Versöhnlicher Wochenausklang, US-Republikaner raufen sich zusammen, Einigung bei VW

Im dritten Anlauf verabschiedete der Kongress in Washington am Freitagabend einen Überbrückungshaushalt. Damit wurde der Shutdown der Behörden in letzter Minute verhindert. Eine Last-Minute-Einigung gab es kurz vor Weihnachten auch bei VW.

So richtig freuen konnte sich der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses über diesen Erfolg nicht. Zwar gelang Mike Johnson im dritten Anlauf die Verabschiedung des Überbrückungsbudgets, und die Gefahr eines Shutdowns der Amtsstuben kurz vor Weihnachten war gebannt, aber erneut sprach sich eine laute Minderheit seiner Fraktion gegen seine Pläne aus – wie schon in den beiden ersten Anläufen am Mittwoch und Donnerstag. Sämtliche Nein-Stimmen stammten aus dem Lager der Republikaner; am Ende stimmten mehr Demokraten als Republikaner für die Vorlage.

Für einen Speaker, der zu Beginn der nächsten Legislatur im Januar nur über eine hauchdünne Mehrheit im Repräsentantenhaus verfügen wird, ist das ein schlechtes Omen. Donald Trump, ab 20. Januar wieder US-Präsident, hatte zuvor gefordert, der Kongress solle die Schuldengrenze entweder abschaffen oder zumindest während seiner gesamten Amtszeit auf Eis legen. Die Demokraten, die noch bis Anfang Januar im Senat die Mehrheit stellen, sprachen sich unisono gegen diesen Wunsch aus, obwohl unter ihrem Parteifreund Joe Biden die Schuldengrenze im Frühjahr 2023 temporär ausgesetzt worden war.

Eine Last-Minute-Einigung gab es kurz vor Weihnachten auch bei VW. Der Vorstand des Volkswagen-Konzerns und die Betriebsräte der IG Metall einigten sich am Freitag, bis 2030 sozialverträglich gut 35.000 Stellen abzubauen. Betriebsbedingte Kündigungen sind damit vom Tisch, doch zwei Werke könnten neue Eigentümer erhalten. Bei diesem Kompromiss musste sich die IG Metall allerdings auf schmerzliche Zugeständnisse einlassen: In der Gläsernen Manufaktur in Leipzig sollen ab 2026 keine Autos mehr gebaut werden, das Werk soll eine andere Nutzung erhalten, wobei diese nicht zwangsläufig etwas mit Volkswagen zu tun haben muss. Auch der ebenfalls kleinere Standort Osnabrück bleibt vorerst erhalten. Dort steht nach wie vor ein Verkauf zur Diskussion. Die großen Werke in Emden und Zwickau bleiben erhalten.

Die Marke VW gilt im Konzern schon lange als Sanierungsfall. Die beiden Vertreter des Landes Niedersachsen, das mit 20 Prozent der Stimmrechte eine Sperrminorität besitzt, hielten stets ihre schützende Hand über die Mitarbeiter, was im Branchenvergleich weit überdurchschnittliche Löhne und Arbeitsplatz-Garantien zur Folge hatte. Die geringe Profitabilität konnte deshalb niemanden überraschen. Für Konzernchef Oliver Blume hat sich das harte Pokern ausgezahlt; am Ende gab auch das Land Niedersachsen sein Plazet. Ob der Kompromiss reichen wird, die Gewinnsituation bei VW nachhaltig zu verbessern, steht allerdings in den Sternen.

Die Volkswagen Vorzugs-Aktie reagierte auf die Veröffentlichung mit einem Plus von fast sechs Prozent und konnte sich somit zwischenzeitlich von der allgemein schwachen Stimmung abkoppeln. Am Ende blieb ein Plus von 1,7 Prozent über. Der Dax hatte sich am großen Verfallstag zum Ende einer schwachen Woche zuvor noch ein Stück weiter von der 20.000-Punkte-Marke entfernt. Nachdem er zunächst fast 1,6 Prozent verloren hatte, verabschiedete sich der deutsche Leitindex schließlich mit einem Minus von gut 0,4 Prozent auf 19.885 Zähler ins vierte Adventswochenende. Es war bereits sein sechster Verlusttag in Folge. Das Wochenminus für den Dax beträgt rund 2,6 Prozent. Ermutigende Daten zur Inflation in den USA und deutlich steigende Kurse an der Wall Street hatten am Nachmittag Entlastung gebracht. Der MDax gewann 0,5 Prozent auf 25.550 Punkte.

Auf den Quartalsbericht des US-Sportartikelherstellers Nike reagierten die Papiere des deutschen Rivalen Adidas nach anfänglichen moderaten Verlusten mit einem Aufschlag von 0,1 Prozent. Nike hatte im zweiten Quartal die Erwartungen der Analysten übertroffen. Umsatz und Gewinn waren aber im Jahresvergleich erneut deutlich zurückgegangen. Die Umsatzprognose für das laufende Quartal ist mau. Analystin Olivia Townsend von JPMorgan sieht dies als Chance für Adidas, weitere Marktanteile zu gewinnen.

Im MDax verloren Gerresheimer 7,3 Prozent. Grund waren enttäuschende Studiendaten für das Abnehmmittel Cagrisema des dänischen Pharmakonzerns Novo Nordisk. Der Kurs des deutschen Spritzen- und Ampullenzulieferers reagiere sehr sensibel auf die Daten seines Kunden Novo, schrieb Analyst James Vane-Tempest von Jefferies. Cagrisema sei mit seiner Doppelkammerspritze sehr bedeutend für das Potenzial von Gerresheimer.

Fraport legten um 5,9 Prozent zu. Die Unsicherheit habe abgenommen, schrieb Analystin Elodie Rall von JPMorgan in Reaktion auf die Entgeltvereinbarung mit Airlines für die kommenden vier Jahre. Rall stufte die Anteile des Flughafenbetreibers von „Neutral“ auf „Overweight“ hoch.

Teamviewer wurde dagegen von Goldman Sachs von „Buy“ auf „Neutral“ abgestuft. Seine Kaufempfehlung für die Papiere des Software-Anbieters habe unter anderem auf der Aussicht auf Aktienrückkäufe basiert, schrieb Analyst Mohammed Moawalla. Ausschüttungen seien aber angesichts der Übernahme von 1E unsicherer geworden. Teamviewer verloren 2,5 Prozent.

Die Aktien des Baumarktkonzerns Hornbach Holding sackten nach Quartalszahlen und gesenkter Umsatzprognose um 11,3 Prozent ab und waren Schlusslicht im Kleinwerte-Index SDax. Die Kennziffern lägen deutlich unter den Erwartungen, sagten Börsianer.

Am Rentenmarkt verlief das Geschäft weitgehend ereignislos. Die Umlaufrendite legte von 2,21 Prozent am Vortag auf 2,22 Prozent zu.

Die US-Aktienmärkte unternahmen dann später einen nachhaltigen Erholungsversuch. Anleger verdrängten die anfängliche Nervosität, in der die Zinssignale der Notenbank Fed von Mittwoch noch nachwirkten. Nach dem davon ausgelösten Kursrutsch witterten einige nun wieder Einstiegschancen. Ein Thema war auch der Verfall von Optionen an den Terminbörsen, der Aktienkurse spürbar schwanken lassen kann.

Im Späthandel ließ der Schwung allerdings wieder etwas nach. Der Dow Jones Industrial brachte ein Plus von 1,2 Prozent auf 42.840 Punkte über die Ziellinie. Er erholte sich damit von seinem Rücksetzer bis hinunter auf das Niveau vor dem Wahlsieg von Donald Trump. Die Wochenbilanz bleibt aber mit 2,3 Prozent Minus klar negativ. Am Vortag erst hatte der Dow eine historisch lange Verlustserie mit einem knappen Plus beendet.

Der S&P 500, der den breiten Markt abbildet, legte am Ende 1,1 Prozent auf 5.931 Zähler zu. Der technologielastige Nasdaq 100, der im frühen Handel noch fast ein Prozent verloren hatte, ging mit einem Anstieg um 0,9 Prozent auf 21.289 Punkte aus dem Markt. Wie der Dow büßte er im Wochenverlauf 2,3 Prozent ein.

Etwas Entlastung, was die neuen Zinssorgen der Anleger betrifft, brachte eine von der Fed bevorzugte Kennzahl zur Preisentwicklung. Der PCE-Deflator der persönlichen Konsumausgaben stieg um 2,4 Prozent zum entsprechenden Vorjahresmonat und damit etwas weniger deutlich als von Volkswirten erwartet. Die NordLB schrieb in einem Kommentar, die Märkte hätten diese Zahlen mit einem gewissen Wohlwollen aufgenommen.

Die Aktien der großen Technologieriesen Microsoft, Amazon und Apple standen im Dow anfangs weit oben auf der Verliererliste, zuletzt lag von ihnen aber nur noch Microsoft knapp unter der Gewinnschwelle. Im Kreise der „Magnificent 7“ waren auch Alphabet und Nvidia ins Plus gedreht. Die Titel des Anlegerfavoriten im Bereich Künstliche Intelligenz, Nvidia, setzten mit 3,1 Prozent Plus ihre Erholung fort.

Ein Verlierer im Dow blieben die Nike-Aktien, auch wenn sie ihren Abschlag deutlich auf 0,2 Prozent reduzierten. Der Sportartikelhersteller hatte ordentliche Quartalszahlen vorgelegt, Anleger reagierten aber etwas verstimmt auf Aussagen zur weiteren kurzfristigen Geschäftsentwicklung unter dem neuen Konzernlenker Elliott Hill.

Der Stahlkonzern US Steel warnte davor, dass sein Gewinn im vierten Quartal niedriger ausfallen werde als erwartet. Dies drückte die Aktien mit fünf Prozent ins Minus. Beim Logistikkonzern Fedex taten sich die Anleger schwer damit, die vermeldete Abspaltung des Frachtgeschäfts einzuordnen. Die Aktien gingen wenig verändert aus dem Handel.

Die Titel des Pharmakonzerns Eli Lilly profitierten mit 1,4 Prozent Plus letztlich moderat von einem Rückschlag, den der dänische Konkurrent Novo Nordisk mit einem Abnehmmittel hinnehmen musste.

Im Nebenwertebereich schnellten die Aktien von Clearwater Paper um 22,5 Prozent wegen Übernahmespekulationen hoch. Den Anstoß dazu gab ein Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg. Darin hieß es unter Berufung auf Kreise, der brasilianische Konzern Suzano erwäge eine Offerte für den Papier- und Kartonhersteller.

Am Devisenmarkt fiel der Euro mit einer Erholung auf. Die europäische Gemeinschaftswährung kostete zuletzt im New Yorker Handel 1,0429 US-Dollar. Stunden zuvor hatte der Euro mit 1,0343 Dollar noch fast einen Cent tiefer gestanden und sein niedrigstes Niveau seit fast einem Monat erreicht.

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Aegnor
18 Minuten her

„Die großen Werke in Emden und Zwickau bleiben erhalten“

Fragt sich wie lange und als was. Zwickau soll wohl auf eine Produktionslinie eingestampft werden. Viele E-Modelle werden nach Wolfsburg delegiert. Sehr fraglich, ob ein so großes Werk mit so wenig Produktion rentabel betrieben werden kann. Das dürfte ein Tod auf Raten werden.