Es ist wieder aufgetaucht, das Zinserhöhungsgespenst. Und sind wir mal ehrlich, das war bloß eine Frage der Zeit. Dabei hatte Fed-Chef Jerome Powell nach der jüngsten Sitzung der US-Notenbank noch die Nerven der Börsianer beruhigt.
Powell sieht die US-Wirtschaft auf gutem Erholungspfad, will aber an der lockeren Geldpolitik festhalten. Die einstige Notenbankerin und amtierende US-Finanzministerin Janet Yellen jedoch hat den Elefanten im Raum soeben thematisiert: drohende Inflation. Der heiße Brei brodelt angesichts billionenschwerer US-Staatshilfen und Infrastrukturprogramme. „Es kann sein, dass die Zinssätze etwas steigen müssen, um sicherzustellen, dass unsere Wirtschaft nicht überhitzt“, so Yellen in einem Interview. Hernach schwächte Yellen zwar ab, sagte, das sei nichts, was sie erwartete oder empfehle. Doch die Reaktion darauf zeigt, wie nervös Anleger wegen der teils hohen Bewertungen sind, denn die Börsen gingen nach Yellens Kaltwasserguss in die Knie. Die gut laufende Bilanzsaison sowie positive Wirtschaftsdaten machen den Schreck zwar schnell vergessen, der Dow kletterte bereits wieder auf ein neues Allzeithoch. Anleger müssen bloß wissen, dass es irgendwann einen richtigen Guss gibt.
An der Technologiebörse Nasdaq gewann der Auswahlindex NASDAQ 100 am Ende 0,8 Prozent auf 13.720 Punkte. Der Leitindex Dow Jones Industrial erreichte am Freitag den dritten Tag in Folge einen Rekordstand und schloss 0,7 Prozent fester bei 34.778 Punkten, womit sich das Wochenplus auf knapp 2,7 Prozent belief. Der marktbreite S&P 500 gewann letztlich 0,7 Prozent auf 4.233 Zähler und stellte ebenfalls eine Bestmarke auf.
Analysten zeigten sich von den Arbeitsmarkt-Zahlen enttäuscht, kommentierten diese aber zurückhaltend. Es sei schwierig zu beurteilen, wie viel Gewicht dem Bericht beizumessen sei zu einem Zeitpunkt, an dem viele andere Indikatoren auf eine rasche Konjunkturerholung hindeuteten, hieß es beim Analysehaus Capital Economics. Thomas Gitzel, Chefökonom bei der VP Bank, erwartet derweil in den kommenden Monaten „einen umso deutlicheren Aufbau von neuen Stellen“. Die US-Wirtschaft wächst zur Zeit rapide, da das nationale Impfprogramm Wirkung zeigt und die Regierung erhebliche Finanzhilfen zur Verfügung stellt.
Die Achterbahnfahrt bei den Papieren der Corona-Impfstoffhersteller ging weiter. Am Freitag profitierten sie von der Haltung der Bundesregierung gegen eine Patentfreigabe für Covid-19-Impfstoffe: Die in New York gelisteten Hinterlegungsscheine (ADRs) der deutschen Hersteller Biontech und CureVac erholten sich um knapp 9,5 beziehungsweise fast sieben Prozent. Die zuletzt ebenfalls schwächelnden Aktien des US-Konkurrenten Moderna gewannen immerhin 1,7 Prozent. Die US-Regierung hatte am Donnerstag für die Aussetzung von Patenten für die Corona-Impfstoffe plädiert, worunter die Papiere der Vakzin-Produzenten kräftig gelitten hatten.
Nike profitierten von guten Quartalszahlen des deutschen Konkurrenten adidas: Mit einem Kursplus von über drei Prozent führte der weltgrößte Sportartikelhersteller die Gewinnerliste im Dow an.
Die Aktionäre von Nikola konnten sich vor dem Wochenende über einen Kurssprung von mehr als 13 Prozent auf 11,50 Dollar freuen. Der Verlust des Elektro-Lastwagenherstellers im ersten Quartal fiel geringer aus als erwartet. Vom noch kein Jahr alten Rekordwert von knapp 94 Dollar sind die Papiere aber noch meilenweit entfernt.
Beyond Meat verfehlte mit seinem Umsatz im ersten Quartal die Erwartungen der Analysten. Restaurants und Stadien waren wegen der Pandemie geschlossen, dies belastete den Fleischersatzproduzenten. Die Aktien büßten sieben Prozent ein.
Der DAX hatte sich zuvor schon von seiner stärkeren Seite gezeigt. Der Leitindex schloss 1,3 Prozent im Plus bei 15.400 Punkten.
Der Sportartikelhersteller Adidas hat im ersten Quartal ein kräftiges Wachstum verzeichnet. Das Unternehmen trotzte dabei den anhaltenden Restriktionen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie sowie Logistikproblemen. Wachstumstreiber war der wichtige chinesische Markt. Adidas zeigte sich etwas optimistischer für die Entwicklung der Erlöse im laufenden Jahr. „Wir sind nun noch zuversichtlicher, dass wir eine starke Erholung unserer Umsatzentwicklung sehen werden, auch wenn das Umfeld noch nicht wieder auf normalem Niveau ist“, erklärte Konzernchef Kasper Rorsted. Die Ergebnisprognose wurde hingegen wegen steigender Fracht- und Rohstoffkosten lediglich bestätigt.
Der Technologiekonzern Siemens hat im zweiten Geschäftsquartal besser abgeschnitten als erwartet und seine Jahresprognose erneut erhöht. Treiber war dabei das Geschäft mit der Digitalisierung. Dabei verzeichnete Siemens eine gute Nachfrage aus der Automobilindustrie, dem Maschinenbau und dem Softwaregeschäft. Rund lief es insbesondere in China.
Der Autobauer BMW wird trotz eines guten Jahresstarts wegen steigender Rohstoffkosten nur allmählich optimistischer. So hält der Konzern entgegen dem Branchentrend an seiner bisherigen Jahresprognose fest – wenngleich das Management um Vorstandschef Oliver Zipse innerhalb der bisherigen Ziele ein etwas besseres Abschneiden in Aussicht stellte. Anziehende Preise für Stahl und für Metalle wie Rhodium und Palladium könnten das Unternehmen dieses Jahr aber bis zu eine Milliarde Euro zusätzlich kosten, weswegen die Münchener vor allem in der zweiten Jahreshälfte mit Verwerfungen rechnen.
In Europa nehmen die Forderungen zu, das klimaschädliche CO2 stärker zu besteuern. So sollen Anreize für einen geringeren Ausstoß von Treibhausgasen und für mehr Investitionen in alternative Technologien geschaffen werden. Rückenwind gab es durch das verschärfte Klimaziel der Europäischen Union, die ihre Emissionen bis zum Jahr 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 reduzieren will. Und in Deutschland muss ebenfalls nachgebessert werden, weil das Bundesverfassungsgericht das bisherige Klimagesetz als unzureichend gerügt hatte.
Dies treibt die Preise für Verschmutzungsrechte immer weiter in die Höhe. Die von der EU ausgegebenen Emissionszertifikate übersprangen erstmals die Marke von 50 Euro pro Tonne ausgestoßenes CO2. Der Preis für die Rechte hat sich damit innerhalb eines Jahres verdreifacht. Anleger können mit einem CO2-Zertifikat von der Société Générale (ISIN: DE 000 CU3 RPS 9) vom Boom profitieren.
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Die großen Schuldenprogramme zur Abfederung der Corona-Krise haben Billionen von Dollars und Euros in Umlauf gebracht, die die Preise treiben werden. Yellen wird nolens volens die Zinsen leicht erhöhen müssen, mal sehen wie die EZB reagiert. Falls die EZB die Zinsen anzieht, schnürt sie den Schuldenstaaten den Lebensnerv ab und die ganze „Rettungs“-Programme wie für Klima, Migration und Griechenland stehen auf der Kippe. Es bleibt nur eine „kalte Enteignung“ über die negative Realzinsen, durch zu niedrige Zinsen. Die unbekannte Größe ist China, die durch die niedrigen Zinsen sich genötigt fühlte könnte, seine Exportüberschüsse zu „Großeinkäufen“ zu nutzen und ganze Industrien… Mehr