Am Dienstagmittag sah die Welt schon wieder ein bisschen freundlicher aus. In Asien hatten sich die Kurse vom Debakel des Vortages erholt, in Europa und den USA wurde diskutiert, ob es sich vielleicht doch nur um eine heftige Korrektur gehandelt habe und nicht um eine grundlegende Neubewertung des wirtschaftlichen Datenkranzes durch die Börsianer, die sich in einen Crash auswachsen könnte.
Literaturbewanderte Anleger fühlten sich nach dem Geschehen der vergangenen zwei Wochen an Ernest Hemmingways ersten großen Roman „The Sun also rises“ von 1926 erinnert. Dort gibt es den Dialog zwischen Bill und Mike: „How did you get bankrupt?“ Bill asked. „Two ways,“ Mike said: „Gradually, then suddenly“. So groß die Marktbewegungen der letzten Tage jedoch auch scheinen, sie sind weit weg von „getting bankrupt“; denn sie erfolgten von einem hohen Niveau aus.
Gerade die besonders heftig abgestraften Aktientitel aus dem Tech-Bereich wie Nvidia, Apple oder Microsoft haben in den vergangenen Monaten einen unbeschreiblichen Höhenflug durchlebt, der nun ein bisschen korrigiert wurde. Schaut man auf den Jahresanfang, relativiert sich für Anleger die Situation tatsächlich deutlich. Viele Titel und die meisten Indizes rund um den Globus notieren immer noch im Plus – und zwar sogar, bevor Japans Aktienmarkt am Dienstagmorgen einen Teil der historischen Verluste vom Montag wieder aufholen konnte.
Nachdem der Nikkei-Index am Vortag um mehr als zwölf Prozent eingebrochen war, legte er am Dienstag um 10,2 Prozent zu und ging mit 34.676 Punkten aus dem Handel. Auch der südkoreanische Kospi stieg nach einem Verlust von 8,8 Prozent vom Vortag wieder um 3,3 Prozent. Der Straits-Times-Index in Singapur, der am Montag bereits 4,4 Prozent verloren hatte, sank allerdings leicht. Der Hang-Seng-Index in Hong Kong und der Shanghai-Composite wurden auf Vortagsniveau gehandelt. Auslöser der Kehrtwende war die Reaktion des amerikanischen Markts auf die historischen Verluste in Asien zum Wochenauftakt. Zwar hatten mehr Verkaufs- als Kaufwünsche zum größten Tagesverlust des Dow-Jones-Indexes seit zwei Jahren geführt, um ein Gleichgewicht zu erreichen, mit 2,6 Prozent waren die Einbußen beim Leitindex indes weit hinter den Verlusten in Asien zurückgeblieben.
Zudem linderte der US-Geschäftsstimmungsindex für die Dienstleistungsbranche des Institute for Supply Management die jüngsten Ängste vor einer Rezession in den USA, die vorige Woche für den einsetzenden Verkaufsdruck („gradually“) verantwortlich gemacht worden waren. Er war von 48,8 Punkten im Juni auf 51,4 Punkte im Juli gestiegen, wobei ein Wert von über 50 als Wachstumsindikator interpretiert wird. Auch am Devisenmarkt zeichnete sich am Dienstagmorgen eine Kehrtwende ab. Der Yen, der seit Juli gegenüber dem Dollar 12,4 Prozent an Wert gewonnen hatte, verlor wieder deutlich. Auch diese Entwicklung half den Aktien in Japan.
Daniel Hurley von T. Rowe Price in London wagte sich denn auch bereits aus der Deckung: Er hält den Markt für „überverkauft“. Vor der Korrektur seien die Unternehmen im Topix-Index der Tokioter Börse mit dem 16,5-Fachen ihres erwarteten Gewinns beurteilt worden, ein historisch hoher Wert. Das habe sich nun geändert, der Topix werde nur noch mit dem gut zwölffachen Kurs-Gewinn-Verhältnis gehandelt und liege damit weit unter dem langfristigen Durchschnitt. „Wir sind also von überschießenden Bewertungen zu einer Position übergegangen, in der wir sagen können, dass japanische Aktien überverkauft sind.“
Bis Mitte Juli hatte sich die Mehrzahl der Börsianer die Welt mit zwei Erzählungen schön gemalt. Einerseits herrschte der Glaube vor, dass die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz (KI) die Welt revolutionieren werde. Zumindest sollte es die Ertragsaussichten derjenigen Tech-Konzerne schnell und stark verbessern, die zu den KI-Vorreitern gehören beziehungsweise mit der Produktion von Hochleistungschips die Voraussetzungen schaffen. Entsprechend war die Kapitalisierung des technologielastigen Nasdaq-Aktienindexes seit Jahresanfang bis Mitte Juli um gut ein Viertel gestiegen. Nun hat er innerhalb von drei Wochen rund 15 Prozent an Wert eingebüßt. Anderseits herrschte an den Märkten ein optimistisches Inflations- und Wachstumsszenario vor. Die Inflation bildete sich zwar etwas langsamer zurück als erhofft, doch die Zentralbanken schienen ihren Job gemacht zu haben. Die Erwartungen an Zinssenkungen waren deshalb durchaus intakt, auch wenn sie sich etwas in die Zukunft verschoben hatten.
Die Korrektur der vor allem im Tech-Bereich überschäumenden Euphorie war also für alle Besserwisser überfällig. Auch scheinen die nunmehr dominierenden eher verhaltenen Wachstumsaussichten realistisch. Die Firmen verdienen jedoch mehrheitlich gut und notieren auf dem jetzigen Niveau, an traditionellen Bewertungsmaßstäben gemessen, auf durchaus vertretbaren Kursen. Das heißt nicht, dass sich der Kursverfall der vergangenen Tage bei weiter verhärtenden Pessimismus nicht noch einmal verstärken kann. Aber wer jetzt die eine oder andere Position aufbaut, braucht zwar vielleicht noch einmal starke Nerven, macht aber auf lange Sicht sicher auch nichts verkehrt.
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
Der DAX würde wahrscheinlich bei 500 Punkten stehen. Man hätte nur Firmen wie ThyssenKrupp, Lufthansa, Metro und noch einige andere im Index belassen müssen und nicht jedes Jahr die Dividende hinzurechnen dürfen. Die 17.000 Punkte im Dax, sind ja auch nicht mehr das tolle Ergebnis von 30, sondern inzwischen von 40 Firmen, von denen bereits einige dem Tod ins Auge blicken konnten. Die schwächsten sortiert man immer raus, in die 2. und 3. Liga, wo sie ein Schattendasein fristen und sie nie erholen. Irgendwann wird es aber schwierig, qualitativ guten Ersatz für schwindsüchtige Unternehmen zu finden. Da kommt nichts nach.… Mehr
Der Tagesverlust in Japan war schon beeindruckend. Wenn man sich aber ansieht, dass sich die Kurse dort in den letzten zwei Jahren verdreifacht hatten, obwohl sich die Wirtschaftsdaten nicht fundamental geändert haben, relativieren sich die Verluste der letzten Wochen von ca. 20% ziemlich. Die Kurse sind immer noch nahe historischen Höchstkursen. Die Bewertung als „überverkauft“ kann ich da nicht nachvollziehen. Das hieße ja die japanischen Kurse wären viele Jahre lang grundlos extrem unterbewertet gewesen. So dumm ist der Markt nicht. Gleiches gilt auch für Techaktien a la NVidia. Deren Korrektur hat gerade mal den Buckel des Kursbooms etwas abgeschmolzen. Da… Mehr
Natürlich erholt sich die Börse wieder bevor es wieder nach unten geht. Diese Zunahme der Schwankungsbreite ist aber historisch gesehen immer ein Zeichen für den allgemeinen Abschwung der Börsen weltweit gewesen.
Ich glaube schon, dass sich die Börse wieder erholen wird, zumal sich häufig die Ankündigung von Arbeitsplatzabbau und Standortverlagerungen positiv auf den Kurs auswirkt. Eine andere Frage ist, ob sich die deutsche Wirtschaft wieder in naher Zukunft erholt. Das glaube ich aufgrund der Ampelpolitik nicht. Kurzum: Aktienindizes wie der DAX sind schon länger kein verlässlicher Indikator mehr für den Gesundheitszustand der heimischen Wirtschaft.
Die Börse muß sich natürlich wieder beruhigen. Was sonst? Es ist zuviel zu verzinsendes Fremdkapital im Spiel. Das treibt die Kurse. Es gibt natürlich Rücksetzer. Die sind aber nie von langer Dauer.
Es wäre sicher zu einem „Schwarzen Montag „gekommen wenn sich die Kleinanleger von der Panik mitreißen und zu jedem Preis verkaufen würden, zum Glück waren die meisten im Urlaub und das Smartphone lag ausgeschaltet im Safe auf dem Hotelzimmer.
Man kann sehr gut am sehr volatilen Bitcoinkurs erkennen wie das Kapital abfließt und sich der Schwamm über die Spekulation sofort wieder vollsaugt, jemand dreht gerade ganz groß an den Schrauben und wird dabei obszön reich .
Die Börsen werden von den großen Fonds weltweit bewegt und weniger von vergesslichen Kleinanlegern!
Warum nur lassen die dummen Deutschen einen grünen Kinderbuchautor schalten und walten, der nach Laune unser Steuergeld überall verbrät? Weshalb erdulden die bekloppten Deutschen einen Grünen Naivling, der nach eigenen Worten mit „Deutschland noch nie etwas anfangen konnte“ ? Der wie seine Familie einen dänischen Pass besitzt. Der möchte evtl. doch lieber ein Däne sein. In jedem anderen Land würde solch ein Typ vielleicht als Türsteher angestellt aber niemals als sogenannter Vizekanzler !! Aber bei den Sozen von den SPD ist das möglich wie das auch eine ehemalige Paketausfahrerin als aktuelle SPD Parteivorsitzende beweist. Einkommen angeblich 47.000 Euro monatlich –… Mehr
Der eigentliche Grund für diesen Crash kommt leider auch in diesem Artikel nicht nicht zur Sprache. „The Motley Fool“ schreibt: „Seit Monaten sprechen Marktbeobachter über einen beliebten Handel, bei dem sich Anleger zu sehr niedrigen Zinsen Geld in japanischen Yen liehen und das geliehene Geld dann in wachstumsstarke Anlagen wie die Aktien der “ Glorreichen Sieben “ investierten. Das Aufnehmen von günstigen Krediten zum Erwerb von Anlagen mit höherer Rendite wird als „ Carry Trade “ bezeichnet. Diese Strategie ist aus gutem Grund weit verbreitet: Carry Trades können sehr profitabel sein, solange sie funktionieren. Wenn jedoch ein beliebter Carry-Trade plötzlich… Mehr
Sehr gut erklärt. Sehe ich genau so !! Schrott verliert – Substanz hält sich. Ich baue mein Depot entsprechend um. Danke an die Kirschen 🤑
Es wird sich wohl eher um 4 Milliarden USD gehandelt haben.
Nein, es geht um „trillions“, also Billionen. Hier ist der Originalartikel:
https://www.fool.com/investing/2024/08/05/what-is-carry-trade-japan-rate-hike-global-selloff/