Die Wall Street ist am Freitag trotz der russischen Invasion der Ukraine mit deutlichen Gewinnen auf Erholungskurs geblieben.
Eine Spur der Hoffnung in dem Konflikt lockte auf dem ermäßigten Kursniveau die Schnäppchenjäger an. Moskau sei bereit, eine russische Delegation zu Gesprächen in die belarussische Hauptstadt Minsk zu schicken, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. „Angesichts der Äußerungen Putins in dieser Woche erscheint dies höchst merkwürdig, aber es hat die Märkte nicht davon abgehalten, darauf zu hoffen, dass da etwas dran sein könnte“, sagte Marktbeobachter Michael Hewson vom Broker CMC Markets. Nachdem am Vortag die Technologiewerte mit ihrer Rally dominierten, waren nun die Standardwerte stärker gefragt.
Nach verhaltenem Start legte der Dow Jones Industrial zum Handelsschluss um 2,5 Prozent auf 34.059 Punkte zu. Am Vortag hatte er die Erholung nach dem Kursrutsch infolge des ersten Schocks nach dem russischen Einmarsch schon begonnen. Vom tiefsten Stand seit elf Monaten hat er nun in kürzester Zeit wieder um 5,5 Prozent zugelegt – das Wochenminus fast noch ausgeglichen. Für den marktbreiten S&P 500 ging es um 2,2 Prozent auf 4.385 Punkte nach oben. Der vom Tech-Sektor dominierte Nasdaq 100 schloss 1,5 Prozent höher bei 14.189 Zählern.
Unter den Dow-Werten erholten sich unter anderem die Finanztitel von ihren deutlichen Vortagsverlusten, darunter die Aktien von Goldman Sachs mit einem Anstieg um 2,9 Prozent. Die Spitze im Leitindex eroberten allerdings einige Aktien aus anderen Sektoren wie etwa Gesundheit und Konsum. Die Titel der beiden Mischkonzerne Johnson & Johnson sowie 3M waren mit Anstiegen von bis zu fünf Prozent die größten Gewinner.
Die Aktionäre von Foot Locker mussten dagegen nach der Zahlenvorlage einen Kurseinbruch um fast 30 Prozent verkraften. Von dem Sportartikelhändler kam ein enttäuschender Ausblick, der mit dem forcierten Direktverkauf des wichtigsten Partners Nike in Zusammenhang gebracht wurde. Die Titel von Foot Locker fielen zeitweise auf den tiefsten Stand seit Mai 2020. Nike legten um 1,2 Prozent zu.
Hoffnung auf Verhandlungen Russlands mit der Ukraine hatten zuvor auch schon die angezählten europäischen Börsen wieder etwas auf die Beine geholfen. Der Dax erholte sich am Freitag um 3,7 Prozent auf 14.567 Punkte und machte damit einen Teil der herben Verluste des Vortages wett, als er auf den tiefsten Stand seit einem Jahr abgerutscht war. Der MDax berappelte sich um 3,7 Prozent auf 31.800 Punkte.
Der angepeilte Börsengang von Porsche könnte laut der Konzernmutter Volkswagen bis zum Ende dieses Jahres stehen. Die Notierung eines Teils der Vorzugsaktien an der gewinnstarken Marke sei eventuell bereits im vierten Quartal 2022 möglich, hieß es.
Der Mobilfunk-Anbieter Freenet hat 2021 seine Prognose übertroffen. Das laufende soll dem MDax-Konzern bei stabilen Umsätzen im übrigen ein weiteres Gewinnplus bescheren. An der Börse gaben die vorläufigen Zahlen für das vergangene Jahr und der Ausblick der Aktie am Freitag Auftrieb.
Die Versicherungsbranche rechnet infolge der jüngsten Winterstürme mit Schäden in Milliardenhöhe. „Wir gehen im Moment von versicherten Schäden in Höhe von rund 1,4 Milliarden Euro aus“, sagte Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). „Ylenia“, „Zeynep“ und „Antonia“ reihen sich in Summe auf Platz drei der schwersten Winterstürme in Deutschland seit dem Jahr 2002 ein.
Der Automobilzulieferer und Rüstungskonzern Rheinmetall will seinen Aktionären für das vergangene Jahr eine deutlich höhere Dividende zahlen. So schlug der Vorstand eine Ausschüttung von 3,30 Euro je Aktie vor, nach 2,00 Euro im Vorjahr, wie der MDax-Konzern am Freitag in Düsseldorf mitteilte.
Der Preis für die Nordsee-Erdölsorte Brent ist am Donnerstag um gut 7 Prozent auf mehr als 103 Dollar je Fass geklettert. Der globale Referenzwert für den Erdölmarkt ist damit zum ersten Mal seit 2014 wieder über die Marke von 100 Dollar je Fass gestiegen. Einen noch grösseren Sprung machte der europäische Grosshandelspreis für Erdgas, der am Donnerstag gar um rund 60 Prozent stieg. Bereits am Vortag hatte sich der Erdgaspreis stark erhöht. Ebenso haben die Preise für Weizen angezogen. Sowohl Russland als auch die Ukraine sind wichtige Exportländer. Die Häfen und Schiffsverbindungen am Schwarzen Meer könnten durch die kriegerischen Auseinandersetzungen beeinträchtigt werden. Daneben kletterten auch die Preise für andere Agrargüter wie Soja und Mais.
Natürlich zogen auch die Preise für Gold, Platin und Palladium sowie für die Industriemetalle Nickel und Aluminium an. Auch wenn die Lieferungen derzeit noch nicht unterbrochen sind, spiegeln die Preissteigerungen die Erwartungen in Bezug auf die eingeleiteten Sanktionen und mögliche Gegenmaßnahmen aus. Fest steht, dass der ohnehin hohe Inflationsdruck sich weiter erhöhen wird.
Die Opec+, die von Saudiarabien und Russland angeführt wird, soll sich in den nächsten Tagen treffen, um über die Produktionsmengen für April zu entscheiden. Weil besonders Nigeria, Angola oder Libyen mit Förderproblemen kämpfen, erfüllt die Opec+ derzeit nicht ihr selbst gestecktes Produktionsziel. Die EU und die USA werden jedenfalls Druck auf Saudi-Arabien und die Emirate aufbauen, damit die ihre Fördermengen erhöhen.
Die eskalierende Ukraine-Krise wird laut Goldman Sachs Europa wirtschaftlich besonders hart treffen. Die US-Investmentbank nennt auch einzelne Unternehmen, die sehr stark im Krisengebiet exponiert sind. Dazu gehört zum Beispiel das niederländische Telekomunternehmen Veon, das 48 Prozent des Umsatzes in Russland erzielt. Der Kurs des Unternehmens ist in den vergangenen Tagen um rund 40 Prozent gefallen.
In der Goldman-Sachs-Liste von Unternehmen mit über 20 Prozent Umsatzanteil in Russland, über die der US-Sender CNBC auf seiner Website berichtet, tauchen auch die in Grossbritannien gelisteten Bergbauunternehmen Polymetal International und Evraz auf. Diese haben 20 respektive 30 Prozent ihres Börsenwerts verloren. Die beiden Unternehmen holen 42 beziehungsweise 38 Prozent ihrer Einnahmen aus Russland. Über 20 Prozent Umsatzanteil in Russland haben auch der deutsche Energieversorger Uniper, der staatlich dominierte finnische Energiekonzern Fortum sowie der Reifenhersteller Nokian Renkaat.
Ebenfalls zum Problem könnte wegen der Sanktionen für europäische Firmen werden, wenn sie Anteile an russischen Unternehmen halten. Dazu gehören insbesondeee Ölkonzerne wie Total aus Frankreich, BP und Shell aus Grossbritannien, Equinor aus Norwegen oder OMV aus Österreich. Darüber hinaus haben auch das niederländische Intenet-Beteiligungsunternehmen Prosus, der französische Bahntechnikkonzern Alstom sowie der Autohersteller Renault und die Bergbaugruppe Glencore nennenswerte Beteiligungen. Es wird spannend.
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Merkwürdig? Es war doch vom Beginn an klar, dass die USA von jeder Verschärfung des Ukraine-Konflikts profitieren werden. Das gilt zB für die Frackingsgasexporte bis zu der Rüstungsindustrie, aber auch die gesamte IT-Branche.