Habecks neue Pläne zur staatsgelenkten Wirtschaft

Wirtschaftsminister Robert Habeck legt eine neue „Industriestrategie“ vor. Er spricht von 50 Milliarden Euro Entlastung für die Industrie. Zugleich warnen Industrievertreter, dass der Netzausbau hunderte Milliarden Euro verschlingen könnte.

IMAGO / Hannelore Förster

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will mithilfe einer neuen Industriestrategie den Standort Deutschland stärken. Das geht aus dem 46-seitigen Grundsatzpapier hervor, das Habeck heute vorstellen will. Ziel sei es, Deutschland als starken Industriestandort in seiner ganzen Vielfalt zu erhalten, vom Weltkonzern bis zum Kleinbetrieb, von der energieintensiven Grundstoffindustrie bis zur Raumfahrt, heißt es in dem Konzept.

Damit erteilt Habeck auch allen aktuellen Vorschlägen eine Absage, die Bundesrepublik solle angesichts ungünstiger Bedingungen für die Produktion von günstigem Sonnen- und Windstrom auf besonders energieintensive Betriebe etwa aus der Chemie-, der Glas- oder der Zementindustrie künftig verzichten. Stattdessen verlangt der Minister einen beschleunigten Ausbau der „erneuerbaren Energien“, der Stromnetze sowie der Wasserstoffindustrie, die Sanierung von Schienen, Brücken und Straßen, schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren, massive steuerliche Anreize für Investitionen, die Speicherung von CO2 in unterirdischen Lagerstätten und finanzielle Vergünstigungen für Senioren, die noch arbeiten wollen. Wer länger als gesetzlich gefordert im Job bleibt, soll etwa den Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung direkt ausbezahlt bekommen.

„Alternativ dazu wäre ein steuerlicher Freibetrag für sozialversicherungspflichtige Beschäftigte oberhalb der Regelaltersgrenze denkbar“, heißt es in der Kurzfassung der Industriestrategie. Um alle Programme finanzieren zu können, stellt Habeck auch die Schuldenbremse des Grundgesetzes in Frage. „Unsere Finanzverfassung ist in Zeiten entstanden, die noch von einer marktdominierten Globalisierung und von deutlich weniger geopolitischen Spannungen geprägt war“, heißt es in dem Papier. „Wir müssen als Land diskutieren, wie diese Regeln spätestens in der nächsten Legislaturperiode an die neuen Realitäten angepasst werden können.“

Zudem stellte der Minister 50 Milliarden Euro Steuerentlastung für die Industrie in Aussicht. „In den nächsten vier Jahren sind steuerliche Anreize für Investitionen und für die Entlastung von Wirtschaft und Industrie in einem Umfang von 50 Milliarden Euro geplant“, steht als weiterer Programmpunkt im Strategiepapier.

Zuvor hatte Habeck sich in Frankfurt beim Gewerkschaftstag der IG Metall für einen sogenannten Brückenstrompreis ausgesprochen. Der Strompreis für die energieintensiven Unternehmen solle so lange subventioniert werden, bis ausreichend Wind- oder Solarstrom zur Verfügung stünden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich bisher als skeptisch gegenüber Industriestrompreisen gezeigt. Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gilt als Gegner der Subvention.

Die Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Yasmin Fahimi, forderte ein Einlenken von Scholz und Lindner auf den Habeck-Kurs. „Ich hoffe, wir kriegen jetzt endlich was umgesetzt“, sagte sie in Frankfurt. Der Brückenstrompreis sei die richtige Entscheidung für den Erhalt von Arbeitsplätzen, der Wirtschaftsstruktur und für das Klima. Auch die neu gewählte IG Metall-Vorsitzende Christiane Benner erwartete vom Kanzlerauftritt ein „klares Signal“ für einen Brückenstrompreis. Der ehemalige IG-Metall-Chef Hofmann kündigte einen neuen bundesweiten Aktionstag für den 24. November an, um für den Industriestrompreis zu werben.

Die Industrie, die Habeck in seinem Plan fördern will, warnte indes davor, dass der für die grünen Vorhaben so dringlich gebrauchte Netzausbau allein hunderte Milliarden Euro verschlingen könnte. Die Schätzungen der Netzbetreiber zeigen, dass der notwendige Netzausbau Investitionen im dreistelligen Milliardenbereich erfordert“, sagte Holger Lösch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), der Bild-Zeitung. Die Kosten dafür sollten laut Lösch durch den Bundeshaushalt bezuschusst werden, damit die Stromkosten für alle Verbraucher, Unternehmen und Privathaushalte nicht weiter steigen.

Insbesondere der Vorrang der Erdverkabelung für die großen Stromautobahnen verteuere den Netzausbau erheblich. „Erdkabel können bis zu achtmal teurer sein als Freileitungen.“ Bis 2045 soll der gesamte Strom in Deutschland aus „erneuerbaren Energien“ kommen, der größte Anteil daran aus Offshore-Windparks in der Nordsee.

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Kommentare ( 61 )

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Perlentaucher10
1 Jahr her

Wir sollten uns gar nicht mehr darum kümmern, denn es wird die Grünen bald hinwegfegen.

1 Jahr her

Mit seinen neu aufgelegten Absichtserklärungen die Wirtschaft unterstützen und Bürger entlasten zu wollen positioniert sich Herr Habeck wieder mal als Kanzlerkandidat. Er hat den Traum noch nicht aufgegeben. Dass er sich nicht bewusst sei, dass seine Pläne nicht finanzierbar sind bezweifle ich.  Vielleicht handeln Frau Benner (SPD) und Frau Yahimi (SPD) in bester Absicht wenn sie verlautbaren ein Einlenken auf den Habeck-Kurs durch die Herren Scholz und Lindner sei die richtige Entscheidung und ein klares Signal.  Ein wirksames Signal an die deutsche Wirtschaft wäre meiner Meinung nach jedoch die Ausrufung von Neuwahlen, oder wenigstens ein Führungswechsel im sowohl BMWK, als… Mehr

Britsch
1 Jahr her

Willkommen in der DDR 2.0
Im Grunde gleiches Vorgehen, gleiches Handeln, Systemgleich
nur Andere Akteure / Figuren und andere / modifizierte Propaganda
Ein Glück daß die DDR einst die BRD „aufgefangen“ hat und aus dem Ruin
abgeholt. Oder war das damals anderst

Pigdoc
1 Jahr her

Wie war das, vom Schwab, dem Klausi? „Sie werden nichts mehr besitzen und werden glücklich sein.“
Wahrscheinlich sind wir am glücklichsten wenn wir auch unser Leben nicht mehr „besitzen“. Anders ist das eigentlich nicht mehr zu verstehen.
Die lebensverkürzende Spritze, der Umbau der Landwirtschaft zurück ins Mittelalter (bei auf der Erde jetzt schon 800 Millionen hungernden Menschen) und diese kluge, durchdachte, zukunftweisende Wirtschaftspolitik.
Da wünscht man sich fast die DDR zurück, Honecker war immerhin Dachdecker und wir waren, zumindest auf dem Papier, Eigentümer der Wirtschaft.

Britsch
1 Jahr her

Noch nie etwas Richtiges Gearbeitet und damit seinen Lebensunterhalt bestritten,
eigentlich immer nur auf Kosten Anderer gelebt,
aber diesen Anderen vorschreiben wollen, was sie zu tun und zu lassen haben,
dies aus der Sicht Derer die auf Kosten der Anderen immer angenehmer leben wollen

Phil
1 Jahr her

Der Kinderbuchautor soll einfach mal die Füsse still halten….. Es war, ist und wird immer so sein, wie Thomas Sowell in seinem Artikel zum Börsencrash von 1929 und zum folgenden Interventionismus der Regierung schrieb: „Diejenigen, die glauben, dass der Börsencrash im Oktober 1929 die Ursache für die enormen Arbeitslosenquoten der 1930er Jahre war, werden es schwer haben, diese Überzeugung mit den Daten in dieser Tabelle in Einklang zu bringen. (Seite 77 des Buches „Out of Work“ von Richard Vedder und Lowell Gallaway) Obwohl der große Börsenkrach im Oktober 1929 stattfand, erreichte die Arbeitslosigkeit in keinem der nächsten 12 Monate nach… Mehr

Alf
1 Jahr her

Die neuen Realitäten bestehen nicht erst in der nächsten
Legislaturperiode und der Brückenstrompreis ist überflüssig, weil der
Standort Deutschland nachhaltig beschädigt ist.

Aber es gibt Hoffnung.
Noch in dieser Legislaturperiode werden wir von Habeck entlastet.
Wir werden dann – also in Bälde – einen Wirtschaftsminister haben.

Cimice
1 Jahr her

Die Wirtschaft macht es wie der elektrische Strom: Der sucht sich den Weg mit dem geringsten Widerstand. Die Wirtschaft wandert ab und geht ins Ausland.

Gotthelm Fugge
1 Jahr her

““BMWK Habeck (GRÜNE) will mit Hilfe einer neuen Industriestrategie den Standort Deutschland stärken, den Wohlstand erneuern und für mehr wirtschaftliche Sicherheit sorgen.““   Noch mehr? Habeck mit einer „erfolgversprechenden Industriestrategie“? Diese fragwürdige Semantik-Sequenz ist einem todsicheren Oxymoron zuzuordnen.   Er hat schon viel zu viel für DE getan – Die GRÜNE programmierte Deindustrialisierung! Nachstehend ein nicht „staatlich geschönter / gelenkter Faktenscheck“ Sie leben hoch! Die GRÜNEN, die mit an nicht mehr zu toppender Idiotie mit ihren ideologiegetriebenen Regierungs-Dilettanten, die tagtäglich ihr Programm „Jugend forscht am offenen DE-Herzen“ ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Verluste im arteigenen & systemimmanenten Größenwahn abspulen, sind absolut… Mehr

Gilbert T
1 Jahr her

Den gigantischen Netzausbau vermeidet man am besten durch den Bau von KKW und sonstigen modernen Kraftwerken, die über das Land verteilt werden und genau dort stehen, wo der Strom gebraucht wird. Das hatten wir mal und – oh Wunder – es hat funktioniert.

Dann müsste Habeck auch nicht 46 Seiten Papier beschreiben, in welchen nur sein komplettes Unvermögen dokumentiert ist, eine Industrienation als Wirtschaftsminister zu leiten. Wenn er gerne schreibt, sollte er sich ganz zurückziehen und wieder Kinderbücher verfassen. Da kann er seiner Phantasie freien Lauf lassen und nach Herzenslust herumspinnen.

Last edited 1 Jahr her by Gilbert T