Kaufen oder nicht kaufen, verkaufen oder nicht verkaufen? Viele – auch deutsche – Privatanleger stellten sich diese Frage fast täglich, und viele wurden dabei auf dem falschen Fuß erwischt. Seit Trump am „Liberation day“ in der Handelspolitik Nägel mit Köpfen gemacht hat, fährt die Börse Achterbahn. Von Frank B. Werner

Am 2. April hatte US-Präsident Donald Trump fast die ganze Welt mit Strafzöllen belegt – zwischen 20 Prozent (EU) und 46 Prozent (Vietnam). Japan wurde mit 24 Prozent, Südkorea mit 25 Prozent, die Schweiz mit 31 Prozent und China mit 34 Prozent belegt. Nachdem China Gegenzölle festgelegt hatte und auch die EU über solche Maßnahmen nachdachte, schien aus dem Zollstreit ein Handelskrieg zu werden – mit allen Folgen, die eine solche Behinderung des Handels mit sich bringt.
Der Dreisatz der Börsianer: höhere Zölle gleich niedrigeres Wirtschaftswachstum, niedrigeres Wachstum gleich niedrigere Unternehmensgewinne, niedrigere Gewinne in der Zukunft, gleich niedrigere Kurse heute. Entsprechend zerbröselten die Kurse, manche Beobachter sprachen schon von einem Massaker. Mutige stockten Bestände auf, Vorsichtige verkauften mit Verlust.
Kaufen oder Abwarten, Verkaufen oder Halten, fragt man sich also rund um den Globus in Bezug auf das eigene Depot. Und: „Was will Trump wirklich?“ in Bezug auf das Verhältnis der USA zu ihren Partnern. Geht es ihm um Protektionismus oder um eine neue faire Welthandelsordnung mit – wie sein Berater Elon Musk das skizzierte – möglichst Null-Zöllen. Liefe es auf globalen Freihandel hinaus, wäre das ein in der oben beschriebenen Logik ein starkes Kaufsignal.
Wie das so ist an der Börse, werden Entwicklungen allerdings häufig unter- oder überschätzt. So wie es nicht zu einem globalen Freihandel kommen wird, werden sich die USA dauerhaft nicht komplett abschotten können. Natürlich ist Protektionismus schädlich, aber er ist nicht der Weltuntergang. Agnieszka Gehringer und Professor Thomas Mayer vom Flossbach von Storch Research Institute haben sich die Mühe gemacht, einmal nachzurechnen:
„Im Jahr 2023 betrug das Volumen des Weltgüterhandels (ausgedrückt in der Summe von Exporten und Importen) rund 44 Billionen US Dollar. Der Anteil der USA belief sich auf zwölf Prozent. Die Europäische Union und China kamen auf 31 beziehungsweise 14 Prozent. Im Jahre 2023 betrug das Handelsbilanzdefizit rund eine Billion Dollar. Die USA hielten im gleichen Jahr einen Anteil von 15 Prozent an den gesamten Importen der Welt und von 9 Prozent an den Exporten. Seit Jahren ändert sich an diesen Verhältnissen nur wenig. Aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte es nicht gelingen, die Handelsbilanz dadurch auszugleichen, dass die Importe auf das bestehende Niveau der Exporte verringert werden. Da ein Teil der Importe zur Herstellung von Exportgütern notwendig ist, sind von den Importbeschränkungen auch die Exporte betroffen. Für unsere folgende Beispielrechnung nehmen wir an, dass dies 20 Prozent der Exporte betrifft. Dadurch fallen die Exporte um 0,4 Billionen US Dollar auf 1,6 Billionen. Wenn auf diesem Niveau der Exporte die Handelsbilanz ausgeglichen sein soll, müssen die Importe um 1,6 Billionen US-Dollar fallen. Zusammengenommen ergibt sich ein Rückgang der US-Handelsströme um zwei Billionen US Dollar. Der gesamte Weltgüterhandel verringert sich dadurch um überschaubare fünf Prozent. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass ein Teil der nicht in den USA verkauften Waren in andere Weltregionen (zu günstigeren Preisen) umgeleitet wird. Aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte es nicht gelingen, die Handelsbilanz dadurch auszugleichen, dass die Importe auf das bestehende Niveau der Exporte verringert werden. Da ein Teil der Importe zur Herstellung von Exportgütern notwendig ist, sind von den Importbeschränkungen auch die Exporte betroffen. Für unsere folgende Beispielrechnung nehmen wir an, dass dies 20 Prozent der Exporte betrifft. Dadurch fallen die Exporte um 0,4 Billionen US Dollar auf 1,6 Billionen. Wenn auf diesem Niveau der Exporte die Handelsbilanz ausgeglichen sein soll, müssen die Importe um 1,6 Billionen US-Dollar fallen. Zusammengenommen ergibt sich ein Rückgang der US-Handelsströme um zwei Billionen US-Dollar. Der gesamte Weltgüterhandel verringert sich dadurch um überschaubare fünf Prozent. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass ein Teil der nicht in den USA verkauften Waren in andere Weltregionen (zu günstigeren Preisen) umgeleitet werden. Für unsere Beispielrechnung nehmen wir an, dass durch die Handelsumlenkung die Hälfte des Handelsverlustes kompensiert werden kann. Unterm Strich würde folglich der gesamte Weltwarenhandel um gerade mal zwei Prozent oder weniger als eine Billion US Dollar zurückgehen. Angesichts der Größenordnung könnte der Welthandel dies gut verkraften.“
Mittlerweile signalisierten mit Ausnahme der Chinesen alle wichtigen Handelspartner der USA, dass sie an Verhandlungslösungen interessiert seien. Hat Trump damit sein Ziel schon erreicht, zumal er auch im Fall China von einem „Deal“ ausgeht? Jedenfalls setzte er am Mittwoch die meisten der gerade in Kraft getretenen Zölle für 90 Tage aus. Trump schrieb auf der Plattform Truth Social, er habe eine 90-tägige Pause angeordnet und während dieses Zeitraumes greife ein gesenkter Zollsatz in Höhe von zehn Prozent. Für chinesische Einfuhren hob Trump den Zollsatz nochmal auf insgesamt 125 Prozent an. Während der 90-tägigen Pause soll es Verhandlungen mit den betroffenen Staaten geben, um Handelsbarrieren für Einfuhren aus den USA abzubauen. Trumps Finanzminister Scott Bessent bemühte sich, das Vorgehen des Präsidenten als Erfolg darzustellen: Es sei genau diese Strategie gewesen, die mehr als 75 Länder nun dazu gebracht habe, sich an den Verhandlungstisch zu setzen. Die Börsen bekämen jetzt mehr Sicherheit.
Wie zerronnen, so gewonnen, könnte man in Verkehrung des Sprichwortes zur Entwicklung von gestern Abend an der Wall Street und der heutigen Handelseröffnung in Europa sagen, die die starke Erholung aus Asien fortsetzten. Die Wall Street reagierte jedenfalls euphorisch: Der amerikanische Leitindex S&P 500 sprang bis Handelsschluss um fast zehn Prozent nach oben, der technologielastige Nasdaq Composite gar um zwölf Prozent. Der amerikanische Aktienmarkt holte damit einen Großteil der Verluste wieder auf, die er seit Anfang April erlitten hatte. Weitere Zuversicht zogen die Finanzmärkte am Mittwoch daraus, dass das US-Finanzministerium erfolgreich fast 40 Milliarden Dollar an 10-jährigen Staatsanleihen im Markt platzieren konnte.
Schon kommen wieder die Klugschwätzer um die Ecke, die daran erinnern, dass Panik ein schlechter Ratgeber an der Börse sei, und man einen langfristigen Horizont haben sollte. Ganz unrecht haben sie natürlich nicht, aber wer auf Nummer sicher gehen will, kauft derzeit eher Aktien von Unternehmen mit hohem Inlandsbezug (wie die Wohnungsbaugesellschaften Vonovia und Deutsche Wohnen) und/oder hoher Dividendenrendite (wie Allianz, Daimler Truck, E:on oder Munich Re – alle um fünf Prozent). Das sichert das Depot wenigstens ein bisschen ab.
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Sie meinen also ernsthaft, die Bidenleute hätten keinen Insiderhandel betrieben? Pelosi, Schumer & Co.?
Sie meinen also, daß diejenigen, die abgewählt worden sind, und Insiderhandel garantiert begangen haben, deren juristische Aufarbeitung bis heute AKTIV behindern, die werden jetzt, die neue kompetente US-Regierung überführen, mit Insiderhandel?
Schon klar: bei steigenden Renditen am Anleihemarkt kaufe man Immobilienwerte als extrem zinssensible Aktien. Von der Gefahr staatlicher Eingriffe wie Mietpreisbremse und anderen Änderungen zugunsten der Mieter einmal abgesehen.
Nun ja, an den Börsen sind auch Trump’s finanzgewichtige Antagonisten unterwegs, die, so sie sich in unreflektierter Diffamierung und darüber an der Börse in Ab- und Leerverkäufen gefallen, halt schon mal auf dem falschen Fuß erwischt werden (müssen) … So interpretiere ich jedenfalls die gestrige, binnen Minuten schon historisch ungestüme, Gegenreaktion an den US-Börsen. ‚Mehr Sicherheit‘ wird das insofern geben, als dass diese Antagonisten künftig wohl 2x überlegen, was+wieviel sie »gegen Trump« riskieren. Auch das dürfte Trump’s Intention gewesen sein. Ins Bild passt auch die darüber durchgegangene US-Schuldenrefi von immerhin 40 Mrd US$ trotz eines schwächeren US$ zu dank des… Mehr
Erhellender Artikel, danke dafür. Ich persönlich glaube nicht, dass dies ein reiner „Zollcrash“ war. In dieser Zeit der total überkauften Märkte genügt ein geringer Anlass, die Blase zum platzen zu bringen. Die Blase wurde eben mal etwas angepikst, der große Knall wird und muss noch kommen. Warten mir mal die Berichtsaison Mai / Anfang Juni ab und dann die Sommerflaute. Diese irrwitzig hohen Stände halten die Indizes niemals aufrecht.
Deswegen seid schlau und kauft Gold. Der Goldpreis steigt und steigt, und Gold ist real. Experten prognostizieren Steigerung auf Jahre hinaus.
Immobilien kann die Regierung konfiszieren.
….und den Goldbesitz und Handel mit Gold verbieten.
Gold😂 Wird genauso, wie alle andere in den nächsten 2 Jahren crashen.
Aussetzen ist nicht aufheben!
Alles stimmt auch nicht.
Die sich gemeldet haben, zu verhandeln, denen billigt er eine 90 Tage Frist zu.
VdL hat ja gleich neue Zölle aufgelegt – man müsste also recherchieren, ob die EU und Deutschland davon sogar ausgenommen ist.
Vor der EURO-Einführung und nach der EURO-Einführung habe ich damals an meiner Uni, als Mitglied einer Studentengemeinschaft (Market Team), alleine, wir waren ganz wenige, jeweils einen Vortrag mit Hankel organisiert.
Wilhelm Hankel (Wirtschaftswissenschaftler) sagte dort stringent das Ende des EURO voraus.
Wenn man guten und schlechten Wein zusammenpanscht kann daraus nie etwas Gutes entstehen.
Diese EU zerstört sich von innen und deren Ende ist nur eine Frage der Zeit.
Was sind Sie von Beruf? Was haben Sie in Ihrem Leben gelernt?
> Geht es ihm um Protektionismus oder um eine neue faire Welthandelsordnung mit – wie sein Berater Elon Musk das skizzierte – möglichst Null-Zöllen.
Wie ich gelesen habe, viele Länder Asiens wollen als Ergebnis in den USA mehr Öl und Gas kaufen, was Trump auch von der EUdSSR verlangt – zusätzlich für 350 Milliarden jährlich. Ob jemand wagt, Trump zu erklären, dass daraus nichts werden kann, da im Buntschland-GG Pflicht zum Klima-Suizid (Zero CO2) bis 2045 steht? Und wenn er auf solchen Text gleich 2045% Strafzölle aufbrummt?
Es ist wie immer. Trump „verspricht“ was und die ganzen Pseudoexperten schreien laut auf. Dann setzt er genau das um, was er versprochen hat. Wieder Aufschrei, „er ist verrückt“! Dabei tut er doch nur, was zu erwarten war. Zumindest von denen, die aus seiner ersten Amtszeit gelernt haben, wie der Donald funktioniert. Was Trump tut ist Taktik zur Beschleunigung möglicher Ergebnisse. Aber das sehen natürlich „Experten“, die Taktik nicht von Strategie unterscheiden können, nicht. Er wirft seinen Handschuh in den Ring, Aufschrei. Er setzt das Versprochene um, wieder Aufschrei. Dann senkt er die fiskalische Misshandlung auf ein „erträgliches“ Maß und… Mehr
Aus 2014:
„Deals are my art form. Other people paint beautifully or write poetry. I like making deals, preferably big deals. That’s how I get my kicks.“ https://x.com/realDonaldTrump/status/549590421190770688
Ich habe gestern Mittag auf Youtube ein 45-minütiges Interview mit Dr. Andreas Beck gesehen und kann u.a. deshalb gut schlafen. Sinngemäß so zusammengefasst, dass es hier hineinpasst: Diese „Luxus-Krise“ ist entweder in 1 Woche vorbei, in 1 Monat oder spätestens im (ca.) September 2026(!), weil dann in den USA die Kongresswahlen sind und bis dahin die Börsenkurse wieder oben sein müssen. Das Problem China bleibt. Die Amerikaner haben Aktienbeteiligung als Rente. Wenn bis dahin nicht wieder alles oben steht, idealerweise ein All-Time-High vorhanden ist, werden die Demokraten gewinnen. In 1,5 Jahren kann die Wirtschaft aber nicht umgebaut werden. Es geht… Mehr
Warten Sie doch einfach ab. An Doktoren herrscht kein Mangel.
Noch was: in den USA gibt es keine Demokraten, dafür haßerfüllte Linke, die exakt auf dem geistigen Niveau unserer Ampeln sich bewegen und gerade von Umfragtief in ein neues Umfragetief stürzen.
Die haben exakt das gleiche Problem mit deren Nachwuchs, wie wir hier. Alles was nachkommt, ist noch naiver.
Wenn Sie also „denken“, bei denen würden die Aktienbäume in den Himmel wachsen, dann glauben Sie auch, daß Kühe stricken könn(t)en.