Autoindustrie: weiter bergab

Die Ankündigungen von Werksschließungen bei Zulieferern, Entlassung von Zehntausenden von Beschäftigten und Gewinnwarnungen sogar »beim Daimler« bestimmen die Schlagzeilen in der Autoindustrie.

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Produktion des ID.3 im Volkswagenwerk Zwickau

Gute Stimmung sieht anders aus. Die Ankündigungen von Werksschließungen bei Zulieferern, Entlassung von Zehntausenden von Beschäftigten und Gewinnwarnungen sogar »beim Daimler« bestimmen die Schlagzeilen in der Autoindustrie. 

Ein paar Meldungen aus jüngster Zeit:

Der kanadisch-österreichische Autozulieferer-Konzern Magna-Steyr will 100 von rund 300 Stellen in seinem Achsenwerk in Bopfingen in Baden-Württemberg streichen. In der kommenden Woche sollen Verhandlungen zwischen Konzernspitze und Vertretern über die genaueren Modalitäten beginnen.

Der Reifenhersteller Michelin schließt, wie schon vor einiger Zeit angekündigt, sein Werk in Hallstadt im Landkreis Bamberg. Die Nachfrage nach den dort produzierten 16-Zoll-Reifen ist gesunken.

Der Betriebsrat bei Bosch geht davon aus, dass insgesamt 3.300 Stellen allein im Automobilbereich in Baden-Württemberg gestrichen werden. Nach Beobachtungen des Gesamtbetriebsratschefs Hartwig Geisel fährt Bosch derzeit in Deutschland einen harten Sparkurs und riskiert eine Spaltung der Belegschaft. 2.500 Stellen seien in den beiden vergangenen Jahren abgebaut worden. Außerdem solle jede fünfte Führungskraft im Bereich der Verbrenner-Technik eingespart und die Zahl der 40-Stunden-Verträge deutlich reduziert werden.

Ziemlich viele Blasen aus dem »Narrativ der neuen Mobilität« platzten beim Auftritt des neuen Daimler-Chefs Ola Källenius am Kapitalmarkttag in London. Er verkündete in ziemlich nüchternen Worten auch eher versteckt, Robo-Taxis hätten keine Priorität mehr. Damit bestätigt er öffentlich, was jeder informierte IT-ler im Autobereich weiss: Zwischen dem selbstfahrenden Auto mit der höchsten Stufe, Level 5, und der Wirklichkeit liegen noch Welten. Da müssen noch viele, viele Milliarden Euro an Entwicklungskosten fließen.

Källenius sagte laut Automobilwoche auf Nachfrage in einer Telefonkonferenz mit Journalisten, der Fokus liege nun nicht mehr auf dem chaotischen, städtischen Umfeld, sondern man müsse den ganzen langen Weg gehen. Dies bedeute einen immensen technologischen und finanziellen Aufwand. Daimler müsse daher nicht bei den Ersten sein. Einfacher erscheint es Källenius, sich auf die Automatisierung von Lastwagen zu konzentrieren. Die fahren häufiger über Autobahnen, die technisch etwas einfach zu bewältigen sind.

Gerade wurde dafür der amerikanische Software-Spezialist »Torc Robotics« gekauft. Ernüchternd die wohlfeilen Worte des Truck-Chefs Martin Daum: »Es ist erstaunlich, was wir können, aber wir haben noch einen weiten Weg vor uns.«

VW will bis zum Jahresende entscheiden, ob ein Werk in der Türkei gebaut werden soll. Der Konzern steigert seine Investitionen bis 2024 auf rund 60 Milliarden Euro in die e-Mobilität und in die Digitalisierung. Das sind mehr als 40 Prozent der der Investitionen und Sachanlagen und Forschungs- und Entwicklungskosten. Das sind auch 20 Millarden mehr als im vergleichbaren vorigen Zeitraum. 

Der VW-Aufsichtsratsvorsitzende Hans Dieter Pötsch: »Wir treiben die Transformation des Volkswagen Konzerns mit aller Entschlossenheit voran.«

Dagegen dreht Tesla weiter an der PR-Schraube und verkündet, bis zu vier Milliarden Euro in das neue Werk in Brandenburg investieren zu wollen. Medienberichte wundern nicht, nach denen Tesla mit hohen Zuschüssen unter anderem der EU rechnen kann.

Sehr schlechter Scherz der Geschichte: Die traditionelle deutsche Autoindustrie wurde durch grüne politische Hasardeure über das CO2-Märchen schwer beschädigt, Tesla profitiert davon, kassiert durch CO2-Zertifikate der Benziner- und Dieselhersteller und wird noch mit Steuermilliarden hofiert.

Von Protesten der Gewerkschaften gegen den Abwärtstrend in der Autoindustrie hört man nichts. Die sehen nicht ein, dass Autohersteller und Zulieferer dicht machen müssen, wenn niemand mehr ihre Produkte kauft, weil sie bewusst beseitigt werden sollen. So wollen stattdessen die Reste der IG Metall am 22. November in aggressiven Aktionen gegen den Jobabbau protestieren. 

Die IG-Metall erhält immer mehr Konkurrenz von der Gewerkschaft »Zentrum Automobil«. Die sieht die großen Gewerkschaften und ihre engen Verbindungen mit Parteien und Politik als Teil des Problems an und holt bei Betriebsratswahlen immer mehr Stimmen der Beschäftigten. Abzuwarten bleibt, wie lange die simple IG-Metallabwehr mit Hinweis auf »Rechts« noch zieht. 

Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg, einer früher kampfstarken Gewerkschaft, die den Beschäftigten einredet, sie müßten »links« und »international« sein: »Wir müssen wissen, was die Kollegen in den Betrieben bewegt, um im Prozess der Transformation alle mitzunehmen. An jeder Stelle, an der Arbeitgeber Arbeitsplätze bedrohen und wir als Gewerkschaft nicht in erster Reihe dagegenstehen, wird der Boden für die Rechten bereitet, die mit platten Parolen vermeintliche Lösungen präsentieren, die keine sind.«

Roman Zitzelsberger fällt nichts anderes ein, als mit platten Parolen von gestern auf die Aktion gegen Jobabbau hinzuweisen: »Die Arbeitgeber haben jahrelang gute Gewinne gemacht – jetzt ist es Zeit, deutlich zu investieren und damit auch die Arbeitsplätze zu sichern.« Er sagt sogar, anstatt die Transformation gemeinsam mit den Beschäftigten aktiv anzugehen, nutzten Unternehmen den technologischen Wandel als Deckmantel für reine Profitmaximierung. Zitzelsberger war früher Maschinenschlosser »beim Daimler« und müsste eigentlich genauer wissen, in welchem Wolkenkuckucksheim die breit propagierte Elektromobilität geboren wurde und welche Folgen die auf dem Arbeitsmarkt in der Autoindustrie hat. 

Irgendjemand müsste ihm stecken, dass elektrischer Tretroller, Lastenfahrrad und überteuertes e-Auto zwar auf eine grüne Öko-Schickeria Eindruck schinden, nicht aber auf die »Realos« in den Betrieben.


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Kommentare ( 63 )

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bfwied
4 Jahre her

Entweder ich verstehe den Kommentar nicht richtig oder die Minus-Punkte-Vergeber liegen schlicht falsch. Ich kann das nicht zufriedenstellend einordnen. Wir leben in der EU, gegen ein paar speziell ausgebildete Polizisten, mit bestimmen Aufgaben der Hilfe für gestrandete oder über die Stränge schlagende Landsleute betraute ausländische Polizisten kann ich nichts einwenden. Wer schon die chinesischen Massen in Schweizer Pflicht-Urlauber-Orten erlebt hat, wäre froh, wenn die zur Räson gebracht würden, wenn sie schon da sind! So walzen die alles nieder, Sie kommen nicht mal aus dem Zug raus, weil die schon reindrängen. Klar, Touristenmassen sind sehr lästig, aber wenn es sonst keine… Mehr

Alexis de Tocqueville
4 Jahre her

Funktionäre und Bürokraten sind eben immer die Letzten, die von den Folgen ihrer dummen Entscheidungen getroffen werden. Es ist eine einfache Gleichung, die da lautet:
Skin in the game = no Bullshit.
Daraus folgt:
No skin in the game = Bullshit.

Alexis de Tocqueville
4 Jahre her

Herr Nassim Taleb würde so einen Roman Zitzelsberger als IoI bezeichnen – Intellektueller also Idiot. Kurz: Ein Idiot. Sie bereiten den Boden für die Rechten, indem sie den Menschen für ihre kruden Weltrettungfantasien, für die die subventionierten Ideologen selbst natürlich niemals persönliches Risiko übernehmen, Lasten und Regulierungen und Schikanen auferlegen – und dann warnen sie davor, den Rechten den Boden zu bereiten. „An jeder Stelle, an der Arbeitgeber Arbeitsplätze bedrohen und wir als Gewerkschaft nicht in erster Reihe dagegenstehen, wird der Boden für die Rechten bereitet, die mit platten Parolen vermeintliche Lösungen präsentieren, die keine sind.«, sagt Zitzelsberger. Toller Satz,… Mehr

Paul Pimmel - der Herr des Kosmos
4 Jahre her

Es ist immer eine schlechte Idee, Leute zu schikanieren und dabei grinsend zu sagen, „was sollen sie schon dagegen tun?“ Die Míng-Dynastie ging den Bach hinunter, als ein Kaiser zur Machtdemonstration seinen besten General in Scheiben schneiden ließ und dazu grinste, „was sollen sie schon dagegen tun?“ Vor so etwa 15, 20 Jahren fiel mir auf, dass Heranziehen von Nachwuchs in Deutschland zum Fremdwort geworden war und die ältere Generation vielmehr alles in ihrer Macht Stehende tat, um der jungen das Nachrücken schwer zu machen, abermals unter dem Feixen „was sollen sie schon dagegen tun?“ Da gab es beispielsweise eine… Mehr

Son of Bezzerk
4 Jahre her

Es wird langsam Zeit die Koffer zu packen,die Gesellschaft ist hier mittlerweile an einem Punkt angelangt das man den Leuten erzählen kann das der Todesstern im Erd-orbit angelangt ist und Darth Vader befohlen hat die Welt zu zerstören,es wird ein Narrativ nach dem anderen in die Welt raus geblasen es ist vergebene Liebesmüh zu versuchen hier das Blatt zu wenden,vielleicht sollte man mit gleichgesinnten Menschen in das südliche Afrika aufbrechen und nochmal von vorne Anfangen oder auf die Krim oder ? auf jeden Fall ist es überall besser wo wir gerade nicht sind,Denk ich an Deutschland in der Nacht bin… Mehr

Michael41
4 Jahre her

Helmut Kohl hat mal eine guten Satz gesagt zu so Demonstranten die seine Rede gestört haben.
Ja, ich weiß, Sie bestreiten ja alles, nur nicht ihren Lebensunterhalt.

Gottfried
4 Jahre her

Die, die sie angesprochen haben, leben alle recht gut von der Knete, die im Wirtschaftsstandort Deutschland erwirtschaftet wird. Da brauche ich mir nur die ganzen grünlinken Lehrer und Professoren und die Medienschaffenden anschauen. Auch die werden sich dumm anschauen, wenn dann mal kein Geld mehr da sein wird, das man verteilen kann.

Marc Hofmann
4 Jahre her

Die Gewerkschaften haben schon vor Jahrzehnten die Arbeitnehmer der Kernenergie verraten….das ist doch schon lange bekannt, dass die Gewerkschaften nicht die Arbeitnehmer sondern immer den politischen Zeitgeist vertreten und im Zweifel immer dem Sozialismus die Stange halten als der freien Marktgesellschaft/Wirtschaft. Schließlich lebt man von und mit der Politik (Parteispenden, Steuergelder und Zuwendungen) immer besser als von den Mitgliedsbeiträgen. Das Gewerkschaftsmitglied ist nur „Masse“…eine Masse die man bei Streiks und anderen Aktivitäten braucht…mehr aber auch nicht! Entscheidungen und das Aufteilen des Geld und der Macht wird in den oberen Funktionseben getroffen. Das Mitglied ist nur „Masse“…..mit der sich die Gewerkschaften… Mehr

Marc Hofmann
4 Jahre her

Das ist doch erst der Anfang…in einer Kernenergie und CO2 freien Gesellschaft wird es keine Wirtschaft und Wissenschaft mehr geben. Es gibt schlicht und einfach keine Planungssicherheit mehr in einer CO2 Verbotsgesellschaft! Somit wird auch nichts mehr Investiert! Auch die Energiesicherheit ist nicht mehr gewährleistet in einer CO2 Verbotsgesellschaft. Es finden schlicht und einfach keine langfristigen, mittelfristigen Investionen mehr in Deutschland statt. Und damit werden auch kurzfirstige Investitionen immer mehr zu Risiko…im CO2 Verbotsland der Grünen Merkel Sozialisten. Kapital und kluge Köpfe fließen aus Deutschland ab….wandern in die USA aus. Zurück bleibt in Deutschland der Stillstand und Rückschritt…der Mangel und… Mehr

Stefferl
4 Jahre her

Ich wollte mir heuer ein neues Auto kaufen. Leider wollten mir die Händler aber trotz Barzahlung kein Auto verkaufen. Sie haben es nicht einmal fertig gebracht, mir eine Probefahrt in meinem Wunschauto zu organisieren. Irgendwie habe ich inzwischen den Eindruck gewonnen, dass weder Hersteller, noch Händler überhaupt Autos verkaufen wollen.

Medienfluechtling
4 Jahre her
Antworten an  Stefferl

Man könnte meinen Sie belieben zu scherzen. Aber das Autohändler eine Allergie gegen Bargeld haben kann ich nur bestätigen…