Gewinneinbruch bei Würth: Nächstes Traditionsunternehmen unter Druck

Das nächste deutsche Traditionsunternehmen ächzt unter der Industriekrise. Bei dem Handelskonzern Würth rechnet man für 2024 mit einem drastischen Gewinneinbruch. Die rückläufige Nachfrage und die erdrückenden Rahmenbedingungen des deutschen Standorts stehen im Vordergrund.

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Der Montage- und Befestigungsriese Würth kämpft mit den Folgen der anhaltenden Konjunkturschwäche. Unternehmensgründer Reinhold Würth teilte der Deutschen Presse-Agentur in Künzelsau mit, dass er für das laufende Geschäftsjahr einen Rückgang des Vorsteuergewinns um 25 bis 30 Prozent erwartet. Auch beim Umsatz rechnet er mit einem Minus von etwa 2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Bereits das erste Halbjahr 2024 verlief für Würth enttäuschend: Der Konzern erzielte einen Umsatz von 10,2 Milliarden Euro, was einem Rückgang von 3,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht.

Abwanderung ins Ausland
Deindustrialisierung: Jede dritte Firma plant oder erwägt, Teile der Wertschöpfung zu verlagern
Hauptursache der Krise ist der schwache Auftragseingang in der Leiterplattenproduktion. Seit Jahren sinkt die Zahl der Leiterplattenhersteller in Europa kontinuierlich. Laut Würth beträgt das europäische Produktionsvolumen inzwischen weniger als 2 Prozent der globalen Fertigung. Viele Aufträge wandern nach China und andere Länder mit niedrigeren Produktionskosten ab. Um auf diese Entwicklungen zu reagieren, kündigte Würth Elektronik im Oktober die Schließung eines Werks in Schopfheim im Kreis Lörrach an. Von der Schließung sind 300 Arbeitsplätze betroffen.

Zusätzlich hat Würth mit Herausforderungen zu kämpfen, die aus der angespannten Lage in der deutschen Baubranche resultieren. Die Division Bau ist mit 7,5 Prozent des Firmenumsatzes (2023) eine wichtige Sparte des Unternehmens. Von den Entwicklungen in der Branche bleibt Würth daher nicht verschont.

Hohe Bauzinsen und eine zunehmende Überregulierung belasten die deutsche Bauindustrie stark. Obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) in diesem Jahr bereits vier Mal den Leitzins gesenkt hat, bleiben die Baufinanzierungszinsen hoch. Dies liegt daran, dass diese stärker von den Zinsen für Staatsanleihen und Pfandbriefe beeinflusst werden, die oft schneller auf Marktbedingungen reagieren als der Leitzins.

Wohnungsnot in Deutschland
Entgegen aller Versprechen: Bauwirtschaft bricht dramatisch ein
Die anhaltend hohen Kreditkosten treffen sowohl private Bauherren als auch gewerbliche Investoren und führen zu einem spürbaren Rückgang der Bautätigkeit. Hinzu kommen langwierige Genehmigungsverfahren, die zahlreiche Projekte verzögern.

Die Zahl der Baugenehmigungen ist zuletzt stark eingebrochen, und ein kontinuierlicher Abwärtstrend zeichnet sich ab. Zwischen Januar und November 2023 sank die Zahl um nahezu 26 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im ersten Halbjahr 2024 ging diese weiter um 21,1 Prozent zurück. Im Oktober 2024 setzte sich dieser Trend dann fort, mit einem Minus von 18 Prozent gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres.

Standortfaktoren werden zum Verhängnis für den gesamten Standort

Neben den strukturellen Problemen belasten auch die schlechten Rahmenbedingungen den Industriekonzern. Besonders die drastischen Steigerungen der Energiekosten führen zu erheblich höheren Betriebs- und Produktionsausgaben. Darüber hinaus sorgen die bürokratischen Hürden und die hohen Steuersätze für zusätzliche Belastungen.

Doch nicht nur Würth leidet unter diesen Faktoren; für die gesamtheitliche deutsche Wirtschaft werden diese Bedingungen zunehmend untragbar. Von der Automobilindustrie über die Chemiebranche, die Metall-, und Elektroindustrie bis hin zur Landwirtschaft: Die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen ist stark eingeschränkt.

Energiewende: Unternehmen werden in ihrer Wettbewerbsfähigkeit eingeschränkt

Die hohen Energiekosten sind der wichtigste Faktor für die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen. Vornehmlich die Energiewende hat in den letzten Jahren zu einem dramatischen Anstieg der Strompreise in Deutschland geführt. Durch das Abschalten der Atomkraftwerke und den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien wie Solar- und Windkraft, die von Natur aus ineffizient und wetterabhängig sind, sehen sich Unternehmen mit enormen Mehrkosten konfrontiert. Der Strompreis stieg von 17,11 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 1998 auf zwischen 28 und 43 Cent pro Kilowattstunde zum Ende dieses Jahres.

Hinzu kommen die Kosten, die im Zusammenhang mit dem Ausbau erneuerbarer Energien entstanden sind, diese sind gewaltig. Laut „Fortschrittsmonitor Energiewende‟. Einer Erhebung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young werden bis 2030 rund 602 Milliarden Euro für eine Umsetzung der Energiewende benötigt. Etwa 351 Milliarden Euro davon sollen in den Ausbau der Stromerzeugungskapazitäten fließen, während 126 Milliarden Euro für den Netzausbau vorgesehen sind. Das Ifo-Institut geht noch weiter und prognostiziert, dass sich die Gesamtkosten für Deutschland auf 1.800 Milliarden Euro belaufen werden, um die Klimaneutralität vollständig zu erreichen.

Dunkelflaute in Deutschland
Dramatischer Strommangel treibt Preise in die Höhe
Im internationalen Vergleich wird die Dimension des Strompreisanstiegs in Deutschland noch deutlicher. Hier zahlen Unternehmen deutlich mehr für Strom und Gas. Mittelständische Unternehmen in Deutschland müssen etwa doppelt so hohe Strompreise wie ihre französischen Wettbewerber zahlen.

Eine Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) zeigt, dass aufgrund der hohen Energiekosten bereits 37 Prozent der Unternehmen in Deutschland erwägen, ihre Produktion ins Ausland zu verlagern – ein Anstieg im Vergleich zu 31 Prozent im Vorjahr und 16 Prozent im Jahr 2022. Besonders betroffen sind energieintensive Industrien wie Metall, Stahl und Aluminium.

Bürokratiebelastung: Die Industrie wird erdrückt

Ein weiterer zentraler Treiber der deutschen Wirtschaftskrise ist die enorme Bürokratielast. Laut einer Studie des ifo-Instituts belasten deutsche Unternehmen direkte Bürokratiekosten jährlich mit rund 65 Milliarden Euro. Hinzu kommen geschätzte entgangene Wirtschaftsleistungen in Höhe von 146 Milliarden Euro. Besonders problematisch sind langsame Genehmigungsverfahren, komplexe Steuergesetzgebungen und umfassende Nachweispflichten. Verstärkt wird diese Belastung durch mangelnde Fortschritte in der Digitalisierung, insbesondere bei behördlichen Prozessen.

Eine der größten Einschränkungen für Unternehmen ist die hohe Zahl an Vorschriften und Regularien, die ihre Geschäftspraktiken stark erschweren. Seit 2010 ist die Anzahl der Gesetze und Verordnungen um 21 Prozent gestiegen. Laut dem IW Köln existieren derzeit rund 4.663 Gesetze und Verordnungen mit insgesamt 96.876 einzuhaltenden Einzelnormen. Für spezifische Branchen kommen zusätzlich spezifische Regelungen hinzu.

Aus dem Land der Verordnungen:
Neues Lieferketten-Gesetz setzt Unternehmen unter Druck
Zu den Vorschriften, die als besonders schwer umzusetzen gelten, gehören etwa die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die hohe Anforderungen an den Umgang mit personenbezogenen Daten stellt, sowie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Letzteres verlangt von Unternehmen, Menschenrechte in ihren Lieferketten zu wahren und komplexe Umweltstandards einzuhalten. Die Überwachung der Lieferketten gestaltet sich oft als äußerst herausfordernd, da viele Unternehmen auf eine Vielzahl von Zulieferern und Partnern angewiesen sind.

Für kleine und mittelständische Unternehmen, denen häufig die zeitlichen und finanziellen Ressourcen fehlen, um diese Anforderungen zu erfüllen, stellt die Bürokratie eine besonders große Herausforderung dar. Doch auch Großkonzerne wie Würth kämpfen mit den wachsenden bürokratischen Anforderungen.

Die wirtschaftliche Lage von Würth verdeutlicht die gravierenden Herausforderungen, vor denen deutsche Unternehmen aktuell stehen. Insbesondere die Folgen der Energiewende, wie stark steigende Strompreise, setzen nicht nur große Konzerne, sondern vor allem mittelständische Betriebe massiv unter Druck. Erschwerend kommen umfangreiche bürokratische Auflagen und überregulierte Märkte hinzu, die die Wettbewerbsfähigkeit zusätzlich beeinträchtigen.

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