Furcht und Gier

Es ist nur eine der vielen Ironien in der Geschichte um die Milliardenpleite der Krypto-Börse FTX, dass das Versprechen der Anhänger einer dezentralisierten Krypto-Welt gerade nicht eingelöst wurde: die Abschaffung des Intermediärs.

IMAGO / NurPhoto

Im Zentrum des Problems steht offensichtlich, dass FTX nicht einfach eine Börse war, sondern eine Bank – oder genauer: ein unregulierter – und völlig intransparenter – Finanzintermediär. Auf ihr konnten nicht nur Kryptowährungen gehandelt werden, sondern sie bot ihren Kunden auch Kredite an. Dazu kamen Tokens, deren Wert an die Performance der FTX-Börse gebunden waren und die als Sicherheiten eingesetzt wurden: Die Bank finanzierte sich mit ihnen quasi selbst. Ein (von einer Branchenplattform ausgelöster und einem Konkurrenten befeuerter) Vertrauensverlust führte nun zu einem klassischen Bank-Run; FTX fehlte am Ende die Liquidität, um ihre Kunden auszuzahlen. Anlegern und Investoren drohen nun Milliardenverluste.

Neben der Binsenwahrheit, dass sie sich nicht hätten blenden lassen sollen, zeigt der Fall auch, dass es für Laien schwierig zu durchschauen ist, was hinter vermeintlich innovativen Angeboten steckt, analysiert die „Neue Zürcher Zeitung“ das Debakel. Anleger im „Schattensektor“ der Krypto-Branche müssten sich bewusst sein, dass sie schwer zu beurteilende Risiken eingingen und womöglich Opfer von Betrügern würden. Die Regulatoren sollten wiederum im Krypto-Bereich wie im herkömmlichen Banking Gleiches gleich behandeln: eine Börse wie eine Börse, ein Zahlungssystem wie ein Zahlungssystem, Geschäfte mit Einlagen, Krediten und Fristentransformation wie eine Bank. Zu hoffen sei, dass die FTX-Pleite in der Branche wie ein reinigendes Gewitter wirke, das zu mehr Transparenz und Nachfrage nach Regulierung führe.

Unbeschadet von der KryptoMaxx-Pleite legten die US-Börsen nach dem Kursfeuerwerk vom Donnerstag am Freitag noch eine Schippe drauf. Zum Wochenschluss griffen die Anleger insbesondere bei Technologiewerten zu. Hoffnungen auf eine weniger restriktive Geldpolitik stützten erneut die Märkte, nachdem am Donnerstag überraschend moderate Inflationsdaten veröffentlicht worden waren. Zwar ist die Rate mit 7,8 Prozent immer noch hoch, doch die Entwicklung zeigte in die richtige Richtung. Positive Impulse lieferte auch die leichte Lockerung der Corona-Beschränkungen in China, die die Weltkonjunktur belasten. Der technologielastige Nasdaq 100 stieg um 1,8 Prozent auf 11.817 Zähler. Für Donnerstag und Freitag zusammen ergibt sich damit ein Plus von 9,4 Prozent – der stärkste Zweitagesgewinn seit 2008. Der marktbreite S&P 500 kletterte am Freitag um 0,9 Prozent auf 3.993 Punkte; der Dow Jones Industrial legte um 0,1 Prozent auf 33.748 Zähler zu. Auf Wochensicht bedeutet dies einen Aufschlag von 4,2 Prozent.

Vor allem die in den vergangenen Monaten unter Verkaufsdruck geratenen Technologiewerte waren heiß begehrt. Sie hatten zuletzt stark unter der Aussicht auf eine weiterhin sehr restriktive Geldpolitik gelitten, denn hohe Zinsen schmälern den Barwert der erwarteten Gewinne. Am Freitag nun lieferten frische Konjunkturdaten erneut keine Argumente für eine allzu straffe Geldpolitik. Im November trübte sich das Verbrauchervertrauen merklich ein. Der Rückgang des von der Universität Michigan erhobenen Konsumklimas war zudem stärker als erwartet. Die Inflationserwartungen der Verbraucher legten nur geringfügig zu.

Die Lockerungen der strengen chinesischen Null-Covid-Politik ließen am Freitag vor allem die in den USA gehandelten China-Aktien sprießen: So zogen die Anteilsscheine des Online-Reisebüros Trip.com um 4,9 Prozent an und jene des Internet-Händlers JD.com um 6,3 Prozent. Auch die Ölpreise profitierten merklich von der leichten Lockerung der Corona-Regeln in China. So wurde die Zeit, die Einreisende in Quarantäne verbringen müssen, leicht verringert. An den Märkten wurde der Schritt als Hinweis gedeutet, dass die Volksrepublik gewillt sein könnte, ein Stück weit von ihrer strikten Linie abzuweichen.

An der Dow-Spitze profitierten die Anteilsscheine von Walgreens Boots Alliance von einer Kaufempfehlung der Deutschen Bank und schnellten um gut sieben Prozent in die Höhe. Analyst George Hill hat nun größeres Vertrauen in die Fähigkeit der Drogerie- und Apothekenkette, sich in ein Dienstleistungsunternehmen im Gesundheitswesen zu verwandeln. Um 33 Prozent nach oben ging es für die Aktien von Snail. Die Titel des Videospielentwicklers waren am Donnerstag an die Börse gegangen. Snail gab nun bekannt, dass der Vorstand des Unternehmens ein Aktienrückkaufprogramm genehmigt hat.

Die Hoffnung auf moderatere Zinserhöhungen in den USA hatte zuvor schon den DAX weiter nach oben getrieben. Zum Wochenschluss stand für den Leitindex ein Plus von 0,6 Prozent auf 14.225 Punkte zu Buche. Auf Wochensicht verbuchte der DAX damit einen Gewinn von 5,7 Prozent. Der MDAX der mittelgroßen Titel legte am Freitag mit 2,8 Prozent auf 25.975 Zähler noch deutlich stärker zu als der DAX.

Richtig in Fahrt gekommen waren die Aktienkurse am Donnerstagnachmittag, als die Verbraucherpreise in den USA im Oktober einen überraschend deutlich abgeschwächten Inflationsdruck anzeigten. Von einem „Paukenschlag durch die US-Inflation“ sprach die Landesbank Baden-Württemberg. „Gestern hat das Zinsgespenst erst einmal Reißaus genommen“, schrieb Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. Der Gipfel der Inflation in den USA sei wohl erreicht. Die Spitze des Leitzinses in den USA werde nach den Verbraucherpreisen vom Vortag nun bei fünf Prozent und nicht mehr bei 5,25 Prozent gesehen. Hiervon profitierten europaweit auch Immobilienwerte, bislang schwächster Sektor des Jahres.

Angeführt wurde der Dax von Zalando mit einem Plus von über zwölf Prozent. Seit Mittwoch gewannen die Papiere sogar fast 30 Prozent. Auch die Anteile des Essenslieferanten Delivery Hero brachten es in zwei Tagen auf fast 30 Prozent Plus. Am Freitag legten sie um knapp neun Prozent zu. Immobilienaktien wie Aroundtown und TAG setzten ihre Erholung fort und zeugten von weiter aktiven Schnäppchenjägern. Im SDAX der kleineren Börsentitel gewannen die Papiere des angeschlagenen Versorgers Uniper gut 18 Prozent.

Dagegen hat es der bisherige DAX-Jahresgewinner Deutsche Telekom schwer, weiter mit seinen Defensivqualitäten zu punkten. Die T-Aktien fielen vom jüngst erreichten höchsten Stand seit 20 Jahren um knapp drei Prozent zurück.

Nach bestätigter Prognose gewannen Papiere von Salzgitter im starken Branchenumfeld mehr als zwölf Prozent. Rohstoffwerte gehörten europaweit zu den größten Profiteuren der Hoffnungen auf eine Belebung der chinesischen Wirtschaft durch weniger Corona-Restriktionen sowie der moderateren Zinserwartungen.

Augenscheinlich wird der Stimmungsumschwung der vergangenen Wochen am „Fear & Greed Index“ von CNN. Nachdem dieser Anfang Oktober noch „große Furcht“ anzeigte, ist er jetzt mit einem Wert von 63 in den Bereich „Gier“ vorgestoßen.

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Kommentare ( 15 )

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Schlagsahne
1 Jahr her

FTX war wohl nach George Soros der zweitgrößte Spender für die Demokraten…

Fieselsteinchen
1 Jahr her

Und weshalb soll dann Deutschland monatlich 200 Mio Euro an die Ukraine zahlen? Das Ding lief von Washington über Kiew! Deutschland – die Zahldeppen der Welt? Milliarden fürs Klima noch in top! Und in Dummland geht das Licht aus!
Selenskyi kann sich gern mit Putin persönlich einigen bzgl Reparaturzahungen, aber kein Cent mehr aus Deutschland. Es hackt wohl!

nomsm
1 Jahr her

Leider vermischt der Artikel kryptowährungen und Intermediäre, wie Wallet—Anbieter. Im Falle von FTX hat der Anbieter sich an Kundengeldern vergriffen, dass ist nicht das erste Mal. Dafür wurden offensichtlich Gelder an die Demokraten weitergereicht, wobei ich davon ausgehe, dass der Umfang viel höher ist, als dass was offiziell bekannt ist. De facto wurde FTX aus diesem Grund gegründet. Hierzu lohnt es sich auf die Eltern des Herrn zu verweisen, die Professoren sind, aber auch im Bereich spendeneintreibung tätig sind. Tatsächlich lohnt es sich die Hintergründe auszuleuchten. FTX, dürfte wie wirecard eine Geldwaschmaschine gewesen sein. Wobei im Fall FTX auch kundengelder… Mehr

Richard28
1 Jahr her

US-Medien berichten, dass diese Firma FTX Steuergelder im Auftrage der US-Regierung in die Ukraine transferierte und später die Ukraine angeblich mittels FTX Gelder als Spende zur Wahl an die US-Demokraten gespendet habe.

fatherted
1 Jahr her
Antworten an  Richard28

Nicht nur das…die Ukraine soll explizite Militär-Hilfe die von der US-Regierung und dem Senat und Rep-House genehmigt wurde zur FTX transferiert haben und dann ein Teil dieses Geldes „zurück“ an die Demokraten geleitet (gewaschen) haben. Sprich die Dems haben sich über den Umweg Ukraine aus dem US-Steuersäckel bedient.Gute Beziehungen zwischen Herrn Biden sr. und jr. zur Ukraine bestehen ja. Nun fragt sich….ist das Geld weg? Haben die Dems das Geld schon „abgehoben“? Was wusste Biden? Und da regen sie sich bei CNN darüber auf, dass Trump ein paar Unterlagen mit nach Hause genommen hat. Wenn das alles auf den Tisch… Mehr

Tizian
1 Jahr her

Jedes Schneeballsystem kommt irgendwann zu seinem Ende. Auch die deutsche Rente… 😉 Natürlich wie gieriger, desto schneller bei FX und Co, je obrigkeitshöriger desto schleichsamer und dennoch unaufhaltbarerer bei dem größten Räuber.

Last edited 1 Jahr her by Tizian
Kassandra
1 Jahr her

Bei eine blogger, der sich auch in it auskennt, findet man heute, dass durch solche wie ftx der US Wahlkampf der Demokraten bezahlt worden sein soll. Er schreibt über „Dubiose Finanzzusammenhänge zwischen Kryptowährungen und Politik“ Danach hat man Gelder des amerikanischen Steuerzahlers in die Ukraine transferiert, nie geprüft, ob sie dort auch dem gewidmeten Zweck gemäß genutzt wurden, statt dessen über ftx „gewaschen“ und in andere Hände zurück geleitet – und die Dems hätten damit ihren Wahlkampf bezahlt. Was ja mit (deutscher) Entwicklungshilfe, wahrscheinlich nicht nur über Afghanistan, ähnlich gehandhabt wurde. Vielleicht jetzt über die Ukraine da, wo es, weil… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Kassandra
fatherted
1 Jahr her

Die Machenschaften die hier zu Tage getreten sind, haben erst mal grundsätzlich nichts mit Krypto-Währungen an sich zu tun….die Handelsplattform und deren Betreiber haben wohl zig Unterfirmen gegründet auf die das Kapital von Kunden „verschoben“ wurde. Zudem hat man ein System von sogenannten „Token“ kreiert….die dem Anleger suggerierten, dass bei Kauf dieser Token ein entsprechender Gegenwert an Aktien hinterlegt sei….dies war, so Stand heute, wohl nicht der Fall…und eben daraus generieren sich die enormen Verluste, auch von großen Hedge Fonds, anderen Banken und evtl. auch Pensionskassen in den USA. Das könnte zu einem Domino-Effekt führen…a la Lehman….mit Bitcoin und Co.… Mehr

Iso
1 Jahr her

Bei Kryptos hatte ich immer den Gedanken, wenn sich Habenichtse untereinander Bitcoin zu immer höheren Kursen verkaufen, die durch nichts gedeckt sind, dann ist das Narrengeld.

Traurigkeit
1 Jahr her
Antworten an  Iso

Man sollte Kryptos und Bitcoin nicht in den gleichen Topf werfen. Um den Unterschied zu verstehen sollte man sich mal näher mit Bitcoin befassen (im Bitcoin Space sagt man so als ungefähren Richtwert 100 Stunden sollten es schon sein).
Danach hat man einen anderen Blick auf Bitcoin. Und wenn man dann immer noch der Meinung ist, das Bitcoin Narrengeld ist, hat man zumindest etwas für seine finanzielle Bildung getan.

Iso
1 Jahr her
Antworten an  Traurigkeit

Im Bitcoin Space werden auch schon Kurse von 200.000 bis 400.000 Dollar gehandelt. Momentan findet der große Run leider in die andere Richtung statt. Wahrscheinlich sind das alles Leute, die Bitcoin nicht richtig verstanden haben, zu denen auch Elon Musk gehört. Aber lassen Sie sich ihren Enthusiasmus nicht nehmen, gehen Sie all in und belehren mich eines Bessere.

Traurigkeit
1 Jahr her

Es ist nur eine der vielen Ironien in der Geschichte um die Milliardenpleite der Krypto-Börse FTX, dass das Versprechen der Anhänger einer dezentralisierten Krypto-Welt gerade nicht eingelöst wurde: die Abschaffung des Intermediärs.

Trotz dieser ganzen Trubulenzen und Betrügereien löst Bitcoin dieses Versprechen weiterhin ein und wird es auch in Zukunft tun. Bei Bitcoin gibt es keinen CEO, keine Foundation oder sonstiges die über das Netzwerk entscheiden. Da gbit es keine Firmenkonstrukte und Verpflechtungen (so wie bei FTX oder auch Lehmann Brothers) im Hintergrund wo keiner weiß was passiert.

Andreas Spata
1 Jahr her
Antworten an  Traurigkeit

Stimme Ihnen vollumfänglich zu. Ausser dem von Ihnen genannten Ausschlüssen wie: keinen CEO, keine Foundation etc., gibt es außerdem keine Staatsbanken oder eine EZB die durch staatliche Maßnahmen Einfluss auf die Geldmenge nehmen (Anleihenkaufprogramme, ESM, Target II, Coronahilfen, Sondervermögen). Leider habe ich mich vor 5 Jahren hier bei Tichy von einem Artikel von Rainer Zitelmann Geldanlage: Für Bitcoin-„Anleger“ – so erkennt man Blasen abhalten lassen rechtzeitig in Bitcoin oder ETH einzusteigen. Zitelmann hat nicht erkannt oder gewusst welchen Vorteil Kryptos haben. Nämlich das „Staat(en)“ da raus sind. Bin derzeit leider nicht in Krypto investiert. Ganz ausser acht gelassen wird in… Mehr

Wiener
1 Jahr her

Verschiedene Quellen berichten, dass Milliarde Dollar „Hilfsgelder“ aus den USA in der Ukraine in ftx investiert wurden. Das Geld sei dann zurück geflossen – an die US Demokraten als Wahlkampf Spende.

https://www.thegatewaypundit.com/2022/11/breaking-exclusive-tens-billions-transferred-ukraine-using-ftx-crypto-currency-laundered-back-democrats-us/

MaximilianMueller
1 Jahr her
Antworten an  Wiener

Hatte ich auch schon gelesen. Geldwäsche in der Ukraine und dubiose Parteispenden über FTX. Zusammen mit dem Waffenschmuggel aus der Ukraine nach Nordosteuropa entsteht ein interessantes Bild.