VW im Niedergang: jetzt ist es amtlich

Pünktlich nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen kommt VW mit einer Horrormeldung und kündigt an, alles auf den Prüfstand stellen zu wollen. Die Zahlen legen eine komplette Werkschließung nahe. Die bislang geltende Jobgarantie – die heilige Kuh des Betriebsrats – wird gekündigt. Damit sind betriebsbedingte Kündigungen möglich. Mindestens einem Werk droht die Schließung.

IMAGO / Jan Huebner

„Sparkurs bei VW: Werksschließungen und Entlassungen möglich“ – So die Headline der Automobilwoche am 02. September 2024. VW-Markenchef Thomas Schäfer will den Sparkurs bei der Kernmarke VW verschärfen, weil die bisherigen Sparmaßnahmen vor allem in der Administration nicht ausreichen. Eine härtere Gangart ist angekündigt.

Die Kernmarke VW ist seit Übergang zu Elektromobilität unter Herbert Diess und Vernachlässigung des Verbrennergeschäft im Bereich der Stammkundschaft und Zielgruppe „Volks-Wagen“ vor allem das Sorgenkind. Neu ist das nicht. Bereits seit vielen Jahren hat die Marke Volkswagen mit starren Strukturen, langen Dienstwegen und hohen Kosten zu kämpfen. VW lag immer bei der Rendite weit hinter Konzernschwestern wie Skoda, Seat und Audi zurück.

Aber die Situation hat sich zugespitzt. Ein 2023 aufgelegte Sparprogramm sollte hier die Wende bringen, das Ergebnis bis 2026 um zehn Milliarden Euro verbessern sollte. Das aktuell schwache Neugeschäft hat die Lage nun aber weiter verschärft.
Um die angepeilten Ergebnisverbesserungen trotzdem zu erreichen, müssten die Kosten nun stärker als bisher geplant sinken. Laut „Handelsblatt“ geht es um bis zu vier Milliarden Euro, die zusätzlich eingespart werden müssen. „Der Gegenwind ist deutlich stärker geworden“, sagte Markenchef Thomas Schäfer laut Mitteilung. „Wir müssen deshalb jetzt noch mal nachlegen und die Voraussetzungen schaffen, um langfristig erfolgreich zu sein.“

Konzernchef Oliver Blume begründete den verschärften Sparkurs mit der sich zuspitzenden Lage. (TE hat darüber frühzeitig berichtet). „Die europäische Automobilindustrie befindet sich in einer sehr anspruchsvollen und ernsten Lage. Das wirtschaftliche Umfeld hat sich nochmals verschärft, neue Anbieter drängen nach Europa“, sagte er laut Mitteilung. Welche und wo sie zu finden sind, lies er offen. „Dazu kommt, dass vor allem der Standort Deutschland bei der Wettbewerbsfähigkeit weiter zurückfällt. In diesem Umfeld müssen wir als Unternehmen jetzt konsequent agieren.“

Jetzt ja. Hier hätte man auch anführen können, dass der VW Konzern aufgrund strategischer Fehler selber zum Niedergang des Standortes Deutschland beigetragen hat, ebenso wie das Land Niedersachsen als Kapitaleigner.
Nun ist die Stunde der Wahrheit gekommen. Volkswagen schließt im Rahmen des Sparprogramms bei der Kernmarke VW Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen nicht länger aus. Wie das Unternehmen nach einer Führungskräftetagung mitteilte, kündigt es die bisher geltende Beschäftigungssicherung auf, die betriebsbedingte Kündigungen bis 2029 ausschloss. Die bislang geltende Jobgarantie – die heilige Kuh des Betriebsrats – wird gekündigt. Damit sind betriebsbedingte Kündigungen möglich. Mindestens einem Werk droht die Schließung.

Die Zahlen, um die es geht, legen eine komplette Werkschließung nahe. Vermutlich in Sachsen – nicht an den internationalen Standorten des Konzerns.

VW hat in Sachsen drei Werke – in Dresden, Zwickau Chemnitz. In Zwickau wurde schon die Axt angelegt; das Werk sollte die unverkäuflichen E-Autos produzieren. In Dresden steht die „gläserne Manufaktur“, die einst den stolze Phaethon baute. Am Tag nach der Wahl bekennt man sich zur Wahrheit.

Folge der Abbruchaktion: Ein massiver Konflikt zwischen Konzernleitung und Betriebsrat kündigt sich an.

Erwartungsgemäß kündigt die Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates Daniela Cavallo massiven Widerstand an. Die Pläne seien „ein Angriff auf unsere Beschäftigung, Standorte und Tarifverträge“, erklärte sie in einer Sonderausgabe der Betriebsratszeitung „Mitbestimmen“ (Sparkurs bei VW: Werksschließungen und Entlassungen möglich | Automobilwoche.de).

Und weiter: „Damit steht VW selber und somit das Herz des Konzerns infrage. Dagegen werden wir uns erbittert zur Wehr setzen“, so Cavallo. „Mit mir wird es keine VW-Standortschließungen geben!“ Die Arbeitnehmervertreter verfügen bei VW zusammen mit dem Land Niedersachsen über eine Mehrheit im Aufsichtsrat.

Zu fragen ist, wo der Widerstand des Betriebsrates gewesen ist, als die Weichen in der Produktstrategie falsch gestellt worden waren. Deren „faule Früchte“ man jetzt ernten muss.

Laut Automobilwoche will der Betriebsrat will einen anderen Pfad bestreiten. Daniela Cavallo stellt in der Gazette „Mitbestimmen“ plötzlich fest: „Der Vorstand schlägt einen völlig falschen Weg ein. Anstatt jetzt in die Offensive zu gehen und den Versäumnissen der Vergangenheit einen Plan für die Zukunft entgegenzusetzen, bricht das Spardiktat aus.“

Diese Einsicht kommt spät, aber mit Sicherheit nicht zu spät. Noch ist Zeit zum umsteuern, noch verfügt der VW-Konzern über ein technologisches Knowhow, Potenzial in Breite und Tiefe, wie kaum ein anderes globales Automobilunternehmen. Doch dafür braucht es Mut. Mut sich von alten Fehlern zu distanzieren und glaubhaft zu korrigieren. Auch Investitionen in Milliardenhöhe in fragwürdige Kooperationen und Beteiligung z.B. bei Rivian oder Xpeng für autonomes Fahren etc. gehören auf den Spar- Prüfstand!. Nur zur Erinnerung: das Diesel-Abenteuer in den USA hat den VW-Konzern im Minimum 30 Milliarden Euro gekostet. – Dafür muss man lange sparen.

Der VW Betriebsrat war bisher leidensfähig. Nichts spricht dagegen, dass er die notwendige Holperstrecke ebenfalls mitmarschiert.

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Kommentare ( 134 )

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RA.Dobke
2 Monate her

Deutschland hat den WK II verloren und der überlebende Rest der Gesellschaft hat den Karre aus dem Dreck gezogen Auch die Nachkriegsgenerationen haben das bis … ?! Nun steht Deutschland vor einem selbstinszenierten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zusammenbruch und mir stellt sich die Frage, ob ein Neuaufbau und Wiederanfang mit Parteien, wie z.B. den GRÜNEN und solchen Organisationen, wie „FFF“, „Last Generation“ etc. möglich sein soll. Bei dem auch kulturellen Unbewußtsein der vorbezeichneten Personenkreise und fehlenden Bildung sowie fehlendem Wissen um die Zusammenhänge, habe ich die schlimmsten Befürchtungen!

Lucius de Geer
2 Monate her

Frei nach Rudi Carell: „Und schuld daran ist nur die AfD…“ Apropos: Wann traut sich TE endlich einmal mit Vertretern der AfD-Spitze zu reden? Man kann ja nicht immer dem Köppel von der Weltwoche das Feld überlassen, oder?

Juri St.
2 Monate her

Wieder einer der vielen Erfolge der Ampel Politik und insbesondere des Wirtschaftsministers! Wenn das nicht zeitnah endet, werden die Folgen katastrophenähnlich ausfallen.

Klaus Weber
2 Monate her

Wenn die Bombe noch vor der Wahl geplatzt wäre, nicht auszudenken mit welchen Konsequenzen!? Insofern kann man mit Fug und Recht von Wahlmanipulation sprechen…..

Ceterum censeo Berolinem esse delendam
2 Monate her

Man muss auch die positiven Seiten sehen: Da werden in Zwickau und Dresden bald mehr Leute tagsüber Zeit haben, auf einer Demo gegen Rechts mit zu marschieren. Abgesehen davon bin ich fest davon überzeugt, dass Landesvater Kretschmer die neuerdings Zeit Habenden nicht im Regen stehen lassen wird. Man könnte doch beispielsweise eine landeseigene Transfergesellschaft gründen, in der die ehemaligen Automobilwerker zu selbständigen Verfassungsschützern ausgebildet werden. Sobald jemand auf X oder aufgrund der Meldung eines pflichtbewussten Mitbürgers als Systemabweichling erkannt wurde, wäre es Aufgabe des selbständigen Verfassungsschützers, den rechten Verdachtsfall engmaschig zu überwachen und ihm durch persönliche Gespräche klar zu machen,… Mehr

HansKarl70
2 Monate her

Das Alles ist bestimmt der böse Mitarbeiter Schuld, der für seine Arbeit frecherweise auch noch Geld verlangt. Gut das die Konzernleitung und die Politik keine Schuld trifft und nach wie vor ein gutes Gehalt kassiert.

Peter Klaus
2 Monate her

Man muss es den bald Ex-VW-Mitarbeitern „nur richtig erklären“: „Ihr verliert nicht Euren Job (und somit auch ein auskömmliches Einkommen, die Eigenheime und jegliche wirtschaftliche Sicherheit), nein, ihr hört nur auf zu arbeiten“. Und bitte, beim nächsten Mal wieder das Kreuz an der richtigen Stelle setzten.

Dieter Blume
2 Monate her

VW hatte noch vor wenigen Jahren hervorragende Kleinwagen mit sparsamen und umweltfreundlichen Dieselmotoren. Dann kamen die grünen Jakobiner und faselten von Dieseltoten und forderten Fahrverbote wegen einer angeblich lebensgefährlichen Feinstaubbelastung. VW hat sich nicht dagegen gewehrt sondern das Elektroauto als Allheilmittel propagiert. Leider müssen die Beschäftigen das Versagen ihrer unfähigen Führungsriege jetzt ausbaden.

M. Stoll
2 Monate her
Antworten an  Dieter Blume

Die „Beschäftigten“ haben über ihre Gewerkschaft mitgesägt an dem Ast, auf dem sie sitzen.
Das Desaster war vorhersehbar, wenn man etwas ökonomischen Sachverstand besitzt.
Die Autoindustrie ist auch nicht weg, sie produziert nur woanders.

Haba Orwell
2 Monate her

> Mindestens einem Werk droht die Schließung.

Das spart doch CO2 – die Chinesen machen sich um CO2 von den Werken daheim keine Sorgen. Der Michel müsste doch frenetisch jubeln?

W aus der Diaspora
2 Monate her

Es ist so traurig wie es lächerlich ist!
Das was bei Thyssen-Krupp und VW im Großen passiert, das passiert in unserer Kleinstadt hier im Kleinen. Dadurch, dass es hier im Kleinen passiert ist man näher dran, durchschaut Strukturen leichter und fasst sich allzu oft an den Kopf, da man nicht versteht, wie weitaus gebildetere, jüngere Menschen, Entscheidungen treffen können, die absolut nichts mehr mit der Realität des Alltags zu tun haben.

Der Person
2 Monate her
Antworten an  W aus der Diaspora

„…wie weitaus gebildetere, jüngere Menschen“ Die sind nicht gebildet, die sind akademisch verblödet. Dazu kommt die natürliche Hybris der Jugend, die natürlich alles besser weiß und kann als die doofen Alten. Früher hat man diese Arroganz mit einer Ausbildung, der allgemeinen Übernahme von (Eigen)Verantwortung oder mit „an die Schippe“ bzw. „unter die Haube“ gebändigt, das alles findet aber nicht mehr statt, ein Erwachsenwerden wird verwehrt. Wobei beim eAuto dazu kommt, dass die Massenuntauglichkeit je bereits bewiesen wurde, vor ca. 100 Jahren und exakt aus denselben Gründen: mangelnde Verfügbarkeit der Aufladung und zu stark begrenzte Reichweite. So ähnlich wie bei der… Mehr

W aus der Diaspora
2 Monate her
Antworten an  Der Person

Ich habe nur die mittlere Reife, die haben Abitur und studiert. Da sollte deren Bildung besser sein.
Und in jüngeren Jahren war ich geistig noch flexibler als heute, Neues wurde von mir schneller verarbeitet. Während diese modernen jungen Manager auf plötzlich auftretene Probleme total hektisch und hilflos reagieren und grundsätzlich viel mehr Aufwand darein stecken einen Schuldigen zu finden als eine Lösung des Problems zu finden.

cernunnos
2 Monate her
Antworten an  W aus der Diaspora

Ich hab auch Abitur und diverses studiert, das hat mit Bildung nichts zu tun. Das ist stupides Auswendiglernen (MINT will ich mal außen vor lassen, da hab ich eine Weile nur das I davon kennengelernt). Ich kenne etliche Leute die auch „nur mittlere Reife“ haben, die sind weitaus patenter. Schon weil sie weitaus eher in die Praxis müssen. Das was einem da jetzt als Chef (zugegeben meist Chefin) vorgesetzt wird, 25-30 Jahre alt, von der Uni (BWL oder sonstiger Unsinn), von nichts Ahnung, auf die Erfahrung von Leuten pfeifen die das Ganze schon 30 Jahre machen, man hat ja „studiert“… Mehr

RA.Dobke
2 Monate her
Antworten an  W aus der Diaspora

Unsere Führungs“ELITE“ hat überwiegend weder eine berufliche noch eine akademisch basierte Bildung Schaut mal den innenpolitischen Verbrecher /Versprecher (!) der SPD-bundestagsfraktion Hartmann !!!

HansKarl70
2 Monate her
Antworten an  W aus der Diaspora

Dafür aber mindestes 2x im Jahr ab in den Urlaub. Natürlich per Flugzeug und schön weit weg.

RA.Dobke
2 Monate her
Antworten an  W aus der Diaspora

’88 / ’89 läßt schön grüßen ! Die Thyssen / Kruppler wären damals über den Rhein gekommen und hätten das Ruhrgebiet in Brand setzen können,so fürchtete man damals! Sollte man das nicht auch heute fürchten? Damals „switchte“ Politik und Wirtschaft ganz eilfertig um und es gelang die buchhalteriche Trickserei in eine neue andere buchhalterische Trickserei umzuwandeln – weg waren die roten Zahlen und schwupps waren schwarze Zahlen da. Wie ich im Fernsehen sehen konnte, sind die Kruppianer noch viel beweglicher als damals! Ich schließe mich mit meiner „Güllepumpe“ gern solidarisch an!