Die Balearen wollen bessere Gehälter und niedrigere Mieten

Mallorca und Ibiza haben genug vom uferlosen Massentourismus. Ein Moratorium für die Vergabe von Ferien-Vermietungslizenzen und eine Erhöhung der Touristensteuer soll den enormen Anstieg der Lebenskosten stoppen.

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Charly Bosch ist kein Tourist. Er lebt und arbeitet auf Mallorca. Der Stuttgarter erfindet. Auf der Baleareninsel hat er eine alte Marke, den Rennwagen Loryc, wieder auf Vordermann gebracht. Er hat aus dem Oldtimer ein attraktives, wenn auch nicht ganz billiges Elektroauto gemacht (Preis: 150.000 Euro).

Bosch ist das beste Beispiel, wie sich die Einwohner der Balearen das Wissen und die Vernetzung der vielen Tausenden Ausländer, die auf den Inseln leben und arbeiten, zu Nutzen machen könnten: „Aber bisher fehlt es noch etwas an Engagement und networking zwischen beiden Kulturen. Wir könnten viel mehr zusammen machen.“ Bisher gilt seine Version vom Loryc immer noch als eine „verrückte Idee“. Die Vermarktung steht noch nicht, trotz des technischen Erfolgs.

Weniger Gehalt, höhere Preise: Die Rechnung geht nicht auf

Aber das könnte sich schon bald ändern. Denn die Balearen wollen mit ihren jüngsten Gesetzesänderungen nicht die Ausländer vergraulen, die soviel Geld auf die Inseln gebracht haben, aber sie wollen dem Massentourismus einen Riegel vorschieben und neue Einnahmequellen für die Inseln finden. Die deutsche Alexandra Wilms ist deswegen nicht nur die Sprecherin des balearischen Tourismusministers, wo sie deutsche mit mallorquinischen Interessen verbinden kann, sondern sie ist auch selber von dem in diesem Jahr ausufernden Massentourismus betroffen: „Verstopfte Strassen, Umweltverschmutzung und Preisanstieg, das ist hier im Sommer Alltag. Die Lebensqualität für uns Bewohner muss sich wieder verbessern.“

Auch deswegen wird die Lizenz, die notwendig ist, um Wohnungen und Häuser an Urlauber zu vermieten, erst wieder in 12 Monaten vergeben und mit wesentlich höheren Auflagen, die noch nicht alle klar sind. Auch die Immobiliensteuern wurden erhöht, damit der Ausverkauf einiger Inseln wie Ibiza und Mallorca gestoppt wird.  „Das war ein notwendiger Schritt. Für die Einheimischen ist das Leben auf den Balearen bei den in Spanien üblichen niedrigeren Gehältern kaum noch erschwinglich. Bei 15 Mio. Urlaubern in 2016 sind die Mieten enorm gestiegen,“ sagt Anwalt Tim Wirth, der selber Spezialist für Immobilienrecht ist und sein Büro in Palma unterhält.

Auf den Balearen ist die Kaufkraft der Einwohner zwischen 2009 und 2015 um 3,4 Prozent gesunken, während die Mieten allein in diesem ersten Halbjahr 2017 im Jahresvergleich um ganze 34 Prozent auf 13,5 Euro/m2  gestiegen sind. Das ist das Ergebnis der Marktstudie des spanischen Immobilienportals idealista.  Das hier das Limit erreicht wurde, sieht auch der deutsche Unternehmen Matthias Meindel. Dem Immobilien-Investor wurde zwar erstmal ein Strich durch die Rechnung gemacht bei der Vermietung seines Dorfhauses, aber er hofft, dass die Tourismusbranche dort, wo er investieren will, in den kleinen Städten im Landesinneren von Mallorca, nach dem 12 Monats-Stopp doch noch Lizenzen vergeben wird.

Für deutsche Ferienwohnungsvermieter ist die Party vorbei 

In der Zwischenzeit ist jedoch erstmal low-profile angesagt. Marleen De Koop aus Holland hat ihre Airbnb-Anzeige wegen der angekündigten Strafen von ab 40.000 Euro für Anbieter und bis zu 400.000 Euro für Vermittler erstmal zurückgezogen: „Auf Ibiza ist das in den vergangenen Jahren eine riesige Einnahmequelle für mich gewesen. Ob sich die Vermietung unter den neuen Bedinungen für mich lohnen wird, wage ich zu bezweifeln.“ Die Hausbesitzerin rechnet außerdem nicht damit, dass man ihr nach einem Jahr in San Antonio, einer der touristischen Hochburgen der Insel, eine Lizenz für die Ferienvermietung geben wird. Die Balearenregierung hatte bereits angekündigt, dass diese vor allem in weniger besiedelten und touristischen Gebieten vergeben werden, um die Urlauber und ihre Ausgaben gerechter zu verteilen.

Das Geschäft war einfach für deutsche Wohnungsbesitzer. Sie kauften ihr Haus oder Appartment auf Mallorca, vermieteten offiziell nur für friends und family. Gerne auch unter Landsmännern: Allein 4,5 Millionen Deutsche besuchten die Balearen 2016. In diesem Sommer wurden die Zahlen nochmal getoppt, was auch daran lag, dass deutsche Destinationen wie die Türkei ausfielen. „Das hat zu Preisexplosionen bei den Vermietungen geführt, die wir bei aller Liebe zum Tourismus nicht zulassen können,“ sagte der Vize-Präsident der balearischen Regierung, Gabriel Barceló.

Ab kommenden Jahr zahlen deswegen internationale Besucher drei statt 1,50 Euro am Tag an Touristensteuer und das gilt auch für Kreuzfahrt-Touristen. Mit dem neuen Geld soll eine bessere Infrastruktur für diese Art von Tourismus geschaffen werden. „Sie fallen im Sommer regelrecht über Palma her. Riesige Tanker mit 4.000 an Bord, die nur wenige Stunden bleibten. Das ist sehr gutes Business für Bars und Geschäfte, aber es macht noch viel mehr kaputt,“ sagt Stefan Greim, der auf der Insel lebt und arbeitet.

Ibiza ist unerschwinglich geworden

Gemäss der Internetseite Holidu ist Ibiza inzwischen der teuerste Fleck Spaniens. Hier kostete in diesem Sommer eine Nacht in einer Ferienwohnung am Strand für zwei Personen im Durchschnitt 314 Euro, das ist das Niveau eines Fünf-Sterne-Hotels. Dieser Trend hat auch den Wohnungsmarkt der Einheimischen und arbeitenden Bevölkerung erreicht, die sich in vielen Fällen nicht mehr leisten können, auf ihren Inseln zu leben. „Viele der Saisonarbeiter auf Ibiza mussten in Turnhallen untergebracht werden, weil es einfach keinen freistehenden Raum mehr gab,“ berichtet Anwalt Wirth.

Die Regierung der Balearen hat jetzt ein Limit festgelegt: Es dürfen nicht mehr als 623.624 Urlauber gleichzeitig auf den vier Inseln sein. Anbieter von touristischem Wohnraum müssen zudem in Zukunft zum Erwerb der Ferienvermietungs-Lizenz Betten auf einer virtuellen Börse kaufen, wie das auch Hotels in Zukunft müssen. Nach dem Moratorium werden rund 40.000 davon an den Markt gegeben und alle, die noch hinzukommen, weil Hotels oder Hostals geschlossen werden.

Immobilienpreise werden tendenziell nach unten gehen

Mit den neuen Reglungen sollen die Mieten zumindest stabil gehalten werden, mehr Wohnraum auf den normalen Markt kommen und damit auch die Preise insgesamt gedrückt werden“, sagt Enrique Alvarez Bernardo vom Palma-Büro der Kanzlei Cuatrecasas, der auch darauf hinweist, dass mit dem neuen Gesetzeswerk auch die Umwandlung von Büroraum in Ferienwohnungen ein Riegel vorgeschoben wurde: „Was passieren wird auf dem Markt, ist, dass Häuser und Wohnungen mit touristischer Lizenz enorm an Wert gewinnen und die ohne an Wert verlieren werden.“

Zu den größten Geschädigten auf der anderen Seite gehören Vermittler wie Hundredsroom, die ihren Sitz auch auf Mallorca haben oder Airbnb. Sollten Angebote auf ihren Webseiten stehen, die illegal sind, können nicht nur die Vermieter, sondern auch sie mit bis zu 400.000 Euro Strafe belangt werden. In Barcelona hat die Bürgermeisterin Ada Colau diesen Weg der Bestrafung von Schwarzvermietungen an Touristen schon vor geraumer Zeit einen Riegel vorgeschoben: „Dieses Angebot stört Wohngemeinschaften und kann nicht nur Spekulation bei Immobilien erzeugen, es kann auch den Frieden zwischen Urlaubern und Einheimischen, der bisher in ganz Spanien geherrscht hat, kaputt machen. Das wollen wir nicht,“ hatte sie ihren Schritt begründet.

Erfinder und Wahl-Mallorquiner Charly Bosch hofft nur, dass die Balearen-Regierung wie versprochen im Zuge dieser Aktionen auch die Ansiedlung von Start ups steuerlich attraktiver macht und die richtige Infrastruktur für Unternehmer wie ihn schafft: „Die Inseln haben ein normes Potenzial und Mallorca mit all seinen Kreativen und erfolgreichen Unternehmern von Camper bis Iberostar ist ein Beispiel, wie man Arbeitsplätze schaffen kann, die nicht  saisonsabhängig sind.“

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Kommentare ( 8 )

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8 Comments
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Martin
7 Jahre her

Tja, so läuft das eben im südlichen Europa.
🙂

Erwin2016
7 Jahre her

Wie soll das gehen? Wünschen kann man sich ja viel.

Harald Kampffmeyer
7 Jahre her

Das ist der Stoff aus dem die freuchten Träume staatsbürokratischer Planwirtschaftler gemacht sind. Einen Markt durch Einsatz tausender Beamtenstunden nicht nur einer Makro- sondern auch einer Mikrosteuerung unterwerfen. Eigentumsrechte nur noch formal als leere Hülle. Anträge, Lizenzen, Genehmigungen / Versagungen, Auflagen, Verwaltungsvorgänge, Gebühren, „Lenkungssteuern“, Strafen für willkürlich erfundene Verstöße gegen willkürlich gesetztes Recht – da lacht das Herz eines jeden Sozialisten. Alles für das Gemeinwohl, versteht sich (was gleich ist mit üppigem Wachstum der Bürokratie).

Erwin2016
7 Jahre her

Die müssen dort ganz vorsichtig agieren, sonst sind die ganz schnell abgehaengt. der Boom beruht auch auf den günstigen Flugpreisen. Außer dem Wetter was ist dort so toll? das Essen gibt es hier an jeder Ecke , auch die Zutaten. Abseits Strandliegen usw. ist Deutschland zehnmal vielfältiger! Man kann hier soviel machen und sich ansehen.

Fitzibitz mit Armbrust
7 Jahre her

Also wenn ich den Artikel richtig verstehe, dann glaubt man ernsthaft, dass eine Verknappung vom Ferienwohnungen die Preise senken wird …

Ibiza ist doch nix anderesals Sylt – ein „Normalo“ kann sich auch eine Wohnung auf Sylt nicht leisten …

Gerd Sommer
7 Jahre her

Auch auf den Balearen und auf dem Festland agitieren die GRÜNEN, Hauptsache das Geschäft kaputt machen und die blöden Touris Erdolf in die Hände treiben…

Martin
7 Jahre her
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Matthias Losert
7 Jahre her

Wie viele Menschen erträgt ein Wirtschaftsraum? – Die Balearen sind einer staatl. Regelung statt marktwirtschaftlichen Regelung aufgeschlossen.
Daher: eine Obergrenze für Touristen durch beschränkte Bettenzahl.