„Bankfilialen werden für die Verbraucher immer unwichtiger“ – ist das so? Laut Bundesbank gibt es in Deutschland erstmals weniger als 20.000 Filialen. Das ist auch auf zunehmendes Online-Banking zurückzuführen. Senioren, die sich eine persönliche Beratung wünschen, werden allerdings im Stich gelassen. Gleichzeitig steigen bei den Banken die Gehälter um über 10 Prozent.
Immer mehr Bankfilialen schließen endgültig ihre Türen und lassen ihre Kunden im nassesten 12-Monatszeitraum seit Anbeginn der Messungen im sprichwörtlichen Regen stehen. Ist es die Wirtschaftslage? Eine Nachwirkung von Corona? Oder doch eher ein lang anhaltender Trend, der durch all diese Faktoren beschleunigt wird? Womöglich letzteres, denn die Zahl der Bankfilialen nimmt bereits seit 2013 ständig ab und hat sich in diesem Zeitraum fast auf die Hälfte reduziert.
Während die Bundesbank noch im Jahr 2013 36.196 Zweigstellen diverser Kreditinstitute zählte, sank dieser Wert 2023 erstmals auf unter 20.000. Nur noch 19.501 Filialen waren mit Mitarbeitern besetzt – reine Automatenstandorte fielen nicht in die Statistik – Tendenz weiter fallend.
Banken rechtfertigen diese Schließungen mit der zunehmenden Nutzung von Onlinebanking sowie dem hohen Kostendruck. Mehr als 80 Prozent aller Deutschen nutzen demnach bereits verschiedene Onlinedienste zur Erledigung ihrer Bankgeschäfte. Während bei den unter 30-Jährigen bereits 94 Prozent Online-Angebote nutzen, sind es selbst bei den Senioren mittlerweile 54 Prozent und somit erstmals mehr als die Hälfte.
Ob es sich dabei aber um einen freiwilligen oder notgedrungenen Umstieg in Folge einer Filialschließung handelt, wird in der Statistik nicht erfasst. Wer aber schon einmal ein Gespräch mit alleingelassenen Bankkunden im Foyer einer geschlossenen Filiale geführt hat, wird schnell merken, vor welche Herausforderungen die Schließungen viele Kunden stellen.
Fassungslos steht eine ältere, sehr gepflegte Dame im Vorraum an den Banking Terminals, und bittet um Hilfe beim Ausfüllen von IBAN. Im Gespräch stellt sich heraus, dass sie mehrere Jahrzehnte als Chefsekretärin eines Bank-Vorstandes gearbeitet hatte. Der persönliche Kontakt zu den Kunden sei das A und O aller Mitarbeiter gewesen. Wie unpersönlich und geradezu gleichgültig alles gegenüber den Kunden geworden sei, schmerze sie sehr. Die Filiale, zu der diese Bankkundin gegangen ist, gibt es mittlerweile aber auch nicht mehr, sie hat geschlossen. Auch nach vielen Jahren ist noch kein Nachmieter für die leerstehenden Räumlichkeiten gefunden worden. Diese Begegnung und die nun stillgelegte Filiale steht nur für zahllose weitere Fälle und für zahllose weitere Kunden, die vielfach immer weitere Wege auf sich nehmen müssen, um noch zu ihrer Bank zu kommen.
Wenn angesichts solcher Erfahrungen eine Meldung zum Filialsterben mit dem Satz „Bankfilialen werden für die Verbraucher in Deutschland immer unwichtiger“ eingeleitet werden, dann ist dies eine pure Verhöhnung einer im Stich gelassenen Kundschaft. Im Gegenteil, viele Bankkunden wünschen sich bessere Beratung, werden aber kollektiv im Stich gelassen. Wo früher der Wettbewerb dafür sorgte, dass man sich gegenseitig mit besseren Produkten übertrumpfte, herrscht mittlerweile ein stillschweigendes Abkommen zur alternativlosen Reduktion von Serviceleistungen.
Wer mehrmals ältere Kunden bei der Kontaktaufnahme über die telefonische Kundenhotline ihrer Bank beobachten konnte, weiß, wovon die Rede ist. Im Labyrinth mit dem „Kontakt“ eines automatischen Assistenten, der wieder einmal nicht verstanden hat, der noch einmal fragt, und noch einmal, die gleiche Antwort erhält – auf der verzweifelten Suche nach einem persönlichen Gesprächspartner. Was für Menschen jüngeren Alters keine allzu große Herausforderung darstellt, die Bankgeschäfte selbsttätig auch online zu erledigen, stellt ältere Semester vor schier aussichtslose Unterfangen.
Die Bundesbank versucht die Kürzungen zwar durch den „weiterhin bestehenden Kostendruck“ auf Banken zu erklären, doch muten solche Rechnungen angesichts der Tatsache, dass die Banken sich vor Kurzem auf eine Lohnsteigerung der Beschäftigten von 10,5 Prozent geeinigt haben, wenig glaubwürdig an. Auf der Strecke bleiben somit wieder einmal die kleinen Leute, die Kunden vor Ort, die Älteren, die händeringend nach einer persönlichen Beratung suchen und stattdessen an eine Online-Videoplattform verwiesen werden. Aber gut, es geht ja nur um die Ersparnisse eines Lebens, da kann man schon mal ein Auge zudrücken.
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
Wenn das „Ausfüllen von IBAN“ für eine Ex-Vorstandschefsekretärin ein Problem ist, dann ist das nicht unbedingt ein Problem eine geschlossenen Bankfiliale.
Ein Stück weit ist auch hier ein typisch deutsches Problem sichtbar. Service hätte man ger, aber bezahlen will man ihn nicht. Wer für seine basics (Bargeld, Überweisungen usw,) Bankkaufleute beschäftigen will, der muss eben blechen.
Bankgeschäfte von zu Hause erledigen, ist eine relativ simple Sache, sind doch selbst Immobilienkredite von ein paar hunderttausend nur Peanuts für eine Bank. Für einen Autokredit dauert die Anfrage keine 20 Minuten und der Wagen kann zugelassen werden. Im Zeitalter der Digitalisierung gibt es selbst in der Bank keine Kasse mehr und Bargeld wird am Automaten aus- und eingegeben. Die Leute haben auch kein Sparbuch mehr, in dem sie ihre Zinsen eintragen lassen müssen. Und wer Bargeld braucht, kann sich das an der Kasse im Supermarkt auszahlen lassen. Hinzu kommen die vielen Bezahlmöglichkeiten, die es heute außer Bargeld gibt. Dass… Mehr
Mit der Aufstellung von Bankautomaten begann schon vor Jahrzehnten die Vertreibung der Kunden, denn Banken wollten damals schon bestimmte Dienste nicht mehr erbringen und lasteten den Kunden die Arbeit an den Terminals auf.
Das wurde und wird weitergeführt. Einmal durch das Online-Banking, durch das der Kunde allein alle Risiken (Fehlbuchung …) und zusätzliche Kosten für das Online-Banking [Geräte, Internetverbindung] sowie die Arbeit des Online-Bankings trägt.
Dazu kommt die frechdreiste Verweigerung von Bankdiensten, wie ich kürzlich erlebte, als ich in der Bankfiliale eine Änderung eines Dauerauftrages nachfragte und man mir mitteilte, die müsse ich am Terminal in der Bank selbst durchführen.
Was wenige Menschen wissen: McDonalds ist durch Immobilienbesitz reich geworden, sehr viel reicher, als durch den Verkauf von Hamburgern.
In diesem Land mangelt es eklatant an Menschen mit klugem betriebswirtschaftlichem Denken.
Es war linkes Gedankengut, die diese Talente nicht nur unterdrückt haben, sondern verleumdet.
Die Banken hätten auch die Filialen kaufen können, anstatt diese teuer zu mieten. Der Tendenz nach und unter ceteris paribus-Bedingungen.
Fakt ist, eine Dienstleistung am Kunden, nach seinen Wünschen, ist in Deutschland verpönt, nicht gern gesehen. Das ist krank, unprofessionell.
Alter Irrglaube, dass die eigene Immobilie billiger ist.
Ist diese Entwicklung wirklich der Weltuntergang? Wer persönliche Beratung möchte soll den „Verkäufer“ auch bezahlen. Ich als Onlinekunde möchte den „Faulen“ und „Das brauch ich nicht mehr – Kunden“ ihren Service nicht bezahlen. Ergo wer Leistung möchte soll das nicht umsonst erhalten. Dass hier bei „T“ wohl alles was da steht politisch missbraucht wird um gegen alle Regierungen der Welt zu schimpfen ist ein anderes Thema. Da treffen sich wohl die Pessimisten aber – der Pessimist ist der einzige auf dem nichts wächst….
Sie werden auch älter, keine Oma oder Opa mehr, man nennt das Respekt vorm Alter. Und die zahlen jetzt schon jeden Handschlag extra, die Banken haben sich die letzten 50 Jahre an denen gesund gestoßen, undankbares Pack.
Es geht eher um einen anderen Fakt, glaube ich.
Es ist das gleiche Prinzip wie bei der Bahn mit den Fahrkartenautomaten (von Schalter auf Automat verschoben) oder die SB-Kassen in Supermärkten (von Kassiererin zu SB-Kasse). Die Kunden erhalten immer weniger Dienstleistung bei gleichbleibenden oder steigenden Preisen. Es ist eine Spielart von Inflation.
Das wird gut in diesem Video von Prof. Hartmut Walz erklärt (wirklich lohnenswert!):
https://youtu.be/g3xgp96ty8I?si=84IaHoPFmtAi2bP2
Nun. Kostendruck ist das eine. Aber das eigentlich wesentliche, warum Banken ihre Filialen schließen ist, dass sie keine Menschen finden, die dort arbeiten wollen.
Deutschland galt über Jahrzehnte als „overbanked“, als mit viel zu vielen Bankfilialen ausgestattet. Darüber wurde weit und breit geklagt, weil es deren Wirtschaftlichkeit (und damit letztlich deren internationalen Möglichkeiten) herabsetze.
Jetzt, wo Filialen endlich schließen, wird wieder geklagt. Banken sind aber keine Wohlfahrtsinstitute, sondern Wirtschaftsunternehmen.
ÜBERALL leiden Senioren unter der Computerisierung. Immer mehr Supermärkte schaffen die Barzahlung ab; jetzt braucht man Apps, Geheimzahlen, Log-ins usw. Viele Senioren sind überfordert. Ein Riesenproblem. Aber keines, das hauptsächlich die Banken angeht.
Lidl hat einen Prospekt mit Preisen für App Benutzer, Aldi schafft auch den Prospekt ab, ja unsere Senioren werden immer mehr drangsaliert.
Ich frage mich seit 30 Jahren wozu man eine „Bankfiliale“ braucht und ärgere mich darüber das ich Immobilienbesitzer reich und diplomierten Belegstemplern den Tag strukturieren soll. Heute kann man auch als („kleine“) Privatperson den globalen Finanzmarkt nutzen. Ein Tagesgeldkonto in Schottland, gute Konditionen für eine Kreditkarte in Australien und ein ETF Depot in den USA sind kein Hexenwerk mehr. Das sich der deutsche Finanzlegastheniker seine Kohle immer noch auf irgendwelchen Sparbüchern, Girokonten, Riesterrenten und Kapitallebensversicherungen weginflationieren lässt ist zum guten Teil der sogenannten „Beratung“ der Banken zu verdanken. Gerade um sein Geld muss man sich schon selbst kümmern! Auch und… Mehr
Sie unterschlagen, in Deutschland herrscht finanzielles Analphabetentum vor. Nicht jeder ist so wie Sie. Verallgemeinerungen sind unwissenschaftlich. Weiter vergessen Sie zu erwähnen: Deutschland ist eine echte Bananenrepublik, was den Schutz derjenigen anbetrifft, die hart und schwer in ihrem Leben arbeiten müssen. Wissen Sie wie hoch der Median ist, in Deutschland, was Vermögenswerte anbetrifft? Oder wie viel jeder Deutsche im Durchschnitt (oder wahlweise Median) auf dem Konto hat? Das ist ein Grund zusätzlich, warum diese unfähige, menschenverachtende Regierung, so ein leichts Spiel mit den Wählern treiben kann. Sie spielt die Deutschen gegeneinander aus. Die einen sparen ihr Leben lang und gehen… Mehr
Unsere örtliche Filiale der Sparkasse hat mittlerweile auch geschlossen, ein echter Verlust ist das jedoch nicht. Meine Mutter (damals 78 Jahre) wollte Ende 2021 dort einen Scheck einlösen und wurde von einer Mitarbeiterin gefragt, ob sie ihren Impfausweis denn dabei habe. Meine Mutter verneinte und wurde von der Angestellten zurechtgewiesen, ihn beim nächsten mal bitte mitzubringen. Meine Mutter sagte: „Ja sicher, mach ich“. Sie hat übrigens nicht mal einen. Wie auch immer, am selben Abend habe ich für sie ein Konto bei einer reinen Online-Bank eröffnet und das Konto bei der Sparkasse schließen lassen. Es ist zwar für sie alles… Mehr
Ist überall so: Die Schwachen können gucken wo sie bleiben, werden zum Teil noch verhöhnt, das ist die entsolidarisierte Gesellschaft.