Geliefert wie bestellt. Tagelang hatten die Anleger auf die Veröffentlichung der Ergebnisse von Nvidia hingefiebert. Geht es dem führenden Hersteller von Hochleistungschips gut, dann ist wohl auch der KI-Boom intakt.
Am Mittwochabend europäischer Zeit legte das Unternehmen aus Kalifornien die Zahlen für das erste Quartal vor und übertraf dabei die kühnsten Prognosen: 26 Milliarden Dollar Umsatz, 14,8 Milliarden Dollar Gewinn – den Umsatz verdreifacht, den Gewinn versiebenfacht. Die Quartals-Dividende wird von vier auf zehn Cent pro Aktie erhöht. Am Donnerstag kletterte der Kurs auf über 1000 Dollar. Mit einem Börsenwert von annähernd 2,5 Billionen Dollar steht das 1993 gegründete Unternehmen nun für die Hälfte der gesamten Halbleiterbranche und wird derzeit nur von Apple und Microsoft übertroffen.
Doch der Boom steht auf tönernen Füßen. Vergleichbar dem explodierenden Geschäft von Schaufelherstellern beim Goldrush wird sich Nvidias Geschäft verlangsamen, wenn der Hype um künstliche Intelligenz einmal vorbei sein sollte. Künstliche Intelligenz werde Wirtschaft und Alltag fundamental verändern, lautet die Wallstreet-Mainstream-Meinung. Das kann durchaus richtig sein, aber wie der DotCom-Boom zur Jahrtausendwende könnten die mit der richtigen Basisthese verknüpften Geschäftserwartungen an eine einzelne Firma sich als übertrieben herausstellen.
Noch nie konnte ein Unternehmen eine anfängliche monopolartige Marktposition dauerhaft halten. Insofern kann es durchaus sein, dass sich mit Nvidia noch eine Weile Geld verdienen lässt, aber wenn der Goldrausch einmal vorbei sein sollte, werden viel weniger Schaufeln verkauft werden – vulgo eine sich abschwächende Nachfrage nach Hochleistungschips dürfte erhebliche Kurskorrekturen nach sich ziehen.
Soweit ist es aber noch lange nicht. An den US-Börsen beendeten die Anleger eine bewegte Woche mit großem Optimismus. Die wichtigsten Indizes legten am Freitag zum Teil spürbar zu. Die Furcht der Anleger vor bis auf weiteres hohen Zinsen rückte nach jüngsten Daten zu den Inflationserwartungen der Verbraucher wieder etwas in den Hintergrund. Der marktbreite S&P 500 stieg um 0,7 Prozent auf 5.304 Punkte. Für den technologielastigen Nasdaq 100 ging es um ein Prozent auf 18.808 Punkte nach oben. Seine Wochenbilanz ist positiv. Der Dow Jones Industrial schloss praktisch unverändert auf 39.069 Punkten. Auf Wochensicht aber ergibt sich ein Minus von 2,33 Prozent, denn der Leitindex hatte am Donnerstag stark unter den Zinssorgen gelitten.
Unter den größten Gewinnern im S&P 500 stiegen die Papiere von Davita um 4,8 Prozent. Hintergrund waren Meldungen zum Medikament Ozempic von Novo Nordisk. Laut einem Bericht des „New England Journal of Medicine“ kann das Diabetes-Mittel bei Patienten mit einer von Diabetes ausgelösten Nierenerkrankung das Sterberisiko drastisch reduzieren. Dies bedeutet für den Anbieter von Dialysedienstleistungen, dass die Patienten länger entsprechenden Behandlungen ausgesetzt sind und Davita somit mehr Geld verdienen kann.
An der Indexspitze zogen die Anteilscheine von Deckers Outdoor um gut 14 Prozent an. Das Schuhunternehmen hatte bessere Geschäftszahlen für das abgelaufene Quartal vorgelegt als erwartet. Am S&P-500-Ende sackten die Aktien von Intuit um mehr als acht Prozent ab. Die neue Prognose des Herstellers von Steuer- und Unternehmensführungssoftware hatte enttäuscht. Als Schlusslicht im Nasdaq 100 knickten die Aktien von Workday um mehr als 15 Prozent ein. Der Anbieter von Cloud-basierter Computersoftware hatte die Jahresprognose für den Abonnementsumsatz gesenkt.
Der Euro notierte zuletzt bei 1,0847 US-Dollar. Die Kurse von US-Staatsanleihen legten etwas zu. Die Rendite zehnjähriger Staatspapiere betrug 4,46 Prozent.
Zuvor hatte der Dax nach einem verunglückten Start knapp im Plus geschlossen. Im frühen Handel war der Leitindex bis auf knapp 18.516 Punkte abgerutscht und damit das tiefste Niveau seit mehr als zwei Wochen erreicht. Am Nachmittag holte er die Verluste aber wieder auf. „Ein Kursniveau unterhalb von 18.600 Punkten zieht vorerst weiterhin Käufer an“, sagte Marktbeobachter Andreas Lipkow. Am Ende stand ein minimales Plus auf 18.693 Punkte zu Buche, womit der Leitindex in Reichweite seines Rekords und der 19.000-Punkte-Marke bleibt. Damit konnte er auch seine Wochenbilanz fast noch ausgleichen. Der MDax büßte am Freitag hingegen knapp 0,3 Prozent auf 27.124 Zähler ein. Auf Wochensicht hat der Index damit mehr als ein Prozent verloren.
Die Aktien des Dialyseanbieters FMC gingen nach einem Spitzenanstieg um acht Prozent mit plus 1,6 Prozent aus dem Handel. Händler verwiesen auf Studiendaten zum Diabetes-Mittel Ozempic von Novo Nordisk, das bei Patienten mit einer von Diabetes ausgelösten Nierenerkrankung das Sterberisiko wohl drastisch reduzieren kann. Dies bedeutet, dass die Patienten länger auf Dialyse-Behandlungen angewiesen sind und FMC somit mehr Geld verdienen kann. Die Titel des Großaktionärs Fresenius legten um zwei Prozent zu.
Jenoptik fielen im MDax um 1,3 Prozent und litten dabei unter einem negativen Analystenkommentar. Die DZ Bank gab für die Aktien des Technologiekonzerns ihre bisherige Kaufempfehlung auf. Analyst Dirk Schlamp sieht kaum noch Spielraum für steigende Ergebnisschätzungen und hält attraktive Schritte der Portfoliobereinigung aktuell für schwierig. Die Anteilscheine von Brenntag, LEG Immobilien, Nemetschek und Klöckner & Co notierten optisch teilweise klar im Minus. Dies stand jeweils aber in Zusammenhang, dass sie an diesem Freitag mit Dividendenabschlägen gehandelt wurden.
Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 2,62 Prozent am Vortag auf 2,64 Prozent.
Generell bleibt die Stimmung an den Börsen positiv. Die wichtigsten Indizes notieren weiter in der Nähe ihrer Höchststände. Am Montag bleibt die Wall Street wegen des Feiertages „Memorial Day“ geschlossen.
Das Wohl und Wehe an den Aktienmärkten dürfte in der neuen Woche eng an die Zinserwartungen geknüpft bleiben. Überraschend starke Einkaufsmanagerdaten schürten in den USA neue Inflationssorgen und schmälerten damit die Hoffnung, dass es noch vor den Präsidentschaftswahlen Anfang November Zinssenkungen geben wird. „Argumente für sinkende Leitzinsen lassen sich derzeit nur schwer bemühen“, fuhr Windt vor diesen Hintergründen fort. Der Dax bekam dies zuletzt zu spüren, indem er sich von der 19.000-Punkte-Marke wieder entfernte. Sah es Mitte Mai noch so aus, als wäre der Sprung darüber reine Formsache, ist der Abstand zuletzt wieder etwas größer geworden.
In den kommenden Tagen wird es also spannend, ob das Börsenmotto „Sell in May and go away“ vielleicht doch noch greift, denn bislang ist der Mai mit einem Dax-Anstieg um fast vier Prozent ein sehr starker Monat. Laut Chefvolkswirt Carsten Klude von M.M. Warburg führen aber solch „einfache Regeln an der Börse selten zum Erfolg“. Gemessen am Dax sei die Verlustwahrscheinlichkeit kaum höher als in anderen Monaten. Den Grund für die jüngste Aktienstärke sieht Klude in positiven Rahmenbedingungen. So habe die jüngste Berichtssaison gezeigt, dass die meisten Unternehmen höhere Gewinne erwirtschaftet hätten als erwartet. Außerdem hätten sich die großen US-Technologieunternehmen wieder einmal als wahre Gelddruckmaschinen erwiesen, sagte er mit Blick auf Nvidia.
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Ein Unternehmen, das 26Mrd $ Umsatz macht, ist das 100fache dieses Umsatzes und das 180fache des Gewinns „wert“?!
Eine Umsatzrendite von 57%, hat m.M.n. auch nichts mehr mit Marktwirtschaft zu tun.