China baut eigene Halbleiterindustrie auf

China hat den größten Halbleiter-Investmentfonds seiner Geschichte aufgelegt und will damit die Entwicklung seiner Chipindustrie schneller vorantreiben.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Ichiro Ohara
Weltweit größter Chiphersteller mit Sitz in Tainan, Taiwan, 22.05.2024

Die dritte Phase des National Integrated Circuit Industry Investment Fund hat laut Nachrichtenagentur Bloomberg ein Volumen von 344 Milliarden Yuan (47,5 Milliarden $) von der Zentralregierung und verschiedenen staatlichen Banken und Unternehmen, einschließlich der Industrial & Commercial Bank of China Ltd. zusammengetragen. Der Fonds wurde am 24. Mai gegründet und soll den erneuten Vorstoß der Regierung von Xi Jinping unterstreichen, so heißt es, eine eigene Halbleiterindustrie aufzubauen.

Der größte Anteilseigner des jüngsten Fonds ist das chinesische Finanzministerium; Investmentfirmen der Lokalregierungen in Shenzhen und Peking beteiligten sich ebenfalls. Die Regierung in Shenzhen unterstützt mehrere Chipfabriken in der südchinesischen Provinz Guangdong.

Seit langem versucht Peking, die Entwicklung in den Technologiefeldern Halbleiter, Robotik und Biotechnologie voranzutreiben. Präsident XI Jinping begann unmittelbar nach Amtsantritt, die Industrie seine Landes massiv umzustrukturieren. Dazu wurde ein nationaler Chip-Fonds mit rund 100 Milliarden Yuan eröffnet.

Damit will China auch auf dem strategisch entscheidenden Gebiet der Chipherstellung Raum gewinnen. Währenddessen versucht die US-Regierung unter Präsident Biden, China daran zu hindern, hochentwickelte Chips und Chipherstellungsausrüstung aus dem Westen zu kaufen. Washington drängt massiv Verbündete wie die Niederlande, Deutschland, Südkorea und Japan, die Beschränkungen für China weiter zu verschärfen und Lücken in Exportkontrollen zu schließen.

Es wundert daher nicht, dass China technologische Autarkie zu einer nationalen Priorität erklärt hat. Denn der Kampf um den strategisch wichtigen Rohstoff »Chip« erreicht immer neuere Dimensionen. Ausgerechnet das kleine Taiwan vor der Küste Chinas ist mit dem weltgrößten Chip-Hersteller TSMC ein sehr sensibler Platz. Sollte China nach Taiwan einmarschieren, wie Peking martialisch immer wieder androht, gerät die weltweite Chipfertigung und -entwicklung in Gefahr. Wir haben bei TE darüber berichtet.

Wichtigster Hersteller ist das niederländische Unternehmen ASML. Nur die Niederländer in Veldhoven können bisher jene Belichtermaschinen herstellen, mit denen die Produktion der schnellsten und vor allem energiesparendsten Chips möglich ist. Die Niederlande haben übrigens auf Druck der USA dem Unternehmen untersagt, deren Anlagen nach China zu verkaufen. Peking soll nicht in den Besitz der neuesten Technik kommen, die für künstliche Intelligenz aber auch für militärische Zwecke eingesetzt werden kann.

Schon länger drücken Beamte der US-Regierung »sowohl ihren niederländischen als auch ihren taiwanesischen Kollegen gegenüber ihre Besorgnis« darüber aus, wie es bei Bloomberg heißt, was passiert, wenn die chinesische Aggression zu einem Angriff auf die Insel eskaliert, von der die meisten hochentwickelten Halbleiter der Welt kommen.

Doch jetzt drang durch, dass Hersteller ASML in der Lage sei, seine Maschinen aus der Ferne zu deaktivieren. Wie Bloomberg berichtete, hätten die Niederlande Simulationen einer möglichen Invasion durchgeführt, um die Risiken besser einschätzen zu können.

Sprecher von ASML, TSMC und des niederländischen Handelsministeriums allerdings lehnten eine Stellungnahme ab ebenso wie der Nationale Sicherheitsrat des Weißen Hauses, des US-Verteidigungsministeriums und des US-Handelsministeriums, die von Bloomberg angefragt wurden.

Das ist erwartbar gewesen, sind doch Entwicklung und Produktion mit diesen Maschinen der Superlative ein weltumspannendes Projekt, das nicht ohne Wartung und Aktualisierung via Internetverbindungen funktioniert. Fernabschaltung dürfte da das technisch geringste Problem sein.

Es wurden auch Listen der wichtigsten Wissenschaftler und Ingenieure angefertigt, die in der Lage sind, diese Maschinen zu betreiben. Die würden, so berichtete ein Insider gegenüber TE, im Falle eines Angriffes in die USA ausgeflogen.

Es würde aber auch ein Sack mit Mehl ausreichen, die komplexen Anlagen in ihren extremen Reinst-Räumen unbrauchbar zu machen.

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Kommentare ( 21 )

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Rosalinde
27 Tage her

Nach den Strafzöllen und länger zurück liegenden westlichen Boykotten ist diese chinesische Reaktion nachvollziehbar. Wieder ein klassisches Eigentor der USA.

MeHere
28 Tage her

China vergackeiert den Westen schon sehr lange … wird sich auch unter der Diktatur nicht mehr ändern – wir können froh sein, wenn nicht noch ein Krieg oder eine Invasion stattfindet … wir sollten Tschüss zu China sagen (es geht auch ohne die). Wir können es selbst besser – gerechter, nachhaltiger und umweltfreundlicher …

giesemann
28 Tage her

Es würde mich doch sehr wundern, wenn die das nicht machen täten, immerhin 1,4 Milliarden Menschen, also mehr als Europa und USA zusammen. Gilt auch für Indien und die gesamte islamische Welt. Die sind doch nicht blöd. Vielleicht kommen ja auch die: Chinese Female Soldiers Parade – YouTube – welcome.

Thorsten
28 Tage her

Die Chinesen haben wohl die strategische Entscheidung getroffen ihre eigene Halbleiterindustrie aufzubauen.
ASML sollte aufpassen, dass es nicht in wenigen Jahren einen Gegner von der Schlagkraft Huaweis, BYD oder Xiaomi gegenübersteht.

GR
28 Tage her

Die Chinesen einzuhegen wird genau so gut klappen wie die Russen vor zwei Jahren, als denen die Chips für ihre Panzer auszugehen hatten wg. Sanktionen und deshalb der Krieg schnell beendet wäre.

DrRobertFord
28 Tage her

Ein Aspekt beim Scheitern des schlichtweg bösartigen Versuchs, China wissenschaftlich und technologisch zu isolieren, ist das hervorragende Bildungssystem – in der Breite und in der Spitze. Jedes Jahr verlassen mehr neue Ingenieure und Naturwissenschaftler die Universitäten Chinas als in den USA/EU zusammen. Dabei sind die besten dieser Universitäten längst auf dem Niveau von Harvard oder dem MIT angekommen, aber ohne durch deren woke Ausrichtung ausgebremst zu werden.

Haba Orwell
28 Tage her
Antworten an  DrRobertFord

Ich habe gelesen, dass sogar kleineres Russland mehr Ingenieure ausbildet als die USA – dafür fehlen aber den Russen Kompetenzen im so wichtigen Genderwesen, wo die USA eindeutig führen. Man könnte nachdenken, ob Harvard oder MIT das alte Niveau halten können, wenn die Wokeness und Cancel Culture jegliches Nachdenken verbieten? Ohne kritisches Denken und Hinterfragen keine Wissenschaft (ich meine die echte, nicht „die Wissenschaft (TM)“).

Thorsten
28 Tage her
Antworten an  DrRobertFord

In einigen Jahren werden die Chinesen ihre eigene Chip-Industrie haben und ASML und TSMC werden ums Überleben kämpfen müssen, wie die europäische Elektronikindustrie gegenüber den Japanern.

alter weisser Mann
27 Tage her
Antworten an  Thorsten

China hat eine eigene Chinindustrie, man rätselt nur, wie weit zurück die sind … 3 bis 5 Jahre vermutlich … und wie schnell sie aufholen können.
Grundsätzlich bedeutet das ja nicht, dass China, mit Ausnahme echt weniger Spitzenendprodukte, nicht wettbewerbsfähig ist

KlimaKrise
9 Tage her
Antworten an  Thorsten

In einigen Jahren wird TSMC nicht mehr exitieren, da Taiwan wieder heim ins Reich der Mitte geholt wurde. Hong Kong ist ja auch nur noch ein Schatten seiner selbst.

Marie M
28 Tage her
Antworten an  DrRobertFord

Ein interessanter Aspekt ist auch das Niveau der Eingangstests für chinesische und indische Universitäten. Müssten sich dem deutsche Abiturienten stellen, redeten wir nict über eine Bestehensquote vom Prozent oder Promille, sondern von PPM (parts per million). Die Zukunftchanchen für Deutschland wurde durch das rot-grüne Bildungssystem schon seit über 20 Jahren zerstört.

Wuehlmaus
28 Tage her

Die Chinesen denken langfristig. Verabschieden wir uns von einer europäischen weltmarktfähigen High-Tech Industrie.

Teiresias
28 Tage her

In der Triebwerkindustrie wurde auch gerade ein Gigant geschaffen, um sich von westlichen Triebwerken für Verkehrsflugzeuge unabhängig zu machen.
Verschiedene Hersteller wurden zusammengefasst zu einem Konzern mit jetzt 96.000 Mitarbeitern.
Die amerikanische Manie der Sanktionskriege zwingt China und Russland, aktiv zum Konkurrenten zu werden.
Angesichts der innenpolitisch aus Gründen des Machterhalts gewünschen Bildungsmisere im Westen ist die Wahrscheinlichkit hoch, daß der US-geführte Westen in allen Belangen überflügelt und abgehängt wird.

Wir sollten uns den BRICS-Staaten anschliessen und die USA nach Hause schicken.
Eurasien ist die Zukunft.

Last edited 28 Tage her by Teiresias
swengoessouth
28 Tage her

Tja, wenn der Hegemon befiel, stehen die Vasallen stramm. Jetzt kann jeder mal überlegen, wie unabhängig die westlichen Staaten von den USA sind. Man stelle sich mal vor China oder Russland würden dies mit anderen Staaten machen, wie die USA weltweit durchführen bei Staaten, die nicht genehm sind?

bumo111
28 Tage her
Antworten an  swengoessouth

Deshalb ziehen viele Staaten ihr Gold aus den USA ab und verkaufen US Anleihen. Die Dollar werden in Rohstoffen investiert.

johnsmith
28 Tage her

Trotz aller US-Sanktionen hat es Huawei inzwischen geschafft, mit dem chinesischen Chiphersteller SMIC einen Chip für Handys zu entwickeln, der fast genauso leistungsfähig ist wie die schnellsten Handy-Prozessoren von Samsung und Apple. Deshalb hat Apple zuletzt in China kräftig Marktanteile an Huawei verloren. Tatsächlich stammen inzwischen ca. 50% der neuen Forschungsaufsätze zur Chipentwicklung aus China. Es ist nahezu unmöglich für die USA, die chinesische Chipindustrie zu sabotieren. Auch die Maschinen von ASML dürften inzwischen von chinesischen Firmen genauestens untersucht worden sein, auch chinesische Hacker und Spione dürften auf ASML angesetzt sein. Bei KI-Chips hinkt China noch hinterher, aber das dürfte… Mehr