EY-Studie: Pharma-Industrie forscht in neuer Höchstgeschwindigkeit

Die Zahl der potentiellen Impfstoffe und Wirkstoffe zur Behandlung von Covid-19 wächst auf mehrere Hundert. Für Deutschlands Biotech-Branche könnte das den Schritt aus der Nische bedeuten.

imago images / IP3press

Die Suche nach einem Impfstoff gegen COVID-19 hat die Pharmabranche innerhalb kürzester Zeit zu Höchstleistungen angetrieben: Aktuell (Stichtag 1. Dezember) haben die Unternehmen weltweit 237 Impfstoff-Kandidaten und 446 potenzielle Wirkstoffe in der klinischen Forschung. Damit kamen seit der Vorgängererhebung im vergangenen Juni 76 weitere Impfstoffe in der Entwicklung hinzu – eine Zunahme um 47 Prozent. Die Zahl der in Entwicklung befindlichen Wirkstoffe hat sich seitdem sogar um 84 Prozent erhöht. Zuletzt erregten insbesondere Durchbrüche bei Impfstoffen die internationale Aufmerksamkeit. Stand jetzt befinden sich insgesamt zwei Impfstoffkandidaten – die von Biontech und Moderna – im Zulassungsprozess und acht in der finalen klinischen Phase, nach der eine Zulassung möglich wäre. Großbritannien hat dem Biontech-Impfstoff bereits eine Notfallzulassung erteilt. Daneben gibt es sechs weitere Impfstoffkandidaten, die eine limitierte Zulassung auf dem Markt haben – darunter das russische Mittel SputnikV.

Und auch bei den Wirkstoffen sind zahlreiche Unternehmen der Marktreife sehr nahe: 350 werden derzeit bereits an Menschen getestet – haben sich also bereits als hinreichend sicher und wirksam erwiesen und damit bereits wichtige Hürden vor der Zulassung hinter sich gelassen. Die entscheidende Hürde, nämlich der Nachweis der Wirksamkeit, steht allerdings noch aus.

Das sind Ergebnisse einer EY-Analyse der COVID-19-Lösungen in den Bereichen Impfstoffe, Wirkstoffe und Diagnostika, für die aktuelle Datenbanken weltweit zur Impf- und Wirkstofferfassung ausgewertet wurden.

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Alexander Nuyken, Leiter der Life Sciences Transaktionsberatung in der Region EMEIA bei Ernst & Young (EY): „Wir haben in den vergangenen Monaten ein Tempo bei der Entwicklung von Impf- und Wirkstoffen gesehen, wie wir es vor der Corona-Pandemie nicht gekannt haben. Die Unternehmen haben Mittel in großem Stil aus anderen Bereichen in die COVID-19-Forschung umgeschichtet und die Behörden haben die Zulassungsverfahren extrem beschleunigt. In der Folge stehen wir etwa elf Monate nach Ausbruch von COVID-19 in Rekordzeit kurz vor der Zulassung eines oder mehrerer Impfstoffe – und auch unter den Therapeutika bringen sich einige aussichtsreiche Kandidaten in Position. So viel ist klar: Für das Unternehmen, das tatsächlich ein wirksames Mittel auf den Markt bringt, wird es ein Gamechanger werden. Aber es gibt genügend Platz für mehr als einen Hersteller – die enorme weltweite Nachfrage könnte ein einzelnes Unternehmen ohnehin kaum alleine bedienen.“

Die aussichtsreichen Tests deutscher Unternehmen seien zudem ein positives Signal für den hiesigen Standort: „Die Biotech-Branche hat hierzulande eher ein Nischendasein geführt. Auch bei Risikokapitalgebern flog sie weitestgehend unter dem Radar. Jetzt stehen die Unternehmen plötzlich im Rampenlicht – und liefern. Sollte am Ende tatsächlich ein marktfähiger Impfstoff dabei herauskommen, stärkt das auch den Biotech-Standort Deutschland.“

Bevor aber genügend Impfstoff für alle zur Verfügung stehe, gebe es noch ein paar Herausforderungen, mahnt Nuyken: „Noch hat kein Mittel die endgültige und länderübergreifende Zulassung bekommen. Rückschläge sind also jederzeit möglich. Und selbst wenn ein Impfstoff freigegeben wird, gilt es noch erhebliche produktionstechnische und logistische Hürden zu überwinden – immerhin reden wir hier weltweit von Hunderten Millionen Dosen, die produziert und verteilt werden müssen. Es wird also selbst im günstigsten Fall noch bis weit in das Jahr 2021 dauern, bis sich wirklich jeder impfen lassen kann.“

Neben den Impf- und Wirkstoffen gibt es zudem eine wahre Flut an Tests, um den COVID-19-Erreger festzustellen. 859 Tests befinden sich bereits auf dem Markt, weitere knapp 100 werden derzeit entwickelt. „Test sind deutlich einfacher zu entwickeln als Impfstoffe und Therapeutika und müssen auch nicht die gleichen strengen Richtlinien erfüllen“, erklärt Nuyken. „Daher hat sich schon früh ein großer Markt entwickelt, auf dem sich gerade am Anfang auch viele schwarze Schafe tummelten. Inzwischen haben die Abnehmer – vor allem Regierungen – aber hinreichende Erfahrung mit funktionierenden Tests gesammelt, so dass sich die Spreu vom Weizen trennt.“


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Kommentare ( 25 )

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Alexis de Tocqueville
3 Jahre her

EY-Studie, so glaubhaft wie die Wirecard Bilanz?
Biotech Standort Deutschland?
Ist das Satire?
Fragen über Fragen…

giesemann
3 Jahre her

Ein Impfstoff in Ehren, aber Wirkstoffe, die einen Erkrankten über den Berg bringen können, wären schon lohnend, gerade auch für die Pharma. Geimpft ist der Patient ja ohnehin schon, durch die Infektion selbst. Lediglich sein Immunsystem war womöglich zu schwach, zu langsam, um den Test zu bestehen. Also so etwas Ähnliches wie Antibiotika, die auch nichts anderes machen als die Keimzahlen niedrig zu halten (Bakteriostatika) oder gar zu drücken (bakteriozid). Beides gibt es schon lange, den Rest muss immer das Immunsystem selbst machen, als Ausputzer sozusagen. Das ist alles. Nun forscht mal schön.

tenere
3 Jahre her

moin, Analyse von EY ( Ernst + Young) im Gesundheitsbereich?? Das ist aber schon sehr gewagt. EY und Analysen kommt nicht wirklich gut, dass sind die Vollblinden die bei Wirecard mal so richtig versagt haben. Wenn hier bei Covid 19 auch so exakt seitens EY gearbeitet wird , dann gute Nacht Marie.

Ruhrler
3 Jahre her

Kein Wunder das der große Run einsetzt: Es müssen Milliarden Impfdosen hergestellt und verteilt werden, eventuell jedes Jahr. Da lockt das richtig große Geld, und weil (fast) alle Regierungen panisch sind werden alle Standards zügig über Bord geworfen, bis hin zur Risikoübernahme durch die EU. Was ein Witz ist, denn das ultimative Risiko trägt der GEIMPFTE, nicht die Bürokratie in Brüssel. Ich erwarte von den Eurokraten das sie mit gutem Beispiel vornagehen und sich zuerst impfen lassen, und dann schun wir mal….

swengoessouth
3 Jahre her

Die Firma BioNtech wurde 2008 gegründet von einem visionären Mann, der sich auf die Fahnen geschrieben mit einer individualisierten Therapie den Krebs zu besiegen. Es wird hierbei u.a. auf mRNA gesetzt. Hier wurden teilweise bei austherapierten Menschen beachtliche Erfolge erzielt und Menschen viele Lebensjahre geschenkt. Noch keines dieser Medikamente auf mRNA Basis von BioNtech und allen anderen Herstellern hat bisher eine Marktzulassung von den Behörden erhalten! Auf dieser mRNA Plattform von BioNtech ist nun der Covid Impfstoff entwickelt worden. Deshalb ging es nun auch so schnell. Dieser Impfstoff soll nun in Rekordzeit zugelassen werden. Dieser Impfstoff sollen nun der Bevölkerung… Mehr

Harrycaine
3 Jahre her
Antworten an  swengoessouth

Es empfinde es als unglaublich, wie Politker das Volk als Versuchskaninchen benutzen. Bei den Tests wurde nur junge Erwachsene auf Verträglichkeit und Imunantwort getestet, wie sich das auf die eigentliche Risikogruppe >70 Jahre auswirkt, testet man anscheinend erst im Feldversuch. Wenn man außerdem davon ausgeht, dass die sterile Immunität bei den Biontech/AstraZeneca Impfstoffen nicht erreicht wird und Geimpfte weiter infektiös sind, frage ich mich was für mich persönlich der Mehrwert einer Impfung sein soll.

Sachse fern der Heimat
3 Jahre her

Ich empfehle folgende Lektüre:
https://www.der-arzneimittelbrief.de/de/Artikel.aspx?J=2020&S=85
Vielleicht fällt dann der nächste Artikel zum Thema weniger euphorisch aus?

Gruenauerin
3 Jahre her

Ich finde es unfassbar, was ich dank Ihres Linkes gelesen habe. Bill Gates stellt ein Modell vor, wie die Zulassung stattfinden soll. Ich bin von Artikel zu Artikel immer entsetzter, was hier der Menschheit angetan werden soll, durch Menschen, die soviel Geld haben, dass sie alles sich kaufen können und dadurch gelangweilt sind, weil vollgefressen mit allem Möglichen. Und nun spielen sie mit uns.

M.E.S.
3 Jahre her

Welch ein Aufwand für die Gesundheit der über 80-jährigen, die es nicht geschafft haben, laut UBA-Propaganda vorzeitig an Feinstaub und Stickoxiden zu sterben. Warum wird dieser Aufwand nicht für den Rest der Bevölkerung getrieben?

CIVIS
3 Jahre her

Bei all dieser angeblichen Perfektion, Sicherheit und der an den Tag gelegten Höchstgewdhwindigkeit:

Warum wundert es mich nicht, dass all diese Firmen für all ihre Fehler und all die Folgewirkungen evtl. fehlerhafter Produkte aus der Haftung entlassen worden sind, …mit staatlicher Zustimmung !

Wenn´s schief geht:

  • Die Firmen sind nicht haftbar zu machen
  • Der Staat wird sich zurücklehnen (…und soll mal einer gegen den Staat klagen !)

Insgesamt scheint das Vertrauen in die eigenen Produkte also doch nicht übermäßig ausgeprägt zu sein !

Harrycaine
3 Jahre her
Antworten an  CIVIS

Außerdem würde es mich interessieren, warum der Vertrag mit den Impfstoff-Herstellern geheim gehalten wird.

Teide
3 Jahre her

Die entscheidende Hürde, nämlich der Nachweis der Wirksamkeit, steht allerdings noch aus.“

LOL

RMPetersen
3 Jahre her

Für Deutschlands Biotech-Branche könnte das den Schritt aus der Nische bedeuten.“

Eine Win-Win-Situation: Die üblichen langen und aufwändigen Vorbereitungs- und Testphasen dürfen gestrichen werden; statt 8 bis 10 Jahren nur 1 Jahr.

Und der Staat übernimmt alles Risiken. Nur die Profite gehen zu den Anlegern.

fatherted
3 Jahre her
Antworten an  RMPetersen

Der Staat übernimmt KEINE Risiken. Wenn es zu Schäden kommt, gibt es gar nichts….Sie und ich werden vor der Impfung „aufgeklärt“….wahrscheinlich muss man noch einen Schrieb unterschreiben, der jeden Anspruch, der in Deutschland sowieso lächerlich ist, von vorn herein abschmettert.