Facebook-Absturz erschüttert die Börse

Ein Kurssturz um mehr als 25 Prozent an einem Tag ist selbst für die schwankungsfreudigen Nasdaq-Aktien nicht alltäglich.

IMAGO / NurPhoto

Am Donnerstag erwischte es die Meta-Aktie – nach der Mitteilung, dass die Zahl der Nutzer bei ihrer Social-Media-Plattform Facebook gesunken sei, verloren die Titel 26,4 Prozent an Wert. Dies entsprach einer verlorenen Marktkapitalisierung in Höhe von 252 Milliarden Dollar – dem höchsten Betrag, um den jemals die Bewertung eines Unternehmens an einem Tag korrigiert wurde.

Aufgrund der hohen Bewertung und starken Gewichtung von Meta in amerikanischen und auch internationalen Indizes betraf der Absturz sehr viele Investoren, die zum Beispiel als Besitzer von ETFs den Kollateralschaden abbekamen. Karsten Junius, Chefökonom der Bank J. Safra Sarasin, sieht derzeit ein grundsätzlich schwierigeres Börsenumfeld für Technologieunternehmen. Die US-Notenbank habe gerade den strafferen Kurs ihrer Geldpolitik angekündigt; man müsse sich auf höhere Zinssätze einstellen, so Junius. Bei der Berechnung der Unternehmenswerts führen höhere Zinsen indes dazu, dass für die Zukunft erwartete Gewinne aufgrund des höheren Diskontierungsfaktors heute einen geringen Wert haben. Dies trifft die Technologiekonzerne am stärksten.

Dass es bei der nächsten Fed-Sitzung im März zu einer Leitzinserhöhung um 0,5 Prozentpunkte kommen wird, ist in den vergangenen Tagen noch wahrscheinlicher geworden. Laut dem US-Arbeitsministerium ist die Zahl der Beschäftigten in den USA im Januar um 467 000 gestiegen. Auch die verbesserte Situation in der Pandemie könnte für die Technologiekonzerne negative Auswirkungen haben, da die Menschen ihr Konsumverhalten wieder in Richtung des „realen Lebens“ änderten, sagt Junius.

Wie der Blick auf die wertvollsten Unternehmen im Verlauf der Jahrzehnte zeige, gab es immer wieder Konzerne, für die sehr hohes Wachstum prognostiziert wurde, die diese Prognose aber später nicht bestätigten. Dies offenbart ein Blick auf die nach Marktkapitalisierung grössten Unternehmen im Börsenindex MSCI USA im März 2000, dem Höhepunkt der New-Economy-Blase. Das einzige Unternehmen, das auch heute noch zu den wertvollsten gehört, ist Microsoft. Andere Börsenlieblinge von damals wie Cisco, General Electric oder Intel haben mittlerweile bei der Gewichtung im MSCI USA massiv Federn gelassen.

Vor diesem Hintergrund kann die Konzentration von kapitalgewichteten Börsenindizes und internationalen Portfolios auf die amerikanischen Big-Tech-Aktien noch zum Problem werden. So gilt der Index MSCI World zwar als Welt-Aktienindex der Industrieländer, per Derzeit machen US-Aktien aber mehr als zwei Drittel aus. Das nächstgrössere Land ist Japan mit 6,3 Prozent. In der Liste der zehn Unternehmen mit der stärksten Indexgewichtung liegen Apple (4,9 Prozent), Microsoft (3,8 Prozent) und Amazon (2,3 Prozent). Auch Alphabet und Tesla sind unter den ersten zehn.

Apropos Alphabet; die Mutter des Internetkonzerns Google überraschte im Gegensatz zu Meta positiv. Der Konzern meldete für das vergangene Jahr eine Gewinnsteigerung um 89 Prozent auf 76 Milliarden Dollar und verdiente damit so viel wie noch nie. Nach dem Meta-Schock vom Donnerstag sorgte das am Freitag für etwas Beruhigung, zu der zudem Amazon und Snap beitrugen. Amazon verdiente im vierten Quartal des vergangenen Jahres sehr gut, und das Mutterunternehmen der App Snapchat verbuchte seinen ersten Quartalsgewinn.

Auch wenn sich nun der Wachstumsausblick nach dem E-Commerce-Boom während der Pandemie deutlich eingetrübt hat, zeigten sich die Anleger zufrieden. Amazon-Aktien zogen an der Nasdaq-100-Spitze um rund 14 Prozent an – auch deshalb, weil der Konzern angekündigt hatte, in den USA erstmals seit 2018 die Preise für seinen „Prime“-Dienst zu erhöhen. Damit stieg die Marktkapitalisierung des Unternehmens auf einen Schlag um gut 190 Milliarden US-Dollar – eine solche Wertsteigerung an einem Tag hatte zuvor noch nie ein US-Unternehmen geschafft.

Die wichtigsten Tech-Indizes konnten am Freitag deshalb einen Teil ihrer bitteren Vortagesverluste wieder aufholen. Der NASDAQ 100 stieg um 1,33 Prozent auf 14.694 Punkte. Der deutlich mehr Werte umfassende Nasdaq Composite gewann sogar 1,6 Prozent. Der den breiten Markt abdeckende S&P legte um 0,5 Prozent auf 4.501 Punkte zu. Nur der Dow Jones Industrial schloss praktisch unverändert, ganz leicht im Minus auf 35.090 Punkten. Auf Wochensicht bedeutet dies dennoch ein Plus von gut einem Prozent.

Auch die Kursrally des DAX ist im Januar gestoppt worden. Der Index der deutschen Schwergewichte verlor 2,6 Prozent. Nur einmal in den vergangenen zehn Jahren lief der Januar schlechter: 2016 rauschte der DAX um 8,8 Prozent in die Tiefe. Ein schlechter Jahresauftakt ist für den DAX allerdings nicht ungewöhnlich: 15mal endete der Januar zwischen 1988 und 2021 in der Verlustzone, elfmal stand am Jahresende dann gleichwohl ein Gewinn. Selbst den katastrophalen Start 2016 konnte der Index durch ein starkes Finale im Dezember noch drehen. Ein roter Januar ist also kein Drama.

An der Börse wird derweil die Frage diskutiert, ob es nach vielen Jahren wirklich ein Value-Comeback gibt. Steigende Zinsen sprechen für niedrig -bewertete Branchen, große Trends wie die Digitalisierung dagegen weiter für Wachstumswerte. Auch die Psychologie spielt eine wichtige Rolle: An der Börse haben viele verinnerlicht, dass Kurseinbrüche stets Kaufgelegenheiten sind. „Buy the Dip“ („Kaufe bei Rücksetzern“) lautete das Motto, sobald es mal um zehn Prozent nach unten ging. Der Dauer-optimismus wird jetzt auf die Probe gestellt.

Nach den starken Arbeitsmarktdaten aus den USA hatte sich die Talfahrt deutscher Aktien am Freitag zunächst verstärkt. Der Dax ging schließlich 1,8 Prozent tiefer bei 15.100 Punkten aus dem Handel, bevor er nachbörslich wieder anzog. Die von heftigen Schwankungen geprägte Woche beendete der deutsche Leitindex mit einem Abschlag von 1,4 Prozent. In diesem angeschlagenen Marktumfeld sackte am letzten Handelstag der Woche auch der MDax deutlich ab und ging 1,7 Prozent tiefer bei 33.081 Punkten aus dem Handel.

Wie labil die Börse derzeit ist, zeigt ein Blick auf den Versicherungskonzern Talanx (HDI), der überraschend ein Jahr früher als geplant seinen ersten Milliardengewinn meldete. Der Überschuss von 2021 liege nach vorläufigen Zahlen bei 1,01 Milliarden Euro, teilte das Unternehmen am Donnerstagabend mit. Mit dem Kurs ging es am Freitag dennoch abwärts.

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Kommentare ( 9 )

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Micci
2 Jahre her

„Das Gleiche sollte auch Google wiederfahren“
Seit neulich dieses eine dämliche Doodle uns framen wollte, wie toll das doch ist, wenn man sich als Nicht’gepiekster‘, so wie die anderen, doch noch die Gen-Suppe reinjagen lässt, verwende ich nur noch „DuckDuckGo“ – und bemerke kaum einen Unterschied, außer, dass ich nun woken Linksgedrehten keine Klicks mehr biete.

Edwin
2 Jahre her

Späte Einsicht, besser als nie!
Ich kann es nicht nachvollziehen, was die Leute dazu drängt, ihr gesamtes Privatleben in der Öffentlichkeit zu teilen und dabei ihre persönlichen Daten und intimsten Sehnsüchte und Wünsche offenzulegen.

Ex-Werder-Fan
2 Jahre her

Sehr gut. Ende März geht Truth Social live, die neue Social Media Plattform von Donald Trump. Ich bin bereits Aktionär und hoffe, dass viele weitere Nutzer Facebook den Rücken kehren.

Armin Reichert
2 Jahre her

Mir konnte bis jetzt niemand einen Grund nennen, warum ich Facebook, Meta, WhatsApp oder Instagram nutzen sollte. Es gibt Dinge im Leben, die lässt man einfach weg.

ComputerMann
2 Jahre her

BigInternet zensiert radikal und willkuerlich im Sinne einer winzigen Geld- und Machtelite. Man will das Volk auch weiterhin am Nasenring durch die Manege fuehren.

Hier habe ich alternative Dienste aufgelistet, die BigInternet weitgehend ersetzen koennen. Ich verdiene daran nichts: http://78.47.40.118/

Thrym
2 Jahre her

Wenn man noch trockenes Pulver hat, ist das gerade wie ein wunderbarer Traum. Endlich konnte ich mir eine Palantir für 11 Euro ins Depot legen und eine Biontech für 130 Euro deutlich aufstocken. Bin fast euphorisch, gerne noch weiter runter.

ComputerMann
2 Jahre her

Das Schlimmste bei FB ist die Zensur pro BigMoney und BigPharma.

ComputerMann
2 Jahre her

Wem seine Freiheit lieb ist:

Linux PC

OpenOffice

PrivatServer am DSL Modem

DeltaChat als Messenger (aus Deutschland)

TELEGRAM als Plattform der Freien Rede (auch wenn von Russen finanziert, das ist erstmal egal)

GNUpg als sichere Verschluesselung

Lokalen Linux Experten bezahlen, statt Apple und Google ihre Info-Gefaengnisse ausbauen lassen.

Albert Pflueger
2 Jahre her
Antworten an  ComputerMann

Ja. Ist super. Aber ich kann kein Linux. Mehrfach versucht, aufgegeben. Apple und Enthaltsamkeit in Social Networks muß reichen.