Offene Stellen in der Gastronomie – Politik will das Problem mit Zuwanderung lösen

In Hotels, Bars und Restaurants gibt es knapp eine halbe Million offener Stellen. Die Politik scheint überfordert und sucht das Heil in noch mehr Zuwanderung. Dabei könnten diese Stellen mit Arbeitslosen besetzt werden. Über verfehlte Anreize am Stellenmarkt.

IMAGO / Bihlmayerfotografie

Bei vielen Menschen sind die Corona-Jahre alles andere als spurlos vorübergegangen. Psychologen sind hoffnungslos überlastet, die Terminsuche wird zum Martyrium. Operationen, aber auch Chemotherapien wurden aufgrund einer vermeintlichen pandemischen Notlage verschoben. Die Maßnahmen rächen sich Woche für Woche – und die Politik schaut hilflos zu.

Aber auch an den schönen Dingen wurden die Menschen gehindert. Kino, Theater und Konzerte wurden lange von den Herrschenden verboten. Seitdem Kultur wieder weitgehend möglich ist, gibt es einen regelrechten Ansturm auf die Tickets. Mit Recht: Die Leute wollen ihr Leben wieder genießen. Sie wollen in den Urlaub und sie wollen die gastronomischen Angebote in Anspruch nehmen – wenn da nicht das Personal fehlte.

Rund 61.000 Betriebe in der Hotel-, Gastronomie- und Tourismusbranche suchen Mitarbeiter

Und wie. Laut einer Auswertung der Agentur Index Research fehlen in der Berufsgruppe „Hotel-/Gastgewerbe, Tourismus und Empfang“ bundesweit im Zeitraum Januar bis Ende Mai 483.985 Stellenanzeigen. 60.935 Firmen suchten nach Arbeitskräften in diesem Bereich.

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Zum Vergleich: Im Zeitraum Januar 2020 bis Ende Mai 2020 wurden 283.535 Stellenanzeigen gezählt und 44.192 Firmen suchten. Index Research ist in Deutschland Marktführer bei der Stellenmarkt-Auswertung und ein gängiges Programm vieler Personaler. Die Datenbank erfasst und analysiert kontinuierlich die Veröffentlichung von Stellenanzeigen in Printmedien, Online-Stellenbörsen und Unternehmenswebsites und fasst diese für den suchenden Betrieb zusammen.

Die Gründe sind schnell gefunden. In den vergangenen zwei Jahren bezogen die allermeisten Unternehmen aus der Gastronomie Kurzarbeitergeld (KUG), was zur Folge hatte, dass sich viele, teils langjährige Mitarbeiter woanders hin orientierten.

Kurzarbeit trieb langjährige Mitarbeiter in andere Branchen

So geht es zum Beispiel dem 34-jährigen Kai. „Ich arbeitete seit ich 15 Jahre alt war in der Gastro. Aber nach dem ersten Jahr Kurzarbeit, das heißt weniger Lohn, habe ich mich woanders beworben.“ Kai arbeitet heute in einem Discounter, der zunächst 14 Euro als Mindestlohn zahlt – die erste Lohnerhöhung steht bereits an. Kai berichtet von vielen ehemaligen Kollegen, die im Einzelhandel, aber auch in die Industrie, zum Beispiel Lebensmittelherstellung, gewechselt sind.

„Viele unserer Mitgliedsbetriebe berichten davon, dass es schwieriger geworden ist, offene Stellen zu besetzen“, sagt die Chefin des Hotel- und Gaststättenverbandes Ingrid Hartges, was sich auch in den Zahlen manifestiert. Der höchste Rückgang bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in dieser Branche wurde im Mai 2021 nach dem Lockdown mit 14,5 Prozent registriert. Das waren mehr als 160.000 Mitarbeiter weniger als im Mai 2019.

Zuwanderung kann nicht die Lösung sein

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Flüchtlinge aus der Ukraine: Integrierbar in den Arbeitsmarkt
Politik und Behörden versuchen indes, das Problem mit Zuwanderung zu lösen. Ein „Schalthebel“ sei die Arbeitskraft von Zuwanderern. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) besucht beinahe jeden Monat ein anderes Land, um für den Arbeitsmarkt in Deutschland zu werben. Aber auch der sogenannte Spurenwechsel von Flüchtlingen wird in der Koalition diskutiert. Spurenwechsel bedeutet, dass Flüchtlinge ihren Status leichter ändern und dann arbeiten können.

Problematisch ist hierbei, dass die Anreize für eine Migration auf dem „Fluchtweg“ aufgrund der rosigen Aussichten in der Bundesrepublik erhöht werden. Es ist davon auszugehen, dass die Zahl der Migranten aus kriegsfernen Ländern steigen wird, wenn sich herumgesprochen hat, dass man mit dem Asylantrag schon bald die Spur wechseln und dauerhaft im Land bleiben kann. Die Gefahr einer Überlastung des Asylsystems droht.

Macht die Politik die gleichen Fehler wie 2020 und 2021?

Auf der anderen Seite hat Deutschland laut dem Pressebericht der Agentur für Arbeit rund 2,26 Millionen Arbeitslose. Die offizielle Zahl dürfte jedoch doppelt so hoch sein. Sicher, nicht jeder kommt für die Branche in Frage, manche aber schon. Weshalb versucht die Politik nicht aktiv, hier Anreize zu schaffen? Vor allem die Sanktionen für Arbeitsunwillige nicht abzubauen, sondern sie effektiv anzuwenden. Wenn das ausgeschöpft ist, kann man immer noch Menschen aus dem Ausland anwerben.

Ob Pflege, Gastronomie, oder Tourismus: Die Politik der letzten Jahre rächt sich. Man wollte um jeden Preis ein Virus besiegen, koste es, was es wolle. Kollateralschäden wurden billigend in Kauf genommen, während – oh Wunder – das Virus nicht verschwunden ist. Wenn die Politik Gleiches wie in den beiden Jahren durchsetzt – Kontaktverbote, Reisebeschränkungen, Berufsverbote für Gastronomen, Hoteliers, aber auch Künstler –, dann haben diese Politiker rein gar nichts verstanden.


Julian Marius Plutz

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Kommentare ( 62 )

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WandererX
2 Jahre her

Davon, dass wir Marktwirtschaft haben und Löhne bei Mangel eben steigen, hat unser Arbeitsminister wohl noch nie etwas gehört. Nicht jeder muss sich ja abends im Lokal bedienen lassen, wenn das Geld dafür dann ggf. wegen höhere Preise nicht reicht – man kann auch Selbstbedienngslokale gg. einführen oder zu Hause oder im Park trinken. Bei sofortiger Einwanderung bei Mangel wird die Marktwirtschaft ZERSTÖRT! Warum läuft die SPD des AGs wie die FDP hinterher?

Demokratius
2 Jahre her

Keine Sorge, das Arbeitskräfteproblem in der Gastronomie löst sich durch die ständig steigende Inflation von ganz alleine. Wer hat bei den steigenden Energie- Sprit- und Lebensmittelpreisen sowie den teuren Mieten noch Geld übrig, um gepflegt essen zu gehen? Unsere zahlreichen Diätenbezieher können das zwar immer noch, doch sie besuchen nur bestimmte Gaststätten.

T. Pratchett
2 Jahre her

So wenig, wie es in den letzten Jahrzehnten gelungen ist, den „Bodensatz“ der (Biodeutschen)-Langzeit-Sozialhilfe/HartzIV-Empfänger zur Arbeit zu bewegen, um so weniger wird es gelingen, den größten Teil der seit 2015 Zugereisten in irgend einem Job unterzubringen. Zum einen sind die Sozialleistungen bei uns viel zu verführerisch, zum anderen gibt es keine Möglichkeit jemanden, der partout nicht arbeiten will, in eine Stelle zu vermitteln. Er stellt sich dann halt, falls mit Kürzung seiner Sozialleistungen sanktioniert wird, so unmöglich an, dass er wieder entlassen werden muss und das Spiel geht von vorne los. Mit den Worten von unserer Angela: Jetzt sind sie… Mehr

Fieselsteinchen
2 Jahre her

Die Ursachen des Arbeitskräftemangels sind alle hausgemacht. Abgesehen von der Sinnlos-Studiererei vieler Schulabgänger, MINT war ja auf der Schule nicht so ihr Ding, begann es vor 2,5 Jahren mit einer eigentlich auf zwei Wochen beschränkten flatten-the-curve- Anweisung aus dem Bundeskanzleramt/MPK. Daraus wurde für viele ein Langzeit-Kurzarbeitergeld, dann Job- oder Berufswechsel (Wie lange kann man eine Familie so ernähren?), Insolvenz. Keine Arbeitskäfte am Flughafen, in der Pflege, in der Gastro/Hotellerie, im Handwerk? Von fünf Kosmetikerinnen im Umkreis ist nur noch eine übrig geblieben. Viele kleine Geschäfte auf dem Land kämpfen, wollen nicht aufgeben, da sie mehrheitlich seit Generationen in Familienhand sind.… Mehr

josefine
2 Jahre her

Es kann doch wohl nicht sein, dass hier Millionen von Menschen staatliche Stütze bekommen, weil sie (aus welchen Gründen auch immer) nicht arbeiten, dass aber immer weitere Neubürger ins Land geholt werden, um relativ einfache Tätigkeiten zu erledigen. Daa System muss dringend verändert werden. Ein Kellner muss nicht einmal die 4 Grundrechenarten beherrschen, das erledigt sein PC; aber ein freundliches Gesicht aufsetzen und bedienen kann jeder (lernen). Dazu kommt, dass die Gastronomie eine hohe Fluktuation hat. Kneipen kommen und schliessen. So ist es auch bei dem Personal. Unsere Politiker müssen ihre Hausaufgaben machen und aus dem reichlich grossen Reservoir der… Mehr

Innere Unruhe
2 Jahre her
Antworten an  josefine

In der Tat. Gemessen an der Anzahl von ausländischen Restaurants könnte man annehmen, dass Migranten ausgerechnet für Gastronomie qualifiziert wären. Wer in einer Shisha-Bar aushelfen kann, wird es wohl auch in einem anderen Resaurant schaffen.

Manfred_Hbg
2 Jahre her

Zitat: „Auf der anderen Seite hat Deutschland laut dem Pressebericht der Agentur für Arbeit rund 2,26 Millionen Arbeitslose“ > Jo, ist schon klar! Immer wenn ich diese -im Grunde jedes Mal gleichbleibenden- geschönten Arbeitslosenzahlen höre und dabei daran denke das z.Bsp. Jahr für Jahr 200000+ „bereichende“ „Fachkräfte“ und „RentenkassenAUFfüller“ ins Land fluten und politisch hergeholt werden(inkl Fam-Nachzüge, Resettlement-Prog, afghan Hilfskräfte usw), dann weiß ich nicht ob ich einen Lach- oder Tobsuchtsanfall bekommen soll. Seit 2014/15 sind wohl mittlerweile um die +/- 2,5 Millionen -vor allem muslimische und afrikanische- „Fachkräfte“ ins Land geflutet und trotzdem erhöht sich die Arbeitslosenzahl trotz hoher… Mehr

Fieselsteinchen
2 Jahre her
Antworten an  Manfred_Hbg

Indem man diese “Fachkräfte” in Maßnahmen steckt, die da z.B.wären: Deutschkurs Nr. 6 auf Anfängerniveau (Deutschförderkurse = DeuFöV, wenn man das x-te Mal die DTZ-Prüfung nicht bestanden hat. DTZ – einfaches Grundlagendeutsch, Touristenstufe könnte man auch sagen). Alles vom Steuerzahler finanziert, Eigenanteil null! Lernen ist nicht so das Ding, alles zu schwer: krank, Kinder krank, Regen, Ramadan, Einkaufen und Kochen, Media Markt – vielfältigste Entschuldigungen oder man bleibt einfach so fern. Alle Kurse sollen berufsbezogen sein, aber die allermeisten haben nicht mal den Versuch unternommen, sich etwas zu suchen, wohlgemerkt nach 7 Jahren oder sogar länger: jetzt machen sie halbtags… Mehr

Fred vom Jupiter
2 Jahre her

Immer dieser Unsinn mit „Die Gefahr einer Überlastung des Asylsystems droht.“

Nein, die Gefahr droht, dass wir ethnische Deutsche – samt unserer Kinder und Enkel – in die Minderheit geraten und dadurch Nachteile erleiden!

Wir werden jetzt schon permanent von allen Seiten durch Cancel Culture, Sprachverbote und Kriminalität bekämpft (siehe Ferda Ataman, Yasemin Shooman, Faeser, etc.)!

Enttäuschend, dass TE so etwas nie berücksicht, was schon länger zu bemängeln ist. Aber ich denke, wenn es dann zu spät ist, thematisieren das auch die bürgerlich-konservativen Medien. Wie immer halt! 🙁

MeHere
2 Jahre her
Antworten an  Fred vom Jupiter

Es geht nicht um die Minderheit, sondern um ein Ungleichgewicht von Kulturfremden, die das Leistungsprinzip nicht verstehen – also ohne Arbeit kein Brot. Einige Biodeutsche haben damit auch ein Problem, v.a. Ökokommunisten, oder Gewerkschaftler, AWO Bonzen, etc … Beweise hierfür gibt es genug … Somit verschiebt sich das Gleichgewicht der Gesellschaft hin bis zur Bruchstelle – was ja von den Sozialisten herbeigesehnt wird, um endlich die Gesellschaft umzubauen, d.h. eine Parteiendiktatur zu errichten. Die Rechten Kräfte, oder die Mitte schauen wie schon in Weimar, tatenlos zu … (Ausnahme ist die AfD, dafür gibt es aus den zu 95 % linksbunten… Mehr

Dieter
2 Jahre her

Die Eintrittshürde in einen Job wird doch durch die Höhe des leistungsfreien Harz4 Satzes bestimmt. Früher hat man die Gastro gerne als Nebenjob, für etwas nebenbei genutzt und sich ein Studium, Ausbildung damit finanziert. Hat Spaß gemacht, man lernte viel über Menschen, noch mehr über harte Arbeit und war hinterher stolz drauf es selber geschafft zu haben. heute muß man 2000€ brutto verdienen um den Sozialhilfesatz raus zu bekommen. Und Nebenjob? Beim Minijob zahlt zwar der Arbeitgeber die 32% Abgaben, das reduziert natürlich dennoch die Lohnhöhe. Und wenn man mehr verdient, wird das von den allgegenwärtigen „Sozialleistungen“ (woher kommt der… Mehr

2 Jahre her
Antworten an  Dieter

Hier muss man gezielt an die Migrantinnen rangehen.
Sie könnten durchaus in den Küchen aushelfen und servieren während die Männer zu Hause die Kinder hüten. Das wäre die perfekte Integrationsmaßnahme.

Prometheus
2 Jahre her

Immer her damit. Alle rein ins Land. So lange, bis es nichts mehr zu holen gibt und alles zusammebricht. Natürlich möchte man es mit Zuwanderung lösen. Natürlich möchte man es nicht mit eigenen deutschen Kindern lösen. Das grundsätzlichste Problem liegt in der Demographie dieses Landes. Und das Problem der Demographie liegt in den „Sozialsystemen“. Man hat geldliche Zahlungen nicht an Bedingungen geknüpft. Und weil man keine Kinder haben konnte und trotzdem die volle Rente bekommen hat, haben die Deutschen auch keine bekommen. „Sozialsysteme“ sind ein Fluch, eine Massenvernichtungswaffe zur Dezimierung von Völkern! In Ländern, in denen es keine Sozialversicherungen gibt,… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Prometheus
Denk doch mal
2 Jahre her
Antworten an  Prometheus

Sozialsysteme sind umlagefinanziert nichts anderes als ein Schneeballsystem. Wenn es nicht genug neue Kunden (Beitragszahler) gibt, bricht das System eben zusammen. Wissen die Verantwortlichen natürlich, lügen sich aber weiter in die eigene Tasche.

Homer J. Simpson
2 Jahre her

Die Crux liegt doch woanders. Gastro-Jobs waren meist Übergangs-, Aushilfs- oder Studentenjobs. Zumeist noch schlechter entlohnt als Zeitarbeit. Dann kamen die ganzen Fastfood-Ketten und boten bessere Bezahlung und so Ideen wie duales Studium. Also gingen viele eben dort einer etwas bezahlten Tätigkeit nach. Jetzt, nach der Pandemie, sind viele andere Branchen das neue Stammlager. Daher wäre es für die Gastro vielleicht eine Option, entweder – bei den ganzen nicht-deutschen Wirten – die Wirtschaft als Großfamilie auf eine Rechnung zu betreiben oder eben Mindestlohn zahlen. Die Leute, auch die Arbeitslosen, wollen nicht für Almosen arbeiten. Schon gar nicht in diesen Zeiten!… Mehr