Galt China in den vergangenen zehn Jahren als Wachstumslokomotive der Weltwirtschaft, schauen Ökonomen und Börsianer nun besorgt ins Reich der Mitte, vor allem der Immobilienmarkt macht Sorgen. Zum Wochenausklang verdrängten die Anleger in New York allerdings die Gefahren, die aus China drohen.
Es ist erstaunlich, wie schnell sich das Blatt wenden kann: Galt China in den vergangenen zehn Jahren als Wachstumslokomotive der Weltwirtschaft, schauen Ökonomen und Börsianer nun mit Sorgen ins Reich der Mitte. Insbesondere der Immobilienmarkt macht Sorgen. In der vergangenen Woche stand der Entwickler Country Garden im Mittelpunkt dieser Sorgen. Bislang hatte man den Eindruck gehabt, dass es sich bei dem Unternehmen um einen der wenigen chinesischen Bauentwickler handelte, die trotz der sich zuspitzender Krise auf soliden Beinen stehen. Nun lesen sich die jüngsten Nachrichten wie ein Hilfeschrei: „Die Liquidität des Konzerns steht unter noch nie da gewesenem Druck“, teilte die Firma am Mittwoch mit. Man sei überrascht von „Dauer und Ausdehnung des Abwärtstrends“. Bei einer weiteren Verschlechterung der Situation werde man eventuell nicht mehr allen Zahlungsverpflichtungen nachkommen können.
Die chinesische Immobilienwirtschaft tut sich seit drei Jahren schwer. Während des ersten Lockdowns, im Sommer 2020, erhöhte die Regierung in Peking die Anforderungen für die Vergabe neuer Kredite, um die Luft aus dem damals noch überhitzten Markt zu nehmen. Damit löste sie einen Dominoeffekt aus, dessen Folgen bis heute nachwirken. Börsianer erinnern sich: Als erstes kam der mit über 330 Milliarden Dollar verschuldete Evergrande-Konzern zu straucheln, der die Kurse von Unternehmen auch anderer Branchen und in anderen Regionen der Welt unter Druck setzte. Nun droht mit der Schieflage von Country Garden dasselbe Ungemach. Allein im Halbjahr musste Country Garden einen Verlust von umgerechnet mehr als 6,5 Milliarden Euro hinnehmen. Bis Ende 2022 ist der Schuldenberg bereits auf rund 190 Milliarden Dollar gestiegen.
Als Notmaßnahme kündigte die Unternehmensleitung nun an, an der Hongkonger Börse Aktien auszugeben, um mit den Erlösen einen Teil der Kredite zurückzuführen. Wer diese Aktien kauft und ob genug Geld eingesammelt werden kann, um eine Umschuldung erfolgreich umzusetzen, steht derzeit noch in den Sternen. Dass sich die Lage auf absehbare Zeit entspannen wird, scheint unwahrscheinlich. Der Verkauf neuer Immobilien ging im Juli nochmals um über 34 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurück, meldete das chinesische Statistikamt. Wenn man sich vor Augen führt, dass sich damals noch weite Teile des Landes im Corona-Lockdown befanden, verheißen diese Zahlen nichts Gutes.
Die Hoffnung der Marktteilnehmer, die Regierung könnte den notleidenden Unternehmen beispringen, hat sich bislang auch nicht erfüllt. Nur punktuell gibt es staatliche Maßnahmen, um die Krise zu entschärfen: Diese Woche etwa haben die südchinesischen Städte Guangzhou und Shenzhen den Zugang zu niedrigen Hypothekenzinsen für Erstkäufer von Eigenheimen erleichtert.
In der Volksrepublik gehört der Baugrund allein dem Staat. Sowohl Unternehmen als auch Bürger können allerdings der Erbpacht vergleichbare, zeitlich begrenzte Nutzungsrechte erwerben. Das staatliche Monopol hat den Lokalregierungen seit der Jahrtausendwende ein scheinbar unbegrenztes Füllhorn beschert: Wann immer sie neues Geld brauchten, konnten sie weitere Nutzungsrechte von Baugrund verkaufen. Gleichzeitig hat der Staat stets versucht, das Angebot künstlich gering zu halten, um die Preise hoch zu halten.
Der Staat verantwortet somit höchstselbst die Immobilienblase – um jeweils seine kurzfristigen Finanzprobleme zu lösen. Die „Neue Zürcher Zeitung“ zitiert in diesem Zusammenhang den Ökonomen Xu Chenggang von der Stanford-Universität, der den Wert sämtlicher Immobilien in China höher schätzt als den Wert der Liegenschaften in den USA und der EU zusammen – einem Wirtschaftsraum also, der doppelt so leistungsstark ist wie der chinesische. Eine Rosskur scheint unausweichlich. Ökonomisch steht dabei viel auf dem Spiel: Aus dem Bausektor resultiert knapp ein Drittel der chinesischen Wirtschaftsleistung.
Zum Wochenausklang verdrängten die Anleger in New York allerdings die Gefahren, die aus China drohen. Anzeichen für eine Abkühlung des US-Arbeitsmarktes untermauerten am Freitag die Hoffnungen auf eine Zinspause der Fed, so dass die New Yorker Börsen wieder etwas Schwung aufnahmen. Der Dow Jones Industrial legte um 0,3 Prozent auf 34.835 Punkte zu. Damit machte der Leitindex den Rücksetzer vom Vortag großteils wett. Für den am Donnerstag ebenfalls schwächelnden marktbreiten S&P 500 ging es um 0,2 Prozent auf 4.515 Punkte hoch. Der als besonders zinssensibel geltende technologielastige Nasdaq 100 sank hingegen um 0,2 Prozent auf 15.479 Zähler. Gleichwohl ist er unter den drei Indizes seit Jahresbeginn mit Abstand am besten gelaufen. Allein für die zu Ende gehende Woche steht ein Plus von 3,5 Prozent zu Buche.
Auf Unternehmensseite rückte Dell mit Quartalszahlen und einem Kurssprung von 24 Prozent in den Blick. Der Umsatz des PC-Herstellers sank weniger stark als befürchtet, was Hoffnungen auf eine Trendwende im zuletzt tristen PC-Markt nährte.
Bei der Sportbekleidungskette Lululemon, die ebenfalls ihren Zwischenbericht vorlegte, konnten sich die Anleger dank angehobener Jahresziele über einen Kursgewinn von 4,2 Prozent freuen.
Broadcom-Aktien büßten hingegen 5,4 Prozent ein. Der Hersteller von Elektronikchips für Konzerne wie Apple enttäuschte mit dem Geschäftsausblick für das laufende Quartel. Analysten sahen Schwächen in den Prognosen für das Netzwerk- und Breitbandgeschäft, während der Ausblick in Summe von Anwendungen rund um das Thema Künstliche Intelligenz profitiert habe.
Um 3,6 Prozent bergab ging es für Dow-Schlusslicht Walgreens Boots Alliance, nachdem die Drogeriekette den Rücktritt der Chefin Rosalind Brewer mitgeteilt hatte. Zudem rechnet der Konzern damit, dass der Gewinn je Aktie im laufenden Geschäftsjahr am unteren Ende der Zielspanne liegen wird.
Die Papiere des Elektroautobauers Tesla sackten um 4,2 Prozent ab. Der Konzern senkte in China die Preise für einige seiner Modelle um teils fast ein Fünftel und setzt damit die Konkurrenz, vor allem die aus Europa, weiter unter Druck.
Vorher war es am ersten Handelstag im September am deutschen Aktienmarkt abwärts gegangen. Nach dem mit Spannung erwarteten Arbeitsmarktbericht aus den Vereinigten Staaten stiegen die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen kräftig. Der Dax legte im Gegenzug den Rückwärtsgang ein und verlor 0,7 Prozent auf 15.840 Punkte. Gebremst wurde der Index vor allem von den Kursverlusten der Automobilaktien. Die Preissenkungen, die Tesla für Modelle im Wachstumsmarkt China angekündigt hatte, setzt die Konkurrenz aus Europa unter Druck, ebenfalls die Preise zu senken. Aktien von Mercedes, BMW und Porsche AG verloren zwischen 2,5 und 3,6 Prozent.
Trotz der Verluste am Freitag konnte der Dax ein Wochenplus von 1,3 Prozent einfahren. Der MDax der mittelgroßen Titel schloss praktisch unverändert bei 27.813 Zählern.
Auf der Gewinnerseite sorgte eine Kaufempfehlung von JPMorgan für die Beiersdorf an der Dax-Spitze für ein Kursplus von 1,1 Prozent.
Die Aurubis-Aktie sackte dagegen um 6,1 Prozent ab. Der Kupferkonzern strich seine Jahresprognose, weil er davon ausgeht, erneut Opfer von Metalldiebstahl geworden zu sein. Das Ausmaß des Schadens könne noch nicht sicher festgestellt werden, hieß es. Auch Salzgitter, die knapp 30 Prozent an Aurubis halten, wurden davon zeitweise belastet. Steigende Preise im Stahlsektor glichen dies aber im Tagesverlauf mehr als aus. Die Aktien legten zu Handelsschluss als einer der besten SDax um ein Prozent zu. Die Fielmann-Aktien gewannen an der Indexspitze 8,7 Prozent. Die Optikerkette rechnet nach dem Abschluss der Übernahme des US-Konkurrenten SVS Vision im laufenden Jahr mit mehr Umsatz.
Der Euro profitierte nur vorübergehend vom US-Arbeitsmarktbericht und wurde zuletzt mit 1,0790 US-Dollar gehandelt. Im Rentenhandel fiel die Umlaufrendite von 2,53 Prozent am Vortag auf 2,50 Prozent.
Auch in der neuen Woche dürften der chinesische Immobilienmarkt, die Zinserwartungen und die Renditen an den Anleihemärkten über das Wohl und Weh an den Aktienbörsen entscheiden. Die Renditen gingen jüngst etwas zurück, die Verzinsung zehnjähriger US-Staatsanleihen sank von in der Spitze 4,37 Prozent auf nahe vier Prozent. Das stützte die Aktienkurse.
„Für die Finanzmärkte stehen in der neuen Woche wenige Daten und nur indirekte Hinweise zum wichtigen Überthema Inflationsentwicklung an“, schreibt die Commerzbank in ihrem Ausblick. In Deutschland seien dies die Juli-Daten zu Auftragseingängen und Produktion am Mittwoch. Sie sollten zeigen, dass die deutsche Industrie zunehmend unter der weltweiten massiven geldpolitischen Wende leidet. Hier dürfte die schwache Nachfrage mehr und mehr auf die Produktion durchschlagen und die Auftragseingänge nach zwei guten Monaten wieder schrumpfen.
Mit der 70. Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA), die am Dienstag in München eröffnet wird, dürfte zudem erneut die Autobranche in den Fokus rücken. „Die einstige Vorzeigebranche Deutschlands hat zu kämpfen“, stellt die Commerzbank fest. Gewaltige Auftragspolster seien mittlerweile aufgezehrt, die Auftragslage werde schlechter. Das spiegele sich auch an den Börsen wider. So sei zwar der europäische Autosektor seit Jahresbeginn deutlich gestiegen; im internationalen Vergleich führen deutsche und europäische Automobilaktien aber hinterher.
Am Dienstag überprüft die Deutsche Börse die Zusammensetzung der Aktienindizes. Im Dax und MDax als den beiden wichtigsten deutschen Börsenbarometern dürfte sich aber nichts ändern.
Der Auftakt der neuen Börsenwoche sollte grundsätzlich recht geräuschlos verlaufen. In den USA wird wegen des Feiertags „Labor Day“ am Montag nicht gehandelt.
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Strategische Fehler jeglicher Art, machen sich grundsätzlich bemerkbar, mal früher, mal später, denn alles Falsche zeigt irgendwann seine Auswirkungen und auch die Chinesen werden Lehrgeld zahlen müssen, sobald sie die Oberkante des Wachstums erreicht haben, wo man derzeit davon ausgehen kann. Wer will denn aus unserer Sicht in den massenhaften chinesischen Wohnsilos wohnen, eng und teuer zusammengepfercht, denn das private Eigenheim mit Vorgarten nach unserem Maßstab gibt es dort nicht und ist allenfalls für Vermögende gedacht, währen der Rest in diesen unzumutbaren Unterkünften eingepfercht ist, was wir ja teilweise in früheren Jahren auch schon hatten und dann die Leute die… Mehr