Chinas Autobauer wollen Europa erobern – doch in Deutschland bleibt der Durchbruch aus. BYD, Chery & Co. kämpfen mit Absatzproblemen, fehlenden Händlern und skeptischen Kunden. Marktführer BYD setzt auf Expansion, doch der Weg ist steinig.

In China tobt auf dem Automarkt ein tödlicher Verdrängungswettbewerb. Vor diesem Hintergrund zieht es große chinesische Automarken verstärkt nach Europa, im Jahr 2024 wollten sie im deutschen Markt mit ihren Elektroautos (BEV) durchstarten. Die Lücke im Modell-Angebot der deutschen Autohersteller, in diesem Fall (fast) ausschließlich bei VW, an billigen, kleinen Elektroautos hatte sich bis an den Gelben Fluss herumgesprochen. Da wollte man ansetzen und den Markt mit rein chinesischen Elektroautos aufrollen.
Beim bloßen Verkauf wollten die chinesischen Autohersteller es in Europa nicht bleiben lassen: Sie wollen, unter anderem zur Umgehung der EU-Zölle, auch hier produzieren. So hat der chinesische Hersteller Chery sich mit EV Motors aus Spanien zusammengeschlossen und produziert als erster chinesischer Hersteller in Europa seit November 2024 zwei SUV-Modelle als Plug-in-Hybrid und auch als Verbrenner. Ab 2025 will Chery unter dem Namen Ebro in Barcelona gebaute Fahrzeuge vermarkten.
Chery hat damit den Elektroauto-Weltmarktführer BYD um ein Jahr geschlagen. Der chinesische Elektro-Highflyer – innerhalb von zehn Jahren hat BYD es mit Elektroautos (BEV + PHEV) auf Platz 7 der weltgrößten Autokonzerne geschafft – betreibt bereits in Ungarn eine Fabrik für Elektrobusse in Komarom und baut ein weiteres Werk für Elektroautos in Szeged, das Ende 2025 startet und nach Plan jährlich etwa 200.000 E-Autos produzieren soll. Ein weiteres BYD-Werk in der Türkei ist angekündigt.
Ob all diese Flugpläne der chinesischen „Autodrachen“ aufgehen, ist fraglich. Fest steht jedenfalls, dass die Marktaktivitäten in Deutschland bislang nicht sehr erfolgreich waren, was auch an einer hohen Verschleißrate von Führungskräften sichtbar wird. Kurz: Eine Bruchlandung chinesischer Marken reihte sich an die andere, selbst bei Weltmarktführer BYD.
Insgesamt konnten die rein chinesischen Autobauer 2024 in Deutschland rund 38.500 Autos neu zulassen, und erreichten damit einen Marktanteil von 1,4 vH. – Wahrlich keine Größenordnung, um die etablierten deutschen Hersteller mit Elektroautos in Angst und Schrecken zu versetzen. Zumal zwei Drittel des chinesischen Absatzes auf einen einzigen Hersteller entfielen, die Marke MG Roewe, die als Ex-Marke Rover von BMW seit 2006 zu SAIC Motor (Shanghai) gehört und in Deutschland noch über ein früher vorhandenes Vertriebsnetz verfügt.
Im Einzelnen verteilte sich der China-Autoabsatz 2024 auf folgende Marken (in Klammern Veränderung gegenüber 2023):
- MG Roewe 20.077 ( -1,2 Prozent)
- GWM 3.002 (- 35,6 Prozent)
- BYD 2.891 (- 30,2 Prozent)
- XPENG 393
- LEAPMOTOR 178
- NIO 398 (- 68,5 Prozent)
- MAXUS 70 ( + 9,4 Prozent)
- LYNK&CO 68 (- 97,0 Prozent)
- AIWAYS 27 ( – 46,9 Prozent)
Als Grund für die sich wiederholenden Misserfolge werden unisono von allen Führungskräften der verschiedenen Gesellschaften immer die gleichen Tatbestände genannt: Der europäische respektive deutsche Markt sei „sehr schwierig“ und es fehle das notwendige Händlernetz.
Dass der europäische oder deutsche „König Kunde“ ohne staatliche und dirigistische Eingriffe und Förder- und Lenkungsmaßnahmen wie im heimischen China dem Kauf eines Elektroautos erheblich skeptischer gegenüber steht als die chinesischen Käufer, wird nirgends erwähnt. Fakt ist, dass in den Millionenstädten Chinas ein privater Autoerwerb praktisch nur noch möglich ist, wenn man sich für ein Elektroauto entscheidet – eine andere Auto-Wahl gibt es nur auf dem freien Land.
In Europa, Beispiel Norwegen, sind staatliche Fördermaßnahmen, Ladenetzdichte im Ballungsraum Oslo und vor allem niedrige Strom- und Betriebskosten ausschlaggebend für die Kaufentscheidung für E-Autos.
Ungeachtet der absolut unterschiedlichen Rahmenbedingungen gegenüber China, versuchten bisher alle chinesischen Hersteller durch Austausch oder Verstärkung der Führungskräfte der Marktmisere entgegenzuwirken. Alle sehen als Schwachstelle das Händlernetz an: Es fehle an Händlern. In Wirklichkeit fehlt es an Kunden. Gäbe es reichlich Kunden, kämen die Händler, die in Deutschland reihenweise auf der Kippe stehen, in Scharen. Allerdings erfordert der Marktzutritt seitens der Neu-Anbieter hohe Anfangsinvestitionen in Bau-Steine-Erden, Online-Geschäfte oder Agenturmodelle haben sich als Flop erwiesen – selbst bei den etablierten europäischen Autobauern.
Als jüngstes Beispiel für eine „Bruchlandung“ kann Weltmarktführer BYD dienen. BYDs Europa Chefin Stella LI hat zur Umsetzung der ehrgeizigen Wachstumsstrategie von BYD in Europa – bis 2030 sollte in Europa ein Marktanteil von 5 vH erreicht werden –, Maria Grazia Davino, vormals Stellantis-Chefin in Großbritannien mit Hang zur dortigen Werksschließung, zur neuen Geschäftsführerin Deutschland ernannt. Maria Davino ist seit Dezember 2024 im Amt und trägt als Geschäftsführerin von BYD die Verantwortung für Deutschland, Österreich, die Schweiz, Polen und Tschechien.
Die neue Deutschland-Chefin soll expandieren und setzt auftragsgemäß „auf nachhaltige Expansion“ (Maria Grazia Davino: So will BYD in Europa wachsen | Automobilwoche.de). Vor allem durch Ausbau des Händlernetzes. Doch der Start ist herausfordernd: Die Verkaufszahlen von BYD sind schlecht, statt zu wachsen ist der Absatz in Deutschland 2024 erheblich geschrumpft. Im vergangenen Jahr gingen die Neuzulassungen von BYD in Deutschland um rund 30 Prozent auf nicht einmal 2.900 Fahrzeuge zurück. Und das, obwohl der chinesische Hersteller als Hauptsponsor der Fußball-EM für Aufmerksamkeit sorgte. Und aktuell bereits mit neun Fahrzeuge, acht davon vollelektrisch, dazu ein Plug-in-Hybrid, über ein ansehnliches Modellangebot verfügt. Im Jahr 2025 sollen vier weitere Modelle hinzukommen.
Schwachstelle bei Highflyer BYD wie bei allen anderen chinesischen Markteroberern ist das Händlernetz: Es gibt kaum Händler. Aktuell sind BYD-Modelle nur in 28 Autohäusern erhältlich. Das soll sich möglichst bald ändern, meint Davino. „Zunächst auf 120 – aber dann ist noch lange nicht Schluss.“ Doch vorher müssten die Grundlagen geschaffen werden, denn BYD müsse „Wurzeln schlagen“.
Dahinter steckt die Erkenntnis, dass ein Newcomer auf dem deutschen Automobilmarkt einen langen Atem braucht, um Fuß zu fassen. BYD hat mit inzwischen über vier Millionen Automobilverkäufen im Jahr und einer hohen vertikalen Integration in Produktion und Entwicklung – nach eigenen Angaben beschäftigt der Konzern 110.000 Ingenieure – zumindest das Potential zur Markteroberung. Geplante Absatzzahlen für 2025 hat Maria Grazia Davino bisher nicht genannt, ihr Fokus liege auf nachhaltigem Wachstum: „Magie kann ich nicht.“
Viva Maria! – kann man da nur sagen.
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Leider hat uns Herr Becker eine wichtige Information verschwiegen, die den Mißerfolg chinesischer BEV in Europa erklärt. Diese Hersteller bezahlen zusätzlich zum normalen EU-Außenzoll von 10% (Hinweis, in den USA sind es bisher noch 2%) einen zusätzlichen Strafzoll von 20 bis 35%. Dadurch werden diese Fahrzeuge natürlich unerschwinglich und unattraktiv. Donald Trumps Methode wirkt also für die EU, wer hätte das gedacht?!
Dem Argument fehlender Händler kann ich nur zustimmen. Mein Interesse an einem BYD erlosch bereits nach mit dem Versuch eine BYD Werkstatt in der Nähe zu finden; alle Werkstätten lagen weit außerhalb eines Umkreises von mehr als 100 km vom Wohnort entfernt. Ein preislich interessanter MG wäre dagegen bereits in einer Entfernung von 37 km zu haben und auch zu warten. Davon abgesehen, betrifft die chinesische Konkurrenz nicht nur deutsche oder europäische Hersteller, deren Fahrzeuge nicht selten ebenfalls aus China stammen, sondern auch andere asiatische Hersteller. So verlangt mein japanischer Favorit gut 9000 € mehr als MG für ein vergleichbares… Mehr
Tja, BYD krankt halb mit seinen Elektrofahrzeugen auch an dem Problem, das alle Stromer haben. Um so‘n Fahrzeug vernünftig und vor allem, effizient, zu betreiben benötigt man einen Stellplatz mit – optimal kostenloser – Lademöglichkeit. Und dies haben i. d. R. nur Hausbesitzer. Unter anderem deswegen seh ich in einem Land der Mietwohnungen schwarz für diesen albernen e-Auto Hype.
Denken ist da angesagt. Mein Sohn lebte in einem all-inclusiv-Studentenwohnheim(Strom war in der Miete enthalten). Dort hatten die Studenten ein lohnendes Geschäftsmodell entdeckt. Ein Stecker aus dem Fenster 5-10€. Läuft heute noch. 2 mal je Tag und das Wochenende ist finanziell gesichert.
Es gibt keinen Grund ein chinesisches BEV zu kaufen. Neben den grundlegenden Problem der E-Mobilität sind chinesische BEVs weder besser von der Technologie (die Reichweite ist teilweise erbärmlich schlecht) noch günstiger (von billig nicht zu sprechen) als die europäische Konkurrenz. Der chinesische BEV-Preisbrecher ist ein Mythos. Er existiert außerhalb von China nicht. Die Chinesen bieten dieselben Karren, mit ein paar kosmetischen Änderungen, in Deutschland für den dreifachen Preis wie in China an und wundern sich dann, dass die keiner kauft.
Elektroautos werden in Deutschland auch deshalb nicht gekauft, weil die Infrastruktur für verwöhnte Verbrennerfahrer hundsmiserabel ist. Deswegen kauft auch kaum jemand ein chinesisches Batterieeauto.