Kleine Banken unter Druck: „Ertragslage hat sich seit Corona nochmals verschlechtert“

Dutzende von kleinen Banken verschwinden oder fusionieren pro Jahr. Kreditausfälle durch Zombiefirmen könnten das Bankensterben verschärfen, warnt ein Branchenkenner.

IMAGO / Aalto-Foto
Heimspielstätte des 1. FC Kleve 63/03 e.V. – einst gesponsert von der örtlichen Volksbank

Kleine Banken verschwinden zusehends oder fusionieren miteinander. Laut dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) sank die Zahl der Genossenschaftsbanken seit dem Jahr 2016 um 16 Prozent. Die Nettogewinne schrumpften sogar um 13 Prozent im Coronajahr 2020, wie aus Zahlen auf der Verbandswebsite hervorgeht.

„Die Ertragslage kleiner Banken hat sich insbesondere seit der Corona-Krise nochmals verschlechtert“, erklärt Stephan Schüller, langjähriger Chef des Bankhauses Lampe. Er glaube zwar nicht an eine Pleitewelle bei den Banken, weil die Eigenkapitalausstattung aufgrund der Basel-III-Regeln gestiegen sei. Aber es drohten „erhebliche Kreditausfälle“ durch Zombieunternehmen, die bloß noch durch die Corona-Hilfen am Leben erhalten würden, warnt er. Das könne das Bankensterben bei kleinen und mittleren Instituten weiter beschleunigen.

Bereits vor Corona standen Kleinbanken unter Druck. Etwa berichteten Bundesbank und Bafin bei ihrem sogenannten LSI-Stresstest für kleine und mittelgroße Banken (LSI), die anhaltende Niedrigzinsen machten es „sehr wahrscheinlich”, dass die Rentabilität der Institute weiter zurückgehen werde. Zwar seien die LSI-Banken im Schnitt auch im Stressfall „solide kapitalisiert“, sagte der Bafin-Chef für den Bereich Bankenaufsicht Raimund Röseler. Aber die Rentabilität sei „schwach“ und die Kernkapitalquote dürfte im Stressfall weiter sinken, fürchteten Bafin und Bundesbank.

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Die Niedrigzinsen belasteten das Zinsgeschäft der Banken, erklärt Schüller. Die Zentralbanken hätten die Zinsstrukturkurven durch ihre lockere Geldpolitik abgeflacht – die Zinshöhe von Anlagen mit kurzer und langer Frist ist also relativ gleich. Dadurch könnten die Banken kaum mehr Gewinne erwirtschaften, indem sie kurzfristige angenommene Geldanlagen in langfristige Kredite umwandelten oder in Anleihen mit langer Frist investierten. „Banken mit einem großen Provisionsgeschäft – etwa in der Vermögensberatung – stehen vergleichsweise besser da“, sagt Schüller.

Laut dem Sprecher des Verbandes der Genossenschaftsbanken BVR, Steffen Steudel, belasten Niedrigzinsen vor allem solche Banken mit hohen Kundeneinlagen. Diese gebe es überall, zum Beispiel in Regionen, in denen die Bevölkerung vergleichsweise alt sei, wodurch die Nachfrage nach Immobilienkrediten geringer sei. Die Immobilienfinanzierung mache nämlich 65 Prozent des Geschäftes der Volksbanken und Raiffeisenbanken aus. „Der Immobilienboom erfasst mittlerweile aber auch ländliche Gebiete“, sagt Steudel.

Ein weiteres Problem, das kleine Banken trifft: Die EU und die Bundesregierung hätten seit der Finanzkrise 2008 Regulierungen massiv verschärft. Etwa seien neue Verbraucherschutz-Vorschriften dazu gekommen und das Berichtswesen sei ausgeweitet worden, da Banken zusätzliche Finanzkennzahlen erheben und melden müssten, erklärt Schüller. Basel III, das Wertpapierhandelsgesetz und Co. würden die Bürokratie-Kosten nach oben treiben. „Jedes Anlagegespräch, das Sie mit einem Kunden führen, müssen Sie protokollieren”, erklärt Schüller. Das treffe nicht bloß Bankkunden über höhere Gebühren. „Die Fixkosten einer Bank steigen, was besonders kleine und mittelgroße Institute belastet, während Großbanken Effizienzvorteile generieren können”, sagt Schüller.

Ohnehin krempelt die Digitalisierung die Bankenbranche um. Weil Kunden vermehrt digitale Angebote nutzen, schlossen die Banken in den vergangenen Jahren viele Kleinfilialen. Auch die Suche nach Personal werde schwieriger, gerade für die kleinen Institute, erklärt Steffen Steudel. Fachkräfte im Bereich digitaler Vertrieb und Informationstechnologien seien am Markt rar gesät. „Einen Smart-Data-Experten oder einen Administrator für das Online-Banking locken Sie nicht so einfach in eine kleine Gemeinde nach Brandenburg“, sagt Steudel. Auch Fintechs wie Traxpay oder Transferwise – also Anbieter von Finanzinnovationen – setzen Banken unter Druck.

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Das Verschwinden der LSI-Banken trifft auch den Mittelstand. Chefvolkswirt Hans-Jürgen Völz vom Verband „Der Mittelstand“ sieht kleine und mittlere Unternehmen „vor ernsten Herausforderungen“. Eine echte Alternative seien Fintechs geworden, die immer mehr an Zulauf gewinnen würden und zukunftsweisende Technologien wie Blockchain und Künstliche Intelligenz verwenden würden. Letztere kämen bei Sparkassen kaum zur Anwendung. „Einen Ersatz für persönliche langjährige Kundenbeziehungen können Fintechs allerdings nicht bieten“, sagt Völz.

Die Kundennähe heben auch Forscher der Frankfurter Goethe-Universität in einer Untersuchung hervor, die der Verband BVR beauftragt hat. Die LSI-Institute schauten nicht bloß darauf, ob ein einzelnes Kreditgeschäft profitabel sei, sondern pflegten langjährige „Hausbankbeziehungen“ zu Mittelständlern, schreiben die Professoren Andreas Hackethal und Roman Inderst. Eine Kleinbank entscheide nicht nur auf Basis von Ausfallrisiko und Sicherheiten über die Kreditvergabe, sondern es zählten auch weiche Faktoren, die oft bloß im persönlichen Gespräch zu ermitteln seien – etwa die Person des Unternehmers.

Zwischen Bank und Mittelständler gebe es einen impliziten Vertrag. In „guten Zeiten“, in denen auch andere Banken bereitwilliger Kredite „auf Armlänge“ vergeben, bleibt das Unternehmen der Bank treu – und erhält im Austausch auch in „schlechten Zeiten“ Kredit zu vertretbaren Konditionen“, erklären die Forscher. Kleinbanken glätteten so Zinsschwankungen über längere Zeiträume, die die Betriebe ansonsten belasten könnten. Außerdem könne der Mittelständler hochsensible Informationen an seine Hausbank weitergeben und auf Diskretion vertrauen – im Gegensatz zu den Kapitalmärkten.

Der Mittelstand finanzierte sich in den vergangenen Jahren verstärkt über Bankkredite. Laut Statista-Zahlen stammte 36 Prozent des Investitionsvolumens aus dieser Finanzquelle. Im Jahr 2011 waren es nur 29 Prozent gewesen. Der Rest kam im Jahr 2019 vor allem aus Eigenmitteln (50 Prozent) und Fördermitteln (8 Prozent). Die LSI-Banken sind eine wichtige Finanzierungsquelle für Selbstständige und Unternehmen: Knapp die Hälfte ihrer Kredite stammten im Jahr 2019 von Sparkassen und Kreditgenossenschaften, berichtet der Bankenverband.

Gerade der Mittelstand befinde sich zunehmend im „Zangengriff bei der Kreditvergabe“, kritisiert Chefvolkswirt Völz vom Mittelstandsverband. Banken seien etwa durch Basel II und III gezwungen, hinreichend großes Eigenkapital als Sicherheit für die Kreditvergabe einzufordern. Gleichzeitig mangle es an einer Eigenkapital schonenden Steuer- und Abgabenpolitik der Bundesregierung. Dadurch seien die Eigenkapitalquoten im Mittelstand in den vergangenen Jahren gesunken, gerade infolge der Corona-Krise.

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Kommentare ( 18 )

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Medienfluechtling
3 Jahre her

Basel II und III sind die Killer für jede Eigeninitiative. Wenn ich für eine Investition Geld von einer Bank benötige und ich dann gefragt werde, was ich habe, wäre ich nicht da…

Alexis de Tocqueville
3 Jahre her

Es kann gar nicht schnell genug gehen. Ganz egal ob SPD und CDU oder Sparkasse und Volksbank, die müssen alle weg. Am besten gestern. Meine Mutter wollte bei der VB einen 30k Kredit nehmen. Ich war bereit, mit zu unterschreibseln. Die alte Dame ist Pensionärin, mit sicherer Staatsknete. Ich bin „nur“ selbstständig. Aber immerhin, zwei Kreditnehmer, und Sicherheiten gibts bei mir auch, Haus, Aktienportfolio, genug, um so nen Pillepalle-Kredit 40 oder 50 mal zu decken. Die wollten 8% Zinsen haben und auch ne sinnlose Kreditausfallversicherung aufschwatzen. Da fallen mir nur noch Worte wie Betrug und Wucher ein. Und das ist… Mehr

Last edited 3 Jahre her by Alexis de Tocqueville
F.Peter
3 Jahre her

Diese „kleinen Banken und Sparkassen“ leiden derzeit darunter, dass sie in den vergangenen Jahrzehnten die Spareinlagen der Kunden zu den Fondgesellschaften transferiert haben, um Provisionen einzustreichen. Jetzt fehlen ihnen die „Eigenmittel“ um entsprechende Zinsüberschüsse zu generieren. Denn die Zinsspanne wäre derzeit immer noch bis 1% möglich, was über dem liegt, was in guten Jahren erzielt werden konnte!
Es rächt sich die Provisionsverliebtheit der Vergangenheit, ein Geschäftsmodell das früher oder später aufgrund des Geldhandels zum Scheitern verurteilt war.

Alexis de Tocqueville
3 Jahre her
Antworten an  F.Peter

Zumal ja deren Fonds auch nur Dreck sind. Als ich süße 18 war – das war 1999, also kurz vor dem Platzen der Dotcom Bubble – wollte ich mein Zivi-Geld anlegen. Ich Naivling dachte ja, dass ich einfach ein paar Aktien kaufe, die ich kenne, also so Coca Cola, McDonalds, Microsoft… Hat mir die hilfreiche Sparkasse ausgeredet, denn Akien sind viiieeel zu gefährlich für kleine dumme Privatanleger. Fonds müssen es sein. Drei Jahre später hab ichs aufgelöst und die Hälfte wieder rausbekommen. Da dacht ich, das hätte ich auch alleine geschafft. Endgültig weg von der Spaßkasse bin ich aber erst… Mehr

R. Scholl
3 Jahre her

Was verbreitet Völz da für einen Unsinn. Die Eigenkapitalquoten sind im Durchschnitt stetig gestiegen seit Basel II. In 2010 lagen die EK-Quoten im Durchschnitt über alle Betriebsgrößen bei 25,5% und in 2019 bei 31,5% (Quelle: Statista). Auch die jährliche Ausgabe von „Diagnose Mittelstand“ des DSGV liefert ein anderes Bild, vor allen Dingen hinsichtlich der Entwicklung von Fehlbeträgen. In den letzten 10 Jahren haben sich viele Unternehmen entschuldet und EK aufgebaut. Über die fehlgeleiteten Ursachen kann man ja diskutieren, nicht aber über die Entwicklung der bilanziellen Auswirkung. „Zwischen Bank und Mittelständler gebe es einen impliziten Vertrag. In „guten Zeiten“, in denen… Mehr

loureed
3 Jahre her

Kapitalismus ist die stetige Enteignung. Das fing, lokal bei den Manufakturen an. Jetzt ist der Mittelstand an der Reihe, von den Großen Globalisten gefressen zu werden. Aber irgendwann ist Schluss.

DeepBlue
3 Jahre her
Antworten an  loureed

Sie haben da was nicht richtig verstanden oder glauben immer noch an den Stoff aus dem Staatsbürgerkundeunterricht?
Lesen Sie mal Roland Baader.
http://www.roland-baader.de/zitate/

F.Peter
3 Jahre her
Antworten an  loureed

Ich würde vor Kapitalismus noch „entfesselte“ stellen. Das genau ist nämlich das Problem, das derzeit grassiert, noch politisch unterstützt und von interessierten Kreisen befeuert, das die Situation an den Märkten konterkariert.

Mausi
3 Jahre her

Und wenn die Kleinen alle wegreguliert sind, dann kommt das Jammern und Haltet-den-Dieb-Geschrei. Dann soll plötzlich „regional“ her.

Last edited 3 Jahre her by Mausi
F.Peter
3 Jahre her
Antworten an  Mausi

Zur Zeit ja schon allerorten zu sehen und zu hören…….

roffmann
3 Jahre her

Die Banken offerieren dir bei Schönwetter Regenschirme , die sie bei Schlechtwetter wieder einsammeln ! Außerdem profitieren einige Kleinbanken in großem Maße vom Scheitern ihrer Mittelstands u. Handwerkskunden indem sie im Vorfeld des Betriebsendendes Höchstzinsen berechnen und beim Konkurs über die besten Sicherheiten verfügen, die sie dann an sich ziehen.
Bankgeheimniss ?
Auch soll es oft vergekommen sein , dass dich dein Bankberater beim FA angeschissen hat , wenn du mal fremdfinanziert hast.

Peter Gramm
3 Jahre her

das kapitalistische Wirtschaften bedingt doch diese Entwicklung. Es können halt nun mal nicht alle gewinnen, denn der Zins ist nie in der Welt. Er kann nur dadurch erzielt werden dass immer mehr Marktteilnehmer ausscheiden nachdem sie in die Überschuldung getrieben wurden. Egal ob Wirtschaftsunernehmen oder Staaten. Es ist immer nur eine Frage der Zeit. Der bisherige Weltmarktführer konnte sich dieser Entwicklung dadurch entziehen da er das dafür benötigte Geld zugunsten der FED (eiin privates Bankenkonsortium) gegen Zinszahlung beschaffen konnte.Eine sehr merkwürdige Konstruktion die der ehemalige Präsident Kennedy beenden wollte. Ausgang bekannt. Die Wahrheit kann auf Dauer nicht unterdrückt werden, wie… Mehr

DeepBlue
3 Jahre her
Antworten an  Peter Gramm

Das Problem ist nicht das kapitalistische, also freiheitliche, Wirtschaften, sondern deren Abwesenheit. Was wir hier haben Kooperatismus, also die Herrschaft des Staates im Verbund mit einigen wenigen großen Unternehmen. Das ist aber kein Kapitalismus und keine freie Marktwirtschaft!

Peter Gramm
3 Jahre her
Antworten an  DeepBlue

Der Zins ist nie in der Welt. Daran krankt das ganze Schuldgeldsystem. Die momentane Zinsentwicklung ist ja eine Folge dieses Geldmengenwachstums. Dass es das ewige Wachstum nicht geben kann hat ja auch schon Herr Calmund erkennen müssen (V. Pispers). Auch eine Kreislaufwirtschaft wie die Natur es uns vormacht haben der Mensch und die Befürworter der ewigen Wachstumswirtschaft leider noch(!) nicht erkannt. Fairerweise muß man sagen dass es bereits einige Wirtschaftswissenschaftler erkannt haben dass es so nicht weiter gehen kann. Der Großteil ist allerdings noch immer in den alten Denkstrukturen unterwegs. Auch bei den Grünen fehlt diese Erkenntnis der Umorientierung.

Alexis de Tocqueville
3 Jahre her
Antworten an  Peter Gramm

Schuldgeldsystem und Kapitalismus sind ja nun zwei verschiedene Paar Stiefel.
Und was Wachstum betrifft, bitte argumentieren Sie nicht mit der Natur, wenn Sie doch offensichtlich wenig Berührung damit haben. Sie können mir gern mal bei der Gartenarbeit helfen, dann verstehen Sie, was ewiges Wachstum wirklich bedeutet.

Last edited 3 Jahre her by Alexis de Tocqueville
Peter Gramm
3 Jahre her

„Schuldgeldsystem und Kapitalismus“….bedingen sich nun mal….“bitte argumentieren Sie nicht mit der Natur, wenn Sie doch offensichtlich wenig Berührung damit haben.“…woher wissen Sie dies?

Gisela Fimiani
3 Jahre her
Antworten an  DeepBlue

Ich stimme ausdrücklich zu. Das Kind wird nur allzu gern mit dem Bade ausgeschüttet. Gäbe es eine freie Marktwirtschaft, die aber aus Gründen staatskapitalistischen Wirtschaftens erdrückt wird, gäbe es den „Kooperatismus“ nicht. Wer an den Staat als Wohltäter glaubt, muß den Sündenbock im „Kapitalismus“ verorten, dessen negative Interpretation es umso leichter macht.

humerd
3 Jahre her

Ich war bei einer Genossenschaftsbank. Erledige schon seit Jahren alle meine Bankgeschäfte online. Dann wurde ich gezwungen eine Anwendung für online Banking zu nutzen. Die Ansprache ist „Du“, was mich doch sehr befremdet. Gleichzeitig wurden satte Kontogebühren eingeführt. Ich benötigte noch nie ein Gespräch mit Mitarbeitern – es wurde einfach mein Gehalt aufs Konto überwiesen und ein Dauerauftrag von mir selbst eingerichtet, der läuft voll automatisiert und auch die Abbuchungen laufen voll automatisiert.
Jetzt bin ich bei einer Großbank. Wieder einmal selbst gewähltes Schicksal.