Schuldenfalle bedroht deutsche Konzerne: VW, Bayer und Vonovia unter Druck

Die finanzielle Stabilität bedeutender DAX-Konzerne gerät zunehmend ins Wanken. Steigende Schulden und wirtschaftspolitische Hürden fordern ihren Tribut. Von Hannes Märtin

picture alliance/dpa | Thomas Banneyer

In Zeiten historisch niedriger Zinsen schöpften zahlreiche DAX-Konzerne Kapital in großen Summen – doch nun, da die Zinsen anziehen, drohen erhebliche Mehrkosten. Nach dem ersten Halbjahr 2024 haben sich die Verbindlichkeiten der DAX-Unternehmen auf beunruhigende 261 Milliarden Euro summiert, fast das Vierfache des Niveaus von 2017, als die Schulden aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs auf nur 69 Milliarden Euro gefallen waren.

VW hat inzwischen einen immensen Schuldenberg von etwa 200 Milliarden Euro angehäuft. Doch auch Bayer steht unter erheblichem Druck, da die Anleihen des Chemie-und Pharmakonzerns in Kürze fällig werden. Besonders angespannt ist die Lage bei Vonovia: Der Immobilienriese hat seine Nettoschulden seit 2017 mehr als verdoppelt.

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Ein wesentlicher Treiber dieser alarmierenden Verschuldung war der wirtschaftliche Optimismus der vergangenen Jahre. Getrieben von der Hoffnung auf stetige Expansion und Innovation, investierten viele Unternehmen übermäßig und finanzierten dies durch die Aufnahme von gigantischen Schulden. Die Euphorie war grenzenlos, die Folgen jedoch gravierend.

Ein prominentes Beispiel dafür ist Bayer, das bis heute unter den Folgen der 63-Milliarden-Euro-Übernahme des umstrittenen Saatgut- und Pestizidherstellers Monsanto leidet. Die Akquisition hat das Eigenkapital des Konzerns erheblich geschwächt. Bis Ende des kommenden Jahres müssen nun mindestens 5,6 Milliarden Euro der damit verbundenen Schulden refinanziert werden.

Um die Folgen dieser Herausforderungen zu bewältigen, plant der Konzern ab 2026 jährliche Einsparungen von rund zwei Milliarden Euro. Ein Teil dieser Maßnahmen umfasst den Abbau mehrerer Tausend Stellen, insbesondere in den mittleren Führungsebenen. In Deutschland beschäftigt Bayer aktuell etwa 22.200 Mitarbeiter, wie viele Stellen genau von den Kürzungen betroffen sind, ist jedoch noch nicht bekannt.

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Zudem sieht sich Bayer mit einer Vielzahl von Klagen konfrontiert. Besonders belastend sind die rechtlichen Streitigkeiten rund um Glyphosat, den Hauptbestandteil des Unkrautvernichters „Roundup‟, der von Monsanto entwickelt wurde. Dieses Herbizid ist weit verbreitet in der Landwirtschaft, jedoch hoch umstritten, da es im Verdacht steht, Krebs zu verursachen.

Ein weiteres rechtliches Minenfeld bilden die polychlorierten Biphenyle (PCBs), synthetische Chemikalien, die Monsanto bis 1977 für industrielle Anwendungen produzierte, insbesondere als Kühl- und Isoliermittel. Bayer sieht sich auch hier mit einer Vielzahl von Klagen konfrontiert, die das Unternehmen für die gesundheitlichen Schäden verantwortlich machen wollen, die durch den Einsatz von PCBs entstanden sind.

Diese beiden juristischen Problemfelder belasten Bayer nicht nur finanziell, sondern beschädigen auch das Image des Unternehmens enorm.

Klar ist: Die Übernahme von Monsanto hat sich als erhebliche Fehlinvestition herauskristallisiert.

Auch die Investitionen in die Elektromobilität, die mit der „grünen Transformation‟ einhergehen, haben bei einigen DAX-Konzernen zu einer immensen Schuldenlast geführt. Besonders Volkswagen hat sich mit seiner aggressiven „Zukunfts-Strategie‟ tief in die roten Zahlen manövriert. Der Konzern trägt mittlerweile eine Schuldenlast von über 200 Milliarden Euro, hauptsächlich verursacht durch die kostspielige Erforschung und Entwicklung der neuen Antriebstechnologie.

Doch der Schuldenberg wächst weiter: Trotz des dramatischen Nachfrageeinbruchs im Bereich der E-Autos plant das Unternehmen, bis 2028 weitere 180 Milliarden Euro in die Elektromobilität zu investieren – eine Entscheidung, die sich in Zukunft als fataler Fehler erweisen könnte.

Anstatt immense Summen in die Entwicklung einer ineffizienten und unsicheren Technologie zu investieren, wäre es für Volkswagen und die gesamte europäische Automobilindustrie weitaus klüger gewesen, sich auf den bewährten Verbrenner zu konzentrieren – eine Technologie, die nicht nur fest am Markt etabliert ist, sondern auch seit Jahrzehnten konstant hohe Absatzzahlen verzeichnet.

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Die Mittel, die in die Elektromobilität geflossen sind, hätten gezielt genutzt werden können, um den Verbrenner weiter zu optimieren. Investitionen in die Reduzierung von Emissionen und den effizienteren Treibstoffverbrauch hätten einen bedeutenden Fortschritt bei einer bereits ausgereiften Technologie ermöglicht. Die enormen Risiken einer großangelegten Neujustierung des Geschäftsfeldes hätte man somit vermeiden können.

Stattdessen riskiert VW jedoch lieber, das Rad mit der Umstellung auf Elektromobilität komplett neu zu erfinden – ein Schritt, der den Konzern bereits in einen Schuldenberg in dreistelliger Milliardenhöhe getrieben hat und ihn ziemlich sicher noch tiefer in die roten Zahlen stürzen wird.

Auch der Immobilienkonzern Vonovia sieht sich mit besonders herausfordernden Umständen konfrontiert. Vonovia hat in den letzten Jahren eine aggressive Expansionsstrategie verfolgt, insbesondere durch die Übernahme von Wettbewerbern wie der Immobiliengesellschaft Deutsche Wohnen. Der Kauf im Jahr 2021 für rund 17 Milliarden Euro markierte einen bedeutenden Schritt in Vonovias Wachstumsplan, führte jedoch letztlich zu einer dramatischen Erhöhung der Nettoverschuldung. Vor dieser Übernahme lag die durchschnittliche Verschuldung pro Wohnung bei 16.000 Euro, nach der Akquisition stieg dieser Wert auf exorbitante 29.000 Euro.

Aktuell beläuft sich die Gesamtverschuldung des Konzerns auf rund 42 Milliarden Euro, während der geschätzte Wert des Immobilienbestands bei etwa 85 Milliarden Euro liegt. Besonders besorgniserregend ist die Tatsache, dass fast ein Viertel (24,3 %) der ausstehenden Anleihen bis Ende 2026 fällig wird. Allein bis zu diesem Zeitpunkt stehen somit etwa vier Milliarden Euro zur Refinanzierung oder Tilgung an.

Um die Schuldenlast zu verringern, hat Vonovia eine umfassende Verkaufsoffensive gestartet. Im Jahr 2023 wurden bereits Immobilien im Wert von über 3,7 Milliarden Euro veräußert, und für 2024 sind weitere Verkäufe in Höhe von drei Milliarden Euro geplant. Zudem hat der Konzern entschieden, vorerst keine neuen Bauprojekte zu beginnen, bis sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessern. Obwohl Pläne für den Bau von 60.000 Wohnungen existieren, erweist sich dieser Schritt aufgrund der hohen Baukosten als unrentabel.

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Denn in den vergangenen Jahren sind die Baukosten deutlich gestiegen. Allein im Februar 2024 verteuerten sich die Preise für den Neubau konventionell errichteter Wohngebäude um 2,8 % im Vergleich zum Vorjahr, während der Anstieg im Mai 2024 bei 2,7 % lag. Seit 2010 hat sich der Baupreisindex insgesamt um beeindruckende 64 % erhöht.

Die wirtschaftliche Lage Deutschlands ist mehr als alarmierend, sie gleicht einem düsteren Schatten, der über dem einst blühenden Industriestandort schwebt. Der finanzielle Zustand der meisten DAX-Unternehmen offenbart die besorgniserregende Realität, in der sich die Nation befindet.

Immer deutlicher wird, dass Deutschland sich in einem gefährlichen Abwärtstrend befindet, der in eine endlose Talfahrt zu führen droht. Die Frage nach einer baldigen Erholung erweist sich als naiv, während eine tiefgreifende Rezession bereits am Horizont lauert.

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Kommentare ( 23 )

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Mausi
24 Minuten her

Erst hatten deutsche Unternehmen zu viel Eigenkapital und waren daher Ziel von Übernahmen, vgl. HochTief, jetzt ist das Fremdkapital zu hoch.
Das Fremdkapital wird zum Problem, denn die Zinsen steigen und die Verdientsmöglichkeiten gesetzlich heruntergefahren werden.
Oder wenn ideologische Planwirtschaft Kundenwünschen vorgezogen wird.

Last edited 14 Minuten her by Mausi
JamesBond
39 Minuten her

Und? Wer Rot, Grün, Gelb und Union in ihrem Klimawahn unterstützt, dem geschieht es recht! Heute bei Focus: „ PolitikDeutschland Nach Habecks Autogipfel ist die Enttäuschung unter deutschen Firmenbossen riesig Erschien durch Kooperation mit Tagesspiegel Keine Lösungen in Sicht Dienstag, 24.09.2024, 16:39 Der Regierung fehlt ein gemeinsamer Ansatz, wie man der kriselnden Autoindustrie helfen kann. Dabei braucht die inmitten ihrer größten Transformation dringend Unterstützung.“ Mal abgesehen von der Kooperation des Focus mit dem Linksblatt Tagesspiegel, warum braucht die Autoindustrie für eine unsinnige und selbst verschuldete Transformation – die die Kunden nicht wollen, auch noch Unterstützung? Unterstützt werden müssen die, die… Mehr

Mike76
1 Stunde her

Na, wenn VW noch plant, weitere 180 Mrd. innerhalb der nächsten 4 Jahre in Schrott-Mobilität zu investieren, haben die entweder irgenwo eine Gelddruckmaschine versteckt, schwarze Konten oder sind einfach unfassbar dumm. Letzteres trifft auf jeden Fall schon mal zu; über den Rest liesse sich spekulieren.

johnsmith
2 Stunden her

Etwas Druck wird aus dem Kessel genommen durch die bereits erfolgten und noch stattfindenden Zinssenkungen der EZB, die auch deshalb die Zinsen schnell senken wird, weil sonst überschuldete EU-Staaten wie Italien, Griechenland und Frankreich Probleme bekommen. Vonovia wird durch die Krise kommen wegen der hohen Wohnungsnachfrage durch die weiter laufende Migration ins Bürgergeld – der Steuerzahler zahlt die Vonovia-Miete. Bei VW und Bayer sieht es kritischer aus. Die Autoindustrie steht durch das Verbrenner-Aus und die günstigere Konkurrenz aus China erheblich unter Druck. Bei Bayer hat der ehemalige Vorstandschef durch seinen Monsanto-Kauf die Firma ruiniert. Amerikanische Gerichte sprechen besonders gerne hohen… Mehr

BK
2 Stunden her

Unter den Gesichtspunkten moderner Bürokratie lässt sich heute gar keine Wirtschaft mehr aufbauen. Wenn Sie schmutzige Wäsche waschen, die nach dem Waschgang strahlend weiß aus der Maschine kommt, haben Sie wenigstens gegen 200 Gesetze und Verordnungen verstoßen. Nach dem „Gute Wäsche Gesetz“, sollte die Wäsche stets einen leichten Grauton haben, nicht gebügelt, kalt gewaschen und nur mit feinstem Ökostrom gewaschen werden. Wie wir alle wissen, werden unsere Haushalte mit reinem Ökostrom beliefert, aber leider weht der Wind nicht jeden Tag und scheint auch nicht die Sonne. Wenn Sie dann noch Wäsche auf der Leine haben, dann sind Sie ein Verbrecher… Mehr

AndreasH
2 Stunden her

VW ist doch nicht nur wegen der E-Auto-Offensive in Problemen. Wenn man hört, dass ein TFSI von Audi nach 120.000 km kaputt ist und die Benziner der Konzernmutter teilweise noch deutlich davor, dann wird einem doch so manches klar. Ca. 2 Mio. Autos verkaufen die Wolfsburger pro Quartal, davon ungefähr lachhafte 100.000 E-Fahrzeuge (ohne Hybrid). Die aktuellen Probleme müssen also anderswo herkommen.

Petra G
1 Stunde her
Antworten an  AndreasH

VW hat die letzten 8 Jahre 6,4 Milliarden an Subventionen für die sogenannte Transformation erhalten und hat Arm in Arm 1:1 diesen ganzen Quark umgesetzt, den man von ihnen verlangt hat. Inkl. Diversität, Gender-GaGa und Ersatz der berühmten Currywurst gegen eine vegane Pampe. Das alles im Versprechen, dass der Verbrenner tot und die Batteriekutschen die Zukunft sind. Milliarden-Investitionen in defizitäre Startup’s kommen noch on- top. Nun ist der Markt „plötzlich nicht mehr da“, wie das der Finanzvorstand ausdrückte. Ausbaden muss diesen Blindflug nun die Mitarbeiter und die Gewerkschaften machen plötzlich auf Arbeitskampf. Warren Buffet sagte mal dazu: „Man sollte nur… Mehr

Peter Gramm
3 Stunden her

„Schuldenfalle-bedroht-deutsche-Konzerne“…und nicht nur die.

Proll27
3 Stunden her

Großkonzerne leisten sich „Nieten in Nadelstreifen“, die im Verbund mit einer absolut destruktiven Wirtschaftspolitik hohe Subventionen einstreichen. Die Zeche bezahlen Arbeiter und Angestellte, denen die Existenzgrundlage unter dem Hintern weggerissen wird. Die mittel-bis langfristigen Folgen sind absehbar: Massenarbeitslosigkeit, Verarmung, gesellschaftliche Destabilisierung, Bankenkrisen, Inflation, Währungszusammenbruch. Der Dank dafür geht an Linksgrün!

dienbienphu
3 Stunden her

Bei der Monsanto-Übernahme muss man sich wirklich fragen, was sich schon damals dabei gedacht wurde. Es braucht schon viel Fantasie, um sich auszumalen, wie sich die Übernahme je hätte rechnen können.
Bei VW und Vonovia halte ich aber die politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen für ausschlaggebender als andere Ursachen.

jopa
3 Stunden her
Antworten an  dienbienphu

Die übliche koloniale Umverteilung von D nach USA: USA bekam Paral und Autan ua. D bekam Glyphosat.

Theobald Tiger
21 Minuten her
Antworten an  dienbienphu

Die „Monsanto-Geschichte“ trägt (nicht nur, aber auch) Züge eines Wirtschaftskrieges. Selbstverständlich war Monsanto schon vor der Übernahme umstritten; die Hunde wurden aber erst dann richtig von der Leine gelassen, als es sich in deutscher Hand befand. Zwei Fliegen mit einer Klappe: amerikanische Verbraucherrechte stärken, deutsche Konkurrenz schwächen.

Michael M.
3 Stunden her

Mein Mitleid mit Bayer bzgl. Monsanto hält sich massivst in Grenzen, denn zum Zeitpunkt dieser Übernahme, noch dazu zu einem Wahnsinnspreis, wusste doch jeder normal denkende/informierte Mensch, dass es in den USA massenhaft Prozesse wegen Glyphosat, sowie in Europa große Diskussionen darüber und es daher entsprechend hohe/unkalkulierbare Risiken mit dieser Unternehmens-Übernahme gibt. Wenn man in der EU nicht noch in letzter Minute das Glyphosat-Verbot hätte verhindern können, dann wären die 63 Milliarden wohl als Komplettverlust zu verbuchen gewesen. Das alles ist ein vollumfängliches Komplettversagen des Bayer-Managements inkl. Aufsichtsrat , Gewerkschaft etc. (die Amerikaner lachen sich doch heute noch schlapp über… Mehr

Last edited 3 Stunden her by Michael M.
andrea
46 Minuten her
Antworten an  Michael M.

Das kann unmöglich Versagen gewesen sein, da jeder Laie wusste, was passieren wird. Es ist die Frage, inwieweit die angeblichen Konzernlenker von den großen Fonds, die Stimmrechte der meisten Anteile halten, unter Druck gesetzt werden. Mit gesundem Menschenverstand ist es unerklärlich, was Bayer da getrieben hat.