Verkehrsminister Scheuer für Fahrrad als Verkehrsmittel Nummer eins

Claudia Roth und Peter Altmaier auf dem Fahrrad als Motive finden sich selten. Für Otto Normalradler heißt es: Strampeln gegen den Klimawandel.

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Nur ein nicht vorhandenes Auto ist ein gutes Auto. Oder kürzer: Auto weg! Das ist die Tendenz, mit der Verkehrspolitik über Verbote gemacht wird. So hat jetzt der Bundesrat Änderungen in der Straßenverkehrsordnung zugestimmt, die Verkehrsminister Andreas Scheuer vorgelegt hatte. Ziel: Das Fahrrad als Verkehrsmittel Nummer eins!

Ältere oder gar gehbehinderte Menschen, die das Pech haben, nur schlecht auf ein Fahrrad zu kommen, bleiben besser zu Hause. Sie können sich kaum noch vor ihren Hauseingängen absetzen lassen oder in ein Taxi einsteigen. Radfahrer sollen absoluten Vorrang bekommen, haltende Autos auf Radstreifen sind von Übel. Teuer wird es für den, der Fahrrad- oder Gehwege verstellt. Von 15 auf bis zu 100 Euro steigen die Geldbußen an. Das wird kritisch für Paketzusteller und Handwerker, die Waren anliefern müssen. Der Traum vom Innenstadtverkehr ausschließlich mit Lastenfahrrädern ist eben ziemlich begrenzt.

Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen ist erst einmal vom Tisch. Doch wer auf den Straßen schon nur ein wenig schneller fährt als erlaubt, soll gleich mit einem Fahrverbot bedacht werden. Einen Monat Fahrverbot bekommen soll, wer in geschlossenen Ortschaften um 21 km/h die Höchstgeschwindigkeit überschreitet. Das kann bei der rasanten Ausweitung der Tempo-30-Zonen, die ideal zum Abkassieren der Autofahrer sind, leicht den Führerschein und damit oft genug die Grundlage der Existenz kosten.

Beim Überholen von Radfahrern müssen innerorts mindestens 1,5 Meter Abstand eingehalten werden, außerhalb von Ortschaften zwei Meter.

Nicht durchgekommen ist der Vorschlag, dass Kommunen solche Zonen einrichten können, in denen nur Lastwagen fahren dürfen, in denen ein sogenannter Abbiegeassistent eingebaut ist. Dieses Hilfsmittel soll nach dem Wunsch des VCD Radfahrer schützen. Denn beim Rechtsabbiegen sehen Lastwagenfahrer häufig nicht Radfahrer, die neben ihnen fahren. Immer wieder kommt es beim Rechtsabbiegen zu schweren Unfällen, die für die Radfahrer häufig tödlich enden.

Vielleicht kommt der VCD auf die Idee, Fortbildungskurse über die Realität im Straßenverkehr anzubieten. Denn es ist keine besonders gute Idee für Radfahrer, auf ihrem Vorfahrtsrecht zu bestehen, wenn der LKW-Fahrer kaum eine Chance hat, den Radfahrer rechts unten neben ihm zu sehen. Auch auf einen Abbiegeassistenten ist kein 100-prozentiger Verlass. Im Zweifel anhalten und den Lkw rechts abbiegen lassen ist die bessere Überlebensstrategie im Straßenverkehr und wäre ein besonders hilfreich in der Kinder- und Schüler-Verkehrsausbildung.

In geschlossenen Ortschaften müssen Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen Gesamtgewicht beim Rechtsabbiegen auf Schrittgeschwindigkeit abbremsen – als wären sie vorher mit Formel-1-Tempo um die Kurven geschossen.

So soll das Fahrradfahren sicherer werden, tönen Grüne, CDU und SPD. Deren Politpersonal sticht allerdings nicht dadurch hervor, mit gutem Beispiel voranzugehen. Aufs Fahrrad steigen sie nur, wenn Pressefotografen auf ein nettes Foto mit dem Motiv »Politiker auf dem Fahrrad« warten. Für Otto Normalradler heißt es: Strampeln gegen den Klimawandel. Doch Claudia Roth und Peter Altmaier auf dem Fahrrad als Motive finden sich erstaunlich selten.

Verkehrsminister Scheuer also will – grüner als Grün – Deutschland zum Fahrradland machen. Vorbild: Nordkorea. Oder China. 1,45 Milliarden Euro sollen für den Bau von Radwegen in Städten und Gemeinden ausgegeben werden.

Kein Cent ist jedoch dafür vorgesehen, und keine Überlegung gibt es dazu, wie dem Fahrrad mehr Wertschätzung zuteil werden könnte. Unmöglich ist es, Fahrräder in Innernstädten oder vor Hauptbahnhöfen zu parken. Diebstahl und Vandalismus machen auch den innigsten Wunsch, das Fahrrad in der Stadt zu benutzen und abzustellen, allzuoft zunichte.


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Kommentare ( 29 )

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trafo
3 Jahre her

Das kommt davon wenn man sich als Minister in mindestens Audi A8 oder äquivalent Mercedes BMW überall ihn fahren lässt. Da kann man doch schlank den Leuten das Fahrrad vorschreiben… Aber selbst ins Kanzleramt mit dem Rad… nein das geht nicht.

Contra Merkl
4 Jahre her

Es gibt auch weitere Distanzen, schlechtes Wetter.
Mit gebrochenen Knochen will ich halt keine 10 Kilometer Rad fahren. Egal wie das Wetter ist.
Wäre ein Fahrrad so ein tolles Teil, hätte sich das Auto nicht durchgesetzt.

Contra Merkl
4 Jahre her

Verkehsminister Scheuer will ja Mobilität neu denken, nur klappt es bei ihm mit dem Denken leider suboptimal. Der letzte Denkversuch von ihm war erst, dass er im Modellprojekt Pakete Nachts ab 2 Uhr mit der U – Bahn ausliefern will. Auf so einen logistischen Alptraum kann man nur kommen, wenn man selber im Leben noch nie was gearbeitet hat. Wieviel Jahre wurden jetzt damit zugebracht, in allen Ortschaften die Durchfahrtsstrassen zu verengen, den Leuten breite Fussgängerwege zu bauen. Keine Schikane war zu teuer, selbst unnütze Verkehrsinseln ohne jeden Sinn wurden in Fahrbahnen gebaut. Eine Gemeinde in Hessen stellte den Rekord… Mehr

Contra Merkl
4 Jahre her

Sie haben den Treibstoffmangel noch auf Kuba vergessen.
Stundenlanges anstehen, um eine geringe Menge Sprit eventuell zu bekommen, oder sein Auto weiterschieben zu dürfen. Aus dem Mangel an Sprit ist der Ochsengespann wieder zum Transportmittel erklärt worden. Auch in der Landwirtschaft werden durch Ochsengespanne gute Dienste verrichtet.

thinkSelf
4 Jahre her

Herr Douglas, wie kommen Sie darauf China als Beispiel für ein Fahrradland zu nehmen? Da sind sie wohl mal selbst alten Mythen aufgesessen. Also bei meinen letzten Besuchen lag deren Anzahl so irgendwo bei 0. Der Straßenverkehr in chinesischen Großstädten besteht heute aus Mittelklassewagen von erstaunlich geringem Alter (plus Rollerfahrer mit allerdings eher waghalsigen Fahrmanövern). Er läuft auf hervorragend ausgebauten Straßen in erstklassigem Zustand. Aktuell sind das 136.000 km (Deutschland 13.000 km, aktuelles Neubauvolumen in China: 3.000 – 10.000 km pro Jahr). Selbst in der Rushhour gibt´s da weniger Staus als in Köln und Umgebung am Wochenende. Die Autobahnen sind… Mehr

Karl Napf
4 Jahre her

Verkehrsminister Scheuer für Fahrrad als Verkehrsmittel Nummer eins

Logisch – da kann der Doedel wirklich keine Entscheidungen versemmeln, die mal schnell runde 500Mio kosten. So sichert er sich seinen Job.

Medienfluechtling
4 Jahre her

wenn den Leuten das Geld für das Auto ausgeht wird schon noch schnell genug Platz auf den Strassen entstehen…

Roland Mueller
4 Jahre her

In meinem ehemaligen Heimatland Italien gibt es trotz mehr chaotischer Autofahrer weniger schwere Unfälle als in Deutschland. Der Grund ist recht einfach. Die italienischen Verkehrsteilnehmer bestehen nicht immer und überall auf ihrem Recht, sondern machen auch zum Beispiel einem halsbrecherischen Überholer Platz, um einen Unfall zu vermeiden. Auf einen Grabstein, auf dem zu lesen ist, er hatte Recht, verzichten sie gern.

H. Priess
4 Jahre her

In China müssen sie in den Großstädten also ab 20 Millionen Einwohnern, eine Rickscha suchen wo noch per Pedes gefahren wird. Die Pedale sind nur Nostalgie und man fährt Elektrisch. In meiner Zeit in Köln durfte ich als PKW Lenker erleben wie man dort Fahrrad fährt. Erste Grundregel, ich habe Grün also habe ich Vorfahrt und brauch nicht nach links oder rechts zu gucken. Da waren Kampffahrer dabei die mit gut und gerne 50 Kmh auf dem Radweg unterwegs waren und beim rechts abbiegen dachte ich, na der ist noch weit weg aber Pustekuchen, nur durch Vollbremsung konnte ich eine… Mehr

Watzmann
4 Jahre her

Als ein sämtliche Mobilitätsformen nutzender Zeitgenosse sind mir sowohl unterschiedliche Sichtweisen als auch die verschiedenen Realitäten bewusst. D.h. es gibt idiotische Autofahrer und bekloppte Radfahrer. Aber auf eines möchte ich mal mit aller Deutlichkeit hinweisen. Wäre die Mehrheit der Autofahrer nicht vorsichtig unterwegs, wäre die Verletzungsquote von Radlern um ein Vielfaches höher! Und Radfahrer bei Dunkelheit ohne Licht ist eher die Regel als die Ausnahme.

Alexis de Tocqueville
4 Jahre her
Antworten an  Watzmann

Es gibt bestimmt vernünftige Radfahrer. Die Mehrheit ist strunzdumm. Fahren absolut rücksichtlos, denn sie bekommen ja immer recht und das müssen sie durchsetzen. Aber sie bedenken offenkundig nicht, wie blöde es wäre, für den Rest ihres Lebens im Rollstuhl recht zu haben.

Roland Mueller
4 Jahre her
Antworten an  Watzmann

Idioten gibt es seit allen Zeiten. Besonders gefährlich wird es aber vor allem dann, wenn die Deppen immer und überall auf ihrem tatsächlichen oder auch nur vermeintlichem Recht bestehen. Ein großer Teil der Dummheit verschafft sich nämlich durch nicht vorhandene Lernfähigkeit den Durchbruch.