Laut einem Bericht sind die Importe von LNG aus Russland auf ein Rekordniveau angestiegen. Im laufenden Jahr werden EU-Länder voraussichtlich Flüssiggas in Höhe von rund 5,3 Milliarden Euro importieren.
Die EU wird in diesem Jahr Rekordmengen an Flüssigerdgas aus Russland importieren. Zwar strebt sie an, bis 2027 gar kein russisches Gas mehr zu importieren, weder per LNG-Tanker noch via Pipeline. Doch derzeit ist Russland der zweitgrößte Exporteur von LNG in die EU – nach Nigeria, Katar und Algerien.
Nach China waren die EU-Staaten Belgien und Spanien in den ersten sieben Monaten dieses Jahres die zweit- und drittgrößten Importeure von russischem LNG, wie die Financial Times (FT) berichtet. Herausgefunden hat dies offenbar eine Organisation namens Global Witness, die entsprechende Branchendaten analysierte.
Zwischen Januar und Juli 2023 stiegen demnach die EU-Importe von Flüssigerdgas um 40 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2021, und zwar insgesamt auf 22 Millionen Kubikmeter Gas. Allerdings erhöhte sich der Import von verflüssigtem Erdgas im Jahr 2022 in ähnlicher Größenordnung, nämlich um 46 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Wir müssen Russlands Einnahmen kürzen, mit denen Putin seinen grausamen Krieg in der Ukraine finanziert‘, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im September 2022 laut Politico. Das klingt nach EU-Rhetorik zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
Nach Projektionen von Global Witness werden EU-Länder im laufenden Jahr voraussichtlich Flüssiggas in Höhe von rund 5,3 Milliarden Euro importieren. Offenbar basieren die genannten Zahlen auf Preisinformationen des finnischen Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA). Es handele sich um Rekordmengen.
„Es ist schockierend zu sehen, dass sich viele EU-Länder von russischem Gas via Pipelines unabhängig gemacht haben, nur um es dann durch LNG per Tankschiff zu ersetzen“, sagte Jonathan Noronha-Gant, leitender Aktivist für fossile Brennstoffe bei Global Witness. „Es spielt keine Rolle, ob es aus einer Pipeline oder einem Boot kommt – es bedeutet immer noch, dass europäische Unternehmen Milliarden in Putins Kriegskasse schicken.“
Alex Froley, leitender LNG-Analyst bei der Beratungsfirma ICIS, ein Preis-Informationsdienst für den Handel mit chemischen Produkten und Energie, betonte laut der Financial Times, dass „langfristige Käufer in Europa sagen, dass sie weiterhin vertraglich vereinbarte Mengen annehmen werden, es sei denn, es wird von der Politik verboten“. Ein EU-Importverbot würde zu einigen Störungen im Schiffsverkehr führen, da die globalen Handelsstrukturen neu geordnet werden müssten, „aber letztendlich könnte Europa andere Lieferanten und Russland andere Käufer finden“.
Spanien, Belgien und Frankreich importieren am meisten
Die größten Importeure von russischem Gas innerhalb der EU sind nach dem Bericht in der FT Spanien, das von Januar bis Juli 7,5 Millionen Kubikmeter LNG aus Russland gekauft hat. Das sind 18 Prozent der gesamten russischen LNG-Ausfuhren. Nach Daten des Fernleitungsnetzbetreibers Enagas machten russische Mengen 27 Prozent des spanischen Gasmixes aus. Nur China hat in dem Zeitraum mehr, nämlich 20 Prozent der Ausfuhren gekauft.
Auch Belgien, mit 7,1 Millionen Kubikmetern und Frankreich mit 4,5 Millionen Kubikmetern LNG sind Großabnehmer in der EU. Belgien verfügt mit dem LNG-Terminal in Zeebrügge über einen der wenigen Häfen, der Tanker der Eis-Klasse abfertigen kann, die im hohen Norden eingesetzt werden. Auch die Niederlande, Griechenland, Portugal und Finnland beziehen russisches LNG.
Doch wer verkauft den Europäern das LNG? „Der größte Teil davon stammt offenbar vom zweitgrößten russischen Erdgasförderer Nowatek (Novatek). Der Konzern mit Sitz in Westsibirien und in Moskau ist, anders als der Staatskonzern Gazprom, ein privates börsennotiertes Unternehmen. Er betreibt das LNG-Terminal Jamal im Nordwesten Sibiriens, an dem neben dem französischen Minderheitsaktionär Total Energies auch chinesische Investoren zu 30 Prozent beteiligt sind. Das Terminal ist mit dem Gasfeld Süd-Tambejsk verbunden und liefert LNG nicht nur verstärkt an China, sondern offensichtlich auch in die EU.“
Während Russland die Pipeline-Lieferungen nach Deutschland via Nord Stream 1 Anfang September 2022 komplett stoppte, bleibt beispielsweise Österreich bis 2040 abhängig von russischem Gas.
„Österreich sei etwas gelungen, was niemand gedacht hätte. ‚Wir haben die Abhängigkeit von russischem Gas von 80 Prozent zu Beginn des Kriegs der russischen Föderation gegen die Ukraine auf 20 Prozent reduziert‘, sagte Nehammer im vergangenen Jahr kurz vor Weihnachten. Falsch war das nicht, doch der Rückgang ging auf einen Erpressungsversuch Putins zurück. Er hatte den Gashahn vorübergehend zugedreht, wodurch die 20 Prozent zu erklären sind. Zuletzt lag der Anteil wieder bei 60 Prozent.“ Österreich bezieht das Erdgas über die Transgas-Pipeline.
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„Russland liefert so viel Flüssi-Gerd-Gas nach Europa wie noch nie“ – hab ich gerade gelesen und dachte, nochmals tausend dank, lieber Gerd! Ich will mehr Gerd-Gas!
„Es ist ein Paradoxon des Krieges:
Die Panzer aus der Ukraine fahren zunehmend mit Öl, dass aus Russland stammt.
Die Ukraine importiert nach Angaben der ukrainischen Zollbehörde immer mehr Diesel aus Ungarn und der Türkei – beide Länder verarbeiten in ihren Raffinerien in hohem Maße Öl aus Russland.“ (Quelle: Handelsblatt vom 25.07.2023)
Um unsere allseits geschätzte Außenministerin Annalena Baerbock sinngemäß zu zitieren: Da kann man sehen, wie gut unsere Sanktionen wirken.
Die Meldungen bestätigen wesentlich zwei Sachverhalte. Einmal, dass die Energiesanktionen wie sie von der EU-Kommission verkündet wurden, weder in der Sache effektiv, noch rechtlich relevant sind. Bei dringendem Bedarf, der gegeben ist, lassen sich auch Kernländer der EU, wie Frankreich und Belgien, nicht vorschreiben was sie tun oder unterlassen müssen. Des weiteren wird offensichtlich, dass die Energiesanktion, so wie sie umgesetzt werden sollten, nicht ausreichend differenziert waren und sind. Ungarn hat von Anfang an darauf gepfiffen. Österreich war leiser – Wiener-Schlawiner – macht aber auch was es will. Es scheint mittlerweile unübersehbar, dass die Energiesanktionen uns mehr kosten als sie… Mehr
Natürlich beziehen wir weiterhin russisches Erdöl und Erdgas, nur eben nicht direkt aus Russland, sondern über Zwischenhändler. Das erhöht den Preis, aber den Abgeordneten mit ihren steuerfreien Diäten ist das natürlich egal. Und die Firmen?
Die gehen nicht pleite, sondern hören nur auf zu arbeiten…
Ich empfehle den nochmaligen Besuch der Grundschule. Da kann man zählen lernen:
„Doch derzeit ist Russland der zweitgrößte Exporteur von LNG in die EU – nach Nigeria, Katar und Algerien.“
„Während Russland die Pipeline-Lieferungen nach Deutschland via Nord Stream 1 Anfang September 2022 komplett stoppte,…“
Ich erkläre es gerne immer wieder: Ohne Verdichter kein Gastransport. Nur, weil Scholz einen Verdichter gestreichelt hat, kann der noch lange nicht eingebaut werden.
Der war und ist nämlich trotzdem mit Sanktionen belegt. Wie auch alle anderen.
Wer gegenteiliger Meinung ist, möge die rechtswirksamen Beschlüsse der EU, von GB und Kanada nennen, welche die Sanktionen aufgehoben haben.
„Russland liefert so viel Flüssigerdgas nach Europa wie noch nie“
Habeck & Konsorten freuen sich über solche Artikel.
Ist dies doch eine Aufforderung an sie endlich dafür zu sorgen, dass diese Lieferungen aus dem bösen Russland beendet werden.
Was Russland heute an Flüssiggas per Schiff in die gesamte EU liefert ist nichts verglichen mit dem was allein Deutschland vor dem Krieg per Pipeline bezogen hat.
Zitat: „Innerhalb der Europäischen Union ist Deutschland mit 55,6 Milliarden Kubikmetern der größte Importeur von Erdgas aus Russland.“
https://www.deutschlandfunk.de/nord-stream-2-gas-kritik-abhaengig-100.html#gas
Wie schon unsere Urgroßväter und Großväter müssen auch wir schmerzhaft lernen, dass Russland gar nicht so einfach in die Knie zu zwingen ist.