Mit zwölf Euro Mindestlohn gegen die Inflation? Ein kapitaler Irrtum!

Mit einer Erhöhung des Mindestlohns möchte die Bundesregierung gegen die Inflation ankämpfen. Was gut gemeint klingt, dürfte sich als großer Fehler darstellen. Denn ein zu hoher Mindestlohn schafft Arbeitslose, die wiederum von erhöhten Sozialleistungen aufgefangen werden müssen.

IMAGO / Metodi Popow
Der Bundestag hat die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro beschlossen, 3. Juni 2022, Berlin

Der Bundestag hat mit der Mehrheit der Ampelkoalition die Erhöhung des Mindestlohns beschlossen: Ab dem 1. Juli steigt dieser auf 10,45 Euro, ab 1. Oktober dann auf zwölf Euro. „Das ist immer noch nicht die Welt, aber es ist spürbar im Portemonnaie“, so Arbeitsminister Hubertus Heil. Das Problem: Ein zu hoher Mindestlohn evoziert denknotwendig Arbeitslosigkeit. Hubertus Heil generiert sich gerade als Arbeitsverhinderungsminister, während eine sogenannte liberale Partei den wohl größten Dirigismus, den der deutsche Arbeitsmarkt erlebt hat, mitträgt.

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Ein Mindestlohn ist ein Mindestpreis. „Preis“ meint hier den Preis für die Stunde Arbeit. Mindestpreise sind regulatorische Eingriffe in den Markt. Grund für die Einführung von Mindestpreisen ist ein Nachfragemangel, der zu Angebotsüberschüssen führt. Angebotsüberschuss heißt in diesem Fall offene Stellen. Jedoch ist das nicht das eigentliche Ziel der Politik, denn eigentlich möchte Hubertus Heil Geringverdiener besser stellen. Was wie eine gute Idee klingt, könnte sich als Jobkiller herausstellen.

Wenn sich die Nachfrage nach Arbeit mit dem Angebot an Jobs treffen, dann nennt man das Gleichgewichtslohn. Ein Gleichgewichtslohn oder Preis gilt als der ideale Lohn, gewissermaßen eine „Win-Win Situation“ für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Der Markt gilt als geräumt und die Unternehmen beschäftigen genau jene Menge an Arbeitskräften zu genau dem Lohn, der ökonomisch verträglich ist.

Warum ein zu hoher Mindestlohn Arbeitslosigkeit bedeutet

Greift der Staat nun mit einem Mindestlohn ein, gibt es zwei Möglichkeiten. Ist der festgelegte Preis für die Stunde Arbeit unterhalb des Gleichgewichtslohns, passiert gar nichts. Wie auch, der ideale Lohn egalisiert die staatliche Maßnahme. Liegt der Mindestlohn beispielsweise bei zwölf Euro, der Gleichgewichtslohn bei dreizehn Euro, hat der Staatseingriff keinen Effekt.

Zeitenwende
Die Inflation ist Dynamit für die Politik
Liegt der festgelegte Preis für die Stunde Erwerbstätigkeit, die beschlossenen zwölf Euro, jedoch über dem Gleichgewichtslohns, entsteht denklogisch Arbeitslosigkeit. Unternehmen sind verpflichtet, einen aus ökonomischer Sicht zu hohen Lohn zu zahlen, zu dem sie nicht oder nur teilweise bereit sind. Das Ergebnis sind Entlassungen.

Wie viele Stellen es treffen wird, ist unklar. Klar ist aber, wen es treffen wird: geringqualifizierte Menschen. Hier ist der Lohn am geringsten. Es darf bezweifelt werden, ob es im Interesse des Arbeitsministers ist, gerade die Bürger in die Arbeitslosigkeit zu schicken, die es ohnehin schwer haben wird, eine neue Beschäftigung zu finden.

Sozialleistungen werden ebenfalls erhöht

Wahr ist aber auch: In vielen Unternehmen werden auch für weniger Qualifizierte mehr als zwölf Euro gezahlt. Sowohl bei Aldi als auch bei Lidl verdient kein Mitarbeiter unter vierzehn Euro. Hier ist der Gleichgewichtslohn über dem Mindestlohn von zwölf Euro und egalisiert diesen.

Sendung am 12.05.2022
Tichys Ausblick Talk: Steuern und Inflation – die neue soziale Frage?
Politiker, die der Erhöhung zustimmen, argumentieren mit der aktuellen horrend steigenden Inflation. Durch diese staatliche Maßnahme soll der Preissteigerung entgegengewirkt werden. Dieses Argument ist jedoch nur auf den ersten Blick valide. Ein Bürger hat von einem Mindestlohn von zwölf Euro nichts, wenn er durch den Mindestlohn arbeitslos wird und auf soziale Zuwendungen angewiesen ist.

Steuern runter, Sozialabgaben runter!

Diese Personen erhalten dann Hartz IV. Da dies für die Politik anhand der Inflation als zu gering erachtet wird, erhöhen sie die Bezüge, was für 2023 geplant ist. Für die Mehrausgaben stehen wiederum Leute in Bochum oder Schweinfurt am Band, um diese zu finanzieren, falls sie noch in Beschäftigung sind. Diese Investitionsspirale ist zutiefst toxisch und gefährlich. Und vor allem torpediert sie die gut gemeinte Idee, sich gegen die Inflation zu wappnen.

Steuer- und Abgabenlast
Die Inflation frisst die Mittelschicht auf – und die Politik schaut zu
Stattdessen sollte die Mehrwertsteuer radikal gesenkt werden, ebenso wie Steuern für Unternehmen. Dies hätte einen unverzüglichen Effekt auf die Preise der Produkte. Aber auch eine Absenkung der Lohnnebenkosten darf kein Tabu sein. Hier hätten die Arbeitnehmer sofort mehr Geld in der Tasche, was de facto ein Mittel gegen die schleichende Enteignung via Teuerungsrate darstellt.

Apropos mehr Netto vom Brutto: All die genannten Forderungen sind genuine Vorschläge der FDP. Doch die Partei schweigt auffallend. Es scheint sich tatsächlich bewahrheitet zu haben, was die Liberalen in der Ampelkoalition wirklich sind:dDer Steigbügel für Rot-Grün.


Julian Marius Plutz

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Kommentare ( 30 )

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WandererX
2 Jahre her

Nein, so einfach ist das nicht! In den 1950er Jahren sind die Löhne nach 1952 extrem gestiegen, ohne dass es Arbeitslose gab, es gab nur unbesetzte Stellen! Es kommt schon auf die Gesamtumstände an.

a.stricker
2 Jahre her

Natürlich ist der Mindestlohn ein staatlicher Eingriff und führt zu einer Marktreaktion. Darüber hinaus wirkt es auch inflatorisch, da von einem Mindestlohn auch Druck auf die darüber liegenden Tarifgruppen ausgeht und so die Lohn-Preis-Spirale in Gang kommt. Die Vroschläge zur Bekämpfung der Inflation sind zum größten Teil inflationstreibend, da Steuersenkungen insbesonder e im Verbrauchsteuerbereich die Nachfrage stärken und die Angebotslücke vergößern (auch wenn der Inflationsindex technisch gesehen erst einmal sinkt, erhöht sich dadurch der inflationäre Druck).Die Inflation bekämpft man durch höhrer Zinsen und angebotsorieniterte Maßnahmen (wenn das aufgrund der angespannten Leiferketten überhaupt möglich ist), nicht durch nachfragestärkende. Allerdings ist weit… Mehr

Murmel
2 Jahre her

Der Mindestlohn ist absolut notwendig, weil sonst gewisse „Arbeitnehmer“ die a) nicht rechnen können und b) auch bereit sind in Zelten auf dem Betriebsgelände zu hausen, ihre Arbeitskraft verhökern und so den zivilisierteren Arbeitnehmern den Arbeitsplatz und damit das Einkommen rauben. Das Gejammere der Arbeitgeber ist Programm. Die sollten sich lieber bei anderen Betriebsausgaben z.B den unnützen Ökoauflagen wesentlich mehr zur Wehr setzen. Immer nur die schwächsten Glieder der Kette zu schröpfen ist asozial und unmenschlich. Ich habe Anfang der 80iger Jahre 18DM pro Stunde im Ferienjob bekommen – und die Wirtschaft brummte! Für die 18DM konnte ich damals 20… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Murmel
WandererX
2 Jahre her
Antworten an  Murmel

Sie haben Recht. Und: der Arbeitsmarkt ist eben kein reiner Markt. Denn der hat eine Grenze, heute ist der „Markt“ aber universal grenzenlos, also in Reinform gar nicht existent. Und deswlb muss der Staat dann eine Grenze eben einziehen, um den Markt als Kulturform wieder herzustellen

Mohrenkopf
2 Jahre her

„Stattdessen sollte die Mehrwertsteuer radikal gesenkt werden“

Und wie wollen Sie die Mitnahmeeffekte verhindern wie wir sie gerade bei den Mineralölkonzernen erleben? Runter mit den Lohn Nebenkosten ist deutlich besser.

Matthias F.
2 Jahre her

Leider auch hier wieder zu kurz gedacht. Solange es in Deutschland kein Gesetz gibt, welches unter bestimmten Bedingungen Preissteigerungen verbietet, wird der Wegfall oder die Senkung der Mehrwertsteuer auf den Preis für den Verbraucher keine positiven Auswirkungen haben. Wir sehen es doch an den Kraftstoffpreisen. Im Gegenteil: muss danach irgendwann die Steuer notwendigerweise wieder angehoben werden, steigt der Preis logischerweise sprunghaft weiter an.

a.stricker
2 Jahre her
Antworten an  Matthias F.

Wer Presisteirgerungen verbietet und die Preise politisch administriert, wird in einer Wirtschaft wie Venezuela oder der DDR landen, die nicht in der Lage sind, die Versorgung der Bevölkerung zu sichern und einen blühenden Schwarzmarkt aufweisen, bei dem es denn zum Ausgleich der Preise kommt. Alle Maßnahmen der Regierung ist bestenfalls gekaufte Zeit zur Aufrechterhaltung der Wohlstandsillusion. Je länger wir die Krise mit billigem, geliehnden Geld aufhalten, umso schlimmer wird siedann ausfallen. Ein Blick nach Venezuela oder der Türkei ist hilfreich

Fulbert
2 Jahre her

Man kann den erhöhten Mindestlohn als Manipulation kritisieren. Letztlich ist er aber nur Folge einer anderen Manipulation, nämlich derjenigen der Anleiherenditen durch die EZB. Der faule Zauber, den die Magier der Märkte um Draghi wider besseres Wissen entfacht haben, fliegt den europäischen Volkswirtschaften nun um die Ohren. Und letztlich gibt es nur die Wahl zwischen Scylla und Charybdis: Lohnerhöhungen mit der Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale oder zunehmende Verarmung und wachsende Sozialleistungen für die unteren Einkommensschichten, was die Staatsverschuldung nach oben treibt – mit der Folge, dass die EZB an ihrer verfehlten Geldpolitik noch stärker festhält. Im beiden Fällen lautet die Folge:… Mehr

ptr
2 Jahre her
Antworten an  Fulbert

Ich widerspreche ihnen einmal. Es gibt noch eine 3. Möglichkeit. Und zwar der Weg der Ausgabendisziplin. Ausgaben des Staates reduzieren und zwar konsequent auf allen Ebenen.
Wird nicht passieren. Aber nur das wäre der richtige Weg. Weg vom Nannystaat.

bkkopp
2 Jahre her

In den unteren Lohnbereichen gibt es schon lange keine Sozialpartnerschaft ( Gewerkschaften / Arbeitgeber ) mehr, die einen sozialen Ausgleich im Rahmen einer ordo-liberalen Marktwirtschaft aushandeln könnten. Deshalb wurde und wird der staatlich reglementierte Mindestlohn, leider, unverzichtbar. Wenn Wohnen, Energie und Gesundheit nicht immer viel schneller viel teurer werden als die Lohnentwicklung, dann geschieht dies auch nicht ordo-liberal-marktwirtschaftlich, sondern durch massive, interessengetriebene Eingriffe des Staates in Sektorentwicklungen.

thinkSelf
2 Jahre her

Steuern und Abgaben runter ist zwar richtig, nur geht die Idee von falschen Voraussetzungen aus. In einer Gesellschaft die mental nicht mal im Ansatz aus freien Bürgern besteht, sondern aus einer kleinen Feudalschicht deren einziges Interesse in der völligen Kontrolle der Massen besteht und sowie einer breiten Masse die aus unselbstständigen Heloten besteht die bereits mit der Wahl zwischen zwei Jogurtsorten völlig überfordert ist, ist eine solche Idee strukturell nicht nur nicht vorgesehen sondern auch gar nicht umsetzbar.

H. F. Klemm
2 Jahre her

Damit wird doch nur der Weg zum „bedingungslosen Grundeinkommen“ beschritten. Für den nächsten Schritt fehlen noch der totale Kollaps mit dem Zusammenbruch des Währungs- und Finanzsystems und der folgenden Einführung der „temporär befristeten Digitalwährungszahlung“ Dieser Kollaps, mit der für Tech- und Finanzindustrie und globalen Konzerne billigend in Kauf genommenen Zerstörung der mittelständischen Wirtschaftsstruktur in DE und Europa, wird nur noch nicht initiert weil die Tech-Giganten dieses Modell noch nicht zur Marktreife fertiggestellt hat. Sobald von dort der Startschuss kommt, wird das bisherige Wirtschafts- und Finanzsystem zum Einsturz gebracht, von den willigen Lakaien in den Regierungen, die behaupten werden damit die… Mehr

Last edited 2 Jahre her by H. F. Klemm
ptr
2 Jahre her

Vor einiger Zeit gab es in der Welt einen Artikel mit genaueren Zahlen. Daraus konnte man errechnen, dass die Mehrbelastung der Unternehmen mindestens 1 Mrd. Euro pro Monat beträgt. Wenn diese Kosten 1:1 an den Endverbraucher weitergereicht werden entspricht dies einer Inflatiossteigerung um 1% nur aufgrund dieser Entscheidung.
Der Inflationstreiber ist wieder einmal der Staat und die Politiker, die die Inflation durch Wahlversprechen verursachen.