Das Auto bleibt unverzichtbar oder Die Mythen der „Verkehrswende“

Die Autofreunde sind in der Defensive, wie aktuell die Frankfurter IAA zeigt. Wer Fakten statt Ideologie sucht, findet sie im Buch „Demnächst ohne Auto“.

© pinlamme

25.000 Demonstranten haben das Frankfurter Messegelände zeitweise blockiert, ein Fahrradkorso die Autobahn lahmgelegt, die Haupteinkaufsstraße und Fußgängerzone blieb auch nicht verschont. Eine “ Verkehrswende“ wird von der Bundesregierung postuliert, von Demonstranten und vielen Verbänden begierig aufgegriffen und von populistischen Politikern angestachelt. Aber wie realistisch ist das Vorhaben? Macht es Klima, Luft und Umwelt besser – oder droht das Schicksal der Energiewende, die unendliche Gelder verschlingt, die Schadstoffausstoß massiv erhöht und die Landschaft zerstört? Ein nüchterner Blick auf die Fakten hilft.

Es ist eine schizophrene Debatte, die um das Auto geführt wird. Obwohl mehr als 45 Millionen behördlich gemeldete Privatfahrzeuge (PKW/Kombis) im Land unterwegs sind, mit denen im Jahr eine sagenhafte Verkehrsleistung von 965,3 Milliarden Personen-km (2016) erbracht wird, propagieren der politische Mainstream und die Medien fast unisono das Ende der Automobilität. Die vielbeschworene „Verkehrswende“ soll das Umsteigen auf Busse und Bahnen erzwingen, die ganz pauschal als umweltfreundlich glorifiziert werden. Dass die Eisenbahnen in Deutschland gerade mal eine Personen-Verkehrsleistung von 94,2 Milliarden Personen-km erbringen (Nah- und Fernverkehr summiert, Wert für 2016) und damit nicht einmal 10 Prozent der gesamten Personenverkehrsleistung, müsste vernünftige Menschen allein schon zum Nachdenken bewegen. Berücksichtigt man dann noch den restlichen ÖPNV (im kommunalen Straßenraum: Linienbusse, Straßenbahnen, U-Bahnen), der 55,2 Milliarden Personen-km im Jahr leistet, dann schafft das Auto immer noch das Sechseinhalbfache an Personenverkehrsleistungen.

Obwohl ich persönlich im Jahr mehr Bahn- als Autokilometer fahre und deshalb überhaupt kein Gegner der öffentlichen Verkehrsmittel bin, hat mich die ideologisch aufgeheizte Debatte gegen das Auto zu einem faktenreichen Buch über die Mythen der „Verkehrswende“ gereizt. Wer Daten und Zahlen braucht, um in der heftigen Debatte um das Automobil im privaten Umfeld wie in der Öffentlichkeit bestehen zu können, dem wird mit diesem Buch geholfen.

Hier ein paar Argumente als Kostprobe:

1. Bei den CO2-Emissionen ist die Ökobilanz des öffentlichen Verkehrs deutlich schlechter, als immer behauptet. Es ist auch ein reiner Marketing-Gag der Deutschen Bahn, wenn sie ihre ICE-Flotte für klimaneutral erklärt. Tatsächlich verursacht der Eisenbahn-Fernverkehr je Personen-km Verkehrsleistung ungefähr 72 Gramm CO2. Denn die Bahn bezieht bei weitem nicht nur Ökostrom. Nicht nur wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, fahren die Züge mit Kohle- und Atomstrom.

IAA
Geschäftsmodell Kampf gegen Automobilität
Zum Vergleich: Ein mit 4 Personen besetzter Mittelklasse-Diesel-Pkw emittiert 40 Gramm CO2 pro Personen-km. Damit wird selbst der Diesel-Bus im ÖPNV mit seiner durchschnittlichen Auslastung von etwa 20 Prozent und einem CO2-Ausstoß von 75 Gramm je Personen-km getoppt. Diesel-Busse sind übrigens die emissionsärmsten Fahrzeuge im öffentlichen Verkehr, die am wenigsten Energie für jeden produzierten Personen-km brauchen.

2. Der öffentliche Verkehr gilt vielen als zu teuer. Dieses wohlfeile Argument wird oft genannt, wenn Autofahrer ihre ÖPNV-Abstinenz erklären. Dabei kostet jeder Personen-km im ÖPNV rechnerisch einen finanziellen Einsatz von rund 27 Cent. Direkt vom Fahrgast zu bezahlen sind aber nur knapp 12 Cent. Fast 16 Cent steuern die öffentlichen Kassen über eine Vielzahl konkurrierender Subventionsmechanismen bei. Im Klartext: Die Steuerzahler subventionieren den ÖPNV zu drei Fünfteln, die Nutzer tragen nur 40 Prozent der tatsächlichen Kosten.

3. Die Marktanteile des ÖPNV im Modal Split (Anzahl der Wege) sind von der Siedlungsstruktur abhängig. Interessant ist, dass der öffentliche Verkehr in den Metropolen mit gut ausgebauten ÖPNV-Angeboten zwar einen Marktanteil von 20 Prozent hat , der damit doppelt so hoch liegt wie im nationalen Durchschnitt. Aber selbst in den Metropolen, aus denen viele die Autos am liebsten verbannen wollen, wird das Auto noch für beinahe 40 Prozent aller Wege genutzt. In ländlichen Regionen dagegen – Kleinstädten und dörflichen Räumen – herrscht absolute Auto-Dominanz. Dort werden 70 Prozent aller Wege im eigenen Auto zurückgelegt, nur 5 Prozent mit Bussen oder Bahnen (Der Rest zu Fuß oder mit dem Fahrrad).

Wer glaubt, die Bus- und Bahnsysteme in der Fläche auf Metropolenniveau ausbauen zu können, ist absolut weltfremd. Manche träumen gar deutschlandweit von einer Verdoppelung des ÖPNV-Marktanteils. Weder planungsrechtlich noch städtebaulich oder gar finanziell ist das zu stemmen, schon gar nicht in einer Frist von 10 bis 15 Jahren.

Kurz und gut: Wer in der „Verkehrswende“-Debatte als überzeugter Auto-Nutzer bestehen, wer mit harten Fakten und Zahlen ideologische Positionen kontern will, der liegt mit diesem Buch genau richtig.


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Kommentare ( 68 )

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68 Comments
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Hadrian17
5 Jahre her

Tja, frühmorgens in den ÖPNV. Draussen regnet es. Der Bus ist überfüllt und überheizt. 2 Drittel der Insassen sind erkältet und husten, prusten in Taschentücher und schniefen. Ein Drittel hat nicht geduscht oder zu lang getragene Kleidung an. Es riecht nach Schweiss und kaltem Kaffee. Es ruckt und rumpelt, man muss sich da festhalten, wo der Vorgänger seine Bazillenablagerungen hinterlassen hat. Dann ist man am Ziel. Draussen regnet es immer noch, dazu ein schneidender Wind. Selbst ist man schon stark angeschwitzt und geht durch den zugigen Wind zur U-Bahn. Aus deren Tunnel weht es kräftig. Die Bahn kommt, alles trampelt… Mehr

RalledieQ
5 Jahre her

Wer etwas mehr Hirnzellen als Nasen hat, der wird ziemlich schnell feststellen, dass der motorisierte Individualverkehr heutzutage die effizienteste Form des Personentransports darstellt. Warum? Weil vor meiner Haustür kein Zug/Bus abfährt und vor meinem Arbeitsplatz hält. Wäre das der Fall, wäre der Zug/Bus ziemlich leer, denn in meiner Straße arbeitet sonst niemand am gleichem Arbeitsplatz wie ich. Im ganzen Ort beträfe es nur eine weitere Person. Dafür lohnt sich immer noch kein Bus oder Zug… Die Verkehrswender können doch erstmal in ihrer Großstadt anfangen und dann werden sie ziemlich schnell merken, dass sie mit ihren Ideen selbst dort nur den… Mehr

Engel aus Bayern
5 Jahre her

Öffentliche? Nein danke. Voll, eng, stinkend, unpünktlich … und das Publikum darin …
Ich liebe meinen Z 4.

Vulkan
5 Jahre her

Die Aktivisten sind in ihren Forderungen maßlos. Wenn das Auto abgeschafft ist, wird die nächste Sau durchs Dorf getrieben. Einen kleinen Vorgeschmack darauf geben die Oberammergauer Passionsspiele: „Der Ritt eines erwachsenen Christus-Darstellers auf einem Esel sei tierschutzwidrig, erklärte die Organisation Peta“, nachzulesen hier: https://www.merkur.de/lokales/garmisch-partenkirchen/oberammergau-ort29187/oberammergau-jesus-auf-e-tretroller-statt-auf-esel-peta-forderung-12976150.html – Und wenn die Erwachsenen für den Esel nicht zu klein sind, wird wahrscheinlich das Grundwasser von den Hinterlassenschaften des Tiers verunreinigt. Irgend etwas fällt denen immer ein.

K. Sander
5 Jahre her

Berlin soll „autofrei“ werden. Was dann passiert, kann man jetzt schon erleben. Die großen Diesel-LKWs, die Gaststätten beliefern, halten hier wegen Gebäudesanierungen in größerer Entfernung. Dann werden die Gaststätten mit großen Karren beliefert, auf denen dann Getränke- und Gemüsekästen gestapelt sind. Das kracht hier jeden Vormittag extrem. Weil das so laut ist, habe ich den Sound mit einer Kamera mal aufgezeichnet. Aber mittags geht es los. Durch die vielen Gäste, die vor den veganen Gaststätten sitzen, wird es extrem laut. Warum die alle immer so laut schrein, habe ich noch nicht verstanden. Der Berliner Bürgermeister will nun etwas gegen diesen… Mehr

K. Sander
5 Jahre her

Verkehrswende? Öffentlicher Nahverkehr? Dann haben wir mehr Feinstaub in der Luft.

https://diepresse.com/home/ausland/welt/317909/Schienenverkehr-ist-FeinstaubMuehle

https://www.heute.at/s/-31451296

https://www.berliner-zeitung.de/berlin/s-bahn-stoerungen-leise-rieselt-der-sand-10858630

Straßenbahnen sind auch Ozonquellen. Durch die kleinen kaum sichtbaren Funken entsteht Ozon, so wie bei Gewitterblitzen. Vor 100 Jahren hat man sich über dieses Ozon gefreut, weil damit Bakterien und Viren in der Luft von Großstädten vernichtet wurden. Vor 12 Jahren wurde die Ozonbelastung auf den Straßen kritisiert. Heute wird das selbstverständlich weggelassen, ist ja ÖPNV.

Alf
5 Jahre her

Ist doch ganz easy. Unsere politischen Gaukler geben ihre Dienstwägen zurück. In Zeiten des Internets kann man Politikamateuren durchaus zumuten, ihre „Dienstgeschäfte“ via Videokonferenz zu führen. So wichtig sind diese Leute nicht. Dies gilt auch für unseren Vielflieger Heiko Maas und grüne Weltenbummler (Eis gibt es auch bei uns. Da muß man nicht über den Teich). Den Demonstranten gegen das Auto würde ich empfehlen, in die örtliche Feuerwehr einzutreten, damit, wenn es brennt, genügend Leute da sind, um das elektrobetriebene Feuerwehrauto zum Einsatzort zu schieben (sollte die Batterie mal leer sein). Und an den Grenzen stellen wir große Schilder auf,… Mehr

K. Sander
5 Jahre her
Antworten an  Alf

elektrobetriebene Feuerwehrautos? Nein, das funktioniert dann so, wie hier auf dem Bild zu sehen ist. Rollen Sie ein kleines Stück runter und sehen sich das zweite Bild der Seite an:

https://uhrforum.de/threads/lustige-bilder-videos-witze-achtung-kommentare-werden-geloescht.386/page-946

Gustl
5 Jahre her

Fakten werden leider ignoriert. Aber irgend wann werden uns die Fakten in die Realität zurückholen . Das wird eine harte Landung !

Sonny
5 Jahre her

Wollen wir doch einmal nüchtern und sachlich bleiben.
Auto abschaffen?
So ein gnadenloser Schwachsinn.
Wohl eher unter dem Deckmäntelchen der Abschaffung der persönlichen Freiheit!
Was wohl unsere Vorfahren gesagt hätten, wenn jemand im 17. Jahrhundert die Abschaffung des Reit- und Kutschpferdes gefordert hätte, damit die Straßen sauberer werden?
Genau.
Die Einweisung ins Irrenhaus wäre das mindeste gewesen.

humerd
5 Jahre her

In Zeiten, in denen Religionen in der Übermacht sind und einen Nährboden für Ideologien bei Kindern, Jugendlichen finden, bringen Fakten nichts. Es regieren die NGOs und es bestimmt die Sekte der Gretianer.