Top-Manager Lauk: Trotz Milliarden-Investitionen steht Europas Chipindustrie vor dem Aus

Kurt Lauk war Vorstand in führenden deutschen Industrieunternehmen wie VEBA (heute Eon), leitete für DaimlerChrysler den Vorstandsbereich Nutzfahrzeuge. Er war Abgeordneter im Europaparlament und Präsident des CDU-nahen Wirtschaftsrats. Heute ist er Aufsichtsrat, Investor und Berater.

IMAGO/Jens Schicke
Kurt Lauk

Stuttgart. Den Poker um Milliarden-Subventionen für den Bau der Intel-Chipfabriken in Magdeburg und der Infineon-Fabrik in Dresden sieht der frühere CDU-Politiker und Top-Manager Kurt Lauk (Audi, Daimler, VEBA) kritisch. Vor allem Intel sind die angebotenen Förderung zu gering, auch vor dem Hintergrund stark gestiegener Energiepreise. Europa müsse sehr viel mehr in Forschung und Entwicklung von Hightech-Chips investieren, um nicht noch stärker hinter den USA und Asien ins Hintertreffen zu geraten, so Lauk im Gespräch mit dem Monatsmagazin Tichys Einblick. „Die EU will mit zu wenig Geld zu viel erreichen. Ein Beispiel: Samsung investiert bis 2030 nach eigenen Aussagen 100 Milliarden Dollar für Logikchips, weitere 100 Milliarden in Memory Chips. Die EU ist weit von diesen Zahlen weg, die Rede ist von rund 20 Milliarden Euro“, kritisiert Lauk, der von 2004 bis 2009 für die CDU im Europaparlament saß und von 2000 bis 2015 Präsident des CDU-Wirtschaftsrates war. Aktuell fordert Intel für den Bau von zwei Chipfabriken in Magdeburg 10 Milliarden Euro, die EU und der Bund haben 6,8 Milliarden angeboten. „Das wäre die Hälfte des Bedarfs, den die EU insgesamt für das Advanced-Silicon-Programm ausgeben möchte. Da sieht man, wie weit die Welten auseinander sind und wie wenig Brüssel eigentlich versteht, wie diese Industrie funktioniert. Das ist erbärmlich.“ Aktuell seien in Europa nur zehn neue Chipfabriken geplant, in den USA 14 und in Taiwan über 20.

Die EU drohe vor allem den Anschluss an die Entwicklung von Hochleistungs-Chips unter 20 Nanometer zu verpassen, die besonders für große Serverfarmen und im Cloudcomputing der Zukunft eingesetzt werden. „90 Prozent des Weltmarkts verwenden derzeit Chips in einer Größe zum Teil weit über zehn Nanometer. Da kann Europa mitspielen. Der Zukunftsmarkt wird aber, was die Server angeht, unter zehn Nanometer verlangen“, so Lauk. „Wenn man über Artificial Intelligence und Cloud- Computing nachdenkt, braucht man in Zukunft diese High-Performance-Chips von unter zehn Nanometern. Die sind deshalb wichtig, weil sie zwischen 80 und 90 Prozent weniger Energie verbrauchen als die herkömmlichen.“ Heute würden die weltweit 600 bis 700 Hyperscale-Datenzentren mit jeweils mindestens 400.000 Servern schon rund zehn Prozent der weltweit erzeugten Energie verbrauchen. Hier könnten die neuen Chips also enorme Mengen Energie einsparen. Allerdings seien hiesige Entwickler und Hersteller nicht in der Lage, solche Chips unter 10 Nanometern zu produzieren.

Gegen die Herstellung dieser Chips in Europa und insbesondere Deutschland sprechen zudem die hohen Energiekosten und mangelnde Energiesicherheit, so Lauk. „Nicht nur die Chips und Computer sind stromhungrige Geräte, sondern auch die Chipherstellung. Dazu braucht man ungeheure Energiemengen. Wie soll das eigentlich in Deutschland funktionieren, wenn der Strom durch Windräder erzeugt werden soll? Die Fabriken müssen durchlaufen, sieben Tage, 24 Stunden. Es ist das Geheimnis der Grünen, wie man das mit Solar- und Windenergie machen will.“


Das komplette Interview in Tichys Einblick 04-2023 >>>

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Kommentare ( 64 )

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Kindermund
1 Jahr her

Muss bei derart kleinen Strukturen (1 Nanometer = Durchmesser von 10 Atomen) die Temperatur im Raum nicht seeehr konstant gehalten werden? Wie soll das gehen, wenn die Klimaanlage und die Maschinen (Wärmequellen!) nach Lust und Laune des Windes rauf- und runtergefahren werden sollen?

Kralle Krawinkel
1 Jahr her

und bitte alles klimaneutral, was immer das auch sein soll. Wir sind jetzt bei 2 Nanometern in der allerneuesten Chipgeneration angelangt. INTEL hat aktuell das Rennen gegen AMD verloren: die 20 Nanometer Chips sind Lastenfahrräder im Rennen gegen Formel 1 Boliden. In der EU werden keine Chipfabriken der neuesten Generation gebaut, das wird definitiv vom Pentagon verhindert (eine weitere Pipeline können sie zwar nicht sprengen aber Anschläge auf weitere Infrastruktureinrichtungen sind sicher möglich). Chips sind eben die Rohstoffe der Zukunft. Die Macht des US-amerikanischen Polit-/Konzernkatells hat jüngst Taiwan Semiconductors erfahren müssen. Darüber hinaus es ist schlichtweg ein Rennen der Konzerne,… Mehr

Fsc
1 Jahr her

Wir drohen den Anschluß zu verlieren?
???
DER war gut! ???
Diese unsägliche Posse erinnert mich an Honecker mit Stolz präsentierten ersten 1-MB-Chip aus „DDR“ – Produktion
– made in Japan…

Während der Rest der Welt Nanochips baut, arbeiten unsere Grünen unbestätigten Berichten zufolge vermutlich schon am ersten aus biologisch angebautem Holz geschnitzten Makrochip. ?
Während man im Hause Özdemir wohl an einem Salz- und glutenfreien, veganen Halal-Kartoffelchip forscht… ?

dienbienphu
1 Jahr her
Antworten an  Fsc

Da weiß ich echt nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Die Computerindustrie hier ist Geschichte. Früher gehörte Deutschland auch hier zu den führenden Nationen. Die Nixdorf Computer AG war weltweit als Spezialist für Geldautomaten und Kassensysteme erfolgreich. Firmen wie Escom, Vobis, Commodore, Schneider stellten hier Computer her. Mannesmann baute Mobilfunknetze. Selbst IBM unterhielt eine große Präsenz mit Werk in Deutschland. Heute ist das alles vergessen. Es gibt nicht mal Ansätze, wie man zu altem Glanz zurückfinden könnte. Weil immer von der großen Transformation geschwafelt wird. Ich frage mich nur, Transformation wohin? Man bettelt Intel um eine Investition an. Aber… Mehr

Last edited 1 Jahr her by dienbienphu
Ralf Poehling
1 Jahr her

Zitat:„Wenn man über Artificial Intelligence und Cloud- Computing nachdenkt, braucht man in Zukunft diese High-Performance-Chips von unter zehn Nanometern. Die sind deshalb wichtig, weil sie zwischen 80 und 90 Prozent weniger Energie verbrauchen als die herkömmlichen.“ Das ist der Schlüsselsatz. Wenn man in der EU so sehr darauf Wert legt, den Energieverbrauch zu senken, um die Abhängigkeit von Energieimporten aus dem Ausland zu reduzieren (oder auch um den Klimawandel zu stoppen, wenn man es denn unbedingt so verpacken will) dann sollte man den Verbrauch so weit es geht auch bei Computern bzw. deren Chips reduzieren. Dass kleinere Chipstrukturen bei gleicher… Mehr

caesar4441
1 Jahr her

Subventionen in etwas zu stecken,das man sowieso demontieren will ist nicht gerade logisch entspricht aber dem Zustand der Regierung.Es handelt sich sowieso nur um stupid Steuergeld.Fenster auf !

Wuehlmaus
1 Jahr her

Ganz dumme Frage. Intel will Geld verdienen. Wieso investieren die nicht 100% Eigenkapital, so wie Samsung? Reicht es nicht, die geeigneten Rahmenbedingungen zu schaffen?

alter weisser Mann
1 Jahr her
Antworten an  Wuehlmaus

Nein, das reicht nicht, weil es genug Standortwettbewerber gibt.
Natürlich muss man keine Subventionen zahlen und kann von seinen gar nicht so tollen Rahmenbedingungen, z.B. den Energiekosten, reden. Da geht man dann eben leer aus.

Klaus D
1 Jahr her
Antworten an  alter weisser Mann

Stimmt so auch nicht ganz siehe china. In vielem ist china ein „besserer“ standort weil die löhne niedriger sind, die umweltauflagen niedriger sind, die energie weniger kostet und auch die steuern niedriger sind. Gerade die hohen subventitonen führen zu dem was wir haben sprich der staat muss massiv an der steuerschraube drehen und so entsteht ein unheilvoller kreislauf

alter weisser Mann
1 Jahr her
Antworten an  Klaus D

Und deshalb reicht es für Investitionsentscheidungen mit hiesigem Standort geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, weil die in China besser sind? Aha.
Den 2nheilvollen Kreislauf unterbrechen … das funktioniert mit uns als Vorreiter dann wohl wie die Klimarettung?

Last edited 1 Jahr her by alter weisser Mann
Klaus D
1 Jahr her
Antworten an  alter weisser Mann

Ja oder man muss akzeptieren das es hier wirtschaftlich massiv bergab geht und genau das erleben wir ja gerade extrem mit der mitte-grün politik. Ich würde als unternehmer hier auch keinen cent mehr investieren wollen.

dienbienphu
1 Jahr her
Antworten an  Wuehlmaus

Die geeigneten Rahmenbedingungen zu schaffen, wäre am besten. Aber daran denkt hier keiner. Lieber macht man Schulden und wirft dann das Geld raus. Dabei wäre ein Intel-Werk für Magdeburg ein Segen wegen der dortigen hohen Arbeitslosigkeit und strukturellen Schwäche. Das wird wohl auch ein Beweggrund sein. Ich weiß gar nicht, ob sich im „Osten“ überhaupt schon mal ein Unternehmen angesiedelt hat ohne Subventionen. Brachliegende Flächen für Industrieanlagen samt Infrastruktur gibt es im Westen zu genüge.

LF
1 Jahr her

Ich glaube, darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an.
Außerdem wird der selbsternannte Wirtschaftshäuptling diese Zusammenhänge ohnehin nicht verstehen. Die Beschäftigten dieser Unternehmen sollen es positiv betrachten.
Sie sind ja nicht arbeitslos, sondern Sie nehmen sich nur eine Erholungsauszeit.

Klaus D
1 Jahr her

Unsere ELITE ist träge und ängstlich geworden. Man hat sich dran gewöhnt das der staat viel dazu tut (absichert) und selber will man nichts mehr riskieren. Dazu hat man jeden mist mitgemacht wie den energiewahnsinn. WO war denn der große aufschrei und vorallem der druck der großen und mächtigen in deutschland als der wahnsinn anfing. Man feierte im kanzleramt geburtstag und läßt sich selbst diesen vom staat zahlen….. Ackermann feierte auf Staatskosten – Der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, hat seinen 60. Geburtstag im Bundeskanzleramt gefeiert. https://www.spiegel.de/politik/deutschland/party-im-kanzleramt-ackermann-feierte-auf-staatskosten-a-644659.html

wackerd
1 Jahr her

Da stellt der Manager aber schlimme Fragen. Einen Industriestandort mit Windmühlen betreiben. Ja, so möchten es die Steinzeitgrünen gerne. So wie der studierte Ökonom, Wirtschaftsweise und Physiker Habeck auch die Solarpanelindustrie in Deutschland wieder zum Leben erwecken möchte. PS Die Fachkräfte sind ja schon 100.000fach im Land. Nur zu!

MarkusF
1 Jahr her

Dazu nur zwei Anmerkungen.
1.) Mikrochips stecken heute in fast jeden höherwertigen Industrieprodukt. Sie sind der Rohstoff für weitere Produkte schlecht hin. Eine Volkswirtschaft die keine eigenen Mikrochips herstellen kann hat über kurz oder lang keine Chance.
2.) Die Entwicklung und Produktion von Mikrochips ist inzwischen so aufwendig und teuer das dies kein Staat, keine EU durch Subventionen bzw. Steuergelder finanzieren kann. Die Fertiger von Mikrochips brauchen ein Umfeld in dem sie kostendeckend und gewinnbringend arbeiten können.

Renaissance_Helenia
1 Jahr her
Antworten an  MarkusF

Sie sind schrecklich uninformiert. Die Entwicklung von nennenswerten Innovationen von Mikrochips findet hier statt und die Produktion dieser ist nur durch die Technologie von hier überhaupt möglich. Die neuesten Chips werden mit Lithografiemaschinen hergestellt, die von Zeiss erfunden, und jetzt von der niederländischen Firma ASML produziert werden. Sie sind die einzigen, die diese Maschinen fertigen können und verkaufen diese dann zur Herstellung an Intel und TSMC. Deshalb hat sich die USA ja auch eingemischt und wollte, dass ASML nicht nach China ihre Maschinen verkaufen, obwohl diese wohl Jahrzehnte bräuchten um diese Maschinen auch nur nachzuahmen. Dieses schlecht reden von Europa… Mehr

MarkusF
1 Jahr her
Antworten an  Renaissance_Helenia

Sind sie sicher das sie auf meinen Kommentar geantwortet haben? Ich habe mit nichten geschrieben das wir das hier nicht könnten. Es geht um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen die hier nicht mehr passen.
Im übrigen habe ich über 15 Jahre selbst in der Halbleiterindustrie gearbeitet.

Renaissance_Helenia
1 Jahr her
Antworten an  MarkusF

Ich habe auf Ihren Kommentar geantwortet, da sowohl der Artikel als auch ihr Kommentar so klingt, als gäbe es unüberwindbare Hürden der Technologie, die Europa davon abhielten diese Dinge zu produzieren, was schlicht Unsinn ist. Diese bestehen eigentlich nur bei den Maschinen, die ja ausgerechnet aus Europa kommen und von Europäern entwickelt wurden. Es ist wichtig herauszustellen, dass es hierbei, wie ich Sie jetzt auch verstanden habe, um mangelnde wirtschaftliche Rahmenbedingungen hier in Europa, und auch, was noch viel schlimmer ist, nicht vorhandene politische Willenskraft geht. Ich denke die Menschen hier sind bereits so gehirngewaschen, dass sie denken, Amerika und… Mehr

Hieronymus Bosch
1 Jahr her
Antworten an  Renaissance_Helenia

Das ist endlich einmal eine gescheite Antwort! Wir wissen schon seit Jahren, dass die Chinesen westliche Technologien aufsaugen und damit in die staatlich finanzierte Massenproduktion gehen. Chinesische Autobauer sind gerade dabei, den weltweiten E-Mobil-Markt aufzurollen, mit preiswerten und technologisch hochwertigen Fahrzeugen. Dies konnten sie nur, weil sie diese Technologie von europäischen und amerikanischen Herstellern übernommen hatten. VW und BMW z.B. bauen ihrerseits Produktionsständorte in China auf und wollen von dort aus sogar den europäischen Markt beliefern – aus Kostengründen. Sie laufen damit den Chinesen hinterher, damit wir hier nich bald alle mit chinesischen Wagen herumfahren!

bfwied
1 Jahr her
Antworten an  Renaissance_Helenia

Schon halbwegs recht, aber Sie gehen zu weit. Wir wissen, dass die Maschinen zur Chipherstellung von D. kommen, aber das ist nur ein Aspekt. Unter uns sind noch sehr helle Köpfe, aber die werden, wie in meinem Fach, an die Kandarre genommer, und auch die anderen können die Früchte ihrer Arbeit hier nicht zum Tragen kommen sehen, und das ist nun mal eindeutig der Fehler einer idiotischen Politik von Ideologen und Träumern. Auch die Forschung wandert mittlerweile ab, unsere hellen Köpfe gehen mit, dorthin, wo sie die besten Bedingungen für die Forschung haben. Hier erstickt die Bürokratie, und die ist… Mehr