Nach rund einem Jahr mit steigenden Zinsen kommt der Zinserhöhungszyklus allmählich an sein Ende. Die US-Notenbank (Fed) kündigte nach ihrer Sitzung am Mittwoch an, die Leitzinsen in den USA vorerst konstant zu halten.
Im Gegensatz zur Fed beschloss die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag zwar einen weiteren Zinserhöhungsschritt. Dieser fiel mit o,25 Basispunkten jedoch gering aus. Damit liegen die Leitzinsen im Euro-Raum gemessen am Einlagensatz von nun 3,5 Prozent so hoch wie zuletzt im Jahr 2001. Die Inflationsrate in der Euro-Zone ist damit deutlich rückläufig und dürfte auch in den kommenden Monaten weiter fallen. Dies gibt den Vertretern einer tendenziell lockeren Geldpolitik Unterstützung. Lagarde betonte jedoch am Donnerstag erneut, dass die EZB weitere Zinsschritte von den eintreffenden Daten zur Inflations- und Wirtschaftsentwicklung abhängig mache. Im Mai hatte sich die Inflationsrate im Euro-Raum von sieben auf 6,1 Prozent zurückgebildet.
Zinspause schwächt Nasdaq
Kein Wunder, dass die starke Börsenwoche in New York mit überwiegend moderaten Verlusten zu Ende ging. Der Dow Jones Industrial erreichte zwar zu Handelsbeginn mit 34.588 Punkten erneut ein Hoch seit Dezember. Doch in der Folge ging es sukzessive bergab . Am Ende stand ein Minus von 0,3 Prozent auf 34.299 Punkte zu Buche. Auf Wochensicht verzeichnete der US-Leitindex aber einen Kursgewinn von knapp 1,3 Prozent. Die anderen Indizes, die sich bereits am Mittwoch wenig beeindruckt von der Fed gezeigt hatten, knüpften am Freitag ebenfalls nur zu Beginn an ihre jüngste Stärke an. Der marktbreite S&P 500 schloss 0,4 Prozent tiefer bei 4.410 Punkten. Für den Nasdaq 100 ging es letztlich um 0,7 Prozent auf 15.084 Punkte bergab. Dennoch schaffte er einen Wochengewinn von rund 3,8 Prozent. Der technologielastige Auswahlindex hatte deutlich von der Zinspause profitiert, die die Fed in ihrem Zinserhöhungszyklus zur Inflationsbekämpfung eingelegt hat.
Das Thema Künstliche Intelligenz (KI) sorgt derweil weiter für Diskussionsstoff in der Gesellschaft und Auftrieb am Aktienmarkt. Der Softwareanbieter Adobe schraubte nach einem starken zweiten Geschäftsquartal seine Jahresziele nach oben. Viele Analysten reagierten mit teils deutlichen Kurszielerhöhungen. Das zweite Geschäftsquartal habe gezeigt, dass Adobe einer der größten KI-Profiteure sei, schrieb Analyst Kash Rangan von der US-Investmentbank Goldman Sachs. Die Aktien behaupteten am Ende ein Plus von 0,9 Prozent und waren damit so teuer wie zuletzt im Februar.
Bewegung auf dem Chipmarkt
Den Chiphersteller Nvidia machte die KI-Fantasie erst kürzlich zum Billionen-Unternehmen. Nun erkor die US-Bank Morgan Stanley die Aktien aus diesem Grund zum Top-Favoriten im US-Halbleiterbereich. Trotz der Kursrally sei die Bewertung der Papiere angesichts steigender Gewinnprognosen sogar zurückgegangen, hieß es. Die Nvidia-Aktie schaffte angesichts ihrer jüngsten Rekordjagd aber nur noch ein Plus von 0,1 Prozent. Derweil büßten die Papiere des Branchenkollegen AMD , die für Nvidia ihre Favoritenstellung bei Morgan Stanley räumen mussten, 3,4 Prozent ein.
Unter Druck standen auch die Titel des Chipherstellers Micron : Sie verloren 1,7 Prozent, nachdem das Unternehmen mögliche Belastungen im China-Geschäft konkretisiert hatte. Chinas Aufsichtsbehörden hatten im Mai wegen angeblicher Sicherheitsrisiken vor dem Einsatz von Micron-Bauteilen gewarnt.
Die Titel des US-Elektroautobauer Tesla knüpften derweil nach der gestrigen Pause mit plus 1,8 Prozent wieder an ihre vorherige Gewinnserie an und erreichten zeitweise den höchsten Stand seit Ende September.
Unter den Nebenwerten schossen die Anteilsscheine von Richard Bransons Weltraumunternehmen Virgin Galactic um 16,5 Prozent nach oben. Virgin will noch Ende diesen Monats seinen kommerziellen Flugbetrieb ins All aufnehmen.
Beim Serviceroboter-Hersteller iRobot konnten sich die Anteilseigner über einen Kurssprung von rund 21 Prozent freuen. Die Aktien profitierten davon, dass die zuständige britische Wettbewerbsbehörde grünes Licht für die 1,7 Milliarden Dollar schwere Kaufofferte des Online-Handelsriesen Amazon gegeben hatte.
Dagegen büßten die Titel der Cava Group fast 13 Prozent auf 38,15 Dollar ein. Am Vortag hatte die mediterrane Schnellrestaurantkette einen starken Börsengang hingelegt und den Aktienkurs gegenüber dem Ausgabepreis von 22 Dollar fast verdoppelt.
Euro tritt auf der Stelle
Dem Euro ging nach einer deutlichen Erholung der vergangenen Tage der Schwung aus. Nach einem anfangs weiteren Anstieg trat er zuletzt mit 1,0939 Dollar fast auf der Stelle. US-Staatsanleihen weiteten ihre anfänglichen Verluste aus: Zuletzt verzeichnete der Terminkontrakt für zehnjährige Anleihen (T-Note-Future) ein Minus von 0,36 Prozent auf 113,05 Punkte.
Der deutsche Aktienmarkt hatte zuvor eine starke Woche mit positiver Tendenz abgeschlossen. Der DAX hangelte sich am Freitag von Rekord zu Rekord und stieg am Nachmittag erstmals in seiner Geschichte über die Marke von 16.400 Punkten. Letztlich gewann der Dax 0,4 Prozent auf 16.358 Zähler. Daraus resultierte ein sattes Wochenplus von 2,6 Prozent. Der MDAX der mittelgroßen Unternehmen schloss 0,6 Prozent höher bei 27.481 Punkten.
Unter den Einzelwerten im Dax standen einmal mehr die Aktien von Rheinmetall im Mittelpunkt. Sie legten als einer der Spitzenwerte im Leitindex um fünf Prozent zu. Händler verwiesen auf Aussagen von Vorstandschef Armin Papperger über einen bevorstehenden mehrere Milliarden Euro schweren Munitions-Rahmenvertrag mit der Bundesregierung. Das seien in der Regel Geschäfte mit hohen Margen, begründete ein Händler die Kursgewinne der Aktie. Im Gefolge ging es auch für die Papiere des Rüstungselektronikherstellers Hensoldt im MDAX um 3,1 Prozent hoch.
Nach einem bislang schlecht verlaufenen Börsenjahr für deutsche Internet-Werte griffen Anleger außerdem weiter bei Zalando , Delivery Hero oder Hellofresh zu. Sie verzeichneten Kursgewinne zwischen 3,2 und 5,7 Prozent. Vor allem das Papier des Modehändlers Zalando ist weiter deutlich auf Erholungskurs und legte im Wochenverlauf um knapp zwölf Prozent zu.
DAX-Schlusslicht waren die Papiere der Deutschen Bank mit minus 2,5 Prozent. Finanzchef James von Moltke hatte sich am Vortag über erwartete Rückgänge bei den Handelserträgen geäußert.
In der neuen Woche könnte der DAX nun erst einmal eine Verschnaufpause einlegen. Anderseits scheinen die Anleger trotz der Zinssignale auf beiden Seiten des Atlantiks so entspannt wie zuletzt vor Ausbruch der Corona-Pandemie, beobachtet LBBW-Aktienstratege Frank Klumpp. Die Börsen tendierten unverdrossen aufwärts, auch weil die Inflationsentwicklung in die richtige Richtung zeige. „Auf mögliche negative Nachrichten im zweiten Halbjahr sind die Anleger daher nur bedingt vorbereitet. Sowohl in den USA also auch in Europa dürfte die restriktive Geldpolitik mit der üblichen Wirkungsverzögerung die Konjunktur weiter bremsen und die Aktienmärkte aus dem Tritt bringen“, glaubt Klumpp.
Nach der Zinswoche mit EZB und Fed finden in der neuen Woche jeweils am Donnerstag noch Zinsentscheidungen in Großbritannien, der Schweiz und in Norwegen statt. An diesem Tag steht zudem der halbjährige Rechenschaftsbericht von US-Notenbankpräsident Jerome Powell vor dem US-Senat auf der Tagesordnung. Über die ganze Woche hinweg stehen ferner verschiedene Zahlen zum schwächelnden US-Immobilienmarkt auf der Agenda.
Unter den vergleichsweise wenigen wichtigen Wirtschaftsdaten könnten die Einkaufsmanagerindizes für die Eurozone am Freitag die größte Relevanz haben. Commerzbank-Analyst Alexander Krämer geht davon aus, dass sie schwächer ausfallen werden und die „Aktien wieder Gegenwind von Frühindikatoren bekommen“. Dagegen sollten die anstehenden Leitzinssenkungen in China die Börsen stützen.
Recht ruhig dürfte es an zunächst am Montag zugehen, da wegen eines Feiertags in den USA die Börsen in New York geschlossen sind und Impulse von dort damit ausbleiben. Unternehmensseitig gilt das Interesse der über die gesamte Woche laufenden Paris Air Show mit Neuigkeiten etwa von Airbus , Boeing , MTU und Rolls-Royce.
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Die KI Blase scheint größer als die Dot.Com Blase zu werden. 4-5 Unternehmen sind soviel „wert“ wie der ganze Rest. Das kann nicht gut gehen….abwarten an der Seitenlinie….Geduld haben und wenn die Kurse abstürzen….einkaufen gehen.
Lockheed Martin Corp. Obligations: $40.2B. Boeing Co. Obligations: $22.1B. Raytheon Technologies Corp. Obligations: $20.7B. General Dynamics Corp. Obligations: $17.8B. Pfizer Inc. Obligations: $13.3B. Northrop Grumman Corp. … Huntington Ingalls Industries Inc. … Humana Inc. Bionic….. merkt der Leser den Zusammenhang ? Fincial Times, 17/07/2022 writes : „US defence industry boss calls for clarity on what arms Ukr needs“: ‚Kathy Warden, CEO of Northrop Grumman Corp, has called on Western govs to provide a „clear demand“ singal“ if the inudstry is going to be able to provide the wapons needed for a prolonged conflict in Ukr'“ Corona und Ukr garantieren gigantische… Mehr
„Dieser fiel mit o,25 Basispunkten jedoch gering aus.“
Sind 0,25 Basispunkte (=0,0025%) gemeint? Oder 25 Basispunkte (=0,25%)?
In Anbetracht der Großwetterlage (Rezession in Europa, Krieg in Europa) ist es eigentlich verwunderlich, dass der DAX neue Höchststände erreicht. Auch vor dem Hintergrund der massiven Bestrebungen der akuellen Regierung, die Gesellschaft revolutionsähnlich umzubauen, sollte eigentlich nicht förderlich für steigende Kurse sein. Von daher bin ich irritiert von der Tatsache, dass irgendwelche Hände kaufen, mehr kaufen, als in den Markt an Aktien kommt. Für mich kommen hier im wesentlichen nur zwei Szenarien in Frage: Es gibt Adressen, die ihr Geld sichern wollen, egal zu welchem Preis Die Sparrate der Bürger ist dermaßen angesteiegen, dass das Geld einfach eine Anlagemöglichkeit sucht.… Mehr
Guter Beitrag! Danke.
Ich sehe dieses „konstant halten“ der FED noch nicht. Die FED hat eine andere Aufgabe, diese hat nämlich nicht irgendeine nationale Währung zu verteidigen, sondern eine Weltleitwährung. Daraus folgt, dass die FED mit tendenziell höheren Zinsen wie im Rest der Welt das frei um den Erdball vagabundierende Kapital absaugen muss. Tut die FED das nicht, werden das Andere tun.