Scholz macht aus der Meyer Werft einen Staatskonzern

In Papenburg macht Scholz den Schröder und winkt der Arbeiterbelegschaft mit dem Geldkoffer zu. Das Unternehmen solle nur übergangsweise verstaatlicht werden. Doch Scholz und Weil, die selbst an der Misere der Meyer Werft Mitschuld haben, besitzen kein Rettungskonzept. Dafür ausreichend Nebelgranaten.

picture alliance/dpa | Markus Hibbeler

Die Bundesrepublik Deutschland soll einen neuen Staatskonzern bekommen: die Meyer Werft in Papenburg. Für eine gewisse Zeit jedenfalls, so schränkte Bundeskanzler Olaf Scholz ein, als er am Donnerstagmittag während einer Betriebsversammlung in Halle 4 der Meyer Werft verkündete, mit dem Unternehmen gehe es weiter. Es sei nie eine Frage gewesen, ob der Bund helfe, sondern nur wie.

Es solle kein Engagement auf Dauer werden, sondern die Werft soll dann wieder unter privater Regie weiterlaufen, sagte zumindest Scholz jetzt (»Wir sind keine Schiffbauer«). Er erinnerte an Lufthansa und TUI, wo die zeitweiligen Staatseingriffe erfolgreich gewesen seien.

In Papenburg werde beste deutsche Arbeit geleistet, deshalb würden Bund und Land einsteigen, so der Kanzler. An Schleimereien fehlte es nicht, als sich Politik und Gewerkschaften ein Stelldichein auf der Bühne gaben und die Rettung verkündeten. Scholz war mit dem Hubschrauber aus Berlin angeflogen, um den Werftmitarbeitern anzukündigen: »Wir stehen an eurer Seite!« Und: »Ihr seid der Stolz einer ganzen Region!«

Wohl fehlte es aber an konkreten Aussagen. Denn wie jetzt genau die Rettung aussieht, verriet er auf der Versammlung ebenso wenig wie auf der kurzen Pressekonferenz, auf der keine Nachfragen zugelassen waren. Viele Details müssten noch geklärt werden, dazu seien noch eine ganze Reihe von Gesprächen notwendig mit Banken, auch die EU wolle gefragt werden. Ansonsten bestätigte der Kanzler seinen Ruf als Nebelwerfer.

Die Grundzüge, so wiederholten Scholz und der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil, würden jedoch stehen. Es sollen, wie in den vergangenen Tagen zu erfahren war, Bund und Land 90 Prozent der Meyer Werft übernehmen. Die restlichen 10 Prozent verbleiben bei den bisherigen Eigentümern, der Familie Meyer.

Nebelgranaten auch bei den Reden des CEO der Meyer Werft, Bernd Eikens, und Sanierer Ralf Schmitz. Sie betonten beide vor versammelter Mannschaft, dass heute ein Grundstein für den Weiterbestand der Werft gelegt worden sei. Schmitz verkündete, bis zum 5. September müssten noch eine Reihe von Verträgen geschlossen werden. Er sehe aber nichts, was noch dazwischen kommen könne. Der Sanierer nennt sich offiziell »Meyer Werft Chief Restructuring Officer«, verriet aber nichts über den Rettungsplan.

Firmenchef Meyer tauchte nicht auf dem Rednerpult auf. Stattdessen gaben Politik, Betriebsrat und großvolumige Gewerkschaftsfunktionäre auf der Bühne den Ton an. Fast wie eine Drohung klang die Ankündigung Weils, dass die Mitarbeiter es in Zukunft mehr mit Vertretern des Staates zu tun hätten.

Immerhin bedankte sich Schmitz bei Familie Meyer ebenso wie Niedersachsens Ministerpräsident Weil, der auch ein persönliches Wort an die Familie Meyer richtete. Er wisse, wie schwer die Zeiten für sie seien: »Sie blicken auf ein Lebenswerk zurück, das herausragend ist und deswegen wollen wir, dass Sie an Bord bleiben.« Ob es Rückkaufoptionen für die Familie gibt, bleibt offen.

Neubauaufträge über 11 Milliarden Euro stehen in den Auftragsbüchern. Weil hat, wie er berichtete, in den vergangenen Wochen viel mit Reedern gesprochen, die allesamt betonten, die Meyer Werft baue einfach die besten Schiffe. »Wir brauchen Schiffe, die im Budget bleiben und die die höchste Qualität haben«, so Weil. »Lasst uns gemeinsam weitermachen, jeder auf seiner Baustelle.«

Fraglich ist, wie realistisch solche Verlautbarungen sind, sollten Land und Bund ihre Klimastrategie fortführen. So will Norwegen ab 2026 nur noch elektrisch angetriebene Kreuzfahrtschiffe in ihre Fjorde lassen. Woher dort die Energie kommen soll, ist noch offen. Dabei bleibt Schiffsdiesel die günstigste Antriebsform, zumal es mit Marinediesel eine saubere Variante gibt, die in Hafengebieten verfeuert werden darf. Ähnlich wie der Versuchs-LNG-Antrieb verteuert die Ideologie die Kreuzfahrtschiffe enorm. Fraglich, ob die Meyer Werft bei Reedereien deutlich höhere Preise durchsetzen kann.

Denn daran könnte doch noch die Zukunft der Meyer Werft hängen. Der Vorwurf, Meyer hätte keine Klauseln in den Verträgen, die zum Beispiel höhere Energie- und Stahlpreise berücksichtigen würden, lässt sich in den Büros der Gewerkschaftsfunktionäre so einfach formulieren. Aber ob man das mit den Reedereien auch so vereinbaren kann, steht in den Sternen. Möglicherweise fürchteten sich die SPD-Politiker Scholz und Weil vor Nachfragen, den Industriestandort Deutschland betreffend.

Denn der Fehler liegt eher nicht bei solchen Unternehmen wie der Meyer Werft, sondern am Standort. Nach Dänemark hat Deutschland die höchsten Energiekosten, die auf alle Bestandteile der Produktion durchschlagen. Inflationsbedingte Lohnerhöhungen, ausufernde Sozialkosten und horrende bürokratische Auflagen machen eine wirtschaftliche Produktion fast unmöglich. Von Unsinn wie dem Lieferkettengesetz zu schweigen.

Dazu kommt noch die von SPD-Minister Olaf Lies mit durchgegrünter Leidenschaft durchgesetzten Kraftwerksstilllegungen in Niedersachsen. Die nehmen energiehungrigen Betrieben wie einer Werft die Grundlage. Doch ausgerechnet Lies wurde in Papenburg überschwänglich als Retter der Werft gefeiert. Verkehrte Welt.

Nichts wurde dazu gesagt, was der Staat tun will, um die hohen Energie- und Stahlpreise und vor allem Arbeitskosten wieder zu senken. Zu Brüssel hieß es: Es würden noch Gespräche geführt. Doch schon häufig haben sich Robert Habeck und Scholz ziemlich vertan, wenn es um verbotene Beihilfen geht.

Jegliche Staatsintervention, die nicht marktkonform ist, ist eine Subvention. Dazu zählen Bargeld, Kapitalerhöhungen, Verzicht auf Steuern, Exportgarantien, Bankbürgschaften. Einsteigen in die Firma darf der Staat schon, aber nur wenn er sich marktkonform verhält. Wenn also der Staat bessere Konditionen bietet als Private, sind das auch wieder Beihilfen.

Solche Beihilfen müssen von Brüssel genehmigt werden. Da gibt es Schmerzgrenzen, dürfen sie doch den inneren EU-Wettbewerb nicht in einer Weise verzerren, die dem Gemeinschaftsinteresse widerspricht. Daher müssen, wenn überhaupt, Steuergeldspritzen beschränkt und an einen Restrukturierungsplan gekoppelt sein, damit die Beihilfe, sofern genehmigungsfähig, überhaupt nachhaltig wirkt.

Nur gibt es bei den vornehmlich durch die Ampel verursachten Kostensteigerungen in Deutschland keine Nachhaltigkeit der Maßnahmen. De facto dient das Geld dann zur Finanzierung der Disney-Schiffe und mutiert zur Betriebsbeihilfe, die wiederum streng verboten ist.

Bei solchen Fällen wie Meyer muss die EU-Kommission ein sogenanntes Beihilfeverfahren eröffnen. Hier dürfen sich auch Mitgliedstaaten und betroffene Konkurrenten äußern. Kreuzfahrtschiffe werden noch durch die italienische Fincantieri und die französische Chantiers de l’Atlantique hergestellt. Jede Hilfe für die Meyer Werft ist nachteilig für Fincantieri und Chantiers de l’Atlantique, entsprechend werden sich Italien und Frankreich äußern. Zumal sich Deutschland zur geplanten Übernahme der Chantiers durch Fincantieri 2019 im Verfahren geäußert hatte – wohl zugunsten der Meyer Werft.

EU-Kenner glauben, dass das von der Ampel geplante Paket in Brüssel so nicht durchzubekommen ist. Zumal Deutschland häufig genug andere EU-Länder vor den Kopf gestoßen hat. So sind die auch von den massiven Hilfen für Chipansiedlungen von Intel und TSMC in Dresden und Magdeburg genervt. Es wird nicht ohne Abstriche gehen, das könnte wiederum die Pleite der Meyer Werft hervorrufen.

Für Scholz & Friends scheint es jetzt nur um eines zu gehen: Paket anbieten, sich über die Landtagswahlen retten und dann Brüssel beschuldigen, das so zu dem Paket nicht ja sagen kann.

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Kommentare ( 65 )

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Raul Gutmann
19 Tage her

Sozialistische Wirtschaftspropaganda hin, EU-Beihilfeverfahren her.
Verbindet man die wenigen, aber umso nachvollziehbaren Äußerungen aus der bisherigen Alleineigentümerfamilie Meyer mit ihren verschachtelten anderweitigen Besitz, bspw. an dem finnischen Schiffbauunternehmen Meyer Turku Oy, drängt sich der Verdacht auf, sie könnten das niedersächsische Mutterhaus dem hierzulande zwar gewohnten, doch regelmäßig diametral charakterisierten Weg der sozialistischen Verelendung anheim fallen lassen und sich ihrem nicht-deutschen Besitz zuwenden.
Wer könnte es ihnen verdenken?

Rob Roy
20 Tage her

Ausgerechnet die Ampelkoalition will eine Werft unterstützen, die vor allem riesige, mit Diesel betriebene Kreuzfahrtschiffe baut – für Ökos und Grüne ja die Pest auf alle sieben Weltmeeren.

BK
20 Tage her

Dazu hat der deutsche Kaiser schließlich die Sektsteuer erfunden. Allein 2023 lag der pro Kopf Verbrauch bei 5 Flaschen Sekt im Jahr. Bei 2 Euro Sektsteuer, macht das 800.000.000 Euro. In der Zwischenzeit war man aber nicht untätig und hat das Steuersystem weiterentwickelt und bestimmt mehr als 100 neue Steuern, Abgaben, Gebühren, Entgelte oder Zertifikate entwickelt. Perfekt ist das ganze System aber noch nicht. Perfekt ist, wenn der Bürger gar nichts mehr hat und am Zahltag null Euro auf seinem Konto landen, weil die Regierung das Geld für sich allein braucht, um die Welt mit Wohltaten zu beglücken. Der Weg… Mehr

Medea
20 Tage her

Gerade habe ich eine Erscheinung. Wieder einmal. Die DDR hat schließlich vorgeführt, wie „segensreich“ staatliche Zwangsenteignungen doch sind. 1946 erwischte es zunächst die Großen, 1959 „beteiligte“ sich der Staat an den kleineren mit Rat und Tat, bevor auch ihnen 1972 der Rest gegeben (genommen) wurde. Selbst erlebte Geschichte 1972 einschließlich des finalen Verschwindens von Lebensleistung und des Wertes von „Volkseigentum“ nach 1990. In „Dunkeldeutschland“ kennt man das schon. Gerade ergibt sich die wundervolle Gelegenheit, quasi im Schnelldurchlauf und überall in Täuschland zuzusehen – oder … Es rettet uns kein höheres Wesen Kein Gott, kein Kaiser noch Tribun. Uns aus dem… Mehr

K.Behrens
20 Tage her

Wo ein Herr Scholz samt 100.000 Volt-Wirtschaftsgranate Habeck seine Finger im Spiel hat, wird es teuer und chaotisch für den gemeinen Steuerzahler, dürfte nach nur drei Jahren jedem klar sein, bei Meyers wohl eher nicht. Die oberschlauen Herren Meyer firmieren seit 2015 als Meyer Neptun S.à.r.l.in Luxemburg, ein Paradies mit einer unternehmerfreundlichen Regierung, zudem näher als Malta oder Irland. Dass aber Meyer seine Verträge samt erheblicher Vorfinanzierung nicht bereits mit Antritt Rot/Grün in 2021 an den drohenden wirtschaftlichen Kollaps anpassen konnte, ist in erster Linie unternehmerisches Risiko und somit aus der privaten Schatulle zu begleichen. Unterm Strich werden so oder… Mehr

Peter Klaus
20 Tage her

Was heißt „für eine gewisse Zeit“ denn konkret? In 10 bis 15 Jahren laufen solche Käne allsamt in Süd Korea und/oder China vom Stapel, was sich durchaus positiv bzgl. „CO2-Neutralität“ des Standortes Deutschland auswirken wird. Aber da sind alle Politiker der „Arbeiterpartei“ vom Rednerpult schon längst im üppig alimentierten Ruhestand und die Eigentümerfamilie finanziell längst abgesichert.

A.Kroemer
20 Tage her

Die Meyer Werft hat bereits die letzten 25 Jahre ständig finanzielle Probleme, so wie eigentlich jede Werft, die es noch in Deutschland gibt. Warum wohl werden große Containerschiffe schon seit langer Zeit in Asien gebaut, wo sie nicht nur billiger sind, sondern auch binnen relativ kurzer Zeit ein Containerschiff mit voller Ausrüstung an den Käufer übergeben? Werften in Shanghai bauen ein Triple-X-Containerschiff binnen 9 Monaten! Es gibt in D keine einzige Werft, die das überhaupt leisten könnte; schon gar nicht voll ausgerüstet. Schuld daran haben die Werften selbst, die seit den frühen 80ern massenhaft in Deutschland geschlossen wurden, weil sie… Mehr

Mikmi
20 Tage her

Da werden doch gleich wieder Parteipöstchen besetzt, man überlegt, was können wir noch leise mitfinanzieren und zu guter Letzt eine Grüne, die lieber Tretboote herstellen läßt, der Umwelt zur liebe.
Einfach pleite gehen lassen und bei null neu beginnen.

WGreuer
20 Tage her

„Es solle kein Engagement auf Dauer werden, sondern die Werft soll dann wieder unter privater Regie weiterlaufen,“ Alleine dieser Satz zeigt wieder einmal, dass Scholz, Habeck, Baerbock und Co. entweder nicht verstehen wollen, nicht verstehen können oder nicht verstehen dürfen, was da passiert. Glauben die wirklich, die Meyer-Werft, also dem sehr energie- und rohstoffintensiven Schffsbau, sei bei diesen Energie- und Rohstoffpreisen irgendwann wieder in den grünen Zahlen? In einem hart umkämpften Markt, bei dem Koreaner, Finnen, Chinesen und andere zu einem Bruchteil der Kosten produzieren? Trotz Ausbaggern der Ems, teuren Sperrwerken und ähnlichem Murks? Nein, mit der Energiewende, CO2 Steuern,… Mehr

wackerd
20 Tage her

Schwer verständlich, warum die Meyer-Werft pleite ist. Bei 11 Mrd. Euro Auftragsvolumen? Wenn es an den teuren Rohstoffen und teurer Energie liegt, dann wird der Staat das bezahlen können, aber das Problem bleibt. Insofern nichts gewonnen, lediglich aufgeschoben. Populistischer Wahlkampf des Vergesslichen? Wohl eher. Also im Kern nichts wert.

Last edited 20 Tage her by wackerd
Rob Roy
19 Tage her
Antworten an  wackerd

Irgendwas stimmt an der Geschichte nicht. Die Meyer Werft krepelt seit vielen Jahren vor sich hin. Der Firmensitz wurde nach Luxemburg verlagert. Wer weiß, wie gut gewirtschaftet wurde. Oder wohin Gelder geflossen sind. Vielleicht steht man kurz vor der Pleite, volle Auftragsbücher hin oder.
Man kennt Scholz ganz bestimmt aus Hamburger Zeiten. Auch jetzt kann er einem mit Steuermitteln aus der Patsche helfen, und sei es, um noch ein bisschen „Gewinne“ abzuschöpfen.