Wenige Tage nach dem Beschluss des EU-Gipfels, einen Grossteil der russischen Erdölimporte zu verbieten, springt die OPEC, der Zusammenschluss der erdölexportierender Staaten, in die Bresche.
Keine Viertelstunde soll die Sitzung gedauert haben, schnell habe man sich darauf geeinigt haben, die Fördermengen zu erhöhen. Anstatt am bisherigen Plan festzuhalten, die Produktion um 432 000 Fass Rohöl pro Tag zu steigern, sollen jetzt im Juli und August pro Tag sogar 648 000 Fass mehr gefördert werden. Nach der Ankündigung des EU-Embargos ist das ein wichtiges Signal, das zumindest den Aufwärtsdrang des Erdölpreises nach der Entscheidung in Brüssel gestoppt hat.
Bestimmender für die Notierungen an der Tankstelle sind derzeit allerdings die eingeschränkten Raffineriekapazitäten: Die Preise für Benzin und Diesel sind in der vergangenen Zeit stärker gestiegen als der Preis für Rohöl. Daran ändert auch diese Opec-Entscheidung nichts.
Die US-Börsen haben am Freitag einen Großteil ihrer kräftigen Vortagesgewinne wieder abgegeben. Analysten führten das auf den monatlichen Arbeitsmarktbericht der US-Regierung zurück, die stärker als erwartet ausgefallen war. Die Stimmungsdaten aus dem Dienstleistungssektor, die etwas schwächer als prognostiziert ausgefallen waren, hatten indes kaum Einfluss. Für die US-Notenbank gebe es angesichts der Beschäftigtenzahlen, der kräftig steigenden Inflation sowie eines ordentlichen Wirtschaftswachstums im zweiten Quartal keinen Grund, die Zinsanhebungen nicht aggressiv voranzutreiben, kommentierte Volkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank in Liechtenstein.
Den Anlegern am Aktienmarkt schmeckte diese Aussicht aber nicht so recht. Der Dow Jones Industrial verlor gut ein Prozent auf 32.900 Punkte, womit die Vortagesgewinne weitgehend ausradiert wurden. Der marktbreite S&P 500 gab 1,6 Prozent auf 4.109 Punkte nach, während der überwiegend mit Technologieaktien bestückte NASDAQ 100 um 2,7 Prozent auf 12.548 Zähler fiel.
Unter den großen Einzelwerten zogen Tesla und Apple Aufmerksamkeit auf sich. Beim Autobauer drückte ein Bericht der Nachrichtenagentur Reuters auf die Laune der Anleger, der vermuten lässt, dass sich Tesla-Chef Elon Musk über die Konjunkturentwicklung sorgt. In einer internen E-Mail an die Führungsebene habe Musk eine Reduzierung der Belegschaft um etwa zehn Prozent als notwendig bezeichnet, hieß es. Zudem sollten aktuell weltweit keine neuen Mitarbeiter eingestellt werden. Die Tesla-Aktie brach jedenfalls um 9,2 Prozent ein und zog weitere Autowerte mit nach unten: Rivian gaben um 5,5 Prozent nach, GM und Ford büßten jeweils rund drei Prozent ein. Apple sackten als Schlusslicht im Dow vor dem Hintergrund einer Analyse von Morgan Stanley um 3,9 Prozent ab. Das im Vergleich zum Vorjahr schwächere Wachstum der App-Store-Verkäufe im Monat Mai beinhalte Risiken für die Quartalsschätzungen im Servicegeschäft des iPhone-Herstellers, warnte Analystin Katy Huberty.
Im Fokus stand außerdem noch ein Übernahmevorhaben. Nach der Offerte des Pharmakonzerns Bristol-Myers Squibb (BMS) für den Krebsspezialisten Turning Point Therapeutics stieg dessen Aktienkurs um mehr als das Doppelte auf 74,59 US-Dollar. BMS bietet 76 Dollar in bar für alle ausstehenden Turning-Point-Aktien – insgesamt 4,1 Milliarden Dollar. Die BMS-Aktie selbst zeigte sich fast unverändert.
Zuvor hatte bereits der Dax nachgegeben. Nachdem der deutsche Leitindex zunächst um bis zu 0,7 Prozent zugelegt hatte, drehte er nahe der Marke von 14.600 Punkten nach unten ab. Über die Ziellinie ging er 0,2 Prozent tiefer bei 14.460 Punkten. Auch der MDAX kam nicht groß vom Fleck, er schloss praktisch unverändert.
Nur wenige Monate nach dem Abstieg aus dem Dax kehrt der Konsumgüterhersteller Beiersdorf zurück in die erste Börsenliga. Dafür steigt der Essenslieferdienst Delivery Hero in den MDAX ab. Darüber informierte am späten Freitagabend die Deutsche Börse. Im Index der mittelgroßen Werte wird außerdem der Betreiber von Wind- und Solarparks Encavid aufgenommen, der bisher im SDAX notiert war und nun seinen Platz mit dem Finanzdienstleister Hypoport tauscht. Neben diesem wird dort künftig auch wieder das Rüstungsunternehmen Hensoldt vertreten sein sowie erstmals der Windpark-Projektierer PNE Ausscheiden müssen dafür der Laser-Experte LPKF und der Kohlefaser-Spezialist SGL. Hensoldt kommt zudem auch in den TecDAX und ersetzt dort das Strahlen- und Medizintechnikunternehmen Eckert & Ziegler.
Die Deutsche Börse wird die Änderungen zum Montag, 20. Juni, umsetzen. Wichtig sind diese vor allem für Fonds, die Indizes real nachbilden (physisch replizierende ETF). Dort muss dann entsprechend umgeschichtet und umgewichtet werden, was Einfluss auf die Aktienkurse haben kann.
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein