Nanny-Autos: Wie die EU den Autokauf für junge Menschen unbezahlbar macht

Neue verpflichtende Assistenzsysteme verteuern den Autokauf. Der Traum vom unfallfreien Fahren ist das Ziel. Aber ist diese Entmündigung des Autofahrers durch Überregulierung nötig? Sicher ist: Die individuelle Mobilität wird so eingeschränkt. Von Fabian Kramer

picture alliance / dpa-tmn | Christin Klose

Die Europäische Union ist eine mächtige Organisation mit erheblichem Einfluss auf das Alltagsleben der Bürger. Leider neigen der Brüsseler Bürokratie-Moloch und seine darin wandelnden Technokraten gern zur Überregulierung des alltäglichen Lebens. Bananenkrümmungen, Schnullerbandlängen oder der Wasserdruck eines Gartenschlauchs: Für alles entwickelt die EU ihre Verordnungen. Auch für das Automobil führt die EU neue Verordnungen ein.

In Neuwagen müssen ab dem 7. Juli neue verpflichtende Assistenzsysteme verbaut sein. In den offiziellen Ausführungen der EU ist von einem immensen Sicherheitsgewinn die Rede. Bis 2038 sollen 25.000 Menschenleben durch die verpflichtenden Assistenzsysteme gerettet werden. So prognostiziert es die EU. Ohne Frage soll Sicherheit ihren Preis haben. Aber braucht es die Überregulierung des gewöhnlichen Fahrers wirklich? Und welche negativen Konsequenzen folgen daraus für junge Menschen, die von einem eigenen Auto träumen?

Das Auto wird zum Luxusgut

Der Traum vieler junger Menschen dreht sich um die selbstbestimmte individuelle Mobilität. Viele Teenager fiebern erst dem Führerschein und dann dem eigenen Auto entgegen. Und immer mehr junge Menschen kaufen sich ein Auto. 18,3 Prozent der unter 25-Jährigen besitzen ein Auto – 2013 waren es nur 17,5 Prozent. Aber der Traum vom Führerschein und vom ersten Wagen ist auch teurer geworden. Die Preise für einen Führerschein sind in den letzten Jahren drastisch gestiegen. Eine Fahrstunde von 45 Minuten kostet im Durchschnitt heutzutage rund 50 Euro. Da kommen schnell 3000 bis 4000 Euro bis zum abgeschlossenen Führerschein zusammen.

Hat man die finanzielle Hürde des Führerscheins gemeistert, kommt schon die nächste Hürde. Der Student oder Azubi braucht das nötige Kleingeld für den ersten Wagen. Da kommt nun die EU ins Spiel. Bisher sind Fahrerassistenzsysteme meist in Mittelklassewagen oder in der Oberklasse verbaut. Denn die Assistenzsysteme sind kostspielig. Pro verbautem Assistenzsystem muss man mit Kosten von mindestens 300 Euro rechnen. Dies fällt bei einem 80.000-Euro-Mercedes eher nicht ins Gewicht, aber bei einem Einsteigermodell wie dem Golf schon – der fängt mittlerweile bei circa 27.200 Euro an.

Ein Fiat Panda fängt bei 16.000 Euro an. Der modischere Bruder Fiat 500 bei 17.500 Euro. Ein Mazda 2 kostet 16.500 Euro. Ein Einsteigermodell A1 vom Oberklasse-Produzenten Audi kostet 22.700 Euro. Ein Dacia Sandero ist der wohl günstigste Kleinwagen mit einem Preis von 11.500 Euro. Für diese Einsteigermodelle gelten ab dem 7. Juli nun auch die Verordnungen der EU für Fahrerassistenzsysteme. Der politische Wunsch nach einem entmündigten Fahrer macht das Auto für junge Menschen fast unbezahlbar.

Der Traum vom unfallfreien Fahrer

Was steckt nun also künftig in den Autos? Sind die Fahrerassistenzsysteme wirklich unerlässlich? Ein neues verpflichtendes Fahrerassistenzsystem ist der aktive Spurhalteassistent. Der aktive Spurhalteassistent greift ab 60 km/h ein, wenn der Fahrer die Ideallinie verlässt und möglicherweise ein Unfall geschehen könnte. Bisher ist dieses System nur in Mittel- und Oberklassewagen verbaut. Es scheint also kein lebensnotwendiges System zu sein. Schließlich kann der Fahrer durch sein Lenkrad immer noch abschließend die Spurlinie bestimmen.

Da stellt sich die Frage nach dem Nutzen in allen Neuwagen. Die Spur halten zu können, ist schließlich eine Grundbedingung beim Fahren. Die meisten Fahrer brauchen dazu kein Assistenzsystem. Auch die Geschwindigkeit können die meisten Fahrer ohne Probleme selbst regulieren. Doch in Zukunft soll ein Geschwindigkeitsassistent dem Fahrer helfen, dass dieser nicht zu schnell fährt. Ein Schelm, wer denkt, dass die Grünen über die Hintertür ein Tempolimit eingeführt haben. Optische oder akustische Signale sollen den Fahrer vor Raserei warnen.

Aber schießt sich die Politik nicht damit ein finanzielles Eigentor? Wenn alle Fahrer sich brav an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten, wird auch weniger Bußgeld kassiert. Gerade im Land der Blitzer, in der Bundesrepublik, lauert hinter jeder Kurve ein Blitzer, um dem rasenden Bürger ein saftiges Bußgeld abknöpfen zu können. Dieses Assistenzsystem verringert den Fahrspaß, aber könnte den Geldbeutel schonen.

Und das setzt voraus, dass das Geschwindigkeits-Assistenzsystem auf der jeweiligen Straße die richtige Geschwindigkeit abgespeichert hat. Schilder, die das System nicht sieht oder die nicht auf einer Karte eingespeichert sind, können eine Temporegulierung auf der Autobahn aufheben – aber das Geschwindigkeitswarnsystem zwingt die Fahrer eines Fahrzeugs trotzdem 80 statt 130, 150 oder 210 km/h zu fahren.

Durch künstliche Intelligenz soll in Zukunft die Müdigkeit des Fahrers ermittelt werden. Anhand von Lenkverhalten und Sensoren ermittelt ein KI-System, ob der Fahrer zu müde zum Fahren ist. Allerdings hat auch hier der Fahrer die letzte Entscheidung. Er entscheidet, wann er zu müde ist. Man stelle sich mal vor, dass man nach einem langen, ermüdenden Bürotag nicht nach Hause kommt, weil die Software entscheidet, man sei zu müde. So viel Übergriffigkeit will die EU dann doch nicht. Weitere verpflichtende Systeme wie ein Notbremslicht, Notfall-Spurhalteassistent, Rückfahrassistent oder eine Vorrichtung zum Einbau einer alkoholempfindlichen Wegfahrsperre sind ebenfalls bald in jedem Neuwagen zu finden. Eines ist ganz offensichtlich. Die EU misstraut dem Autofahrer.

Die Entmündigung des Fahrers

Freie Fahrt für freie Bürger war einmal. Heutzutage will die EU das Fahren regulieren und den Fahrer entmündigen. Autofahren soll spaßbefreit und bierernst werden. Dabei braucht es die vielen zusätzlichen Fahrassistenzsysteme oftmals nicht. In Deutschland sind alle 10 Meter Schilder, die die Höchstgeschwindigkeit anzeigen. Die Autos sind sicherer konstruiert als jemals zuvor. Es ist eine Überreglementierungswut, die die EU dazu veranlasst, jedes Auto in einen Fahrer-Kontrolleur zu verwandeln.

Mag sein, dass es für ältere Fahrer sinnvoll sein kann, dass ihr Auto ihre nachlassenden Sinne ausgleicht. Aber diese älteren Menschen können sich dann eben ein entsprechendes Mittel- oder Oberklasse-Modell anschaffen, wenn sie mehr Sicherheit brauchen. Die jetzigen Verordnungen verteuern den Kauf für jüngere Autofahrer erheblich, die gern auf teure Technik verzichten würden. Da die Verordnungen auch die günstigen Einsteigermodelle betreffen, wird die Mobilität vieler junger Menschen eingeschränkt. Der Autokauf wird immer mehr zu einer sozialen Frage. Doch das Auto und damit die individuelle Mobilität dürfen nicht zum Luxusgut werden.

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Kommentare ( 56 )

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WandererX1
5 Monate her

Nanny. Autos…. In einer Nanny- EU gibt es natürlich Nanny- Autos, aber auch öde dröge Nanny – Siedlungen und -Innenstädte, Nanny- Bars statt dinke Spielunken, wie es sie noch vor 40 Jahren zu Hauf gab. Feminismus an der Macht führt also nicht zu einer lebendigeren, lässigen Kultur, sondern zu einer eingeengten autoritären Kultur. Nur will das bis heute kaum jemand wahr haben, nicht? Überhaupt ist bürgerliche Kultur feministischer als die frühere adelsbestimmte, weil sich der Amnn im Bürgertum kaum freischwimmen kann, so wie das ein Adliger sehr gute gegenüber seiner Dame konnte: die lebten in getrennten Schlossteilen! Und mit der… Mehr

WandererX1
5 Monate her

Das ist die „moderne“ bürgerliche Sicherheits- Kultur: Menschen in Watte packen. Kinder nicht auf die Strasse lassen , Schüler sicherheitshalber abholen, Hellikopter- Mütter, Vollkasko in jede Richtung: bei einem Kind pro Frau ein bischen verständlich: das soll eben partout sicher leben! Vor 200 Jahren starben schon die Hälfte als Kleinkind an Bakterien und Viren, die man nicht kannte.
Da musste Frau ein paar mehr gebären, dass 1-3 übrig bleiben, denn die Risiken (auch im Pferdeverkehr) waren enorm! Das eine wird heute zum Heiligtum.

Christa Born
5 Monate her

Niemand hat die Absicht, sich ein neues Auto zu kaufen. Es gibt gute gebrauchte, schon für wenige tausend Euros. Halte ich mein Leben lang so und bin immer gut gefahren. Sollen sich die neuen sonstwohin stecken…

JPP
5 Monate her
Antworten an  Christa Born

Das ist zwar richtig, jedoch sind auch die Gebrauchtwagenpreise durch die gigantischer Verteuerung der Neuwagen sowie des permanent sinkenden Angebotes aufgrund immer längerer Haltezeiten stark gestiegen. Hinzu kommt die von der EU schon zu Beginn der 2000er Jahre verordnete Gewährleistungsverpflichtung gewerblich tätiger Verkäufer, die neben einem florierenden Business für Versicherungsunternehmen (Stichwort: nutzlose Gebrauchtwagengarantie) eben auch die Aufschläge des Gewährleistungsrisikos auf den Käufer abwälzt. Die EU-Verordnungen sorgen für permanente Verteuerung. Auf nahezu allen Gebieten!

Fieselsteinchen
5 Monate her
Antworten an  JPP

Kann sich noch jemand daran erinnern? Mitte/Ende der 80er/90er gab es für ein ausgezeichnetes Abitur oft von der Familie einen einfachen Gebrauchtwagen, günstig, um die 4.000 DM. Und heute? Der deutsche Führerschein schlägt mit 8.000 DM zurück! Wer kann sich das leisten, wenn die Eltern normal verdienen, mehrere Kinder in der Familie sind? Selbst Sparen ab Geburt wird für viele schwierig! Ach ja! Wegen des Klimas! Alles klar! Aber es ist eine Frage der Sicherheit, sowohl in der Stadt, besonders auch auf dem Land, dass junge Leute nicht nachts, im notorisch unzuverlässigen ÖPNV unterwegs sind.

VincentVegas
5 Monate her
Antworten an  Fieselsteinchen

Mein erster Wagen war ein Manta A mit 60 PS für 1000 DM. Man muss als Fahranfänger keinen Neuwagen haben.

Dieter Blume
5 Monate her

Wer auf den engen Straßen des Sauerlands den Spurhalteassistenten nicht abschaltet, riskiert sein Leben.

Markus Gerle
5 Monate her

Bei der EU sind halt Ideologen tätig, welche die Realität da draußen eher nicht wahrnehmen. Vor allem fahren die anscheinend selbst kein Auto. Ich bin in der glücklichen Lage, mir Autos leisten zu können. welche über diese Assistenzsysteme verfügen. Daher habe ich einige Erfahrungen mit denen, über die EU-Bürokraten offensichtlich nicht verfügen. Der sog. Spurhalteassistent ist bei mir nach mehreren Versuchen ausgeschaltet und bleibt auch ausgeschaltet. Der lenkt nämlich wirklich gegen, was im Baustellen-verseuchten Deutschland der reine Albtraum ist. Mit den naturgemäß nicht sehr exakten gelben Linien kommt das System nämlich nicht klar. Der adaptive Geschwindigkeitsautomat ist klasse und im… Mehr

GefanzerterAloholiker
5 Monate her

Sie gehen am Kern vorbei. „Die“ in der EU , übrigens dieselben, wie „die hier“, wollen das gar nicht. Autobahn ist denen zuviel, Verkehr sowieso. Denen ist das alles über. Die sog. Industrie wird woanders verkaufen müssen. Hier werden sie sich mit Investitionen zurückhalten: „die von der EU“ haben’s ja gewollt.

gmccar
5 Monate her

Es gab bereits im Netz eine KFZ- Werkstatt, die damit warb, diese Blackbox mit all ihrer EU-Tyrannei auszubauen. Wenige Wochen später hat die gleiche Werkstatt im Netz berichtet, das diverse staatlichen Kräfte die Werbung für den Ausbau untersagten. Auch eine Strafbarkeit wurde signalisiert.
Wenn das zutrifft, will die WEF-Zweigstelle EU verhindern, das dieses Überwachungs-und Kontroll-System der EU irgendwie der Nutzung entzogen wird.
1984 + Schöne Neue Welt.

elly
5 Monate her

zweimal hatte ich auf einer Dienstreise einen Leihwagen mit ganz vielen Assistenzsystemen am Zielflughafen in Empfang genommen. Für eine erforderliche, stundenlange Einweisung ist kein Personal da und es fehlt auch die Zeit. Die Fahrt mit diesen Mistkarren war ein absolutes Sicherheitsrisiko. Für die Rückfahrt habe ich am Abend die Bedienungsanleitung studiert und nahezu alles ausgeschalten. Man hat auf Dienstreisen spät nachts im Hotelzimmer janix Besseres zu tun.
Wie auch immer, die neue EU Verordnung ist ein Sieg der Lobbyisten.

drnikon
5 Monate her

Schon zu Kants Lebenszeiten war das selbständige Denken voller Mühsal. Es hat sich nichts geändert.

Das Kolosseum wurde zum Stadion, Gladiatoren zu Fußballern, Eliten sitzen in ihren VIP Lounges mit eigenen Zugängen, frenetischer Jubel der Steuersklaven die sich frei wähnen.

Prinzipiell keine Änderung. Warum auch. Läuft doch gut für die Eliten, wenn Sklaven zufrieden sind.

maik litoris
5 Monate her

Die online Kleinanzeigen sind schon lange voll von Mechatronikern/Hackern, die alles auf Wunsch weg- odder auch dazuprogrammieren für kleinstes Geld. der Effekt ist dann eben, dass man nicht nur den nervigen Spurassistenten abschaltet sondern gleich noch den Gurtwarner und anderen Schnickschnack.