Keine Einzelfälle: E-Bike explodiert, Tesla geht in Flammen auf

Immer wieder kommt es zu spektakulären Bränden von Elektrofahrzeugen. Experten sagen, E-Autos würden nicht öfter in Flammen aufgehen als herkömmliche Verbrenner – aber das Löschen eines Brandes könne heikel werden.

IMAGO / 3S PHOTOGRAPHY
Brand eines Zweiradgeschäfts im Bad Vilbeler Stadtteil Massenheim, 03.12.2018. Brandursache war der defekte Akku eines E-Bikes.

In einem Reihenhaus in Bremen standen die Flammen am Mittwoch meterhoch – vom Erdgeschoss bis zum Dach. Die Feuerwehr brauchte fast drei Stunden, um den Brand zu löschen. “Dass die Bewohner noch lebend herauskamen, ist ein Wunder!”, sagte der Anwohner Herbert Theißen gegenüber der Bild. Ursache soll ein E-Bike auf den Stufen des Hauseingangs gewesen sein, das explodierte.

Einen Tag zuvor war bereits in der Nähe der US-Stadt Philadelphia ein Tesla-Sportwagen abgebrannt. Seit wenigen Tagen hatte ein Unternehmer das neue Modell “Tesla S Plaid” in seinem Besitz. Tesla-Chef Elon Musk hatte im Februar noch angekündigt, der S Plaid solle “schneller als jeder Porsche, sicherer als jeder Volvo” sein. Haarscharf entging der Mann dem Flammentod, weil er sich mit seinem ganzen Körpergewicht gegen die Tür des 130.000-Dollar-Wagens warf – das elektronische Türsystem habe nicht funktioniert, berichtet RND unter Berufung auf den Anwalt des Fahrers. Die Feuerwehr kämpfte über drei Stunden, bis der Brand gelöscht war.

Beide Brände sind kein Einzelfall: Laut dem Fachmedium Efahrer explodieren oder entflammen E-Bike-Akkus immer wieder – zuletzt in Bochum, Lengerich in Nordrhein-Westfalen und Bad Waldsee in Baden-Württemberg. In Bochum soll der Akku eines acht Jahre alten E-Bike explodiert sein. Der Besitzer nutzte das Gefährt offenbar kaum und lagerte den Akku in seiner Wohnung. Im Februar 2019 sorgte der Tod eines Arztes für weltweite Betroffenheit, der laut Angaben seiner Familie in einem Tesla S an einer Rauchvergiftung gestorben sein soll, weil das Türsystem nicht funktionierte.

Laut Experten brennen Elektrofahrzeuge aber nicht häufiger als normale Verbrenner. “Wir haben kein höheres Brandrisiko, und auch die Schäden sind vermutlich nicht deutlich höher”, sagte Jochen Zehfuß vom Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz der Technischen Universität Braunschweig gegenüber dem Deutschlandfunk. Bei einem Brand entstehe auch nicht wesentlich mehr Wärme, weil das vor allem von den Fahrzeugmaterialien abhänge statt der Antriebsvorrichtung.

Beim Löschen könnten aber giftige Gase entstehen, die die Feuerwehrkräfte gefährdeten, sagte Zehfuß. Außerdem werde es gefährlich, sobald die Antriebsbatterie aufgrund eines Unfalls beschädigt sei. Dann könne sie thermisch durchgehen – das heißt, viel Sauerstoff wird bei einer Zersetzungsreaktion frei und heizt die Flammen an. “Deswegen ist es auch so schwierig, einen Brand von einem Elektrofahrzeug zu löschen oder zumindest dann, wenn der Akkumulator brennt, und da braucht man eben deutlich länger”, sagte Zehfuß.

Laut dem Fachmedium Autobild braucht es bei einem thermischen Durchgehen sehr viel Wasser. Ein für Verkehrsunfälle gebautes Löschfahrzeug führe normalerweise 1600 bis 2000 Liter mit sich, was für einen brennenden Benziner oder Diesel vollkommen ausreiche. Bei einem brennenden Elektroauto bedürfe oft aber zwischen 3000 und 11.000 Liter – und entsprechend mehr Fahrzeuge und Feuerwehrmänner. Weil der Akku wasserdicht und thermisch geschützt im Wagenboden verbaut sei, verfügten Feuerwehren über eine spezielle Löschlanze, um sie in die Batterie zu rammen und den Brand zu löschen. Doch nicht alle Feuerwehren wären entsprechend ausgerüstet und ausgebildet. Die meisten Akkus hätten aber eine Druckentlastungsöffnung eingebaut, mit der die Feuerwehr im Ernstfall nutzen könne, schreibt Autobild.

Ein weiteres Problem: Das Löschwasser ist hochgiftig und darf nicht in die Kanalisation gelangen. Eine Studie der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) vom Dezember 2019 fand heraus, dass die chemische Belastung des Löschwassers die Schweizer Grenzwerte um das 70-fache übersteigt. Brandsanierung nach einem Elektroautobrand sei auf jeden Fall ein Job für Profis im Schutzanzug, sagte ein beteiligter Forscher. Auch der Feuerwehrmann Karl-Heinz Knorr warnte, dass das kontaminierte Wasser zu einem echten Problem werden könne. “Wenn Feuerwehrleute sich zum Beispiel in einer Tiefgarage in Rauch und Hitze einem brennenden Fahrzeug nähern, ist es unmöglich, erst dafür zu sorgen, dass das Löschwasser aufgefangen wird”, sagte der langjährige Leiter der Bremer Feuerwehr gegenüber Efahrer. Im Notfall müsse der Boden an der Unfallstelle gereinigt oder abgetragen werden.

Kulmbach, Leonberg und Göppingen entschieden laut Autobild bereits, Elektrofahrzeuge in Tiefagaragen zu verbieten. Die bayrische Gemeinde Kulmbach teilte etwa mit, man könne Hybride und E-Autos nicht löschen, weil die Decke der Tiefgarage zu niedrig sei. Mit Löschtanks, Abschleppfahrzeugen oder den Einsatzwagen der Feuerwehr sei kein Durchkommen möglich. Die E-Autos “müsste man unter Aufsicht und Kühlung ausbrennen lassen, was mehrere Tage dauern kann”, heißt es in einer Mitteilung vom Februar. Das würde “enorme Schäden” für die Statik des Gebäudes mit sich führen.

Stadtbrandinspektor Heinrich Poperl erklärte demnach: “Was nützt es uns in Kulmbach, dass die Feuerwehren in Großstädten bei einem dortigen Brand ganz andere Möglichkeiten haben als wir hier. Die Manpower ist deutlich größer, womöglich auch die technische Ausstattung. Mir wurde von der Feuerwehr München beispielsweise berichtet, dass im Brandfall im Werk in Ingolstadt angerufen wird, dass die Mitarbeiter dort mit der entsprechenden Technik vorbeikommen, um das Feuer in den Griff zu bekommen. Das klappt in Kulmbach nun mal leider nicht. Wir müssen mit dem arbeiten, was wir haben und die örtlichen Gegebenheiten ermöglichen es uns in keiner Weise, den Brand eines Lithium-Akkus in der Tiefgarage zu löschen oder zu kühlen.”

Der mediale Aufschrei auf das Einfahrverbot folgte umgehend – etwa im öffentlich-rechtlichen BR. Auch der ADAC konnte die Entscheidung der Stadt “nicht nachvollziehen” und bemerkt auf seiner Internetseite: “Sollten weitere Garagen-Betreiber dem Kulmbacher Beispiel folgen, wäre dies ein fataler Rückschlag beim Ausbau der Elektro-Mobilität in Deutschland.” Kulmbachs Bürgermeister ruderte zurück und schaffte Löschdecken und einen Teleskoplader an, um nebenstehende Fahrzeuge abdecken und das brennende E-Auto wegschleppen zu können. Kosten: 92.000 Euro.

“Das Brandschutzproblem in Tiefgaragen ist technisch nicht wirklich gelöst”, sagte denn auch Susanne Schütz, Bauexpertin und Landtagsabgeordnete der FDP in Niedersachsen, gegenüber Autobild. Extreme Hitze und Löschwasser mit giftigen Schwermetallen könnten die Statik von Gebäuden gefährden. Dabei lägen viele Parkhäuser in Innenstädten oder unter Wohn- und Bürogebäuden. “Greifen die Flammen auf eine Hausfassade mit Dämmmaterialien über, droht eine Katastrophe”, befürchtete die Architektin. “Es gibt keine verbindlichen baulichen Vorgaben zum Brandschutz speziell bei Elektrofahrzeugen und Ladesäulen.”

Feuerwehren setzen bereits auf Löschcontainer, um die Elektroautos in einem Wasserbad ausbrennen zu lassen. Mitte April brannte etwa ein Auto der Stadtverwaltung des nordrhein-westfälischen Alpen. Weil der örtlichen Feuerwehr die technische Ausrüstung fehlte, musste die Berufsfeuerwehr Duisburg mit einem Löschcontainer und Kran anrücken. Über fünf Stunden waren mehr als 25 Feuerwehrmänner im Einsatz, um zu verhindern, dass der Kleinwagen explodierte.
RP Online schildert: “Wie brenzlig die Lage war, zeigte sich, als das Fahrzeug am Haken des Krans in der Luft hing. Immer mehr Batteriezellen explodierten. Die Feuerwehrleute schwärmten aus, ließen den benachbarten Aldi-Markt und den davor liegenden Parkplatz räumen, klingelten an den umliegenden Haustüren und baten darum, Fenster und Türen sicherheitshalber zu schließen. Die Rathausstraße wurde in der Ortsmitte für gut eine Stunde komplett gesperrt.” Nach 24 Stunden sei das Elektroauto im Container ausgebrannt, teilte die Feuerwehr mit.

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