Stimmung in der Wirtschaft: verhalten pessimistisch

Die Stimmung in der Wirtschaft hat sich im Vergleich zum Jahresanfang leicht gebessert. Doch die Werte sind immer noch im Keller. Vor allem die Entwicklung in der Industrie macht die Verantwortlichen bange.

picture alliance / Horst Ossinger | Horst Ossinger

Wann melde er denn endlich, dass es mit der Wirtschaft bergauf gehe, will der Vertreter der Nachrichtenagentur DPA wissen. Vielleicht sind die Journalisten einfach Horrormeldungen aus der Wirtschaft als Erzählmotiv leid. So ließe sich die Frage zumindest verstehen, wenn man es gut mit dem Berufsstand meint. Nur: „Schönreden hilft auch nicht“, wie Martin Wansleben auf die Frage antwortet. Der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (DIHK) stellt die neue Konjunkturumfrage des Hauses vor, an der sich rund 24.000 Unternehmen beteiligt haben.

Im Vergleich zum Jahresbeginn hat sich die Stimmung in der Wirtschaft demnach leicht verbessert. Aber sie ist immer noch verhalten pessimistisch: „Der Aufschwung bleibt weiter aus. Die Erwartungen zeigen keine kraftvolle Aufwärtsbewegung.“ Die Hoffnungen auf ein gutes Auslandsgeschäft und auf ein wenig schlechteres Inlandsgeschäft hätten sich nicht erfüllt.

Es ist laut Wansleben ein Bündel an Problemen, das die deutsche Wirtschaft belaste. Egal, ob Energiepreise, Fachkräftemangel, Arbeitskosten oder Wirtschaftspolitik – in all diesen Punkten gibt mehr als die Hälfte der Befragten an, dass sie diese Punkte zu ihren Geschäftsrisiken zähle. Ein Problem wie die schwache Inlandsnachfrage lasse sich auch nicht durch ein wenig Konsumanreiz aus der Welt schaffen, sagt Wansleben. Die Inlandsnachfrage sei wegen der Probleme in der Industrie und in der Baubranche schlecht – und diese Probleme wiederum seien strukturell.

Zwar wachse die Weltwirtschaft nur moderat, berichtet Wansleben, aber sie wächst. Doch Deutschland profitiere nicht von dem Trend, anders als Länder wie die USA, Russland, China, Indien oder Brasilien. Nachgefragt, warum das so sei, gibt Wansleben als ersten Grund das Versagen der EU in der Handelspolitik an. Schon seit 30 Jahren versuche die EU zum Beispiel mit den Staaten Südamerikas das Handelsabkommen Mercosur abzuschließen. Vergeblich. In der Zwischenzeit habe China diesen Markt besetzt.

Auffällig an der Konjunkturprognose ist für Wansleben, dass sich im Verhältnis zwischen Industrie und restlicher Wirtschaft etwas verändert habe. Bis dato war die Stimmung in der Industrie tendenziell besser als in anderen Sparten. Mittlerweile ist sie in der Industrie schlechter. Das sei „besonders besorgniserregend“. Insgesamt gäbe die Umfrage „alarmierende Anzeichen einer schrittweisen Deindustrialisierung“ her. Wer also positiv über die Perspektiven der deutschen Wirtschaft berichten will, muss sich noch um einiges gedulden – oder eigene Geschichten dazu kreiieren.

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Kommentare ( 10 )

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Klaus Weber
6 Monate her

Wenn ein Land so dumm ist und sich freiwillig schwächt (bzw. durch die EU schwächen läßt), ich rede hier nicht nur von der Energieverteuerung sondern auch von Absurditäten wie dem Lieferkettengesetz, der EU-Taxonomie und der sog. ESG, dann darf man sich nicht wundern, daß die Konzentration auf Effizienz und Produktivität nachlässt, sich auf alle möglichen Aktivitäten verzettelt und die Unternehmen insgesamt schwächer werden. Die Chinesen, die völlig unbelastet von diesem ganzen Unsinn arbeiten können, werden uns ungespitzt in den Boden hauen! Ganz im Sinne von: „The winner takes it all!“

Ronaldo
6 Monate her

Schrittweise Deindustrialisierung? Nein, das sind bis jetzt nur die Vorboten, von dem, was da tatsächlich kommen wird. Die Planung und Umsetzung von Verlagerungen dauert normalerweise etliche Jahre. Die große Welle kommt erst noch.

IJ
6 Monate her

Wenn in Deutschland statt Klimawahn, Ökosozialismus und Wokismus wieder gesunder Menschenverstand und pragmatischer Überlebenswille einkehren sollen, wird dies nur im Zuge eines wirtschaftlichen Niedergangs oder gar durch einen Zusammenbruch möglich sein. Durch Vernunft und Einsicht wird das Umdenken nicht eintreten, da es ja gerade an Vernunft, Einsicht und Geschichtsbewusstsein mangelt. Insofern haben schlechte Wirtschaftsdaten in der gegenwärtigen Lage etwas Gutes und etwas Schlechtes. Allerdings würde ich mir einen schnellen und schmerzhaften Niedergang wünschen, der auch wieder schnell in sein Gegenteil gewendet werden kann. Ein schleichender Nidergang, so wie jetzt, ist eigentlich der Worst Case, da die Zerstörungen viel tiefgehender und… Mehr

Last edited 6 Monate her by IJ
flyingmick
6 Monate her

Die Bosse der Großunternehmen- aber auch viele mittelständischen Unternehmen und deren Branchenvertreter kuscheln seit Jahren mit der Politik, egal welcher Couleur, um sich am Subventionstropf laben zu können. nun zeigt sich: falsch spekuliert… die Unwissenden haben Ernst gemacht und die wirtschaftliche Basis nachhaltig beschädigt, wenn nicht gar zerstört. Beispiel Energiewirtschaft: dazu kann man eigentlich gar nichts mehr sagen. Chemie, Auto usw. dito… erst untertänig alles nachplappern, was irrelevante und Dauer-versagende Polit-Darsteller plappern, dann plötzlich aufwachen und *PENG* Auch der große Rest der Geld- und Steuergeldvernichtung in allen Bereichen ist einfach nur noch beschämend. Und die Protagonisten kämpfen um Budget vermeintlich… Mehr

Orlando M.
6 Monate her

Eine starke Wirtschaft ist die Antwort.“
Und ein weniger teurer Staat! Niemand kann es den Beschäftigten der Privatwirtschaft erklären, warum ein stellvertretender Studiendirektor von einem Gymnasium auf dem Land 4300€ Pension im Monat kassiert, während viele mit ihrer hart erarbeiteten Rente kaum auskommen. Das ist keine Neiddebatte, dieses staatliche Killerargument greift nicht, da der Studiendirektor seine Pension von den Beschäftigten der Wirtschaft geschenkt bekommt, während diejenigen, die die so großzügig verplemperten Werte erwirtschaften immer größere Probleme bekommen, ihr Leben zu finanzieren. Die wilde Bestie Staat muss dringend gezähmt werden!

bkkopp
6 Monate her

Vor einigen Tagen haben sich 30 Dax-Vorstände um die “ Demokratie“ in D Sorgen gemacht. Seit Trittin, vor 24 Jahren haben sie sich noch nie gründlich um die Wirtschaft Sorgen gemacht. Sie haben wesentlich dazu beigetragen, dass Millionen geglaubt haben, und immer noch glauben, dass man mit systematisch verteuerter Energie, EEG, sogenannten erneuerbaren Energieen, Abschaltung der KKWs uvam. und dem ganzen ideologischen Klima- und Ökosozialismus, von Trittin bis Habeck, eine prosperierende Industrie und Wirtschaft in Deutschland haben kann. Sie beklagen hohe Steuern, Überbürokratisierung uvam., aber sie beklagen nie die wesentlichen Faktoren und Akteure die dazu geführt haben. Sie wissen öfter… Mehr

Jack
6 Monate her

Die pessimistische Stimmung in der Wirtschaft überlagert sich mit einer wachsenden Demotivation bei der erwerbstätigen Bevölkerung. Z.B. die hohen Krankenstände haben ja eine Ursache. Was denkt man eigentlich wie es bei vielen Menschen wirkt, wenn man permanent mit einer Deutungshoheit konfrontiert wird, welche einem den persönlichen Lebensentwurf vorschreiben möchte, ohne selbst jemals geliefert zu haben und kaum eine Vorbildfunktion ausfüllen kann. Man darf sich über den Unmut nicht beschweren. Im Moment sehe ich keine Lösung, dass die Akteure eine Wende herbeiführen können.

Last edited 6 Monate her by Jack
Punti
6 Monate her

Das möglicherweise mangelnde Kaufkraft die Ursache der schwachen Binnennachfrage sein könnte, nicht erst seit heute, sondern schon seit mehr als zwei Dekaden, scheint der DIHK auch weiterhin vollkommen unvorstellbar.

Shipoffools
6 Monate her

Nach oben geht es nur nach einem radikalen Wechsel der jetzigen Politik. Der Robert hat ja gestern erst wieder erneut eingeschenkt. Grüner Stahl, Zement etc, mit Abnahmezwängen versehen. Die Industrie wandert derzeit mit noch nicht vollständig gelockerter Handbremse ab. Das wird sich aber spätestens Mitte bis Ende 2025 zur BTW verändern, wenn Fritze Merz das Werk der Ampel fortsetzen wird. Bis dahin sollte die Statistik gefälscht werden, ansonsten gibt es keine guten Nachrichten mehr.

Haba Orwell
6 Monate her

> Schon seit 30 Jahren versuche die EU zum Beispiel mit den Staaten Südamerikas das Handelsabkommen Mercosur abzuschließen.

Soweit ich mich entsinne, dieses hat ergrüntes Österreich unter „Öko“-Vorwänden gekappt. Wenigstens noch einmal die Welt gerettet.