Und sie kommt doch, die Inflation

Sparkassen-Ökonomen erwarten, dass bald die Inflation steigt. Alles andere wäre auch ein Wunder angesichts des galoppierenden Geldmengenwachstums. Die Frage ist nur, wann genau die Preise deutlich steigen - und vor allem für welche Güter.

© Matt Hardy/Getty Images

Nun wird sie also wohl doch bald steigen, die Inflation. Das erwarten zumindest die Volkswirte der Sparkassen, wie die FAZ berichtet. Deren Erwartungen gehen zwar sehr weit auseinander, was dafür spricht, dass die Prognosen eher auf wackligem Boden stehen. Aber dass es bei den derzeit sehr niedrigen Teuerungsraten – im Juli war die Rate laut statistischem Bundesamt sogar um 0,1 Prozent negativ – bleibt, glaubt keiner. Gertrud Traud, eine der erfolgreichsten Inflationsprognostikerinnen hierzulande und Chefvolkswirtin der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), rechnet mit einer Inflationsrate von bis zu 3 Prozent für 2021.

Klingt nicht viel. Aber wenn man bedenkt, dass schon jetzt sehr viele Verbraucher das Gefühl haben, dass die Euros in ihren Taschen tatsächlich sehr viel schneller an Kaufkraft verlieren, als die offiziellen Statistiken es weismachen, und die EZB jahrelang vor Deflation warnte und ihr Inflationsziel von nahe zwei Prozent verfolgte, dann dürften drei Prozent schon spürbar werden.

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Ohnehin ist die Aussicht auf eine deutlich anziehende Inflation so naheliegend, dass man dafür eigentlich nicht Ökonom sein muss. Die Geldmenge vermehrt sich durch die Nullzinspolitik und die Anleihenkaufprogramme der EZB (und anderer Notenbanken) im Zusammenspiel mit der wachsenden Verschuldung gewaltig – eine Entwicklung, die durch die Coronarezession noch beschleunigt wird. Im Juli etwa wuchs M3 um 9,2 Prozent – während das BIP in allen Industriestaaten coronabedingt stark zurückgeht. Notenbanker und manche ihnen nahestehende Ökonomen – etwa die Vertreter der Modern Monetary Theory – bemühen sich zwar eifrig weiszumachen, dass dies nicht unbedingt zu steigenden Preisen führen müsse. Doch Evidenz und Logik sprechen dagegen: Wenn die Geldmenge langfristig viel stärker wächst als die der Güter, wird sich früher oder später deren Preis erhöhen.

Entscheidend ist: Welche Preise misst die offizielle Inflationsrate überhaupt? Es sind die für bestimmte Konsumgüter, die in einem „Warenkorb“ zusammengefasst sind. Und die Zusammensetzung dieses Warenkorbs ist schon lange fragwürdig. Ökonomen aus Hohenheim zum Beispiel monieren, dass die Zusammensetzung nicht dem aktuellen Kaufverhalten entspricht. Und sie stellen offen in Frage, „ob die Entwicklung des Geldwertes tatsächlich einen so großen Spielraum für eine Erhöhung der Geldmenge zulässt, wie man bei der EZB glaubt“. Viele Ökonomen argumentieren aus naheliegenden Gründen auch, dass zumindest die enorm gestiegenen Wohnkosten darin berücksichtigt werden müssten. Das was offiziell Inflation heißt, misst eben nur einen Teil der Kaufkraft des Geldes.

„Mehr Geld heißt nur dann mehr Inflation, wenn die Konsumenten mehr kaufen“, sagt Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater. Mehr von dem, was überhaupt im Warenkorb des Statistischen Bundesamtes ist, müsste man genauer sagen. Und da fehlen nicht nur die Wohnkosten, sondern alle Vermögenspreise. Da die Konsumlust gerade in diesen Corona-Zeiten gebremst ist, wandert das Geld aber gerade jetzt eher an die Börse als in die Läden.

Und dort steigen die Preise unverhältnismäßig (also inflationär). An den Finanzmärkten und den Immobilienmärkten zeigt sich die anziehende Inflation also schon längst. Das Geld, das aus politischen Gründen neu aus dem Nichts geschaffen wird, bleibt in den Märkten für Aktien, Anleihen oder Immobilien hängen und treibt dort weiter die Preise. Bis in die Supermärkte sickert es kaum durch – noch nicht.

Die sozialen Verwerfungen, die die Vermögenspreise anrichten, sind aber auch ohne gleicherweise steigende Konsumgüterpreise schon brisant genug. Denn sie sorgen für eine wachsende Spaltung des Wohlstandsniveaus zwischen Vermögenden und Nicht-Vermögenden.

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Kommentare ( 52 )

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Lee Bert Aire
4 Jahre her

Schon die Gleichsetzung von Inflation und Teuerung ist eine Verschleierung. Es geht sogar noch weiter, denn selbst vom Markt bedingte Preisentwicklungen laufen inzwischen unter dem Begriff Inflation. Inflation bedeutet dagegen das, was der Begriff schon aussagt: inflage = aufblähen. Das Aufblähen der Geldmenge. Wird die Geldmenge M3 um 9 Prozent erhöht, dann ist die Inflation 9 Prozent. Bei Inflation handelt es sich nicht um eine Folge von etwas, oder irgendeine Entwicklung, sondern um eine Handlung. Prof Bagus, ebenso wie Prof Hülsmann sprechen auch nicht von Inflation, sondern von Inflationierung. Ludwig Erhard nannte Inflation ein Verbrechen. Einmal nannte er sie auch… Mehr

Ralf Poehling
4 Jahre her
Antworten an  Lee Bert Aire

Wunderbarer Kommentar.
Zitat:“Bei Inflation handelt es sich nicht um eine Folge von etwas, oder irgendeine Entwicklung, sondern um eine Handlung.“
Exakt.

fatherted
4 Jahre her

Kleiner Test….Lebensmittel…..die Fischstäbchen und das Schlemm-Filet vom Käptn kosteten vor 3 Monaten noch 1,99 im Angebot….jetzt nicht unter 2,19 zu haben….trotz MwSt Senkung. Nach meinem Fischstäbchen-Index ist die Inflation also so um ca. 10% gestiegen…..

W aus der Diaspora
4 Jahre her

Die Preise sind doch bereits ganz konkret gestiegen.
Denn wenn sie im Juli nir um 01% sanken, bei einer MwSt Senkung von 1 bis 3 % so sind die Preise tatsächlich ja gestiegen.
Betrachtet man derzeit aufmerksam die Preise von Lebensmitteln, so merkt man recht schnell, dass die Preise oft dort liegen wo sie auch vor einem Jahr lagen, oder sogar leicht darüber. Wenn im Januar dann zusätzlich die MwSt wieder von 5 auf 7% steigt, dann rappelt es. Noch viel mehr bei allm anderen, da dort die MwSt um 3% wieder angehoben wird.

Ralf Poehling
4 Jahre her

Man muss beim Wirtschaftssystem eigentlich immer nur eins im Hinterkopf behalten: Entscheidend ist die Wertschöpfung, der echte(!) Mehrwert, der durch echte(!) Arbeitsleistung geschaffen wird, nicht das Geld. Geld ist nur ein Tauschmittel, das die jeweilig im Vorfeld geleistete Wertschöpfung eines jeden einzelnen soweit entkoppelt, dass z.B. der Schreiner nicht sein Auto mit 100 selbst gezimmerten Tischen bezahlen muss, sondern mit ein paar Papierschnipseln oder einer Plastikkarte, die eben besser ins Portemonnaie passt. Angebot und Nachfrage sind der Kern des ganzen, nicht das Geld! Was uns fehlt, ist das richtige Angebot und die entsprechende Nachfrage dazu. Geld ist aus Sicht des… Mehr

Alexis de Tocqueville
4 Jahre her
Antworten an  Ralf Poehling

Zusammenbrechende Sozialsysteme klingt wie Musik in meinen Öhrchen.
Lernen durch Schmerz.

Ralf Poehling
4 Jahre her

In meinen Ohren nicht. Denn die Randale, die sich dabei freibrechen wird, wird mich beruflich schwerstens betreffen.
Riot Ausrüstung wird bei uns nicht gestellt. Das müsste ich selbst organisieren…

HRR
4 Jahre her

Kürzlich war zu lesen, dass die EZB das Inflationsziel „bis zu 2 Prozent“ aufgeben möchte und ein Inflationsziel „nahe von 2 Prozent“ einführen möchte – was immer das bedeuten wird!

wl
4 Jahre her

Die Sache mit dem „Warenkorb“ war doch schon immer fragwürdig.
Nur wer sich in diesem Jahr einen Flugzeugträger kaufte, kam auf die 0,1%.
Dumm derjenige, der sich seinen Flugzeugträger in 2019 kaufte und den nächsten erst in 2025 kaufen wird.

Weiss
4 Jahre her

In New York City gibt es im Moment ein großes Firmensterben. Immer mehr Gewerberäume stehen leer und Apartments werden auch zunehmend frei. Viele Leute ziehen aus New York City weg und gehen ins Umland. Im Homeoffice auf dem Lande lässt sich auch die Arbeit erledigen. Warum noch in Manhatten wohnen, wenn die Theater und Kinos sowie viele Restaurants sowieso geschlossen sind ? Die Stimmung ist außerdem im Keller. Groß Lust auf wilde Partys im berühmt berüchtigten New Yorker Nachtleben, wer hat das bitte noch ? Das Kulturleben ist dort wie in Berlin oder Tel Aviv mehr oder weniger zusammengebrochen. Da… Mehr

Peter Pascht
4 Jahre her

Es gilt Volkswirtschaftlich erst einmal: Schulden = Geldmenge Steigerung = Inflation = Preissteigung Um dies zu vermeiden erfolgt im Wirtschaftskreislauf die „Wertschöpfung“ Ist die Wertschöpfung der Wirtschaft geringer als aufgenommene Schulden, bleibt Inflation = Geldentwertung = Preissteigung übrig. Im Moment ist es so, dass der Staat, der Finanzminister Scholz, die Rolle des Schuldenmachens übernommen hat, während die freie Wirtschaft, im Gottvertrauen des Herrn Scholz, die „Wertschöpfung“ produzieren soll. Ob aber die entsprechende Wortschöpfung kommen wird um die gemachten Schulden auszugleichen, weiß der Herr Scholz genau so wenig wie der Herrgott. In Anbetracht der sinkenden Wertschöpfungskraft der deutschen Wirtschaft durch die… Mehr

Peter Pascht
4 Jahre her

Geld ist, wir alle wissen sollten, nur ein Gegenwert von „Warenwert“. Der Wert der Geldmenge entspricht dem Wert der Waren und Dienstleistung. Weicht die nominale (das was auf dem Schein aufgedruckt ist) Geldwertmenge vom Gegenwert in Waren und Dienstleistungen ab, in der Regel nach oben, dann sprechen wir von Inflation, was sich korrigierend durch Angebot und Nachfrage in steigenden Preisen äußert. Deswegen kann Geld keine „Ware“ sein. Deswegen kann die Geldmenge nicht größer sein als die Menge der Waren und Dienstleistungen. Was drüber geht ist wertloses Geld. Verteilt man diese „Wehrlosigkeit“ auf die gesamte Geldmenge, erhält man draus die Geldentwertung.… Mehr

Th.F.Brommelcamp
4 Jahre her
Antworten an  Peter Pascht

Da ist die geniale Taktik über sehen worden. Um die ständigen Forderungen der Süd EU zu überwinden, wird die sozialistische Groko eine Zerstörung der Wirtschaft und der großen Transformation D. in der Ruin bringen. Dadurch haben wir die gleiche Situation wie in der Süd EU. geschaffen. D.h. keine Forderungen mehr!Genial nicht? Ja unsere Kanzlerin denkt ja vom Hinter her oder so.

Brotfresser
4 Jahre her

Früher wurde der Warenkorb immer mit Computer-Zubehör (ich erinnere an die guten, alten Röhrenbildschirme… die fielen immer Recht schnell im Preis) schöngerechnet. Wer also jeden Monat einen neuen Bildschirm und den anderen Kram gekauft hat, hatte eine Inflation von etwas über ein Prozent…
Tatsächlich bedeutet die von mir gefühlte Verdopplung aller Preise in den zehn Jahren von 2002 (physische Einführung des Euro) von 2012 eine Teuerung von 7 % pro Jahr…