Es kommt wieder ein bisschen mehr Optimismus auf. Volkswirte haben die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA für die nächsten zwölf Monate von 35 auf 25 Prozent gesenkt. Deutliche Kursgewinne von Tesla (plus 4,1 Prozent) gaben Auftrieb. Apple stößt mit dem Vision-Pro-Headset in eine neue Produktkategorie vor.
Es kommt wieder ein bisschen mehr Optimismus auf. Die Volkswirte von Goldman Sachs haben die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA für die nächsten zwölf Monate von 35 auf 25 Prozent gesenkt. Damit haben sie die Risikoerhöhung unmittelbar nach dem Kollaps der Silicon Valley Bank im März wieder rückgängig gemacht. Die Goldman-Sachs-Experten sehen die US-Wirtschaftsleistung nun im laufenden Jahr um 1,8 Prozent steigen und gehen daher auch von höheren Zinsen aus.
Unternehmensseitig stand in der vergangenen Woche Apples alljährliche Entwickler-Konferenz im Mittelpunkt des Investoreninteresses, Zunächst war alles wie immer: 80 Minuten lang präsentierte Apple seine neuen MacBooks und Mac-Computer, Software-Updates für das iPhone und die Apple Watch. Wie jedes Frühjahr waren Tausende Journalisten und Software-Entwickler an den Firmensitz nach Cupertino gereist, um an der World Wide Developer Conference einen ersten Blick auf die Produktneuheiten des am Börsenwert gemessen größten Technologiekonzerns der Welt zu werfen. Dann sagte Appple-Chef Tim Cook: „Heute wird ein historischer Tag. Wir werden etwas vorstellen, das nur Apple tun kann“. Und dann stellte er den Zuschauern Vision Pro vor.
Das Gerät erinnert an eine Skibrille. Es ist ein sogenanntes „Mixed-Reality-Headset“, das die reale Umgebung um digitale Informationen anreichern kann oder den Nutzer per Knopfdruck in eine „virtual reality“ entführt. Im Gegensatz zu Konkurrenzprodukten braucht man keine externen Steuerungsgeräte, sondern gibt seine Befehle rein über die Blickrichtung, Gesten und Worte. Wer auf einen bestimmten Menüpunkt schaut, steuert diesen bereits an. Bei der Rechenleistung greift Apple auf hauseigene Chips zurück. Dieser könne die Daten von zwölf Kameras, fünf Sensoren und sechs Mikrofonen verarbeiten, sagte Cook. Einloggen könne man sich über einen Scan seiner Iris. Die erfassten biometrischen Daten blieben auf dem Gerät des Nutzers und würden verschlüsselt. Ebenso erführen Drittfirmen nicht, wie die Umgebung aussehe, in der man sich gerade aufhalte.
Eine neue Produktkategorie für Apple
Apple stösst mit dem Vision-Pro-Headset in eine neue Produktkategorie vor. Die Frage der Marktanalysten lautet indes, wofür Nutzer ein solches Headset verwenden sollen. Derzeit werden Mixed- und Virtual-Reality-Brillen für Computerspiele, Mitarbeiterschulungen und Fitnessübungen verwendet. Apple will die Brille dagegen in den Arbeitsalltag integrieren: „Vision Pro wird die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten und kommunizieren, verändern“, hofft Cook. Apples Ankündigung erfolgt zu einer Zeit, in der man im Silicon Valley nicht mehr über virtuelle Welten spricht, sondern über künstliche Intelligenz. Cook jedoch erwähnte den Begriff am Montag nicht einmal. Der Konzern scheint darauf zu vertrauen, dass er mit seinen Produkten eigene Trends setzen und die Märkte bewegen kann. Das Vision-Pro-Headset wird Anfang kommenden Jahres verfügbar sein; umgerechnet rund 3500 Euro soll das Gerät kosten.
Technologiesektor mit überdurchschnittlichen Gewinnen
Der US-Aktienmarkt hat am Freitag leichte Kursgewinne über die Ziellinie gerettet. Überdurchschnittlich gut hielt sich wieder einmal der Technologiesektor. Der Nasdaq 100 kam zwar nach einem weiteren Höchststand seit Anfang April 2022 ein wenig zurück, behauptete aber letztlich ein Plus von 0,3 Prozent auf 14.528 Punkte. Deutliche Kursgewinne von Tesla (plus 4,1 Prozent) gaben Auftrieb. Zudem spielt das Trendthema Künstliche Intelligenz (KI) am Markt nach wie vor eine große Rolle und schob Aktien wie Microsoft, AMD und Salesforce an. Daher fehlte auch dem viele Techwerte enthaltenden S&P 500 mit plus 0,1 Prozent auf 4.299 Punkte nicht viel bis zum Kursniveau vom April 2022. Der Leitindex Dow Jones Industrial legte um 0,1 Prozent auf 33.877 Punkte. Auf Wochensicht stieg er um rund 0,3 Prozent..
Der Tesla-Aktienkurs hat sich mit dem aktuellen Zuwachs seit Jahresbeginn nun nahezu verdoppelt. An der Nasdaq zählen die Papiere zu den besten Werten. An den Kursgewinn der vom KI-Hype beflügelten Titel des Chipherstellers Nvidia kommen sie aber noch nicht heran. Nvidia-Aktionäre haben seit Jahresanfang ein Plus von etwa 165 Prozent auf dem Konto, an diesem Freitag verteuerten sich die Aktien um 0,7 Prozent. Die tags zuvor ebenfalls gut gelaufenen Anteile des Softwarekonzerns Adobe legten um 3,4 Prozent zu. Auch hier sorgt das Thema Künstliche Intelligenz für Fantasie. Zudem stufte die Bank Wells Fargo die Titel auf Übergewichten hoch.
Nach dem Kursfeuerwerk am Vortag machten Spekulanten bei Aktien der US-Gebrauchtwagenplattform Carvana vor dem Wochenende erst einmal Kasse. Am Donnerstag waren Carvana nach einem überraschend guten Geschäftsausblick um 56 Prozent hochgeschnellt, am Freitag ging es um 21 Prozent nach unten. Die Aktien von Dish knickten nach der Vorstellung landesweiter Smartphone-Tarifpläne um fast zwölf Prozent ein. Der hohe Kursgewinn vom vergangenen Freitag, als die Papiere nach Spekulationen über ein Mobilfunkangebot durch Amazon (wir berichteten) zulegten, schrumpft damit immer mehr.
DAX im Minus
Der Euro korrigierte zuletzt auf 1,0748 US-Dollar. Die Kurse von US-Staatsanleihen gaben nach. Die Rendite für zehnjährige Papiere lag bei 3,74 Prozent.
Zuvor war der DAX zum Ende der ruhigen Handelswoche kaum vom Fleck gekommen. Am Freitag ging der Leitindex 0,3 Prozent tiefer bei 15.950 Punkten aus dem Handel. Damit hält der Dax Kontakt zur runden Marke von 16.000 Punkten, musste aber auf Wochensicht ein Minus von 0,6 Prozent hinnehmen. Die Investoren warten auf frische Impulse, die erst mit den Zinsentscheiden der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank (EZB) in der kommenden Woche zu erwarten sind. Der MDAX der mittelgroßen Werte verlor 0,1 Prozent auf 27.154 Zähler. „Solange die Anleger nicht wissen, ob die US-Notenbank in der kommenden Woche zumindest eine Pause in ihrem Zinserhöhungszyklus einlegt oder nicht, legen sie eben an der Börse eine Pause ein“, kommentierte Jürgen Molnar von RoboMarkets.
Als schwächste Aktien im DAX büßten Brenntag 4,4 Prozent und Symrise 4,3 Prozent ein. BASF verloren 1,8 Prozent, Bayer gaben 1,5 Prozent nach. Evonik und K+S zeigten sich im MDAX ebenfalls sehr schwach, Wacker Chemie war mit einem Abschlag von 4,2 Prozent das Schlusslicht im Index der mittelgroßen Werte. Im Fokus standen zudem die beiden SDAX -Unternehmen Auto1 und Shop Apotheke . Ein positiver Ausblick der US-Gebrauchtwagenplattform Carvana trieb die Auto1-Aktien um weitere 6,1 Prozent nach oben, nachdem sie bereits zugelegt hatten. Die Papiere der Shop Apotheke sackten indes nach einer Abstufung durch die britische Bank HSBC um 8,3 Prozent ab, zeitweise verloren sie fast 16 Prozent. Die Bewertungslücke zwischen der deutschen Versandapotheke und ihrer Konkurrentin DocMorris aus der Schweiz hat laut Analyst Christopher Johnen „extreme Ausmaße“ erreicht. Daraus ergäben sich Chancen, denn der Markt sei zu negativ für DocMorris und zu optimistisch für die Shop Apotheke gestimmt. Trotz der deutlichen Kursverluste haben die Aktien der Shop Apotheke ihren Wert seit Jahresbeginn aber verdoppelt und werden bei dieser starken Entwicklung im SDAX nur von Morphosys in den Schatten gestellt.
Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von 2,49 Prozent am Vortag auf 2,46 Prozent.
Zinsentscheid der FED erwartet
Nach einer lethargischen Phase könnte der DAX in der neuen Woche wieder in Schwung kommen. Mit den Zinsentscheiden der US-Notenbank Fed am Mittwoch und der EZB am Donnerstag stehen frische Impulse an, auf welche die Anleger sehnlichst zu warten scheinen. „Eigentlich müsste die US-Notenbank den Leitzins anheben, denn die Finanzierungsbedingungen sind dank starker Aktienmärkte und niedriger Spreads von Unternehmensanleihen sehr locker, der Arbeitsmarkt ist stark und die Kerninflation immer noch viel zu hoch“, kommentierte Edgar Walk, Chefvolkswirt von Metzler Asset Management. Wahrscheinlich werde die Fed auf ihrer Sitzung am Mittwoch aber erst einmal eine Zinspause einlegen, da die Datenlage zuletzt eher widersprüchlich gewesen sei. Sie dürfte aber die Möglichkeit einer Leitzinserhöhung im Juli ins Spiel bringen, ergänzte Walk.
Schon am Dienstag, also noch vor dem Zinsentscheid der Fed, werden die US-Verbraucherpreise für Mai veröffentlicht. „Diese Daten könnten dann bereits Hinweise darauf liefern, wie sich die Fed auf der Juli-Sitzung und im weiteren Jahresverlauf verhalten könnte“, schrieb Konstantin Oldenburger, Marktanalyst von CMC Markets.
Von der EZB erwarten die Analysten in jedem Fall weitere Zinserhöhungen. „In Europa wird die Europäische Zentralbank wohl noch zweimal anpassen“, schrieb Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank. Dann sei aber die Zinsschraube fest genug angezogen, um die Inflation in den kommenden Quartalen in den Griff zu bekommen. Die gute Nachricht sei, dass der große Absturz der Konjunktur in der Eurozone nach den massiven Zinssteigerungen dieses Jahres ausgeblieben sei, so Kater.
Ein genaueres Bild zur Lage der Wirtschaft in Europa und Deutschland zeichnen im Wochenverlauf diverse Konjunkturdaten: Am Dienstag werden die ZEW-Konjunkturerwartungen für Juni veröffentlicht, am Mittwoch stehen Zahlen zur Industrieproduktion in der Eurozone im April an. Die deutsche Industrie konnte ihre Produktion im April leicht ausweiten, zog aber weniger neue Aufträge an Land. „Zuletzt enttäuschten die Auftragseingänge und der Pessimismus in der Industrie nahm weiter zu“, bilanzierten die Experten der Helaba.
Einige Kurskapriolen könnten am Freitag auf die Anleger zukommen. Am großen Verfallstag laufen Terminkontrakte auf Aktien und Indizes an den Terminbörsen aus. Aktienkurse und auch Indizes können dann auch ohne wesentliche Unternehmens- oder Konjunkturnachrichten spürbar schwanken.
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
Schoen fuer die USA. Aber Europa kaempft in der Unterliga 😉
Big Tech sind mit durschnittlichen KGV’s von 30 reine Geldverbrennungsmaschinen wenn man AAA-Anleihen mit >=5% (also sicheres „KGV“ von 20) bekommt.
Ich bin weniger optimistisch. Der Kursverfall der festverzinslichen Anleihen ist noch in vielen Bilanzen nicht verarbeitet.