Die Börse zum japanischen Sternenfest

Das Thema Zölle bleibt erstmal erhalten, Start der US-Berichtssaison verspricht eine gute Gewinnentwicklung. Daneben hat die US-Wirtschaft im Juni mehr Arbeitsplätze geschaffen als erwartet und der IWF bescheinigt Deutschland "Gegenwart gut, Zukunft schlechter" und empfiehlt stärker in Aus- und Weiterbildung sowie in Zukunftsbereiche der Wirtschaft zu investieren.

AFP/Getty Images

Strafzölle — das Thema hält Börsianer in Atem. Wie stark die Belastung etwa der Kurse deutscher Automobilaktien wegen der drohenden US-Importzölle ist, wurde sichtbar, nachdem Spekulationen über ein angeblich mögliches Nulltarif-Abkommen die Runde gemacht hatten. Amerikaner würden auf ihre angedrohten Maßnahmen verzichten, wenn die Europäer ihre bereits bestehenden Tarife auf US-Autoimporte auf null senkten, hieß es da. Die Papiere von BMW, Daimler und Volkswagen sprangen an, die Aktien von Autozulieferern wie zum Beispiel Continental im DAX oder Leoni im MDAX, gaben ebenfalls Gas. Der Leitindex nahm Fahrt auf und bewegte sich kurzzeitig wieder in Richtung der 200-Tage-Linie. Das war nach den vorausgegangenen Verlusten erfreulich. Tags darauf jedoch folgte schon die Ernüchterung, der faktisch gewordene Zollkrieg zwischen den USA und China dämpfte die Kauflaune erneut. Das Thema Zölle bleibt Börsianern leider erhalten. Die Hoffnungen ruhen nun auf der US-Berichtssaison, die kommende Woche anläuft und wegen der guten Gewinnentwicklung wohl positive Nachrichten bringt. Der Sprung über die 200-Tage-Linie dürfte dem Leitindex angesichts des Umfelds aber auch kommende Woche schwerfallen.

Die Anleger an der Wall Street haben am Freitag dank gut aufgenommener Arbeitsmarktdaten die Angst vor den Auswirkungen der globalen Handelskonflikte dagegen erst einmal verdrängt. In der Spitze sogar bis auf 24.520 Punkte gestiegen, brachte der Dow Jones Industrial immerhin ein Plus von 0,4 Prozent auf 24.456 Punkte über die Ziellinie. Seinen Zugewinn in dieser Handelswoche baute er damit auf fast 0,8 Prozent aus.

Andere Indizes schlugen sich noch besser als der Dow: Der marktbreite S&P 500 legte um 0,9 Prozent auf 2.760 Punkte zu und für den Technologiewerte-Auswahlindex NASDAQ 100 ging es sogar um 1,5 Prozent auf 7.,207 Punkte bergauf. Gute Nachrichten gab es hier vor allem aus dem Biotech-Sektor mit einer Kursrally bei den Biogen-Aktien.

Die New Yorker Börsen profitierten allgemein davon, dass die US-Wirtschaft im Juni mehr Arbeitsplätze geschaffen hat als erwartet und die Lohnentwicklung weiterhin nur verhalten blieb. „Dies dämmt den Inflationsdruck ein und bringt so die Notenbanker von der Fed bei ihrem Zinserhöhungskurs nicht weiter in Zugzwang“, sagte ein Marktbeobachter.

Der Zollstreit zwischen den USA und China ging zu Wochenschluss mit gegenseitigen Sonderzöllen in die nächste Runde, was unter Anlegern aber schon seit Tagen viel diskutiert worden war. Die schweizerische Bank Credit Suisse gibt bis dato aber noch Entwarnung: Laut dem Marktexperten John Woods signalisieren die jüngsten Wirtschaftsdaten sogar eine beschleunigte Dynamik.

Bei den Einzelwerten ragten die Aktien des Biotech-Unternehmens Biogen nach einem Erfolg bei einem möglichen Alzheimer-Medikament an der Nasdaq, mit einem Kurssprung um fast 20 Prozent heraus. In einer Phase-II-Studie mit Alzheimer-Patienten in einem frühen Stadium, habe der Antikörper BAN2401 das Fortschreiten der Krankheit deutlich verringert, teilten Biogen und sein japanischer Partner Eisai mit.

Für Gesprächsstoff sorgten Spekulationen über einen Einstieg von JPMorgan bei der Deutschen Bank. Die US-Großbank dementierte allerdings das von der „Wirtschaftswoche“ kolportierte Interesse. Für die Papiere von JPMorgan waren die Gerüchte denn auch kein Kursbeweger: mit einem moderaten Aufschlag von 0,33 Prozent schlossen sie fast gleichauf mit dem Markt.

Gegenwart gut, Zukunft schlechter, so lässt sich der jüngste Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands zusammenfassen. Zwar erwartet der IWF für dieses und nächstes Jahr mit 2,3 beziehungsweise 2,1 Prozent Plus recht ordentliche Wachstumszahlen. Danach dürfte es allerdings Schritt für Schritt bergab gehen — bis auf einen Wert von 1,1 Prozent im Jahr 2023. Laut IWF sollte der Staat angesichts der ungünstigen Demografie und einer schwachen Produktivitätsentwicklung stärker in Aus- und Weiterbildung sowie in Zukunftsbereiche der Wirtschaft investieren.

Die einen nennen ihn einen linken Nationalisten, die anderen einen mutigen Reformer. So oder so kann sich Andrés Manuel López Obrador nach seinem deutlichen Wahlsieg am vergangenen Sonntag in Kürze auf jeden Fall mexikanischer Präsident nennen. Die Börsen haben allerdings wenig euphorisch darauf reagiert. Die Kurse in Mexiko-Stadt gerieten ebenso unter Druck wie der mexikanische Peso. Für Kim Catechis, Fondsmanager des Legg Mason Martin Currie Global Emerging Markets Fund, sind die politischen Risiken in Mexiko gestiegen: „Der Sieg von López Obrador bedeutet eine bisher nie da gewesene Veränderung der Art und Weise, wie die Wirtschafts- und Sozialpolitik des Landes in den letzten drei Dekaden gesteuert wurde.“ Befürchtet wird etwa, dass Obradors Partei die von der jetzigen Regierung vorangetriebenen Strukturreformen ablehnt, speziell im Energiebereich. Zweitens wird erwartet, dass Obrador versuchen wird, neue Schulden aufzunehmen — was die Kreditwürdigkeit Mexikos beeinträchtigen könnte. „Für den Kapitalmarkt heißt das: Die unangenehme Unsicherheit hält weiter an“, glaubt Catechis — auch deshalb, weil der designierte Präsident erst im Dezember sein Amt antreten wird.

Untersuchungen zum Thema wachsende Ungleichheit beim Einkommen finden seit Jahren hohe Resonanz. Das gilt auch für eine neue Studie der Ifo-Wissenschaftler Andreas Peichl und Paul Hufe zusammen mit ihrem Kollegen Ravi Kanbur (Cornell University). Derzufolge ist in Europa das Einkommen der Menschen in den Niederlanden, Finnland und Norwegen am gleichmässigsten verteilt. In einer Übersicht von 31 Ländern folgen Frankreich, Island, Belgien und Deutschland, dann Tschechien und Malta. Am Ende finden sich Rumänien, Italien und Litauen. Das Besondere: „Wir haben ein neues Maß der ‚unfairen Ungleichheit‘ entwickelt. Für die Berechnungen werden erstmals zwei Dinge miteinander kombiniert, nämlich die philosophischen Konzepte der Chancengerechtigkeit und der Abwesenheit von Armut“, sagt Peichl. „Das neue Maß berücksichtigt, dass Einkommensungleichheit per se nicht schlecht sein muss.“ Stattdessen werden die Ursachen von Ungleichheit analysiert und in faire und unfaire Faktoren zerlegt. Unfaire Ungleichheit entstehe demnach durch die Existenz von (relativer) -Armut oder die Abwesenheit von Chancengerechtigkeit. Faire Ungleichheit hingegen lässt sich auf individuelle Anstrengung und Leistung zurückführen.


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