Die Meldungen über Werkschließungen und Unternehmensverlagerungen häufen sich. Es trifft auch Traditionsstandorte und bekannte Marken. Dahinter stehen nicht nur vorübergehend konjunkturelle, sondern tiefgreifende Schwächen des Industriestandorts.
Grevenbroich. 700 Arbeitsplätze streicht der Aluminiumhersteller Hydro in seinem Werk in Grevenbroich. Im Walzbereich, dort, wo Aluminium zu Blechen und dünnen Folien ausgewalzt wird, baut einer der größten Aluminiumhersteller der Welt über 700 Arbeitsplätze ab. Vermutlich eine Folge des Umbaus des Unternehmensvorstandes. Dort sitzt jetzt Hilde Merete Aasheim an der Spitze, die mit dem Ziel angetreten ist, die Rentabilität zu steigern.
In 40 Ländern beschäftigt die norwegische Unternehmensgruppe Hydro rund 35.000 Mitarbeiter. Vor knapp 20 Jahren kaufte Hydro den führenden deutschen Aluminiumhersteller VAW auf, die meisten Aluminiumhütten hierzulande machten als Folge der mit der Energiewende verbundenen Verteuerung der Stromkosten dicht. Denn mit 40 Prozent Anteil für Energie an den gesamten Produktionskosten ist die Aluminiumproduktion extrem energieintensiv. Die Geschäfte von Hydro selbst laufen mit einem Ergebnis von 918 Millionen € vor Zinsen und Steuern gut. Aluminium wird ein immer wichtigerer Werkstoff, doch Deutschland spielt nicht die erste Geige.
Die Gewerkschaftler sind jedenfalls laut. Betriebsratsvorsitzender Heinz Höhner: »Viele Kollegen haben Existenzängste. Wir werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen.« Vielleicht hätte er mit seiner IG-Metall eher gegen den Energiewendewahnsinn kämpfen sollen, der die Strompreise exorbitant steigen lässt und zudem die Stromversorgung des Aluminiumherstellers unsicher macht. Denn der musste in diesem Jahr schon mehrfach seine Produktion kurzfristig unterbrechen, weil zu wenig Strom in Deutschlands Netzen vorhanden war.
Hörselberg-Hainich im Wartburgkreis. 154 Mitarbeiter verlieren zum Jahresende ihre Arbeitsplätze bei Autotest Eisenach GmbH. Der Autozulieferer fertigt in Werken in Thüringen und Baden-Württemberg sowie in Südtirol und in Bratislava in der Slowakei Kunststoffteile für die Automobilbranche. Porsche, Audi, BMW und Lamborghini gehören immerhin zum Kundenkreis. Doch die Autohersteller bestellen immer weniger hochwertige Kunststoffteile, daher wird der Automobilzulieferer sein Werk zum Jahresende schließen. Den Nachfragerückgang konnte das Unternehmen nicht ausgleichen. Das bedeutet: 154 Mitarbeiter von insgesamt 480 Mitarbeitern in allen Werken müssen gehen.
Geislingen an der Steige. Bei WMF in Baden-Württemberg soll die traditionelle Produktion von Küchengeschirr und Töpfen abgebaut und ins europäische Ausland verlegt werden. Denn die französische Investmentgruppe SEB, einer der weltweit führenden Hersteller von Elektrokleingeräten und Haushaltswaren, plant, die Kochgeschirrproduktion von Geislingen abzuziehen. In Geislingen löste diese Nachricht einen mittleren Schock aus. Der Betriebsrat des WMF-Werkes in Geislingen gibt sich kämpferisch und mobilisiert die Beschäftigten.
Wenn etwas für Made in Germany steht, dann das Kochgeschirr aus rostfreiem Edelstahl von der württembergischen Metallwarenfabrik WMF. Seit 1853 produziert die Firma Metallwaren; auch Autoerfinder Gottlieb Daimler arbeitete dort drei Jahre als Konstrukteur, bevor er sich Motoren und Autos widmete.
Die Fabrik ist ebenso übrigens wie Krupp in Essen Symbol für soliden Umgang der Firma mit ihren Mitarbeitern. Schon sehr früh gründete WMF eine Betriebskrankenkasse mit überdurchschnittlichen Leistungen für ihre Mitarbeiter. Ein Wohlfahrtsverein und eine Betriebssparkasse wurden eingerichtet und übrigens eine sogenannte Fischhalle in Geislingen aufgebaut, in der Fisch zum Selbstkostenpreis an die Mitarbeiter abgegeben wurden. Heute ist dort der Fabrikverkauf des Unternehmens angesiedelt.
Die französische Investmentgruppe SEB ist jetzt der Haupteigner an WMF und will die Produktion von Kochgeschirr ins europäische Ausland verlegen. Die Gruppe plant, das Geschäft mit Kaffeeautomaten in Geislingen auszubauen.
Die Arbeitnehmer der WMF protestieren seit einigen Wochen jeden Montag vor dem Werk in Geislingen an der Steige (Kreis Göppingen) auf der Straße. Sie marschieren in ihrer Mittagspause einmal um das Werksgelände, auf dem Rücken das Motto »Mondays for Jobs«.
Wetzlar. 80 Arbeitsplätze streicht der traditionsreiche Kamerahersteller Leica an seinem Hauptsitz im hessischen Wetzlar. Leica beschäftigt weltweit 1800 Mitarbeiter und steht vor der nächsten Revolution in der Kamera- und Optikindustrie. Dabei spielen weniger die klassischen feinmechanischen und optischen Künste eine Rolle, sondern mehr die Fähigkeiten, mit raffinierter neuer Software Bilder zu realisieren, als »Computational Imaging« bezeichnet. Leica baut dafür ein Kompetenzzentrum im Silicon Valley auf. Die »Digitalisierung«, von der Politik gern im Munde geführt, wenn etwas fortschrittlich klingen soll, findet woanders statt.
Duisburg. Das traditionelle Duisburger Familienunternehmen Haniel wird komplett umgebaut. Dabei fallen 60 der 180 Arbeitsplätze in Duisburg weg.
Vorstandschef Thomas Schmidt sagte gegenüber dem Handelsblatt: »Wir wollen die Holding ganz neu ausrichten. Wir haben die drei „Ps“ im Fokus. Damit brauchen wir neue Kompetenzen in Themenfeldern wie Gesundheit, Klimawandel oder zukunftsweisende Technologien. Und wir wollen künftig unsere Beteiligungen als strategische Architekten aktiv führen.«
Neutraubling. Bis zu 400 Arbeitsplätze sollen bei dem Hersteller von Getränkeabfüllanlagen Krones wegfallen. Auf einer Betriebsversammlung gab dies der Vorstandsvorsitzende Christoph Klenk bekannt. In einer Pressemitteilung hiess es: »Die hohen Personal- und Materialkosten beeinträchtigen die Wettbewerbsfähigkeit von Krones. Ein Einstellungsstopp alleine genügt nicht.«
Betroffen werden nicht nur Leiharbeiter, sondern auch Mitarbeiter von Krones selbst sein. Die Zahl von 400 Arbeitsplätze sieht im Verhältnis zu den 6717 Angestellten in Neutraubling indes nicht so dramatisch aus.
In Debrecen in Ungarn baut Krones ein neues Zweigwerk auf. Denn im Grunde genommen ist der Hersteller in einem guten Marktsegment aktiv. Die Weltbevölkerung steigt, es müssen mehr Getränke transportiert werden und dafür werden Flaschen benötigt. Doch die Diskussion über Plastikflaschen hat den Hersteller heftig getroffen. Die PET Flaschen, die ein hervorragendes Verhältnis von Gewicht und Kapazität bieten, werden zumindest hierzulande als das böse Plastik niedergemacht.
Doch in vielen Ländern tragen sie zur Versorgungssicherheit der Kunden bei. Krones hat eine Anlage mit eigenem Recyclingsystem »MetaPure« für PET Flaschen entwickelt. Der Verkaufserfolg ist eher bescheiden: Weltweit wurden 13 Anlagen verkauft. Weltweit sieht man das mit dem bösen Plastik eher anders als hier in Deutschland.
Das Gemeinsame an den verlorenen Arbeitsplätze: Sie sind gut bezahlt, sozialversicherungspflichtig, erfordern qualifiziertes Personal. An ihre Stelle treten Jobs beim Paketdienst oder als freiberuflicher E-Roller-Auflader – für de facto weniger als 5 € die Stunde. Das ist Fortschritt Marke Öko.
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Die Arbeitsplätze gehen nicht verloren, sie gehen nur konsequent woanders hin. Während Friedrichshafen 23% grün gewählt hat, verlegt ZF den Getriebe- und Antriebsstrang Bau konsequent nach Ungarn und Serbien. Diese 5.000 Plätze kommen nicht wieder.
Geliefert wie bestellt…..
Zitat: „Sie marschieren in ihrer Mittagspause einmal um das Werksgelände, auf dem Rücken das Motto »Mondays for Jobs«.“
> UND auch HIERVON sieht und hört man in unseren „Qualitätsmedien“ und im Staatsfunk natürlich…., NIX!!
Deutschland, im Jahre 4 nach 2015; WELCH ein polit. Elend!
Waaas? Überteuerter Strom ist ein Problem für die energieintensive Industrie? Oh, das hätte ich aber nicht gedacht. Wollen Sie mir sagen, die ganzen Ökonomen, Analysten und Physiker hatten doch recht, als diese Leute genau von diesem Szenario redeten? Ich hatte vor ein paar Monaten ein Gespräch mit einem Düsseldorfer Bekannten bez. grosse NRW und deutsche Firmen. Für ihn stellte Trivago einer der grössten Arbeitgeber NRWs und Deutschlands dar. Siemens wäre ähnlich gross. Seine Frau dachte ähnlich. Von VW (die sind inzwischen ja ganz klein), SAP, Lidl usw. wollten sie nichts wissen. Dies sind Leute Ende 30 / Anfang 40. Implikationen,… Mehr
Wenn ich mir die Firmenleitungen (heißt ja heute Management) so betrachte, fällt mir bei vielen auch nichts Gutes ein, weil: es gab Zeiten, als viele Unternehmen noch eine „Sorgfalts-pflicht“ für ihre Arbeitnehmer inne hatten und diese auch ernst nahmen! Ich habe diese Zeiten noch erlebt. Es mag noch vereinzelt eine Moral derart geben, dass der einzelne Mensch und seine Belange be- bzw. geachtet werden. Der Wind weht schon sehr rauh durch die jetzige Arbeitswelt, trotzdem sollte so manche Chefetage das nicht zum Entlassungs-Orkan ausweiten, sowie auch nur eine kleine Chance besteht! Denn deren Wohlstand haben die Menschen erarbeitet, die dann… Mehr
„Sie sind gut bezahlt, sozialversicherungspflichtig“
Das kratzt aber die Politiker und Wähler der Grünen nicht. Die sind fast alle direkt oder indirekt beim öffentlichen Dienst. Und da ist im Zweifel immer Geld da. Die Merkel-Wähler (nicht zwangsläufig identisch mit Unionswählern) kratzt es ebenfalls nicht. Das sind Tagesschau-gläubige Renter(innen), deren Rente/Pension in der Tat (noch) sicher ist – im Gegensatz zu deren Kindern. Denn eher schraubt man die Abgabenlast auf 90% bevor man den (aktuellen) Rentnern was kürzt.
Jeder einzelne dieser Menschen geht in eine sehr ungewisse Zukunft, meistens in unterbezahlte Jobs. Oder es bleibt aus Altersgründen nur irgendwann Hartz übrig. Standard im Eimer, Leben für viele dann auch eingeschränkt. Und es werden immer mehr Unternehmen, die Personal (dabei wird auch teils eine Gelegenheit genutzt) einschränken wollen, ganz dichtmachen wollen oder müssen, oder verlagern in andere Länder. Die Schraube fängt schon an, sich zuzudrehen. Und das wird immer schneller gehen, eins greift jetzt in’s andere. Diese Är…e wissen doch genau, was sie mit ihrer idiotischen Politik anrichten. So blöde kann niemand mehr sein! Das macht nur wütend!
@StefanB: Super zusammengefasst. In der globalisierten Arbeitswelt erhält der Arbeitsplatz(-Standort) den Zuschlag, der die wenigsten Kosten mit Aussicht auf den größten (Konzern-/Shareholder-) Gewinn verspricht. Wenn er dies nicht mehr einhalten kann, wird weiter siedlungstechnisch „optimiert“. Siehe IT Offshore/Nearshore, die CEO/CTO-Manager verschieben ganze Serviceeinheiten auf dem Reissbrett, die Satrappen (Projektleiter&Abteilungsleiter etc.) führen aus und klatschen Beifall. Dutzendmal im Job erlebt, globaltechnisch systemimanent und längst irreversibel! Es wird hier ein Heer von zukünftigen Arbeitslosen (bzw. staatlich alimentierten Jobs) geben, ich bin leider zu alt zur Flucht.
Hören Sie auf, die Arbeitslosen zu bedauern. Wozu soll das gut sein? Bedauern kostet nix und nützt nix, gibts von mir gern gratis, mit Schleifchen drum und einer fetten ist-mir-egal Kirsche obendrauf.
Solidarität? Teufel, nein! Meine Solidarität gibt es nicht geschenkt, die muss man sich verdienen. Wer gestern noch brav in der Gewerkschaft den AfDler mobbte und denunzierte und dessen Kinder fürs Klima hüpfen, der muss jetzt eben lernen, Verantwortung zu übernehmen, die er nicht mehr wegsozialisieren lassen kann, egal, wie viel Mimimi er macht.
Das Wort „nachhaltig“ kann nichts dafür. Es wird missbraucht. Es gibt da schon einige harmlose, nette Wörtchen, die traurig in der rechten Ecke stehen, obwohl sie nix verbrochen haben. Zum Beispiel das Adjektiv zu „Volk“.
Wer in einer Gewerkschaft ist, der will rumbrüllen, nicht aber arbeiten. Hüpfen fürs Klima und böse AfDler „enttarnen“, ja, das macht Spaß. Antifa und Ökofaschisten sind die besten Kumpels.
Nur, was soll ein Unternehmen mit solchem Mist anfangen? Raus die Idioten, und wenn das hier im Sozialismus nicht so einfach geht, dann geht eben das ganze Unternehmen.
Schlecht für die Angestellten, aber was solls, schon Heinlein sagte, dass Ignoranz ihr eigenes Todesurteil in sich trägt. Schlecht für die Angestellten, gut für mich, denn Schadenfreude ist die schönste Freude.