Die anhaltenden Proteste in China gegen Covid-19-Restriktionen und die daraus resultierenden Produktionsengpässe treffen dort produzierende ausländische Tech-Unternehmen immer schwerer, berichten „Bloomberg“ und das „Wall Street Journal“.
Besonders hart erwischt hat es Apple. In der als „iPhone City“ bekannten zentralchinesischen Stadt Zhengzhou beeinträchtigen die Proteste nun schon seit Wochen die Produktion des neuen iPhone 14. An dem Fertigungsstandort von Foxconn arbeiten und leben bis zu 300.000 Arbeiter, die um diese Jahreszeit normalerweise vor allem iPhones produzieren. Doch statt rund um die Uhr die neuen 14er-Modelle für das Weihnachtsgeschäft zu liefern, protestieren sie.
Die Demonstrationen begannen bereits im Oktober. Damals war es in Zhengzhou zu mehreren Covid-19-Infektionen gekommen. Aufgrund der No-Covid-Strategie der chinesischen Regierung durften die Arbeiter dann das Fabrikgelände nicht mehr verlassen und fanden sich plötzlich in den kärglichen Mehrbettzimmern ihrer Wohnheime eingesperrt. Als dann noch Lebensmittel fehlten, flohen tausende Fabrikarbeiter in ihre Heimatdörfer – und die Montagebänder standen still.
Foxconn versuchte daufhin, mit Prämienzahlungen neue Arbeiter anzuwerben, doch zeitgleich wurden die Lockdown-Beschänkungen wieder verschärft. Die neu eingestellten Arbeiter zogen deswegen vor wenigen Tagen auf die Straßen, wo die Proteste schnell in Gewalt umschlugen. Wieder stehen die Bänder still. Die Analysten von Morgan Stanley sehen die Situation pessimistisch. Sie waren bereits Anfang November, nach der ersten Runde von Protesten, von sechs Millionen weniger iPhones ausgegangen. Nun, so schreiben sie, dürften im schlimmsten Fall dieses Jahr gar keine iPhones mehr die Fabrik in Zhengzhou verlassen. Daniel Ives von der Finanzfirma Wedbush Securities schätzte kürzlich gegenüber „CNN“, dass jede Woche, die der Lockdown in Zhengzhou dauert, den Apple-Konzern etwa eine Milliarde Dollar Umsatz kostet. Entsprechend schlecht werde das Ergebnis des – sonst besten – Weihnachtsquartals ausfallen.
Während die China-Problematik insbesondere Apple trifft, haben alle börsennotierten Unternehmen mit den gleichen hausgemachten Schwierigkeiten durch die Geldpolitik und die daraus resultierende nachlassende Attraktivität der Anlageklasse Aktie zu kämpfen. Umso erfreulicher, dass die US-Börsen vor dem Wochenende einen überraschend starken Arbeitsmarktbericht und die Perspektive weiter steigender Zinsen erstaunlich gut wegsteckten. Nach einem Rücksetzer des Dow Jones Industrial von einem Prozent zum Handelsbeginn drehte der Leitindex in der letzten Handelsstunde sogar noch ins Plus. Das betrug am Ende 0,1 Prozent auf 34.430 Punkte, womit auch die Wochenbilanz leicht positiv ist.
Der vor der Startglocke veröffentlichte Bericht zeichnet ein starkes Bild des Arbeitsmarktes in den USA: Nicht nur nahm die Beschäftigung im November stärker zu, als erwartet worden war, der Anstieg der Löhne und Gehälter übertraf die Markterwartung um das Doppelte. Dies könnte die Federal Reserve unter Druck setzen, die Leitzinsen weiter zu erhöhen, um so die Inflation wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Auch andere wichtige Börsenindizes zeigten sich angesichts dieses für Aktien ungünstigen Szenarios robust: Der marktbreite S&P 500 schloss mit 0,1 Prozent moderat im Minus bei 4.072 Punkten. Der technologielastige Nasdaq 100 gab um 0,4 Prozent auf 11.994 Zähler ebenfalls nur leicht nach. Eine turbulente Börsenwoche ging somit vergleichsweise ruhig zu Ende. Zur Wochenmitte war der Dow noch auf den höchsten Stand seit Ende April geklettert. Fed-Chef Jerome Powell hatte mit der Aussage, die Leitzinsen im Dezember möglicherweise nicht so stark anzuheben wie in den Monaten zuvor, an den Börsen Euphorie ausgelöst.
Kursbewegende Unternehmensnachrichten waren vor dem Wochenende rar. Einem Bericht des „Wall Street Journal“ zufolge steht United Airlines kurz vor einer Bestellung von Dutzenden neuer Langstreckenflugzeuge von Boeing. Boeing-Aktien setzten sich daraufhin an die Spitze im Dow mit einem Aufschlag von vier Prozent.
Die Aktien von Marvell Technology fielen dagegen um 1,5 Prozent. Der Halbleiterhersteller legte enttäuschende Umsatz- und Ergebniszahlen für das vergangene Quartal vor. Auch der Ausblick blieb hinter den Erwartungen zurück.
Die Papiere des Cloud-Spezialisten Zscaler sackten um fast elf Prozent ab. Hier belastete ein enttäuschender Geschäftsausblick. Dagegen übertraf der Entwickler von Automationssoftware Uipath mit dem Zwischenbericht die Erwartungen, was die Anteilsscheine um mehr als zwölf Prozent nach oben schnellen ließ.
Auch der deutsche Aktienmarkt war zuvor schon mit freundlicher Tendenz ins Wochenende gegangen. Nach einem über weite Strecken ruhigen Handelstag kam es nach der Bekanntgabe der für die US-Geldpolitik wichtigen monatlichen US-Arbeitsmarktdaten am Nachmittag zu moderaten Einbußen, die im späten Geschäft aber sukzessive wieder wettgemacht wurden.
Der Dax schloss mit einem Gewinn von knapp 0,3 Prozent bei 14.529 Punkten. Damit war nach einer acht Wochen währenden Gewinnserie Schluss mit der Schönwetterperiode im Dax. Der Leitindex verbuchte für die abgelaufene Woche ein knappes Minus von 0,1 Prozent. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen gewann am Freitag letztlich 0,9 Prozent auf 26.184 Zähler.
Auf Unternehmensseite waren im Einklang mit dem Trend in Europa die als zinsempfindlich geltenden Immobilienwerte gefragt, dämmten ihre Gewinne aber ein. Die stark fremdfinanzierte Branche würde von einem gemäßigteren Niveau beim Zinsanstieg profitieren. So standen Vonovia mit einem Plus von drei Prozent an der Dax-Spitze. Unternehmen aus der gleichen Branche – wie Aroundtown, TAG Immobilien LEG und Deutsche Wohnen – kletterten um bis zu 4,3 Prozent. Die Aktien des Immobilieninvestment-Anbieters Patrizia legten um drei Prozent zu.
Im MDax setzten unterdessen die Aktien des Gabelstaplerherstellers Kion ihre Erholung fort und stiegen um 4,7 Prozent. Lufthansa kletterten nach einer positiven JPMorgan-Studie um 2,1 Prozent. Die Fluggesellschaft biete inzwischen eine viel „sauberere Anlagestory“, urteilte Analyst Harry Gowers in einer Branchenstudie, in der er die Bewertung der Kranichlinie mit „Übergewichten“ aufnahm.
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Jeden Monat tritt Powell vor die Kameras und kündigt Zinserhöhung an. Eine nach der anderen. Der Markt feiert jede 75 Punkte mit einem „to the moon“. Ob angesichts der aktuellen Kurssteigerungen Powell seine weiche Landung noch hinbekommt ist mehr als fragwürdig. Und er scheint mit den Zinserhöhungen auch nicht den gewünschten Abkühlungseffekt zu bewirken. Wenn das so weiter geht, dürften bei den nächsten Zinserhöhung der DowJones Januar oder Februar nahe am Allzeithoch sein. 5% fehlen momentan noch.Von da an dürfte es dann ziemlich senkrecht nach unten gehen. Alle Krisen scheinen jedenfalls am Markt wie weggeblasen.
Ist mir auch schleierhaft, wo dieser Optimismus an den Börsen herkommt. Das (Leit-)Zinsniveau in den USA liegt bei 3,75-4% und wird noch dieses Jahr auf 4,25-4,5 steigen. Die US-Staatsanleihen werden entsprechend nachziehen. Wer kauft da noch Aktien mit einer Dividendenrendite von vlt 2% bei US-Aktien bei entsprechenden Schwankungsrisiken? Klar ist der Realzins eines Koupons mit 4% aktuell (noch) negativ, aber die Rendite der meisten Aktien dürfte aktuell und in mitllerer Zukunft gleichfalls negativ sein.