Dass Trump seine Agenda konsequent durchziehen würde, war klar. Wie die Ungleichgewichte in der Handelsbilanz zu bekämpfen. Nicht absehbar waren Umfang seiner neuen Zollpolitik und Ausmaß der damit verbundenen Marktturbulenzen. Die abgelaufene Woche hat das Zeug, in die Börsengeschichte einzugehen.

Einiges hätte für die Finanzmärkte absehbar sein müssen, als Donald Trump im November ein zweites Mal zum US-Präsidenten gewählt worden war. Und spätestens, als man seine Rede am Tag der Vereidigung am 20. Januar gehört hatte, hätte man wissen müssen, dass er seine Agenda diesmal konsequenter durchziehen würde als während seiner ersten Amtszeit. Und zu dieser Agenda gehörte auch, die aus Sicht von Trump herrschenden Ungleichgewichte in der Handelsbilanz zu bekämpfen. Europäer und Chinesen waren also gewarnt.
Nicht absehbar war indes der Umfang seiner neuen Zollpolitik und das Ausmaß der damit verbundenen Marktverwerfungen. Die abgelaufene Woche hat das Zeug, in die Börsengeschichte einzugehen: Der Hangseng-Index in Hongkong verzeichnete am Montag den größten Tagesverlust seit 1997. Die Bewertungen der US-Aktien fielen innerhalb von ein paar Tagen auf das Niveau von 2023 zurück. Hedgefonds verkauften am Donnerstag – netto – so viele Aktien wie nie zuvor. Es hätte der Trump-Crash werden können.
Es kam anders: Zum einen unterschied sich dieser Crash vom Covid-Absturz (2020), von der Lehman-Krise (2008) oder dem Platzen der Dotcom-Blase (2000) dadurch, dass er politisch quasi herbeigezwungen wurde. Konsequenterweise blieben die Notenbanken, die in den anderen genannten Krisen sofort die Geldschleusen geöffnet hatten, erst einmal „on the sidelines“.
Während der Rest der Welt aufatmete, zog Trump an der Eskalationsschraube gegenüber China an. Er glaube weiterhin an einen Deal mit China, sagte Trump später allerdings auf einer Pressekonferenz. Kurz zuvor hatte Peking seinerseits mit weiteren Extrazöllen und Strafmaßnahmen reagiert. So gilt nun für Chinesen eine Reisewarnung für die USA, und die Regierung rät jungen Leuten von einem Studium in den USA ab. Bliebe es dabei, verlöre China einen 439 Milliarden Dollar großen Exportmarkt, der 2024 rund 15 Prozent aller chinesischen Exporte aufnahm. Amerikas Konsumenten werden höhere Preise für Möbel, Waschmaschinen oder Spielzeug zahlen müssen, die US-Landwirtschaft müsste auf einen wichtigen Absatzmarkt verzichten.
Die Börse reagierte euphorisch auf die von Trump ausgerufene Atempause: Der amerikanische Leitindex S&P 500 sprang bis Handelsschluss um fast zehn Prozent nach oben, der technologielastige Nasdaq Composite gar um zwölf Prozent. Nach der kräftigen Kurserholung an der Wall Street schoss am Donnerstagmorgen auch der 225 Werte umfassende Nikkei-Index in Tokio steil nach oben. Die Börsen in Europa folgten. Am Freitag verabschiedeten sich die Finanzmärkte dann nach einer Handelswoche mit extremen Kursschwankungen mit klaren Gewinnen ins Wochenende.
Gleichwohl blieb das Hin und Her der Zollpolitik erneut das beherrschende Thema und dürfte es vorerst auch bleiben. Frische US-Inflations- und Konjunkturdaten zeigten nur wenig Einfluss auf die Notierungen. Derweil nahm die Berichtssaison der Unternehmen langsam Fahrt auf. Den Auftakt machten am Freitag traditionell einige Banken.
Der Dow Jones Industrial schloss mit einem Plus von 1,6 Prozent bei 40.213 Punkten. Daraus resultierte für den US-Leitindex ein Wochengewinn von rund fünf Prozent. Der S&P 500 stieg am Freitag um 1,8 Prozent auf 5.364 Zähler und baute seinen Wochenanstieg auf rund 5,7 Prozent aus. Dies war für den marktbreiten Index die gewinnträchtigste Woche seit November 2023. Für den von den großen Technologieaktien dominierten Nasdaq 100 ging es um 1,9 Prozent auf 18.690 Punkte nach oben, was ein Wochenplus von fast 7,5 Prozent bedeutet.
Trotz der von Trump angekündigten Zollpause für viele Länder bleiben die Anleger skeptisch. So trübte sich die Stimmung der US-Verbraucher – gemessen an dem von der Universität Michigan erhobenen Konsumklimaindex – im April deutlich stärker als erwartet ein. Insbesondere der Ausblick für die weitere Preisentwicklung ist angesichts der aggressiven Zollpolitik der Vereinigten Staaten unsicher.
Die Aktien von US-Halbleiterunternehmen mit Produktionsstätten in den USA, wie Intel und Texas Instruments reagierten mit Verlusten zwischen 0,7 und 5,8 Prozent auf die chinesischen Gegenzölle. Dagegen stiegen die Papiere von Advanced Micro Devices (AMD) um 5,3 Prozent. Grund für die unterschiedliche Kursentwicklung war die Ankündigung Pekings, dass US-Chiphersteller, die ihre Produktion auslagern, nicht von Chinas Vergeltungszöllen betroffen sein werden. AMD hat die Chipproduktion an die Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC) abgegeben und ist somit von den Zöllen befreit.
Unternehmenschef Charlie Scharf sprach zwar von insgesamt soliden Resultaten, warnte aber auch vor den Risiken durch die Handelspolitik. Die Papiere von Wells Fargo fielen um 1,0 Prozent.
Zuvor war der Dax nach der turbulenten Börsenwoche erneut unter Druck geraten. Im nervösen Umfeld büßte der deutsche Leitindex zum Handelsende 0,9 Prozent auf 20.374 Punkte ein. Auf Wochensicht resultierte daraus ein Verlust von 1,3 Prozent. Dem MDax der mittelgroßen Unternehmen erging es am Freitag mit plus 0,3 Prozent auf 25.774 Punkte deutlich besser. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es um 0,7 Prozent auf 4.787 Zähler nach unten. Die Strafzoll-Thematik wirke derzeit wie ein Senkblei für die europäischen Aktienmärkte, kommentierte der Finanzmarktexperte Andreas Lipkow die Situation. Im Dax waren vor dem Wochenende die Papiere des Immobilienkonzerns Vonovia der Tagessieger mit einem Zuwachs von 5,9 Prozent. Auf dem letzten Platz lagen die Anteile des Triebwerkherstellers MTU mit minus 5,8 Prozent.
Unternehmensnachrichten kamen aus der zweiten und dritten Börsenreihe. Dort sprangen die Aktien von Schott Pharma nach überraschend guten Eckdaten für das vergangene Quartal um 11,2 Prozent hoch. Die Titel des Konkurrenten Gerresheimer gaben nach Quartalszahlen indes um 1,5 Prozent nach. K+S legten um 7,4 Prozent zu. Die Investmentbank Stifel hatte ihr Verkaufsvotum für die Papiere gestrichen. Analyst Andreas Heine begründete seine Neubewertung mit dem positiven Preisumfeld im Kalidüngermarkt. Bei den Aktien des Kochboxenversenders Hellofresh sorgte hingegen eine Abstufung von JPMorgan für Kursverluste von 5,4 Prozent.
Doch wie soll man sich als Anleger nun verhalten? Unter Börsenprofis tut sich wie üblich die ganze Bandbreite an Empfehlungen auf. „Bond-König“ Bill Gross rät Anlegern, „nicht in das fallende Messer zu greifen“. Trump werde in nächster Zeit keinen Rückzieher machen. Dafür sei er zu sehr Macho. Wall-Street-Veteran Edward Yardeni dagegen sah an der US-Börse schon in der vergangenen Woche Schnäppchenpotenzial. Trump werde in den nächsten drei bis sechs Monaten mit den US-Handelspartnern so dealen, dass er einen Sieg verkünden könne.
Unabhängig davon, wer von den beiden Haudegen in seiner Einschätzung Trumps Recht behält, sollten Anleger im Auge behalten, dass viele Aktien von Unternehmen mit soliden Bilanzen, hohen Gewinnen und konstant hohen Cashflows zum Teil auf Mehrjahrestiefs gefallen sind. Die Kurse dieser Unternehmen werden sich erholen. Jetzt alle Aktien zu verkaufen, ist deshalb wohl der schlechteste Rat. Langfristig orientierte Investoren sollten sich die Langfristcharts vor Augen halten. Ob eine Börsen-Korrektur nur ein paar Wochen, einige Monate oder zwei bis drei Jahre dauert – die Wende kam immer. In zehn Jahren wird auch der Trump-Crash nur eine Delle im Kursverlauf sein.
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Wer jetzt verkauft ist ein I… !
Jetzt ist Zeit einzusteigen! In Unternehmen die auch was vorzuweisen haben, wenn man natürlich in Luftnummern investiert dann wird man sich früher oder später eine blutige Nase holen!
Wenn ich an die „Crash“ 2001 denke… war es für mich das wirtschaftlichste Ereignis überhaupt!
„Amerikas Konsumenten werden höhere Preise für Möbel, Waschmaschinen oder Spielzeug zahlen müssen, die US-Landwirtschaft müsste auf einen wichtigen Absatzmarkt verzichten.“ Und das können sie auch, wenn, wie geplant, auf die Einkommenssteuer verzichtet werden wird und die Inflation wie Energiekosten weiter sinken – und durch Investitionen aus dem In- und Ausland neue Arbeitsplätze im „land of the free“ geschaffen werden. Hier die Liste der 2022 exportierten Waren aus den USA Richtung China: https://www.uschina.org/wp-content/uploads/2024/04/2024-US-Exports-to-China-Report.pdf Die landwirtschaftlichen Produkte sind hier aufgeschlüsselt: https://www.fas.usda.gov/data/record-us-fy-2022-agricultural-exports-china Man wird sehen, auf was Chinesen werden verzichten können – bzw. was durch Importe aus anderen Ländern ausgeglichen werden kann –… Mehr
„Die Bewertungen der US-Aktien fielen innerhalb von ein paar Tagen auf das Niveau von 2023 zurück.“ Naja – auf das Niveau von Mitte 2024, also vor der Trump-Rallye, entspricht wohl eher den Tatsachen. Im Fall vom Dax sogar nur auf Januar 2025. Das lässt gerade mal ein bisschen Luft aus der Blase, aber ein richtiger Crash war das (noch) nicht. Auch ohne die anschließende Erholungsrallye waren sowohl S&P500 als auch DAX immer noch doppelt so hoch wie 2020 und 5-8mal so hoch wie 2008 – das ist immerhin keine 20 Jahre her und die Weltwirtschaft hat sich in den letzten… Mehr
Durch den Kursverfall verschwindet kein einziger realer Wert. Es entweicht nur heiße Luft, sprich von den Notenbanken aus dem nichts erschaffenes Geld.