Die Containerfrachtraten haben sich seit den globalen Lockdowns auf der maßgebenden Route Shanghai-Europa mehr als versiebenfacht. Nicht alle Waren dürften sich gleichermaßen im Einzelhandel verteuern, sagt ein Branchenkenner.
Die Frachtraten in der Container-Seefahrt sind historisch hoch. Das dürfte Waren aus China bis Weihnachten verteuern. „Leere Regale drohen an Weihnachten nicht, aber mit Sicherheit höhere Preise“, sagt Jan Hoffmann, der den Bereich Handelslogistik der UNO-Organisation Unctad in Genf leitet. Betroffen seien vor allem Waren mit großen Raumvolumen und geringem Wert – im Gegensatz zu Produkten, die klein und teuer seien. „Bei billigeren Möbeln schätze ich heute, dass die Frachtrate von China nach Deutschland circa 75 Prozent des Warenwertes ausmachen kann, wogegen die Frachtkosten bei bestimmten höherwertigen Gütern auch heute noch nur weniger als ein halbes Prozent des Ladenpreises ausmachen“, sagt Hoffmann.
Die Preise steigen indes nicht bloß auf Routen nach Europa, sondern auch in die USA oder nach Santos in Brasilien. Etwa knackten sie Ende August die 11.000 US-Dollarmarke auf den Strecken an die US-Ostküste. „Die Frachtraten haben historisch hohe Werte erreicht – und sie steigen noch“, erklärt Jan Hoffmann gegenüber TE. Wer etwa einen Standardcontainer von Shanghai nach Europa verschiffen wollte, zahlte noch zum Jahresanfang 2020 etwas mehr als 1000 US-Dollar. Derzeit liegt der Preis im Bereich von 7400 US-Dollar. Aber auch bei Massengütern wie Getreide oder Erz, die auf sogenannten Massengutfrachtern transportiert werden, seien die Preise hoch. Etwa stieg der Schifffahrtsindex Baltic Dry innerhalb eines Jahres um satte 182 Prozent.
Hoffmann sieht den Hauptgrund für die hohen Frachtraten in einer Weltnachfrage, die höher als erwartet sei, und in geringen Frachtkapazitäten bei Schiffen und Containern. „Durch Covid brauchen Schiffe, Container, Lastwagen etc. länger, um die Güter ans Ziel zu bringen. Diese zusätzliche Zeit bindet Kapazitäten, die dann weltweit fehlen“, sagt er. Ein Sprecher von Hapag-Lloyd erklärte Ende Mai gegenüber TE, dass Container 20 Prozent mehr Zeit für eine durchschnittliche Fahrt hin und zurück benötigten. Das erhöhe den Bedarf an Containern um 20 Prozent. Ursache des längeren Transports sei etwa fehlendes Hafenpersonal wegen Quarantäne-Regelungen oder Corona-Erkrankungen, sagte er. Am Freitag wurde bekannt, dass Hapag-Lloyd 75.000 Standardcontainer bestellt hat, um Engpässe auszugleichen. Damit habe man den Bestand um 625.000 Standardcontainer seit dem Jahr 2020 erhöht, teilte das Unternehmen mit.
Mit einer raschen Entspannung rechnet Jan Hoffmann indes nicht – trotz der Terminalöffnung am Hafen Ningbo Zhoushan. „Ich fürchte, das wird noch weit bis ins nächste Jahr dauern. Und selbst danach wird es viele Jahre brauchen, um wieder auf die niedrigen Raten der 2010er-Jahre zurückzukommen“, sagt er. Auch Rolf Habben Jansen, der Chef von Hapag-Lloyd, erklärte Mitte August, er rechne frühestens im ersten Quartal des kommenden Jahres mit einer Erholung. Im Mai hatte die Hamburger Reederei noch eine Erholung im dritten Quartal dieses Jahres vermutet.
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Das Problem ist, dass die wenigen Reederein die es noch gibt, eiskalt die heutige Situation ausnutzen und den Frachtraum, Container-Equipment, etc. bewusst zurueckhaelt um die hohen Preise durchzusetzen und Megarekordeingebnisse einzufahren. Alles abgesprochen (bin aus der Branche)
„Bei billigeren Möbeln schätze ich heute, dass die Frachtrate von China nach Deutschland circa 75 Prozent des Warenwertes ausmachen kann …“
Damit wird es ja dann langsam wieder interessant in Europa zu produzieren.
Wäre doch nicht das Schlechteste.
Der Transport eines Containers mit 20 Tonnen Gesamtgewicht von Shanghai nach Rotterdam verursacht ca. 3.750 kg CO2. Um eine Preissteigerung zur Weltrettung von 1.000 auf 7.000 USD zu bewirken, müsste der CO2-Preis pro Tonne also rund 1.600 USD inklusive aller Nebenkosten und Steuern betragen. Selbst der von einigen Klimaschützern geforderte CO2-Preis von 180 Euro pro Tonne ist von diesem Wert weit entfernt. Trotzdem führen die aktuell extrem hohen Frachtraten nicht zu einer spürbaren Reduzierung des Frachtaufkommens. Ich fürchte die Lenkungswirkung der künftigen CO2-Abgaben wird nur nur die Verbraucherpreise nach oben lenken.
Werter Herr Huber. Schön das Sie das auch schon bemerken. Das Problem haben wir schon seit Ende letzten Jahres . Auch liegen die Frachtraten längst schon bei 17000 USD und mehr pro 40ft. Container. Dazu kommt noch dass die Ware statt 30 Tage, 60 Tage und mehr unterwegs ist. Des Weiteren übersteigt bei manchen Shipments der Containerpreis den Warenwert. Sollte der US Dollar jetzt noch stärker werden, wird das Märchen der Regierung von 4,9% endgültig platzen. Die Folgen. Leere Regale im Supermarkt etc.
Ich hab‘ bereits sämtliche Weihnachtsgeschenke gekauft. Nicht, weil ich so etwas vorhergesehen hätte (wie sollte ich auch?), sondern weil mir das „Durch-die-Geschäfte-Hetzen“ im Dezember die Weihmachtsstimmung verhagelt. Im Übrigen glaube ich, dass höhere Preise dieses und künftige Weihnachten unser kleinstes Problem sein werden…