Regelungswut schwächt Wirtschaftsleistung: Arbeitszeit und Umsatz fallen Bürokratie zum Opfer

Eine neue Umfrage des Ifo-Instituts zeigt auf, wie sehr der Bürokratieapparat in Deutschland die Wirtschaft belastet. 437 befragte Unternehmensmanager berichten über die Herausforderungen, die mit dieser Belastung einhergehen. Unternehmen verzweifeln vor allem unter dem immensen Zeitaufwand.

IMAGO / imagebroker/theissen

Die wachsende Bürokratie in Deutschland stellt Unternehmen vor immer größer werdende Herausforderungen. Die umfangreichen Berichts-, Dokumentations- und Meldepflichten belasten nicht nur finanzielle, sondern auch personelle Ressourcen und beeinträchtigen damit die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen.

Eine aktuelle Umfrage des Ifo-Instituts unter Führungskräften deckt alarmierende Zahlen auf: Mehr als ein Fünftel, konkret 22 Prozent, der Arbeitszeit von Angestellten entfällt mittlerweile auf die Bewältigung bürokratischer Aufgaben. Dieser immense Aufwand bindet wertvolle personelle Ressourcen, die der eigentlichen Wertschöpfung entzogen werden.

Die befragten 437 Manager sehen die Hauptursache für den wachsenden Zeitaufwand in den immer umfangreicher werdenden Berichts-, Dokumentations- und Meldepflichten. Zudem sei die Komplexität gesetzlicher Vorgaben in den letzten zehn Jahren erheblich gestiegen. Knapp 75 Prozent der Befragten bewerten die Praxistauglichkeit und Umsetzbarkeit neuer Gesetze als „schlecht“ oder sogar „sehr schlecht“.

Nationale Gesetze und Vorschriften nahmen in den letzten Jahren rasant zu

Eine aktuelle Statistik der Bundesregierung aus dem Februar 2024 offenbart einen besorgniserregenden Trend: Sowohl die Zahl bundesrechtlicher Gesetze als auch die der Einzelnormen ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Laut der von der Nachrichtenagentur dpa veröffentlichten Aufstellung zeigt sich eine deutliche Zunahme der Regelungsdichte. Am 1. Januar 2014 galten noch 1.671 Gesetze mit 44.216 Einzelnormen, während es zu Beginn dieses Jahres bereits 1.792 Gesetze mit insgesamt 52.155 Einzelnormen waren. Das entspricht einem Anstieg der Einzelnormen um über 17 Prozent.

Besonders stark belasten einige der jüngst eingeführten Vorschriften die deutschen Unternehmen. Ein prägnantes Beispiel hierfür ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Es verpflichtet Unternehmen, ihre gesamten Lieferketten auf absurdeste Weise nach Menschenrechts- und Umweltstandards zu überprüfen: Gerade für kleinere Unternehmen wird dies schnell zu einer kaum zu bewältigenden Herausforderung.

Darüber hinaus erschweren langwierige und komplizierte Genehmigungsverfahren – vor allem im Bau- und Investitionssektor – die wirtschaftliche Entwicklung. Hinzu kommen komplexe steuerliche Regelungen sowie die ständigen Änderungen im Steuerrecht, die zusätzliche Unsicherheit und Kosten für die Unternehmen mit sich bringen.

EU-Vorschriften sorgen für zusätzliche Belastung

Auch auf EU-Ebene haben die zu bewältigenden Vorgaben massiv zugenommen. Besonders brisant ist dies vor dem Hintergrund, dass die EU-Kommission sich erst kürzlich für einen deutlichen Bürokratieabbau ausgesprochen hatte. Noch im März 2023 versprach die Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen, die bürokratische Belastung in der EU um 25 Prozent zu senken – mit einem Fokus auf die Entlastung von Unternehmen durch weniger Berichtspflichten.

Doch die Realität zeigt ein anderes Bild: Insbesondere im Rahmen des sogenannten „Green Deals‟ nehmen die regulatorischen Anforderungen weiter zu. Neue Gesetze und Verordnungen, wie die EU-Verordnung über entwaldungsfreie Produkte (EUDR), setzen Unternehmen – vor allem in der Landwirtschaft – unter enormen Druck. Die EUDR verpflichtet Unternehmen zu strikten Nachweisen, um sicherzustellen, dass ihre Produkte nicht mit Entwaldung in Verbindung stehen.

Eine weitere kontroverse Regelung ist das EU-Renaturierungsgesetz, welches am 18. August 2024 in Kraft trat. Dieses Gesetz, ein Kernstück des europäischen „Green Deals‟, soll geschädigte Ökosysteme in der EU wiederherstellen. Bis 2030 müssen mindestens 30 Prozent der „geschädigten‟ Lebensräume – darunter landwirtschaftliche Flächen, Moore und Wälder – restauriert werden. Hierfür legt die Verordnung konkrete Maßnahmen und Zielvorgaben fest.

Externe Hilfe benötigt – Bürokratielast erfordert zusätzliche Arbeitskraft

Kritiker, allen voran der Deutsche Bauernverband (DBV), warnen vor massiven Folgen für die Landwirtschaft. Schätzungen zufolge könnten bis zu 25 Prozent der deutschen Ackerflächen durch die neuen Regelungen betroffen sein, was erhebliche Ertragseinbußen nach sich ziehen würde. Einige Landwirte befürchten sogar, dass es unter dem Vorwand der Renaturierung zu einer Enteignung ihrer Grundstücke kommen könnte – die Sorge ist berechtigt!

Übergreifend lässt sich festhalten, dass sowohl auf Bundesebene, als auch auf EU-Ebene ein massiver Anstieg der Bürokratiebelastung für Unternehmen entstanden ist. Um die steigenden Anforderungen zu bewältigen, greifen fast 80 Prozent der Unternehmen auf externe Dienstleister zurück – ein Schritt, der zusätzliche Kosten verursacht. Die steigende finanzielle Belastung durch Zunahme der Bürokratieanforderungen wird in der IFO-Umfrage ebenfalls als zentraler Kritikpunkt hervorgehoben.

Bürokratie frisst Umsätze

Aus der aktuellen Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung geht hervor, dass deutsche Unternehmen durchschnittlich 6 Prozent ihres Umsatzes für bürokratische Anforderungen ausgeben. Diese Zahl verdeutlicht, wie sehr die zunehmenden Regulierungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einschränken.

Bereits in einer früheren Studie des Ifo-Instituts wurde festgestellt, dass in Deutschland jährlich rund 146 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung aufgrund bürokratischer Hürden verloren gehen. Ein zentraler Faktor dieser Mehrkosten ist u.a. auch die unzureichende Digitalisierung deutscher Behördengänge. Laut der Analyse könnte Deutschland seine Wirtschaftsleistung um beeindruckende 96 Milliarden Euro jährlich steigern, wenn es das Digitalisierungsniveau von Dänemark – Vorreiter in diesem Bereich – erreichen würde.

Deutschland Schlusslicht beim Thema Digitalisierung

Im Bereich Digitalisierung ist Deutschland tatsächlich stark abgeschlagen. Im Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) 2022 belegt Deutschland lediglich den 13. Platz unter den EU-Mitgliedstaaten. Außerdem: Besonders im Bereich E-Government schneidet die Bundesrepublik schlecht ab. Hier rangieren wir auf Platz 26 von 28. Nur 49 Prozent der Bürger nutzen aktuell elektronische Behördengänge – ein Wert, der weit unter dem EU-Durchschnitt liegt, wie das Bayerische Forschungsinstitut für Digitale Transformation feststellt.

Diese Defizite sind sinnbildlich für den wirtschaftlichen Rückschritt im Land. In immer mehr Disziplinen droht die Bundesrepublik abgehängt zu werden.

Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer der IHK für München und Oberbayern, fordert dringende Maßnahmen. „Eine zentrale digitale Plattform für alle wirtschaftsrelevanten Verwaltungsvorgänge könnte Prozesse erheblich vereinfachen und Unternehmen deutlich entlasten“, schlägt Gößl vor. Ein solcher Schritt könnte durchaus ein Hebel sein, um den Standort Deutschland wieder zukunftsfähig zu machen.

Bundesregierung will Entlastung – Reformen bleiben jedoch aus

Auch die Bundesregierung hat die Bürokratieentlastung als Ziel formuliert. Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums erklärte, man wolle „die Rechtsetzung einfacher und verständlicher machen“, um dem Anstieg der Einzelnormen entgegenzuwirken.

Doch ähnlich wie auf EU-Ebene bleiben diesen Worten bislang kaum Taten gefolgt. Ein markantes Beispiel dafür ist die angekündigte Aussetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes, die Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ins Spiel gebracht hatte – umgesetzt wurde das Ganze bislang nicht. Stattdessen stößt die Vereinfachung von Regularien auf erheblichen Widerstand innerhalb verschiedener Ministerien.

Die Ergebnisse sprechen für sich: Von mehr als 430 Vorschlägen zur Bürokratieentlastung wurden bisher lediglich 11 in Gesetzesform gegossen. Diese ernüchternden Zahlen gehen aus einem Bericht des IW Köln hervor und verdeutlichen die Blockaden, die der Bürokratiereform im Wege stehen.

Was Deutschland braucht, ist eine radikale Neuordnung des Regierungsapparats, wie sie in anderen Ländern durch mutige Reformatoren wie Javier Milei angestoßen wurde. Eine Verschlankung der Verwaltung durch die Zusammenlegung oder Abschaffung von Ministerien und Behörden könnte auch hierzulande erhebliche Verbesserungen bewirken.

Diese Vorgehensweise würde den Weg freimachen, um überflüssige und einschränkende Normen sowie überbordende Gesetzesvorhaben konsequent zu beseitigen.

Besonders auf EU-Ebene sind die Vorschriften, die im Zuge des „Green Deals‟ eingeführt wurden, dringend einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Ihre Streichung oder deutliche Simplifizierung ist notwendig, um deutschen Unternehmen wieder den Freiraum zu geben, den sie für nachhaltiges Wachstum und Innovation dringend benötigen.

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Kommentare ( 9 )

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Volksschauspieler
1 Stunde her

Das allein ist schon ein Widerspruch, immer mehr Bürokratisierung, aber kaum effiziente Digitalisierung im Staat. Habeck hat ja die Bürokratie für notwendig und sogar gut akzeptiert, damit seine ideologische Gesetzgebung Wirklichkeit werden kann. Die Wirklichkeit lässt sich aber nicht durch bürokratische Ideologie verändern, weder mit der längst gescheiterten Energiewende ohne Substanzenergie, noch mit dem E-Auto, spätestens ab 2035 oder mit den dysfunktionalen Vorgaben für eine Heizung. Die Grünen, aber auch die gar nicht so wenigen Anhänger dieser kruden Ideologie in der Anhängerschaft von CDU, CSU und SPD bleiben von der Wirklichkeit umzingelt, sie nehmen sie nicht an, weil sie das… Mehr

Last edited 1 Stunde her by Volksschauspieler
Kampfkater1969
1 Stunde her

Ein guter Bekannter von mir ist Händler von Maschinen der Land- und Forstwirtschaft. Er muss nun bei Onlineangeboten Sicherheitshinweise angeben, z.B. „Dieses Gerät ist nicht für Kinder unter drei Jahren geeignet!“

hier ein kleiner Einblick, was ab sofort gefordert wird:
https://www.gepruefter-webshop.de/shopbetreiber-blog/2024/10/produkthaftung-dezember-2024/

Bernd Bueter
1 Stunde her

Wer meckert soll erstmal offenlegen, was er wählt?

Guzzi_Cali_2
1 Stunde her

In den USA haben sie gerade herausbekommen, daß EINE EINZIGE Staatsbeamtenstelle (federal burocrat) 158 produktive Jobs kostet, weil diese Beamten ja mit irgendwas beschäftigt werden müssen. Daher „produzieren“ die lauter Müll und Erlasse, die kein Mensch braucht, ihnen aber ihre Daseinsberechtigung gibt. Zu den „federals“ kommen noch die „locals“ hinzu, also nochmal solche Ausbremser. Wir brauchen dringend einen Milei.

Olli Gator
1 Stunde her

Wenn man verbissene Ideologen und Parteibonzen ohne Berufskompetenz und Bildung die Gesetze machen lässt, dann kommen Bürokratiemonster dabei raus, die mehrfach verschlimmbessert werden, bis sie nicht mehr handhabbar sind.

Steuernzahlende Kartoffel
2 Stunden her

Wir wollten für unser PHEV sowie für Gäste eine Wallbox installieren (die mit von uns ohnehin, für die ganze Hütte, „auswärts“ eingekauftem Ökostrom befeuert werden sollte). Für die nachgefragte Leistung hieß es: Anzeige genügt. Tja, 2 Monate (!!) nach der Anzeige beim örtlich zuständigen „Versorger“ kam ein ca. 30-seitiges Schreiben (!!) zurück, wonach Zertifikate und Bescheinigungen vonnöten seien, außerdem ein extra Vertrag mit dem Netzbetreiber abzuschließen sei (!!), mit dem wir eigentlich gar nix zu tun haben. Ich habe das meiste davon nicht verstanden. Das Vorhaben ist erst mal auf Eis gelegt. Den zahlreichen gegen die E-Mobilität angeführten Gründen kann… Mehr

Mike76
1 Stunde her

Warum auf ein Pferd setzen, was bereits totgeritten ist?

Guzzi_Cali_2
1 Stunde her
Antworten an  Mike76

Das sehe ich exakt genau so. Die E-Mobilität ist nächstes Frühjahr sowas von mausetot – jede Investition in ein E-Auto oder die Infrastruktur eines solchen kann getrost als Sofortabschreibung gebucht werden. Buchwert NULL.

Guzzi_Cali_2
1 Stunde her

Na, dann hat ja der Amtsschimmel 4.0 doch noch was Gutes – nämlich Sie gemächlich vom Irrweg der E-Mobilität abzubringen. Ob PHEV oder BEV ist dabei vollkommen unerheblich – der Strom reicht vorne und hinten nicht für noch mehr E-Fahrzeuge. Wenn man ein Haus oder eine Halle mit einer Riesendachfläche hat und die sozusagen autark mit eigener Regelelektronik und Speichern betreiben kann, ist das eine andere Nummer. Nur: Wer hat sowas und kann sowas? Allein die „Hardware“ (vor allem die Speichermodule) ist so sündteuer, daß man dafür SEHR lang Diesel fahren kann. Die Frage ist weiterhin, wo man die Speicherbatterien… Mehr