Volkswagen will Vorreiter in Sachen Elektromobilität und klimaneutraler Produktion werden. Da passte eine Studie des Ifo-Instituts gar nicht, dass ein Stromer das Klima mehr belastet als ein Diesel. VW legte eine eigene Studie nach – und nun wird heftig gestritten.
Darf man Teslas mit Mercedes vergleichen? Ja, aber nicht nach Abmessungen und Reichweite, sondern nur nach der Kilowattzahl. Dann gewinnt wie gewünscht das Elektroauto und nicht der Diesel. Der Tesla ist nämlich in Wirklichkeit gar kein Statussymbol für die Reichen und Schönen vom Starnberger See, die damit ihr Gewissen beruhigen können, wenn sie wieder einmal im Dezember in die Karibik geflogen sind, sondern ein durch und durch gutes, grünes Auto.
Trumpf, der Tesla sticht? Das gilt zwar sicher fürs Autoquartett, nicht jedoch für die CO2-Studie des Ifo-Instituts, verfasst von dem Ökonomen Hans-Werner Sinn, dem Energieforscher Hans-Dieter Karl und dem Physiker Christoph Buchal. Da hat Mercedes die Kühlerhaube vorn.
Doch die Studie sei höchst fragwürdig, meinen Kritiker, denn sie treffe schließlich unsichere Annahmen. Es kann halt nicht sein, was nicht sein darf. Deshalb kommt der Strom für die Elektroautos künftig nicht mehr aus der Steckdose, sondern nur noch vom Windrad und von der Sonne, auch wenn Atomstrom und Kohle am Ende die Leistung bringen. Spätestens für die anderen Verbraucher, für die keine regenerativen Energien mehr zur Verfügung stehen, weil auch in überschaubarer Zukunft aller Voraussicht nach nicht genug davon produziert wird.
Der Diesel-Golf fährt, der E-Golf hängt an der Dose
Rückendeckung erhalten Sinns Kritiker (zumindest scheinbar) von VW. Die brandneue, prompt nachgereichte Studie des Automobilkonzerns verwendet allerdings etwas andere Rechenansätze und Daten als das Ifo-Institut. So unterstellt VW beispielsweise anstelle des deutschen Strommixes den europäischen, der dank französischer Atomkraftwerke deutlich weniger CO2-lastig ist. Auch schwedischer Strom ist nicht ausschließlich grün und gesund, sondern stammt zu einem guten Teil aus der Kernspaltung.
Hinzu kommt, dass beim VW-Vergleich von Strom- und Diesel-Golf ein Elektroauto mit viel geringerer Reichweite betrachtet wird als der Tesla. Würde man den E-Golf auf die doppelte Reichweite aufrüsten, also dann auf immerhin knapp die Hälfte der Reichweite des Dieseltanks, dann erhöhte sich der CO2-Ausstoß auf 170 Gramm je Kilometer. Der Golf TDI kommt lauf VW auf 140 Gramm CO2, also läge ein halbwegs reichweitenvergleichbarer E-Golf rechnerisch 21 Prozent darüber. Und auf einmal driften die Studien gar nicht mehr so weit auseinander, denn Sinn und seine Mitautoren errechnen eine elf bis 28 Prozent höhere CO2-Bilanz für den Tesla gegenüber dem Mercedes, und das für den „schlechteren“ deutschen Strommix.
Gut, irgendwann einmal kommt sicher aller Strom aus Windrädern, die Batterien halten ewig, und alle Deutschen kaufen Elektroautos, damit VW die für die nächsten zehn Jahre geplanten 22 Millionen Stück auch an den Mann bringt. Immerhin hat sich ja in Deutschland der Marktanteil der Elektroautos bei den Kfz-Neuzulassungen seit dem Jahr 2012 glatt verzehnfacht und liegt heute schon bei einem Prozent! Wenn sich dieser Trend so fortsetzt, sind wir in sechs Jahren bei zehn Prozent und in zwölf schon bei 100!
Bei diesen grünen Zukunftsträumen fällt leider unter den Tisch, dass die meisten Elektroautos auch noch in einigen Jahren eine so geringe Reichweite haben werden, dass sie nicht für den Langstreckenbetrieb taugen. Bis also ein Elektroauto die 100.000 Kilometer geschafft hat, ab denen unter gewissen Rechenannahmen seine CO2-Bilanz endlich günstiger ausfällt, dauert es viel länger, und die Umweltbilanz ist entsprechend länger schlecht. Und dabei stellt sich schließlich die Frage, wie viele Autofahrer den Werbeplakaten für das neueste Modell mit größerer Reichweite und schickerem Design standhaft widerstehen, nur weil das alte noch nicht genug Kilometer abgeleistet hat. Schon sind wir im nächsten Dilemma: Wird die alte E-Karre lange genug gefahren, bis die Bilanz stimmt, dann kriegen wir die neuere, effizientere Batterietechnologie so bald nicht auf die Straße.
Aber was bringen uns Zahlenspiele über Zahlenspiele, so weit die Batterie reicht und das Windrad dreht? Uns ist doch längst klar, dass Statistiken lügen, insbesondere wenn alles mit allem in Relation gesetzt und so lange verwirbelt wird, bis endlich der gewünschte Prozentwert herauskommt. Völlig korrekt ist, dass Daten und Annahmen über Daten zwei Satz Reifen sind und dass es eine Vielzahl guter Gründe geben mag, die Annahmen der Ifo-Studie zu hinterfragen. Aber der Zündpunkt ist: Sinn und Kollegen benennen ihre Annahmen klar und auch ihre Beweggründe, warum sie genau diese getroffen haben und keine anderen. Diese Transparenz sucht man in vielen anderen Studien vergeblich.
Von der Dieselkrise profitieren vor allem Benziner
Immerhin, ein bisschen scheint die Beweihräucherung der E-Mobilität ja zu nützen. Der Diesel kommt langsam aus der Mode. Seit im September 2015 die Diskussion um unzulässig hohe Stickoxidbelastungen begann, wird in Deutschland um Grenzwerte und Fahrverbote für Dieselfahrzeuge gestritten. Auslöser war die US-Umweltbehörde EPA, die mit VW einen deutschen Automobilkonzern beschuldigte, in Dieselfahrzeugen illegale Abschaltvorrichtungen installiert zu haben, um die Abgasvorschriften zu unterlaufen. Seitdem geht es mit dem Diesel bergab.
Wie die jüngsten Daten des Kraftfahrtbundesamts zeigen, lagen die Neuzulassungszahlen für Pkw mit Benzin-, Diesel- und Hybridantrieb in den Jahren 2011 bis 2015 stets sehr nahe beieinander. 2016 verloren Diesel-Pkw aber massiv an Boden. Während die Anteile neu zugelassener Benzin- und Dieselfahrzeuge im Jahr 2012 noch bei 50,4 Prozent und 48,2 Prozent lagen (Hybrid: 0,7 Prozent, Elektro: 0,1 Prozent), verschoben sich die entsprechenden Anteilswerte 2018 auf 62,4 Prozent und 32,3 Prozent (Hybrid: 3,8 Prozent, Elektro: 1,0 Prozent). Von der Dieselkrise profitieren also in erster Linie die Fahrzeuge mit Benzinmotor. So ausgeprägt ist das deutsche Umweltbewusstsein dann doch nicht.
Im Fokus der Dieseldiskussion stand vor allem VW – bei den Neuzulassungen nach wie vor auf Platz 1, aber mit erheblichen Verlusten an Marktanteilen seit 2012. Die Marktanteile von Mercedes, BMW und Audi änderten sich hingegen kaum. Da kommt die VW-Studie gerade zur rechten Zeit, um dem deutschen Autofahrer die eigenen E-Modelle schmackhaft zu machen.
Der Beitrag ist in TE Ausgabe 06-2019 erschienen.
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
Um einen Tesla mit einem Mercedes vergleichen zu können müsste Tesla zuerst einmal die Fertigungsqualität drastisch verbessern.
Hier der Link zum Artikel der Kronenzeitung über die chinesische Wasserstoffinitiative beim Fahrzeugbau:
https://www.krone.at/1937484
VW wird Bauchweh wohl bekommen. BMW forschte (forscht noch?) an der Wasserstofftechnologie, hat jedenfalls Erfahrung.
Tesla ist ein von staatlichen Subventionen gesondertes Unternehmen… Tesla hat seinen Mehrwert nur durch Subvention, eine positive/geschönte Medien Berichterstattung und dem Marketinggenie=Quacksalber Elon Musk zu verdanken. Tesla wird Ende dieses Jahr noch das Geld ausgehen.. Schwarze Zahlen hat Tesla sowieso noch nie geschrieben!
Das Elektroauto hat gegenüber einem üblichen Verbrenner gar keine Chance. Zu teuer, keine Reichweite, ein rollendes Hindernis auf der Autobahn, ewig lange Ladezeiten, nur interessant für für Leute mit viel Geld, die wenig Auto brauchen. Und wegen dem Klima muss man ein E-Auto schon gar nicht kaufen. Es ist eine Entwicklung für die Mottenkiste.
Tja, und schon ist man wieder hinter den Chinesen. Deren Regierung hat laut Meldung vom 5.6.19 die Förderung von E-Autos nochmals erheblich zusammengestrichen, ab 2020 zahlt der Staat keine Förderung mehr. Wie kommt´s? Staatschef Xi war in Japan, hat dort gesehen, wie schnell man ein Auto mit Wasserstoff betanken kann und dann alternativ mit Brennstoffzelle oder Motor fahren kann. Die chinesische Politik der nächsten Jahre: Erforschung und Umsetzung der Wasserstofftechnologie, Erforschung und Herstellung synthetischer Kraftstoffe und Herstellung effizienterer Motoren für diese. Tesla jammert schon wegen der wegfallenden Subventionen.
Ergänzung und Korrektur: Nicht Staatschef Xi sondern Premierminister Li war in Japan.
Die Meldung gab´s in der China Daily News, eine Zusammenfassung auf deutsch am 8.6.19 in der Kronenzeitung in Österreich. Hierzulande habe ich nichts dazu gelesen…
Ergänzung 2: Laut diesen Meldungen wollen die Chinesen zahlreiche „Wasserstoffkorridore“ in ihrem Land errichten. Arme VW.
Würg…äh,Würth..muss es ja heißen: Wieder ein tolles Beispiel grüner Doppelmoral!!
Warum sollte man einen e-Golf nicht mit einem Diesel-Golf vergleichen dürfen?
Das ist im Gegenteil der beste Vergleich überhaupt, denn das sind ansonsten gleiche Fahrzeuge der gleichen Klasse und am wichtigsten: Es gibt sie, man kann sie kaufen. Natürlich muss man diese realen Wagen nehmen und nicht dem e-Golf rechnerisch noch ein paar mehr Batterien hinzudichten, nur damit man sich über die Zahlen freut. Sie könnten das ja mit der gleichen Begründung auch umdrehen und dem Diesel-Golf einen 15 Liter Tank statt des realen 50 Liter Tanks andichten.
Ihr Vergleich hinkt leider. Für einen 50 Liter Tank brauchen sie ein bissel mehr Blech als für einen 15 Liter Tank. Doppelt so viele (bei Ihnen wären es ca. 3x so viele) Batterien zur Erhöhung der Reichweite sind wesentlich teurer als ein bissel Blech und das Fahrzeuggewicht steigt dazu noch.
Nicht „ausgerechnet“ Atomstrom, sondern NUR Atomstrom kann die E-Mobilität einigermaßen umweltfreundlich machen. Von mir aus unterstützt durch Wind und Sonne – falls gerade mal vorhanden. Wasserkraft ist auch nicht ohne Umwelt zu haben, allerdings bei uns längstens ausgereizt.
„…dass ein Stromer das Klima mehr belastet als ein Diesel.“ Ein Satz wie aus der Klimabibel. Warum macht sich der Autor so kritikos gemein mit dem Ökofanatismus. Das Klima kann man gar nicht belasten, das existiert einfach nur als statistische Datenmenge. Es fehlt darüber hinaus jeder Beweis, dass CO2 einen relevanten Einfluß auf die Temperaturen des Planeten hat. Noch darüber hinaus fehlt jede ernstzunehmende Erkenntnis, was sich ändernde Temperaturen überhaupt bedeuten. Es fehlt JEDE Überlegung, ob höhere Temperaturen (wenn sie denn steigen) und mehr CO2 nicht sogar wünschenswert wäre. Die Verwendung des Begriffes „belastet“ ist schlicht dumm, basiert er doch… Mehr
Empfehle DRINGEND den ganzen ifo-Artikel zu lesen:
https://www.ifo.de/DocDL/sd-2019-08-sinn-karl-buchal-motoren-2019-04-25.pdf