten kaum noch bezahlbar, im Weiteren gibt es insbesondere im Bereich Bekleidung und Elektronik so viele Konkurrenzen, dass nicht jeder Laden bleiben kann. Dazu kommt das Phänomen, dass gerade inhabergeführte Unternehmen keine Nachfolger mehr finden, weil Kinder keine große Lust mehr haben 7 Tage in der Woche zu arbeiten, damit der Laden laufen kann. In den Innenstädten gibt es ein ständiges Kommen und Gehen, was Unternehmen angeht. Dabei werden eine nicht gerade kleine Anzahl als reines Abschreibungsobjekt betrieben. So haben wir 1994 einen Pizza… Mehr

Joe X
1 Jahr her

Sich einen neuen Galeria-Eigentümer zu wünschen, der Kompetenz im Einzelhandel hat, passt ja zur Jahreszeit: Wer darauf hofft, der glaubt auch an den Weihnachtsmann.
Es wird schon einen Grund haben, warum sich seit Jahren niemand mit Handelskompetenz mehr für die Warenhäuser interessiert. So sind diese Einzelhandelsunternehmen zum Spielball von Immobilien-Milliardären geworden.
Die saugen die Unternehmen über die Mietzahlungen aus – und wenn die dann Pleite gehen, zahlt für die Sanierung der Steuerzahler und die Sozialkassen (über die Abschreibung von Steuern und Insolvenzgeld als Insolvenzforderung).

MichaelR
1 Jahr her
Antworten an  Joe X

Dieser »Wunsch« ist ohnehin grober Unfug, wenn man bei einem Konzern von »Einzelhandels Kompetenz« spricht, denn der wirkliche Einzelhandel, wo ganz besonders kaufmännische Grundlagen über Erfolg und Untergang entscheiden, können für Konzerne überhaupt nicht zutreffen. Die großen Kaufhausketten richten sich ausschließlich daran, so viel wie möglich zu verkaufen, damit die Umsätze und am Ende die Gewinne möglichst hoch sind. Aktionäre sind am Ende diejenigen, die so einen Konzern hinrichten können. Aktionäre halten immer gern die Hände auf und wollen immer höhere Dividenden, was damit begründet wird, dass sie ein finanzielles Risiko tragen würden. Ein kleiner Unternehmer trägt auch das finanzielle… Mehr

Mindreloaded
1 Jahr her

Fakenews: „Rekord-Insolvenzwelle“!
Die hören in Wirklichkeit nur auf zu verkaufen!

MichaelR
1 Jahr her
Antworten an  Mindreloaded

Falsch! Diese Unternehmen sind lediglich zahlungsunfähig, produzieren aber weiter, bis neues Geld kommt. Erst, wenn niemand mehr einen Kredit geben will, wird auch die Produktion aufhören. Es kann auch passieren, dass jemand ein Unternehmen hängen lässt, um es nach einer Weile praktisch für »einen Appel und ein Ei« kauft. Was Signa angeht, haben die 1000 Tochterunternehmen; unter anderem auch »Sport Scheck«. Es gab im Vorfeld schon Verhandlungen, wobei ein britisches Unternehmen »Sport Scheck« kaufen wollte. Zwar ist das nichts geworden, weil es irgendwo kleinere Probleme gab, dennoch ist das britische Unternehmen weiter an der Übernahme von »Sport Scheck« interessiert. Es… Mehr

Flik Flak
1 Jahr her

Ich fahre schon seit Jahren nicht mehr in die Stadt einkaufen. Stau, keine Parkplätze und ein Sortiment an meinem Bedarf vorbei. Von dem freundlichen Personal gar nicht zu sprechen.

MichaelR
1 Jahr her

Damit geraten die verbleibenden Galeria Karstadt Häuser, die zum Konzern gehören, in die nächste Krise.  Da hat der Gastautor wohl 20 Jahre und mehr tief und fest geschlafen, denn Karstadt und Galeria standen schon immer auf der Kippe und haben sich beim Zusammenschluss auch nie wieder aufrappeln können. Beide Häuser haben über die Jahre immer mehr Personal freigestellt, weil jedem in der Konzernleitung bewusst war, dass es irgendwann ohnehin ein Ende finden muss. Solange Aktionäre noch Geld herausholen konnten, war alles in bester Ordnung. Was mich an diesen Konzernen wirklich nervt ist, dass sie allesamt eine Einmischung bei Lohnverhandlungen von… Mehr

tobilinooo
1 Jahr her
Antworten an  MichaelR

Kann mich noch an die unverschämte Aktion mit dem von Steuergeldern bezahlten Quelle-Katalog erinnern. Unglaublich!

MichaelR
1 Jahr her
Antworten an  tobilinooo

Ja eben, das waren ja immerhin satte 50 Mio. €.
https://www.focus.de/finanzen/news/der-quelle-katalog-kommt-versand_id_1772873.html
Und das für einen Katalog!!!
Was mich wirklich genervt hat, war dieses weinerliche Getue von der Madeleine Schickedanz, die vor lauter Geldgier nicht schlafen konnte und sich auf Spekulationsgeschäfte eingelassen hatte und sie 1,9 Milliarden Euro gekostet hatten.
In den Medien hatte sie dann gesagt, sie müsse von 600,– € im Monat leben. Ich wurde sofort von großer Trauer übermannt…
https://www.deutschlandfunk.de/quelle-erbin-kaempft-um-milliardenvermoegen-100.html
Hat man den richtigen Familiennamen, bekommt man problemlos Hilfe; hat man den nicht, warten die Banker schon mit gewetzten Messern um sich alles einzuverleiben.

TschuessDeutschland
1 Jahr her

Signa ist eines der „Geschäftsmodelle“, die aufgrund der Null-Zins-Politik der EZB sowie Kontakten in die Politik (der österreichische Ex-Bundeskanzler Kurz wartet noch auf eine Millionen-Provison) „funktioniert“ haben. Wenn Geld nichts kostet muß man nur immer neue „Investoren“ finden und kann so ein Konglomerat wie Signa aufbauen. Das ist jetzt vorbei und Signa ist nur die erste der großen Insolvenzen. Da die EZB viel zu lange die Zinsen künstlich niedrig gehalten hat gibt es dieses „Geschäftsmodell“ überall. Das wird noch blutig. Und wenn jetzt der wahre „Wert“ der Gewerbe-Immobilien im Schlußverkauf offensichtlich wird -noch blutiger.

Last edited 1 Jahr her by TschuessDeutschland
Martin Muehl
1 Jahr her
Antworten an  TschuessDeutschland

Von wegen „Geld kostet nichts“.
Die EZB verlangt bei der Geldvergabe zwischen 4 und 5%. Und die Banken müssen bei der Kreditvergabe natürlich etwas drauf legen, denn sie müssen ja auch von etwas existieren. Also 7% aufwärts (Bei Neuverträgen).

koba
1 Jahr her

Das eigentliche Problem bei Aussagen wie „Klimaschutz ist Freiheit“ liegt doch darin, dass wir ja gar keinen effektiven Klimaschutz leisten können, selbst wenn die Narrative stimmten. Wir könnten, im besten Fall nur einen technologischen Weg aufzeigen, da wir ja nur für 2% der Weltweiten Emissionen verantwortlich sind. Nun zeigen wir aber, dass eine führende Technologie- und Industrienation, selbst unter Aufbringung von Billionen, nicht in der Lage ist, eine tatsächlich CO2 verringernde Energiewende zu erreichen. Weil es technisch nicht möglich ist. Damit erbringen wir den Beweis, dass diese Art von „Klimaschutz“ reine Fiktion ist. Warum greifen Konservative das nicht auf, und… Mehr

jonny
1 Jahr her

„Kaufpreiserhöhung bei Nahrungsmitteln mit 6,1 Prozent“
Ich weiss nicht wer das mit welchem Warenkorb ermittelt. Beispiel Aldi, Olivenöl Hausmarke vorher (2021) 3,99€, jetzt 7,99€. Aldi Tomatenmark vorher 0,49 ct, jetzt 1,09€ (reduziert von 1,19€). Beispiel Dat Backhus famila Norderstedt Gaues Bauernbrot 1kg 16,- €. Edeka Dose Hundefutter 400g vorher 1,09€ jetzt 1,99€ usw.

Urbanus
1 Jahr her
Antworten an  jonny

„Ihr werdet nichts besitzen, aber ihr werdet glücklich sein“. Diese Agenda hat gerade jetzt angefangen.

Mindreloaded
1 Jahr her
Antworten an  jonny

Der Warenkorb ist ein Staatsgeheimnis und wird jedesmal neu bestückt. Je nachdem was gerade die Inflation senkt.

Rasparis
1 Jahr her
Antworten an  Mindreloaded

Mutmasslich liess der prekäre Dreigroschenphilosoph und Kinderbuchschmierant ein sog. e-Auto und eine „Wärmepumpe“
dem Warenkorb hinzufügen – also das, was nach Habecks Horizont überlebensnotwendig ist und sich jeder von uns typischerweise beim Wocheneinkauf in den Einkaufswagen legt.
Da herrscht mangels Subventionsbimbes gerade Nachfrageflaute, die Preise fallen.

Amadeus
1 Jahr her

Klimaschutz ist Freiheit, exakt. Nach dem Jobverlust nur einmal zur Bürgergeldstelle, danach für immer frei…

Thorsten Maverick
1 Jahr her

Ich fand Benko immer sehr verdächtig. Nirgendwo stand, wie er so schnell so reich werden konnte. Deshalb hatte ich immer den Verdacht, daß das alles nur heiße Luft oder ein Schneeballsystem ist. Ein guter Indikator ist immer die Konzernstruktur. Wenn sie sehr kompliziert ist, ist das sehr verdächtig. Da kann dann Geld hin und her verschoben werden, um Vermögen vorzugaukeln, das nicht existiert. Gleichzeitig erschwert das die Führung und erhöht die Kosten. Früher hieß Sport Scheck ja Karstadt Sport. In Karlsruhe hat sich das Angebot mit dem Wechsel deutlich verschlechtert. Gute Marken flogen raus. Der Online Shop ist nicht gut.… Mehr

alter weisser Mann
1 Jahr her
Antworten an  Thorsten Maverick

„Früher hieß Sport Scheck ja Karstadt Sport.“ …. Nö

SportScheck war SportScheck. (1946 gegründet, Familie Scheck, 1988/91 an OTTO, 2019 an Signa, da war Sport Scheck schon defizitär.)
Karstadt Sport war Karstadt Sport. (Karstadt war seit ca. 2004 in Problemen, lange Elendsgeschichte, 2014 an Signa)
Haben unter Benko fusioniert und wurden unter Sport Scheck fortgesetzt.