Die englischsprachige Online-Zeitung EU Observer mit Sitz in Brüssel berichtet, worüber deutsche Medien lieber nicht als lieber doch informieren. Das European Systemic Risk Board (Europäischer Ausschuss für Systemrisiken – ESRB) warnte am 29. September hohe EU-Beamte und Funktionäre, dass Inflation, hohe Energiekosten und steigende Kreditkosten, die im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine stehen, zu einer Finanzkrise führen würden, die unter Umständen noch größer als die von 2008 sein könnte.
Als Elemente des Szenarios sind Unternehmenspleiten oder -verlagerungen beispielsweise in die USA, kräftiger Wirtschaftsrückgang, eine galoppierende Inflation, Turbulenzen am Immobilienmarkt – und damit auch am Wohnungsmarkt –, sowie die Zerstörung der Vermögenswerte vor allem derjenigen, die nicht in den Dollar flüchten können, also in der Hauptsache der Menschen mit kleinen und mittleren Einkünften, benannt worden.
Die Ursachen dafür sind vielfältig – und variieren in den unterschiedlichen Ländern. Auch wenn die Regierungen sich gern mit dem Krieg in der Ukraine herausreden, so ist er ein sehr starker, aber dennoch nur ein Katalysator. Und auch hier lohnt es, genauer hinzuschauen, denn es ist nicht eigentlich der Krieg, sondern es sind die Finanzierung der Ukraine und die Wirtschaftssanktionen mit ihren Auswirkungen, die die EU in eine heftige Verschuldung treiben. Die Finanzierung der Ukraine schafft keine Werte, sie führt nicht dazu, dass irgendeine Entwicklung angestoßen wird, wie wenn man beispielsweise mit Schulden wirtschaftliche Entwicklung zu stimulieren versucht.
In diesem Fall stimuliert das Geld nichts, es ist einfach nur weg. Dieser Geldabfluss und die Auswirkungen der Sanktionen verstärken die wirtschaftlichen, finanziellen und fiskalischen Turbulenzen – und auch deshalb sollte sich Annalena Baerbock als Chefdiplomatin um eine Lösung zur Beilegung der Kampfhandlungen kümmern, anstatt sich in markigen Durchhalteparolen zu sonnen. Der Wirtschaftskrieg zerrüttet immer stärker die europäische Wirtschaft.
Doch der Krieg ist nicht die Ursache, er trifft auf eine geschwächte und immer schwächer werdende Realwirtschaft im Euro-Raum. Bereits 2019, vor Corona, konnte man in Deutschland beinahe schon von einer technischen Rezession sprechen, die Zeichen standen jedenfalls bereits auf Rezession. Besonders die energieintensive Industrie, wie beispielsweise die Aluminiumindustrie, warnte vor Abwanderung, so im Landtag von NRW, und leitete sie dann auch ein, da sie bei der Regierung auf taube Ohren stieß. Für Deutschland lassen sich für die Talfahrt der Wirtschaft als Gründe ausmachen:
- die Energiewende,
- die Überregulierung und Bürokratisierung,
- eklatante Fehler in der Bildungspolitik, siehe Fachkräftemangel,
- Fehler in der Forschungspolitik, siehe Einstellung der Kernenergieforschung, stattdessen Förderung von Migrations- und Genderforschung,
- die Zerstörung von Zukunftstechnologien von der Gentechnik über den Transrapid bis hin zur Dieseltechnik,
- die Vernachlässigung der Infrastruktur und das Leben von der Substanz, und
- die schleppende Digitalisierung.
Die Vernachlässigung der Industrie sowie der falsche Traum von der reinen Dienstleistungsgesellschaft und die Überforderung des von der Wirtschaft mitzutragenden Sozialsystems spielen ebenfalls eine Rolle.
In der Geo-Handels-Politik hat Deutschland komplett versagt. Der Euro ist ein Wirtschafts- und Wohlstandsvernichter erster Ordnung, weil er eines einheitlichen Wirtschafts- und Sozialraumes bedarf, der aber nicht gegeben ist, und somit die Aufrechterhaltung der Gemeinschaftswährung zu toxischen Verzerrungen führt, weil sie auf der Grundlage der exzessiven Verschuldung und der Staatsfinanzierung, wie immer man sie kaschieren mag, beruht. Italien, Griechenland und Frankreich sind hoch verschuldet, die Wirtschaft der mediterranen Länder wird teils künstlich am Leben erhalten, indem die EZB en masse Schrottpapiere aufkauft und dadurch Firmen künstlich am Leben erhält, die nicht konkurrenzfähig sind. Das führt zu einer Marktverzerrung und kann zum Marktinfarkt führen. Denn die künstlich am Leben erhaltenen Firmen nehmen den lebensfähigen Firmen die Luft zum Atmen.
Eigentlich müsste die EZB wie die Fed die Zinsen anheben, doch kann sie es nicht im erforderlichen Maße, weil sie damit die Staatsverschuldung von Frankreich, Griechenland und Italien unbezahlbar machen würde, weil der Schuldendienst immer teurer werden würde. Hebt sie nicht die Zinsen im erforderlichen Maße an, befeuert sie die Inflation. In dieser Falle, vor der die EZB seit Jahren gewarnt worden und die in fernen Tagen einmal der Grund für die Gründung der AfD war, sitzt nun die EZB – und wir mit ihr. Das Ganze ist fragil und kann beim geringsten Windstoß zusammenbrechen.
Liz Truss wollte durch eine Kombination aus Steuersenkungen, Absenkung des Spitzensteuersatzes und der Körperschaftsteuer, Deckelung der Energiekosten, Deregulierungen die Wirtschaft stimulieren. Man kann zwar über einzelne Maßnahmen streiten, nur besteht das Hauptproblem darin, dass eben das Programm der neuen Regierung nicht nur zu beträchtlichen Steuerausfällen führt, sondern auch vollkommen auf Schulden aufgebaut ist, in der Hoffnung, dass diese Schulden dereinst vom Wirtschaftsaufschwung beglichen werden. Das hat allerdings den Charme, auf den Skat zu wetten.
London ist der zweitgrößte Finanzplatz in der Welt. Anleger begannen nach Bekanntwerden des Programms, aus dem Britischen Pfund zu fliehen. Ein Crash zeichnete sich ab. „Viele Banken und Versicherungsunternehmen im Euroraum sind in britischen Gilts engagiert. Das ist ernst. Die Europäische Kommission ist sehr besorgt. Der IWF ist besorgt. Das Weiße Haus ist besorgt“, twitterte ein ehemaliger EU-Beamter und Finanzanalyst. Der EU Observer schrieb: „Eine Kernschmelze im britischen Rentensektor konnte nur verhindert werden, als die Bank of England Sofortmaßnahmen ergriff und ein Programm zum Ankauf von Anleihen in Höhe von 65 Milliarden Pfund (74.7 Milliarden Euro) auflegte.“
Aus Sicht der Bank von England hätte das Programm der Regierung das Pfund geschwächt und dadurch die Inflation in neue Höhen getrieben. Die Bank selbst stand vor dem Problem, dass sie eigentlich die Zinssätze hätte anheben müssen, was ihrer Meinung nach aber eine Rezession ausgelöst hätte. Ein Londoner Banker kommentierte die Ereignisse gegenüber der Financial Times mit den Worten: „Irgendwann an diesem Morgen machte ich mir Sorgen, dass dies der Anfang vom Ende sein könnte. Es war nicht gerade ein Lehman-Moment. Aber es kam dem nahe.“ Die englische Regierung hat ihr Programm zunächst zurückgezogen und will sehr schnell ein neues vorlegen, um Vertrauen zu schaffen.
Die Profiteure aus dem Ukraine-Krieg und aus dem Niedergang Europas sind unzweifelhaft die USA. Sollte es dummerweise in der Ukraine und in Europa zu einem Atomkrieg kommen, ist man ohnehin weit weg.
Während die EU erklärt, der Ukraine ein langfristiges Darlehen in Höhe von 5 Milliarden Euro zu gewähren, nehmen die Forderungen aus Kiew an die EU fast schon Befehlston an. So sagte Oleg Ustenko, Wirtschaftsberater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj dem Portal POLITICO: „Unser Finanzminister steht unter extrem hohem Druck, wenn er diese Schecks an das Militär schickt, an Rentenkassen … wir müssen dieses Geld in seinen Händen haben. So etwas wie eine Woche oder mehrere Wochen Verzögerung ist einfach nicht akzeptabel.“
Oleg Ustenko kann beruhigt sein. Annalena Baerbock hat der Ukraine fest versprochen zu liefern, was die Ukraine will, unabhängig davon, was immer ihre deutschen Wähler darüber auch denken mögen. Die Grünen haben in ihrer kurzen Regierungszeit eine Faustregel aufgestellt, die lautet, dass alles, was die Grünen veranlassen, Deutschland schadet.
In EU-Europa gehen langsam die Lichter aus.