Warum Deutschlands Solar-Branche ihren zweiten Sonnenuntergang erlebt

Der Schweizer Hersteller Meyer Burger schließt sein Werk im sächsischen Freiberg, und kündigt 400 Beschäftigten. Die Hoffnung des schwer angeschlagenen Konzerns auf Subventionen erfüllten sich nicht.

picture alliance / imageBROKER | Stefan Klein

„Wir erleben hier und jetzt den Beginn eines neuen Zeitalters der Solarindustrie”, erklärte Gunter Erfurt, Vorstandschef des Schweizer Solarmodul-Herstellers Meyer Burger, im Mai 2021, als der Konzern seine Modulherstellung im sächsischen Freiberg startete. Mit diesem Werk und anderen Standorten in Deutschland sollte nach seinen Vorstellungen ein neues deutsches Solarwunder entstehen – dieses Mal nachhaltig, nachdem die Hersteller der ersten Welle wie Sovello, Q-Cells und Solar World schon vor mehr als zehn Jahren aufgeben mussten. Folgerichtig setzt die Schließung des Meyer Burger-Werks in Freiberg nun den Schlusspunkt hinter diesen zweiten Versuch, die Massenherstellung von Solartechnik in Deutschland zu etablieren.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Und auch das zweite Mal scheiterte das Projekt aus dem gleichen Grund: Gegen die günstigeren chinesischen und koreanischen Wettbewerber bleibt Firmen am Standort Deutschland keine Chance. Denn die Solarmodulherstellung ist vor allem ein energieintensives Geschäft. Dazu kommen noch die im internationalen Vergleich hohen deutschen Unternehmenssteuern. Meyer Burger in Freiberg kündigte an, das Werk in Freiberg endgültig dichtzumachen, dessen Produktion schon seit März 2024 stillstand. Gut 400 Beschäftigte verlieren ihren Job, ihre Entlassung folgt Ende April. Nur etwa 100 Mitarbeiter können möglicherweise an andere Konzernstandorte wechseln, die allerdings auch unter Druck stehen.

Bis zuletzt hoffte Meyer Burger-CEO Erfurt noch auf ein Subventionspaket der Bundesregierung, dass die Grünen unter dem irreführenden Namen „Resilienzbonus“ einzuführen versuchten. Das hätte den Einsatz weiterer staatlicher Milliarden für eine Industrie bedeutet, die in Deutschland in zwei Anläufen daran scheiterte, langfristig profitabel zu werden. Das Nein von Finanzminister Christian Lindner zu dauerhaften Geldspritzen für Solarhersteller besiegelte das Schicksal der Freiberger Fabrik.

Subventionen für die deutsche Solarindustrie
Das ABC von Energiewende und Grünsprech 110 – Resilienzbonus
Schon 2013 scheiterte der damalige EU-Wettbewerbskommissar Karel de Gucht mit seinem Versuch, defizitäre Unternehmen wie Solar World durch einen Einfuhrzoll für chinesische Module zu retten. Seine Begründung lautete, China verzerre mit Dumping den Wettbewerb. Das traf auch zu. Nur kündigte die chinesische Seite daraufhin an, sich im Gegenzug mit hoch subventioniertem französischem Wein näher zu befassen, und darauf entsprechende Strafzölle zu erheben. Damit endete das Unternehmen Solar-Rettung: Auf einen Handelskrieg mit Peking wegen ein paar kränkelnden Herstellern – davon fast alle aus Deutschland – wollte sich die EU nicht einlassen. Bei der heutigen Abhängigkeit von China würde das erst recht niemand in Brüssel wagen. Und für eine nationale Dauer-Stütze fehlen der Bundesregierung seit dem Haushaltsurteil des Verfassungsgerichts die nötigen Milliarden.

Wirtschaftlich steckt Meyer Burger schon seit vielen Jahren in tiefen Schwierigkeiten. Der Konzern mit Sitz in Thun erlöste 2023 nur noch einen Umsatz von135 Millionen Franken – nach 147 Millionen im Jahr 2022. Der Verlust vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen überstieg den Umsatz mit 164 Millionen Franken deutlich. Mit Sondereffekten durch Wertberichtigungen kam der Konzern 2023 sogar auf ein Minus von fast 292 Millionen Franken. Trotz einer Kapitalerhöhung von 250 Millionen Franken im Oktober 2022 geht es dem Gesamtunternehmen schlecht. Subventionen aus dem deutschen Steuertopf wären Meyer Burger also sehr willkommen gewesen – aber sie hätten vor allem dazu beigetragen, einer siechen Firma über die nächsten Runden zu helfen.

Seine Hoffnung setzt der Schweizer Solar-Konzern jetzt auf eine entsprechend subventionierte Produktionserweiterung in den USA.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 15 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

15 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
ReneKall
6 Monate her

Die Vorprodukte für die Siliziumschmelzen (Quartzglastiegel) werden heutzutage mehrheitlich auch in China hergestellt. Diese Produktion ist ebenfalls sehr energieintensiv. Quarzsand wird mittels erzeugtem Lichtbogen geschmolzen und in Tiegel gegossen und gereinigt.
Deutschland wird von den grünlinksgelbschwarzen planmäßig ruiniert.

Peterson82
6 Monate her
Antworten an  ReneKall

Das hat nichts mit Energie-Intensiver Herstellung zu tun. Diese fließt sicherlich mit in den Modulpreis ein, ist aber nicht kriegsentscheidend. Auch hohe Personalkosten sind in nahezu vollautomatisierten Fertigungsprozessen irrelevant.
Das Problem ist, dass man bei Meyer-Burger mehr Geld für PR statt Entwicklung ausgegeben hat. Ein Modul mit 380Watt auf den Markt zu bringen das 3x mehr kostet als eines aus Fernost das technisch schon weiter ist (z.B: AIKO) mit 450Watt und gleichen Belastungswerten ist einfach nicht mehr vermittelbar.
Wir waren nicht nur zu teuer sondern auch technisch hinterher.

Carl22
6 Monate her

2020 wurde der SolarGlas-Hersteller Interfloat (Glasmanufaktur Brandenburg in Tschernitz) an die österreichische HS Timber Group verkauft. Schon 2022 kaufte dann die indische Borosil den Laden. Täglicher Energiebedarf von 420.000 Kilowattstunden. Produktionsleiter Zeisig erklärte damals, bei Wegfall des damals noch billigen Russengases drohe die Schließung, und weiter: “Wir reißen die ganze Solarindustrie mit. Es gibt keinen Lieferanten mehr von Solarglas. Mittlerweile sind wir der einzige Solarglasproduzent in ganz Europa.” 26/9/22 sprengte bekanntlich Putin seine eigene Gaspipeline in die Luft, erstaunlicherweise produzierte die Glasmanufaktur Anfang 2024 – als weiterhin einzige Solarglasschmelze Europas – noch Solarglas. Anfang diesen Jahres berichtete dann bereits TE… Mehr

Ceterum censeo Berolinem esse delendam
6 Monate her

Verblüffend, mit welcher Regelmäßigkeit sich immer wieder herausstellt, dass diese ganzen hochgejubelten grünen Geschäftsmodelle um „Nachhaltigkeit“ und „Erneuerbare Energien“ sich ohne horrende Dauersubventionierung niemals rechnen. Sobald der Subentionstropf versiegt, ist Ende Gelände.

Bei der gehypten Elektromobilität erleben wir die globale Pleitewelle ja gerade auch live und in Farbe mit. Bald wird sich das selbe Spiel beim „grünen Stahl“ wiederholen. Und irgendwann platzen auch die teuren Wasserstoffträume – aber natürlich erst, nachdem unzählige Milliarden in diesen absehbaren Pleiteprojekten versenkt wurden.

TschuessDeutschland
6 Monate her

„die Solarmodulherstellung ist vor allem ein energieintensives Geschäft“. Jetzt stell mer uns ma janz blöd: Zuerst buddelt man mit irrsinnigem Aufwand und fragwürdigen Methoden knappe Rohstoffe aus der Erde (Solarmodule brauchen hochreines Graphit sowie Silber), dann verschifft man diese mit Tankern nach China, die dreckigstes Schwer-Öl verbrennen, in China verbackt man das Ganze dann mit Dreck-Strom und hoch-toxischen Prozessen unter Höchst-Temperaturen zu „Solarmodulen“ mit einem „Wirkungsgrad“ von knapp über 10%, schippert selbige nach Deutschland (wieder mit Tankern… siehe oben), und da pappt man sie auf Dächer in einem Land, in dem acht Monate im Jahr gerade genug Sonne für die… Mehr

J. Braun
6 Monate her
Antworten an  TschuessDeutschland

Doch, das rechnet sich alles durchaus, dank der Subventionen, die CDU, SPD, FDP und Grüne so großzügig an die Aufsteller der Dinger über Jahre verteilt haben. Und dann stellt sich natürlich die Frage, woher die Chinesen, die da mit Niedrigpreisen (was ohne Forschung schnell möglich ist) hantieren, das Know-how haben. Ich gehe davon aus, das kam von ein paar deutschen Ingenieuren, die das auf Anweisung ihrer Firmenchefs, die mit Merkel oder anderen deutschen politischen Größen in China waren, dort alles auf den Tisch gelegt haben. Jetzt tut sich die Frage auf, wer letztendlich Merkel und die anderen politischen Schwergewichte aus… Mehr

egal1965
6 Monate her
Antworten an  J. Braun

Ich glaube, das sie die deutsche „Ingenieurskunst“ doch ein wenig übertreiben, wenn sie wirklich glauben, das in China ohne deutsche Ingenieure nichts gehen würde.
Diese Zeit ist längst vorbei, auch wenn manche davon noch träumen…

Last edited 6 Monate her by egal1965
Peterson82
6 Monate her
Antworten an  TschuessDeutschland

Schön was sie da alles ausgedacht haben, das Problem ist nur, es entspricht nicht der Realität. Egal wo das Modul gebaut wurde und wie dreckig der Strom zur Herstellung auch war, es ist energetisch unheimlich schnell wieder raus. Und nicht vergessen, jede kwh die hier ein Modul erzeugt, wird auch weniger Kohle verbrannt. Es spielt keine Rolle ob das Modul nach 2 (EU-Energiemix) oder 3 Jahren (China) energetisch wieder einspielt, bei Einsatzzeiten von >25Jahren.

Ede Kowalski
6 Monate her

„entsprechend subventionierte Produktionserweiterung in den USA.“

Dauerhafte Subventionen sind Gift für eine gesunde Marktwirtschaft und dienen nur einer Insolvenz Verschleppung.

Montesquieu
6 Monate her

Unter dem durch die Energie(w)ende erzeugten „Wirtschaftswunder“ (Onkel Olaf) hatten sich die Bürger wohl eigentlich etwas anderes vorgestellt.  „Resilienzbonus“ wird da dringend benötigt.
Aber die meisten, die sich jetzt wundern, haben das gewählt, was ihnen nun aufgetischt wird und jeden als Erdvernichter und Verschwörungstheoretiker diffamiert, der auf den Irrsinn hinwies. Also bitte schön den Teller auslöffeln, es kommen nämlich noch ein paar Nachschläge dazu.

Last edited 6 Monate her by Montesquieu
Donostia
6 Monate her
Antworten an  Montesquieu

Die meisten haben noch nicht kapiert, was ihnen serviert wird und wurde. Man muss sich nur die Wahlumfragen anschauen, dann weiß man das. Aber es lässt sich halt nicht ewig subventionieren und verbergen. Am Ende setzt sich die Realität gnadenlos durch. Die Frage ist wann? Ich hab schon oft gedacht jetzt ist der Punkt erreicht, aber jedes Mal ging es dann ohne großes Getöse weiter.

thinkSelf
6 Monate her

Das ein Subventionsabgreifer Pleite geht ist ja nun keineswegs eine schlechte Nachricht.

Donostia
6 Monate her
Antworten an  thinkSelf

richtig, aber es könnte darauf hinweisen, dass das System seinem Ende zusteuert, wenn selbst die Lieblingsbranchen unserer Weltenretter nicht mehr mit Geld gepampert werden können.

Apfelmann
6 Monate her

Wir müssen mal wieder zur freien Marktwirtschaft zurückkommen. Ohne die permanente Einmischung des Staates. Wenn Unternehmen anderswo billiger produzieren können dann ist das eben so. Aber die ständigen staatlichen Eingriffe und Geldgeschenke sind einfach falsch.

Tarakles
6 Monate her

Meyer Burger kann doch die entkernten Fabrikhallen umbauen und an den Freistaat als Migrantenunterkünfte vermieten. Bin mir sicher, dann rollt der Rubel auf lange Zeit 😉