EU-Strafzölle auf Autos aus China nutzen nichts, sondern schaden nur

Strafzölle auf Elektroautos aus China machen wirtschaftlich keinen Sinn und sind aus Verbrauchersicht sogar kontraproduktiv: Offensichtlich will die EU-Kommission nach der Europa-Wahl Härte demonstrieren. Die Automobilindustrie – und die europäischen Verbraucher – werden dabei zum Bauernopfer.

picture alliance / Zoonar | Steve Heap

Trotz aller gut begründeter ökonomischer und handelspolitischer Bedenken hat die EU-Kommission am 12. Juni 2024 gegen chinesische Elektroautos Strafzölle verhängt, die am 4. Juli, je nach Hersteller unterschiedlich gewichtet, vorläufig in Kraft treten sollen.

Statt einer pauschalen Anhebung der Importzölle für alle Hersteller gleich, entschied sich die EU für ein differenziertes Stufenmodell mit Spitzenreiter SAIC (zusätzliche 38,1 Prozent), Geely (20 Prozent) und BYD (17,4 Prozent). Im härtesten Fall, beim chinesischen Konzern SAIC, zu dem unter anderem die Marke MG gehört, werden statt bisher zehn sogar 48,1 Prozent Importzoll fällig.

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Als Begründung für diese Strafmaßnahme sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei Bekanntgabe: „Der Preis dieser Autos wird durch riesige staatliche Subventionen künstlich gedrückt – das verzerrt unseren Markt.“ Die Tür für eine andere Einigung hält die EU-Kommission offen, die betroffenen Unternehmen sollen bis zum 4. Juli eine Stellungnahme zu ihrer jeweiligen Zolltaxierung abgeben.

Diese Einschätzungen sind gleichzeitig der Startschuss zu direkten Gesprächen zwischen der EU und China, um die endgültige Einführung der jetzt vorgestellten Zölle in den kommenden vier Monaten doch noch abzuwenden. Erst mit einem Mehrheitsbeschluss der EU-Mitgliedsstaaten würden die Zölle nach Ablauf der Vier-Monatsfrist endgültig eingeführt.

Die Zollsätze der EU wurden dem Vernehmen nach je nach Kooperationsbereitschaft der chinesischen Autobauer bei den seit Herbst 2023 laufenden Untersuchungen der EU-Behörden festgelegt. Die staatliche Firma SAIC kooperierte überhaupt nicht und ließ alle Fragen unbeantwortet, während der Weltmarktführer bei E-Autos BYD am kooperationswilligsten mit der EU im Rahmen der Anti-Subventionsuntersuchung zusammenarbeitete.

BYD wurde mit dem niedrigsten Zollsatz von 17,4 Prozent belegt, SAIC mit 38 Prozent dem höchsten. Für BYD ein vergleichsweise milder Strafzoll, denn damit soll der Weltmarktführer kurioserweise zukünftig weniger Importzoll für seine chinesischen Elektroautos zahlen als der deutsche Hersteller BMW mit 21 Prozent für seinen iX3, der ausschließlich in Shenyang produziert und von dort weltweit exportiert wird, aber in Deutschland entwickelt wurde.

BMW kooperierte ebenfalls mit der EU-Kommission, wurde aber auf 21 Prozent zusätzlichen Importzoll eingestuft. BMW-Chef Oliver Zipse kritisiert dies laut Automobilwoche deutlich: „Diese Entscheidung für zusätzliche Importzölle ist der falsche Weg. Die EU-Kommission schadet damit europäischen Unternehmen und europäischen Interessen. Protektionismus birgt die Gefahr, eine Spirale in Gang zu setzen: Zölle führen zu neuen Zöllen, zu Abschottung statt Miteinander. Aus Sicht der BMW Group tragen protektionistische Maßnahmen wie die Einführung von Importzöllen nicht dazu bei, im Wettbewerb auf internationalen Märkten zu bestehen.“

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Dieser klaren Ablehnung schloss sich auch der deutsche Automobilverband VDA an. VDA-Präsidentin Hildegard Müller sieht die Zusatzzölle als Hindernis für die globale Zusammenarbeit: „Ausgleichszölle für aus China importierte E-Pkw sind nicht geeignet, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie zu stärken.“ – Alles vergeblich, die EU-Kommission will Zölle.

Offensichtlich sieht sich die Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen angesichts der politischen Gesamtkonstellation nach der Europa-Wahl veranlasst, Härte zu demonstrieren. Die Automobilindustrie – und die europäischen Verbraucher – werden dabei zum Bauernopfer. Die beabsichtigte Einführung der Strafzölle auf Elektroautos aus China macht aus wirtschafts- und handelspolitischen Gründen keinen Sinn und ist aus Sicht der Verbraucher sogar kontraproduktiv.

Geschützt werden soll die europäische Automobilindustrie vor chinesischen Billig-Importen. Diesen Schutz braucht die Autoindustrie nicht:

  • Alle großen europäischen Autohersteller verzeichnen 2023 bis heute Oligopol-Rekordgewinne dank hoher und zuletzt auch wieder zunehmender Verbrennernachfrage. Drohende Verluste durch chinesische E-Autos jetzt und in der Zukunft: Fehlanzeige!
  • Billige chinesische Elektroautos werden bislang am Markt überhaupt nicht angeboten, sind also keine Konkurrenz für billige E-Autos europäischer Hersteller. Können sie auch gar nicht, denn die werden bis auf wenige französische Ausnahmen bisher ebenfalls nicht angeboten. Die Rede von der Flut chinesischer E-Autos, die der europäischen Autoindustrie den Garaus machen würde ist – Stand heute – ein Märchen.
  • Erschwerend kommt hinzu: Die Kunden wollen keine Elektroautos, auch solche aus China nicht. Schutzzölle sind ein Popanz, gegen welche China-Importe sollen sie sich richten? Elektroautos werden generell vom Markt nicht geschätzt, mutieren aktuell zu Ladenhütern, stauen sich zu immer größeren Halden an neuen unverkauften Lagerfahrzeugen. Das würde auch für mögliche kleine E-Autos aus China gelten. Im Importhafen Bremerhaven quellen aktuell die Hafenläger mit China-E-Autos über.
  • Der Marktanteil chinesischer E-Autos, Messlatte für den Wettbewerbsdruck, ist verschwindend gering. In Deutschland kommt keine chinesische Marke über 10.000 Einheiten Jahresabsatz (Ausnahme: MG Roewe 2023:21.000 E), die Marktanteile erreichen maximal 0,7 Prozent.

EU-Importzölle gegen billige China-Autos – wenn es sie denn endlich in Europa gäbe – schützen nicht die heimische Autoindustrie, schaden aber den Autokunden, die mangels Angebot keine deutschen Billig-E-Autos kaufen können. Sie müssen jetzt auf teurere E-Autos aus China zurückgreifen. Entsprechend hoch ist der Kaufkraft-Entzug, es sei denn, die chinesischen Hersteller fangen die Zollsätze in ihren Gewinnmargen auf, was aber nicht zu erwarten ist, da sie unter Beobachtung der EU stehen.

Und letztlich: Importzölle auf billige E-Autos wirken den Klimazielen entgegen, da (noch) weniger E-Autos gekauft werden, stattdessen mehr Verbrenner. Die Politik muss entscheiden was sie will: Klimaschutz oder überflüssigen Industrieschutz. Generell: Das von der EU verhängte Verbrenner-Aus ab 2035 steht auf der Kippe, Technologieoffenheit der bis lang verbohrten EU-Kommission deutet sich an. Eine Renaissance umweltfreundlicherer Verbrenner kündigt sich an, begleitet von fossilarmen und klimafreundlichen Treibstoffen (eFuels).

Vor diesem Hintergrund einen Handelskrieg zwischen Europa und China durch Einführung von Schutzzöllen vom Zaun zu brechen, ist ökonomisch-rational schwer zu begreifen – vulgo nach Volksmeinung: hirnrissig.

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Kommentare ( 18 )

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Teiresias
6 Monate her

Zölle auf Autos, die keiner will und die in sechsstelliger Anzahl bereits in Deutschland auf Halde stehen. Warum?

Die EU handelt hier ganz im Interesse der USA, indem sie sich nach den russischen Rohstoffen auch vom chinesischen Handelspartner trennt.

Das ist wirtschaftlicher Selbstmord im Sinne der USA, die sich freut, daß es ihnen erspart bleibt, mit einem grosseurasischen Wirtschaftsraum einen aussichtslosen Konkurrenzkampf führen zu müssen.

Aber natürlich geht es nur um Klima und Menschenrechte und Völkerrecht, und ansonsten hat nichts mit nichts zu tun.

Last edited 6 Monate her by Teiresias
Cabanero
6 Monate her

Schade, daß Roland Tichy bzw. seine Redaktion wieder in alte globalistische Memen und Illusionen zurückfällt. Wenn man es genau betrachtet, hat die Globalisierung, schönsprechend „internationale Arbeitsteilung“ und de facto nur ein Export von europäischen Arbeitsplätzen und Wirtschaftsleistung nach Fernost den Europäern, insbesondere den Deutschen rein gar nichts gebracht. Betrachten wir es näher: Deutschland hat praktisch seine gesamte Konsumgüterindustrie, einschließlich Haushaltsgroßgeräten, dazu seine Stahlproduktion, seine Pharmaindustrie, große Teile der feinmechanischen Industrie und auch den gesamten Sektor der Halbleiter- und IT-Industrie verloren. Im laufenden Prozeß wandern gerade die chemische Industrie ab, der Maschinenbau und die Autoindustrie. Der Verlust der Arbeitsplätze, das beschreibt… Mehr

Last edited 6 Monate her by Cabanero
Proffi
6 Monate her
Antworten an  Cabanero

Man kann eigentlich mit E-Autos in Deutschland nichts anfangen, weil besonders in den Städten die Infrastruktur für e-Mobilität sehr ungünstig ist. Wenn man einsieht, dass die e-Mobilität niemals zu etwas führen wird, könnte man die Infrastruktur so lassen wie sie ist, und außer den besonders Begüterten würde niemand ein E-Auto kaufen. Auch kein chinesisches. Damit erübrigen sich Strafzölle.

Uferlos
6 Monate her

Ich finde die Strafzölle als unangebracht. Die Chinesen zerlegen unsere Autoindustrie nicht, dass macht die Politik mit ihren CO2 Vorgaben. Das Preisgefälle gibt es ebenso bei Verbrennern, ohne dass die europäische Autoindustrie darüber verendet ist. Koreanische und japanische Verbrenner Hersteller sind bisher auch preiswerter als deutsche. Trotzdem ist ihr Marktanteil nicht in die Höhe geschossen. Deutsche Hersteller konnten ihren Marktanteil in den letzten 10-20 Jahren sogar wieder ausbauen, trotz höherer Preise bei vergleichbaren Fahrzeugen ähnlicher Leistungsparameter und Fertigungsqualität. Das China Hersteller den europäischen Markt überrollen, ist nur gezielte Panikmache, um gegen diese Hersteller vorgehen zu können. Damit wird das hohe… Mehr

Last edited 6 Monate her by Uferlos
Georgina
6 Monate her

China und Indien bauen Kernkraftwerke aber noch sehr viel mehr Kohlekraftwerke.

Die EU schießt sich mehrfach ins eigene Bein.

Eines ist sicher, diese EU wird den Wirtschaftskrieg eindeutig verlieren.

Herzlichen Glückwunsch.

Das Klima hat sich noch nie über etwas beschwert. Logisch.

johnsmith
6 Monate her

Ich sehe das anders. Der Trend geht eindeutig vom Verbrenner zum E-Auto. Denn das Pariser Klimaschutzabkommen und die Gerichte, die sich darauf berufen wie das Klimaschutzurteil des BVerfG lassen der Politik gar keine andere Wahl als den Verbrenner und Benzin/Diesel sukzessive zu verbieten und zu verteuern. Ein Ausweg würde nur in einer Kündigung des Pariser Abkommens bestehen, wofür aber voraussichtlich keine politischen Mehrheiten bestehen werden. Die chinesischen Hersteller haben dank staatlicher Subventionen(Direktzahlungen und verbilligte Kredite von Staatsbanken), günstigeren Lohn- und Energiekosten, des verbilligten Bezugs chinesischer Akkus und Stahls und der Größenvorteile des chinesischen Markts (Economies of Scale) einen deutlichen Kostenvorteil… Mehr

Haba Orwell
6 Monate her
Antworten an  johnsmith

> Denn das Pariser Klimaschutzabkommen und die Gerichte, die sich darauf berufen wie das Klimaschutzurteil des BVerfG lassen der Politik gar keine andere Wahl als den Verbrenner und Benzin/Diesel sukzessive zu verbieten

Georgina
6 Monate her
Antworten an  johnsmith

Toyota verkündet etwas anderes, nämlich, daß der aufgezwungene E-Auto-Hype erledigt ist.

GP
6 Monate her
Antworten an  johnsmith

Solche Verbote sind nach einem Machtwechsel ganz schnell wieder zu kippen, kein Gericht kann dann ein Verbot aussprechen wenn es dazu keine gesetzliche Grundlage mehr gibt. Deswegen AfD wählen.

MFK
6 Monate her

Dass BEVs in China günstiger hergestellt werden können als in Europa dürfte wegen niedriger Löhne, Steuern und Energiekosten unstreitig sein. Worin besteht also ihre rechtswidrige Subventionierung durch den chinesischen Staat. In den Dokumenten der EU findet man dazu nur dieses: „Bei den Subventionspraktiken handelt es sich unter anderem um 1) direkte Transfers von Geldern sowie potenzielle direkte Transfers von Geldern oder Verbindlichkeiten, 2) den Verzicht auf Einnahmen oder die Nichterhebung von Abgaben durch die Regierung und 3) die Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen durch die Regierung zu einem geringeren als dem angemessenen Entgelt. Insbesondere verfügt die Kommission über Beweise in Bezug… Mehr

Wilhelm Roepke
6 Monate her

Es ist ganz einfach: der politmediale linksgrüne Einheitskomplex hat das Verbrennerverbot verbockt und muss jetzt verhindern, dass die chinesische (bessere) Konkurrenz die europäische Automobilindustrie schnell kaputt macht. So wird sie halt durch Zölle, die nur zur Trägheit animieren, langsam kaputt gemacht. Nichts, was eine konservative europäiische Politik nicht in Ordnung bringen könnte.

fatherted
6 Monate her

Mir stellt sich da eher die Frage: Wer kauft überhaupt China-E-Autos? Es werden ja nicht mal mehr EU E-Autos gekauft. Tesla steht auf Halde….die anderen Hersteller stellen ihre E-Autos auf die Höfe der Händler….wo sie langsam vor sich hin gammeln. Also warum Zölle auf Waren die hier eh keiner kauft? Vielleicht will man auch nur eine Handelskrieg anfangen….nach Russland muss nun China herhalten….aber wer weiß schon was in den Köpfen der Verantwortlichen vorgeht…wahrscheinlich nicht allzu viel.

Hieronymus Bosch
6 Monate her

Das E-Auto ist und bleibt ein Ladenhüter! Zu hohe Strompreise und zu wenige Ladesäulen reichen schon aus! Und wer gerade seinen Führerschein gemacht hat und sich früher einen günstigen Gebrauchtwagen kaufte, soll jetzt einen Neuwagen bezahlen? Einfach nur lächerlich!

beccon
6 Monate her
Antworten an  Hieronymus Bosch

Naja, der Wert für gebrauchte E-Autos fällt noch schneller als deren Restreichweite.

Klaus D
6 Monate her

EU-Strafzölle auf Autos aus China….wir sollten es wie china machen sprich willt DU hier verkaufen musst DU auch hier was produzieren. Auch wäre wie in china staatlicher eingriff wichtig damit das kapital hier nicht machen kann was es will und nur auf die rendite statt aufs ganze schaut.