Zähe Vorweihnachtswoche, Inflationsdruck bleibt

Die Kauflaune hat sich zum Jahresende deutlich verbessert – doch für die kommenden Monate gießen Experten wieder Wasser in den Wein. Der Rückgang der Inflation dürfte laut Ifo-Institut ins Stocken geraten. Der Anteil der Unternehmen, die ihre Preise in den kommenden Monaten anheben wollten, nehme wieder zu.

IMAGO / Wolfgang Maria Weber

Die Kauflaune der Deutschen hat sich zum Jahresende deutlich verbessert – doch für die kommenden Monate gießen Experten wieder Wasser in den Wein. Der Rückgang der Inflation dürfte nach Erkenntnissen des Wirtschaftsforschungsinstitutes Ifo ins Stocken geraten. Der Anteil der Unternehmen in Deutschland, die ihre Preise in den kommenden Monaten anheben wollten, nehme wieder zu, teilten die Münchner Forscher am Mittwoch mit.

Einer Konsumstudie des Marktforschungsunternehmens GfK und des Nürnberger Institutes NIM zufolge haben sich zum Jahreswechsel sowohl die Erwartungen bezüglich des Einkommens als auch die Neigung für größere Anschaffungen spürbar verbessert. Die beiden Institute sehen das Konsumklima in ihrer Prognose für Januar bei minus 25,1 Punkten. Das bedeutet eine Steigerung um 2,5 Punkte im Vergleich zum Vormonat. Allerdings lag das Konsumklima vor der Pandemie bei einem Wert von etwa plus 10 Punkten.

Die Experten äußerten Bedenken mit Blick auf die weitere Entwicklung. „Ob es sich beim aktuellen Anstieg um den Beginn einer nachhaltigen Erholung der Konsumstimmung handelt, bleibt abzuwarten“, sagte NIM-Experte Rolf Bürkl. „Nach wie vor sind die Sorgen der Konsumenten groß.“ Geopolitische Krisen und Kriege, stark steigende Lebensmittelpreise sowie die Diskussionen über den Bundeshaushalt sorgten für Verunsicherung. „Folglich ist auch das Niveau des Konsumklimas derzeit noch überaus niedrig.“

Die Sorgen werden durch eine Befragung des Beratungsunternehmens AlixPartners gestützt. Demnach wollen rund 35 Prozent der Deutschen im kommenden Jahr weniger Geld für den Konsum ausgeben. Das treffe sowohl Ausgaben für Produkte des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel, aber auch Bereiche wie Elektronik, Freizeitartikel oder Baumarktprodukte sowie Unterhaltung und Gastronomie. Die Berater befragten im Oktober und November 10.000 Verbraucher in sieben Ländern befragt, darunter 2000 in Deutschland. Wichtigste Stütze der leichten Verbesserung zum Jahresende sei die Erwartung zum Einkommen. Die Menschen könnten auf höhere Löhne und Gehälter hoffen.

Gleichzeitig steigen auch die Preise. Die Ifo-Preiserwartungen stiegen im Dezember auf 19,7 Punkte von 18,1 Punkten im November. Die Experten erwarten in konsumnahen Dienstleistungsbereichen mehr Preiserhöhungen. „Vor allem die Gastronomen wollen die Preise spürbar erhöhen“, teilte das Institut mit. Hier dürfte die Rückkehr zum normalen Mehrwertsteuersatz für Speisen am 1. Januar eine Rolle spielen. Aber auch Einzelhändler planen vermehrt Preiserhöhungen.

Gesunkene Energiepreise hatten die Inflationsrate im November auf den niedrigsten Stand seit Juni 2021 gedrückt. Die Verbraucherpreise lagen um 3,2 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Nach Einschätzung vieler Ökonomen dürfte die Inflationsrate im Dezember auf etwa vier Prozent steigen. Im vergangenen Jahr hatte der Staat einmalig die Kosten für den Dezember-Abschlag der Gas- und Fernwärmekunden übernommen. Dieser Effekt entfällt in diesem Jahr.

Vor diesem Hintergrund hat sich im Dax nach einer zähen Vorweihnachtswoche am Freitag nicht mehr viel getan. Das wichtigste deutsche Börsenbarometer schloss mit plus 0,1 Prozent auf 16.706 Punkten. Auf die Woche gesehen gab der Leitindex um rund 0,3 Prozent nach. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen fiel am Freitag um ein Prozent auf 26.944 Zähler.

Viele Marktteilnehmer hatten vor Weihnachten ihre Bücher bereits geschlossen. Zum Jahresende hin dürfte das Börsengeschehen noch weiter zur Ruhe kommen. „Die Ernte ist eingefahren“, schrieb der Analyst Holger Struck von HS Livetrading. Seit Jahresanfang hat der Dax immerhin 20 Prozent gewonnen.

Bei den Einzelwerten stachen am Freitag die Sportartikelhersteller nach enttäuschenden Nachrichten des US-Konkurrenten Nike mit deutlichen Abschlägen hervor. Adidas verloren im Dax 5,3 Prozent, Puma rutschten im MDax um 7,2 Prozent ab.

Nike hatte nach Quartalszahlen den Umsatzausblick gesenkt. Analyst Matthew Boss von der US-Bank JPMorgan merkte an, der Absatz auf den immer wichtigeren digitalen Vertriebskanälen sei von Preisnachlässen und Kaufanreizen geprägt. Letzteres dürfte vor dem Wochenende auch die Kurse von Online-Modehändlern belastet haben. Im Dax etwa waren Zalando mit minus 7,4 Prozent der größte Verlierer noch vor Adidas. Zalando sind auch auf Jahressicht mit einem Verlust von fast 36 Prozent derzeit der schwächste Wert im Leitindex.

Noch größer fiel im MDax das Minus für die Aktien von Vitesco mit 9,2 Prozent aus. Der Automobil- und Industriezulieferer Schaeffler will den Antriebsspezialisten bekanntlich übernehmen. Schaeffler hatte jüngst das Angebot auf 94 Euro je Vitesco-Papier erhöht. Offenbar reichte das einigen Investoren nicht.

Im Nebenwerteindex SDax honorierten Anleger Verkaufspläne bei Klöckner & Co mit einem Aufschlag von fünf Prozent. Der Stahlhändler will sich von Teilen seines Vertriebsgeschäfts in Europa trennen.

Der Euro stieg am Freitag auf den höchsten Stand seit August. Nach dem Börsenschluss wurden etwas darunter 1,1014 US-Dollar für die Gemeinschaftswährung bezahlt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Nachmittag noch auf 1,0983 festgesetzt. Am Rentenmarkt sank die Umlaufrendite von 2,00 Prozent am Vortag auf 1,99 Prozent.

Auch die US-Börsen schlossen am letzten Handelstag vor Weihnachten kaum verändert. Die Inflationsdaten fielen am Freitag weitgehend wie erwartet aus, was die Marktmeinung bestärkte, dass die Notenbank die Leitzinsen im ersten oder zweiten Quartal des neuen Jahres senken wird. Die Auftragseingänge für langlebige Güter waren in der weltgrößten Volkswirtschaft im November nach einem schwachen Oktober kräftig gestiegen.

Der Dow Jones Industrial gab um 0,05 Prozent auf 37.386 Punkte nach. Auf Wochensicht ergibt sich damit ein Plus von 0,2 Prozent. Am Mittwoch war der US-Leitindex zunächst auf ein Rekordhoch geklettert, bevor er in einem nervösen Handel deutlich in die Verlustzone rutschte. Doch schon am Donnerstag erholte sich das Börsenbarometer wieder etwas.

Der marktbreite S&P 500 stieg am Freitag um 0,2 Prozent auf 4.755 Punkte. Der technologielastige Nasdaq 100 gewann 0,1 Prozent auf 16.777 Zähler.

Die persönlichen Einkommen und Ausgaben der US-Bürger waren im November weitgehend wie erwartet gestiegen. Der Preisauftrieb schwächt sich indes weiter ab. In das Bild passte, dass die von der Universität Michigan abgefragten Inflationserwartungen der Verbraucher deutlich gesunken sind.

Unter den Einzelwerten hatte der Sportartikelhersteller Nike mit einem schwachen Ausblick (siehe oben) auf seine zweite Geschäftsjahreshälfte 2023/24 die Anleger vergrätzt. Das schickte die zuletzt stark gelaufenen Aktien mit einem Minus von knapp zwölf Prozent klar an das Dow-Ende. Nike schockte mit seiner Nachricht die gesamte Branche. In New York mussten die Anleger von Foot Locker ein Minus von 3,9 Prozent verkraften. Für Dick’s Sporting Goods ging es um 2,7 und für Under Armour um 3,5 Prozent nach unten.

Die allgemeine Marktstimmung dürfte aktuell jedoch kaum leiden, schrieb Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege vom Handelshaus Robomarkets. In der Hoffnung auf die zumeist positiven letzten Handelstage des Jahres trenne sich derzeit kaum jemand von seinen Aktien. Selbst dann nicht, wenn Unternehmensnachrichten das Potenzial dazu hätten, die Stimmung im Allgemeinen zu trüben, ergänzte er auch mit Blick auf den Paketdienst Fedex. Der hatte am Mittwoch mit seinem Quartalsbericht und Ausblick enttäuscht.

Zudem sorgte eine mögliche Übernahme im Software-Bereich für starke Kursausschläge. Das „Wall Street Journal“ hatte unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtet, dass der Anbieter von Elektronik-Design-Automatisierungslösungen Synopsys Gespräche über den Kauf des Anbieters von Simulationssoftware Ansys führe. Dessen Aktien schnellten an der S&P-500-Spitze um 18 Prozent nach oben, während Synopsys mehr als sechs Prozent einbüßten.

Am US-Rentenmarkt stagnierte der Terminkontrakt für zehnjährige Staatsanleihen (T-Note-Future) bei 112,7 Punkten. Die Rendite betrug 3,90 Prozent.

Für deutsche Anleger geht in der verkürzten Börsenwoche nach dem Weihnachtsfest ein bisher ausgesprochen erfolgreiches Börsenjahr 2023 zu Ende. Es wird mit einem ruhigen Handel gerechnet, denn die meisten Investoren haben mit dem nahenden Jahresausklang die Bücher bereits geschlossen.

In Deutschland wird an der Börse von Mittwoch bis Freitag gehandelt, die letzte Sitzung vor Silvester endet dann bereits um 14 Uhr. In den USA ist die Börse auch am Dienstag, dem zweiten Weihnachtsfeiertag, geöffnet. Es stehen aber keine nennenswerten Termine auf der Agenda, sieht man von einigen Daten zum US-Immobilienmarkt ab.

Die Kriege im Gazastreifen und in der Ukraine blieben 2023 regional begrenzt und waren Dax und Dow auf ihrem Weg zu Rekordhöhen keine Hindernisse. Der voraussichtlich bereits erreichte Zinsgipfel und die Aussicht auf erste Zinssenkungen durch die großen Notenbanken im kommenden Jahr waren in den zurückliegenden Wochen die Treiber einer fulminanten Rally, die den Dax zwischenzeitlich erstmals in seiner Geschichte über die runde Marke von 17.000 Punkten hievte.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 2 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

2 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
alter weisser Mann
10 Monate her

Wenn die Mehrheit erstmal ernsthaft darüber nachdenken wird oder dies gar muss, was sie so tatsächlich konsumieren muss und kann und dann ein Sparrunde einlegt, dann gehen zügig noch ein paar Lichter aus.
Mein Mitleid hält sich in Anbetracht des langjährigen Verhaltens der Akteure (sagen wir mal seit der Euroeinführung) in Grenzen. Allenfalls das Personal findet mein Mitgefühl, kann sich davon aber auch nichts kaufen).

Julischka
10 Monate her

Wir haben es schon vielfach geschrieben, es passt aber immer wieder! Dass Diejenigen, die es sich kürzlich noch ganz groß leisten konnten nur bestimmte Menschen, mit dem so BeSONDERen Status willkommen zu heissen, jetzt über dramatische Einbußen klagen, löst bei mir nicht wirklich Mitgefühl aus! Liebe Einzelhändler und Gastronomen, mein Hund hätte jederzeit euren Laden betreten dürfen, ohne Maulkorb, während ich draußen auf ihn hätte warten müssen , MIT Maulkorb!

Last edited 10 Monate her by Julischka