Zehntausende Autos vom Typ ID.6 sollen in China hergestellt und nach Europa importiert werden. Zwar ist VW heute schon einer der größten Hersteller in China; über die Hälfte der VW-Produktion ist in China. Aber der Import nach Europa wäre ein absolutes Novum in der Konzerngeschichte.
Es ist eine Sensation, wenn die Meldungen des Springer-Dienstes BI stimmt: Zehntausende Autos vom Typ ID.6 sollen in China hergestellt und nach Europa importiert werden. Zwar ist VW heute schon einer der größten Hersteller in China; über die Hälfte der VW-Produktion ist in China. Aber der Import nach Europa wäre ein absolutes Novum in der Konzerngeschichte.
Damit reagiert der Konzern offensichtlich auf die extremen Kostensteigerungen in Deutschland und die Verschärfung der Energiekrise, die sich wegen schnell steigender Preise zu einer Industriekrise auswachsen kann. VW-Chef Diess hatte schon vor rund zwei Wochen angekündigt, dass der Konzern rund 30.000 Arbeitsplätze in Deutschland abbauen will – und dann dementiert. Weitere 7.000 Stellen stehen bei AUDI auf der Kippe. Aber offensichtlich verschärft sich die Krise. Bemerkenswert: VW ist ein halbstaatliches Unternehmen; über das VW-Gesetz verfügt Niedersachsen über maßgeblichen Einfluss trotz einer Minderheitsbeteiligung und stellt den Aufsichtsratsvorsitzenden. Diese Funktion wird vom jeweiligen Ministerpräsidenten ausgeübt.
Traditionell verfügt VW über eine tiefe Wertschöpfung in Deutschland, um möglichst viele Arbeitsplätze zu sichern. Auch der Betriebsrat hat bei VW eine Sonderstellung: Finanziert wurde der Aufbau des VW-Werkes einst in Wolfsburg aus dem beschlagnahmten Gewerkschaftsvermögen, das in die nationalsozialistische „Deutsche Arbeitsfront“ überführt worden war. Historisch stellt die starke Rolle des Betriebsrats eine Art Wiedergutmachung dar. Doch diese tiefe Verankerung scheint VW nicht vor der Krise zu retten. Nach der Corona-Krise geht nun die Angst vor einer neuen internationalen Krise um – nämlich der Energiekrise. In der aktuellen Statistik schlägt sie sich zwar noch nicht nieder, aber ihr Schatten ist schon deutlich erkennbar. Die kommende Ampel-Koalition will durch geplante weitere Energiepreissteigerungen Diskussionen über den Wegfall der Pendlerpauschale und Steuererhöhung für Diesel den Autoabsatz in Deutschland weiter schwächen.
Speziell für die Autoindustrie droht also die Krise nach der Krise: Nach kurzer Erholung von den Corona-Lockdowns steht die internationale Automobilindustrie Anfang Herbst 2021 voll im Zeichen der Halbleiterkrise. Fehlende Speicherchips behindern in immer mehr Branchen, vor allem bei immer mehr Vorlieferanten in der Wertschöpfungskette, die Produktion: Ausfälle beim 3-Tier-Spezialisten führen zu Ausfällen beim 2-Tier-Lieferanten und dann beim 1-Tier-Systemlieferanten, der dann am Ende der Kette die Hersteller nicht mehr beliefern kann. Die Pipeline ist leer, alle verfügbaren Vorratsläger sind geräumt, die Stellplätze für halbfertige, noch nicht verkaufbare Automobile dagegen prall gefüllt.
Bei immer mehr Herstellern stehen die Bänder still, oder bestehende Werkschließungen werden verlängert, Kurzarbeit kehrt auf breiter Front zurück. Gefertigt werden nur noch hochwertige Fahrzeuge mit hohen Gewinnmargen, keine Massenware mehr. In diese angespannte Situation stößt völlig unerwartet eine aufkommende Energiekrise, begleitet von einem heftigen Preisschub an den internationalen Erdöl- und Gasmärkten. Die Erdölpreise verdoppeln sich auf 85 Dollar/Brent, die Erdgaspreise verdreifachen sich.
Die Zutaten für eine Krise sind also angerichtet: stark steigende Preise für Energieträger jeder Art, wütende Bürger und hektisch reagierende Regierungen. Schon werden in vielen Ländern Energie-Subventionspakete geschnürt, um den Bürgern den Kaufkraftentzug verschmerzbar zu machen. In China wird energieintensiven Produktionen, zum Beispiel für Magnesium, der Strom zugunsten der privaten Haushalte entzogen. Mit der Folge, dass die Aluminium-Produktion ausfällt, von der wiederum die Automobilherstellung abhängt.
Die Energiekrise schreitet global voran. Und in Deutschland ist überdies eine Regierung im Anmarsch, die sich einen Kosten und Energiepreis treibenden Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft in Richtung Dekarbonisierung auf die Fahne geschrieben hat. Die Rekordpreise für Gas, Öl, Strom und Treibstoff bewirken einen Kaufkraftentzug – und treffen auch die Automobilnachfrage.
Und einen schnell wirkenden Impfstoff gegen die Energieknappheit gibt es auch nicht. Selbst wenn die jetzigen Krisensymptome und Teuerungswellen im Frühjahr 2022 wieder abklingen sollten, könnten die Turbulenzen auf den Energiemärkten erst der Anfang einer chronischen Belastung für Bürger und Unternehmen in Deutschland und weit darüber hinaus sein. Keine guten Rahmenbedingungen für den Start einer neuen Regierung.
Aktuelle Lage des Autoweltmarktes (Quelle: VDA, ACEA)
Die Erholung der Weltautomobilkonjunktur kam im Sommer 2021 abrupt zum Stillstand, der Absatz liegt im Frühherbst global wieder deutlich unter Corona-Krisenniveau. Der Halbleitermangel sorgt weiterhin für Rückgänge auf allen internationalen Automobilmärkten.
Die internationalen Automobilmärkte mussten im September durch die zunehmende Belastung der Lieferketten durch den Mangel an Speicherchips und auch wegen der aufkommenden Teuerungswelle bei Benzin und Diesel erneut erhebliche Rückgänge hinnehmen.
- Der europäische Markt brach abermals ein und lag 25 Prozent unter dem Vorjahresniveau.
- Die Märkte in China wie auch Europa und die USA verzeichneten jeweils zweistellige Rückgänge.
- Der japanische Markt gab das dritte Mal in Folge nach.
- Auch in den Schwellenländern Indien und Brasilien ist die Halbleiterkrise mit hohen Absatzeinbrüchen angekommen.
Dazu im Einzelnen:
- Der Europäische Pkw-Markt (EU27, EFTA & UK) musste im September erneut ein deutliches Minus verbuchen (-25 Prozent). Es war bereits der dritte zweistellige Rückgang in Folge und das fünfte Minus im Jahresverlauf. Mit 972.700 Einheiten war es der absatzschwächste September seit dem Jahr 2000.
- Die fünf größten Einzelmärkte lagen alle im September zweistellig im Minus.
- Im Vereinigten Königreich und in Italien reduzierte sich die Anzahl der Neuzulassungen im Vergleich zum Vorjahresmonat um ein Drittel (-34 Prozent bzw. -33 Prozent),
- in Deutschland um mehr als ein Viertel (-26 Prozent) und
- in Frankreich um ein Fünftel (-20 Prozent).
- In Spanien fiel der Rückgang gegenüber einem ohnehin schwachen Vorjahresniveau mit -16 Prozent etwas geringer aus.
- Nur dank der hohen Wachstumsraten der Neuzulassungen im Frühjahr 2021 fällt die Bilanz für den bisherigen Jahresverlauf noch positiv aus. Mit 9,2 Millonen Neuzulassungen liegt der europäische Pkw-Markt mit 7 Prozent im Plus.
- Laut dem europäischen Automobilverband ACEA hat der Marktanteil elektrisch aufladbarer Pkw in der EU zulasten von Benzin- und Dieselfahrzeugen weiter zugenommen. Sowohl Batterie-Elektroautos als auch Plug-in-Hybride haben ihren Anteil im Dreimonatszeitraum nahezu verdoppelt – mit einem Marktanteil von 9,8 Prozent bzw. 9,1 Prozent.
- Die Zulassungen von Hybrid-Elektro-Pkw machten im dritten Quartal 20,7 Prozent des gesamten EU-Marktes aus und übertrafen damit Diesel, um zum ersten Mal die zweitbeliebteste Antriebsoption in der Europäischen Union zu werden.
- Konventionelle Benzin- und Dieselautos verloren im 3. Quartal in Europa weiter an Boden.
Der Absatz von Benzinfahrzeugen ging um 35,1 Prozent auf 855.476 Einheiten zurück, wobei ihr Anteil von 47,6 Prozent im dritten Quartal 2020 auf 39,5 Prozent des Marktes in diesem Jahr zurückging.
Diesel, einst deutscher Exportschlager, hatte es noch schwerer. Sein Marktanteil sank im gleichen Zeitraum um mehr als 10 Prozentpunkte von 27,8 Prozent auf 17,6 Prozent. Die Zulassungen neuer Diesel-Pkw haben sich in der gesamten EU-Region von 769.922 verkauften Einheiten im letzten Jahr auf 381.473 im dritten Quartal 2021 mehr als halbiert.
Neuzulassungen in Europa nach Herstellern
Die Absatzschwäche in Europa traf alle Hersteller, je nach Marktposition allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. Lediglich Smart erzielte einen kleinen Zuwachs.
Ausblick
Eine rasche Besserung der weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Automobilindustrie ist nicht in Sicht. Dafür sind vor allem Investitionen notwendig. Kapital dafür ist reichlich vorhanden! VW allerdings scheint einen anderen Weg gehen zu wollen: Import statt Export, was massiven Stellenabbau zur Folge hätte.
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
Guter Artikel aber: „Kapital dafür ist reichlich vorhanden!“: Nein, das stimmt nicht in meinen Augen. Geld ist viel vorhanden aber Kapital ist was anderes. Rohstoffe, Energie, Werkzeuge, ausgebildete Arbeitskräfte, das ist Kapital und genau daran mangelt es aktuell.
Das hat absolut nichts mit irgendeiner „Chipkrise“ oder einer „Energiekrise“ zu tun sondern liegt schlicht daran daß die Produktion der Elektro-Autos schweineteuer ist da selbige – im Vergleich zu einem Verbrenner – irrsinnige Mengen an Kupfer, Silber, Kobalt und seltenen Erden benötigen deren Preise – unter anderem wegen des E-Wahns – gerade durch die Decke gehen. VW macht mit jedem in Deutschland produzierten ID.3 mehrere tausend Euro Verlust. Also müssen die E-Möhren in Billg-China produziert werden. Die Batterie kommt eh von da und die Chips aus Südkorea. Wenn auch der letzte Verstrahlte merkt was für ein Irrsinn die E-Mobilität ist… Mehr
Sie meinen: „…Merkel war die schlechteste Kanzlerin, die D je hatte….“. Das stimmt aber nicht. Der von ’33 war noch schlechter und hat die Deutschen noch radikaler für seine Ideologie geopfert.
Ja, und dann erstmal der Name,
Volkswagen, das geht ja gar nicht, das ist ja voll Nazi,
da muss Diess aber schleunigst dran arbeiten, bevor sich die Woke-Generation mit voller Kraft VW vornimmt…
Wie wärs die Firma von „Volkswagen (VW) “ in „Diversmobile (DivMob)“ umzubenennen?
Soll VW doch Lastenfahrräder produzieren. Bestimmt sind die in China begehrt und der Export boomt.
Zahlen wir diesen Unsinn von VW auch mit Steuergeldern? Immerhin gehört NRW ja ein nicht unbeachtlicher Anteil dieses Unternehmens.
grüne Strategie:
Abschaffung der Automobile,
erst den Diesel, dann den Benziner und dann die E-Vehikel.
Wer es nicht glaubt, wird es erleben – wenn man die Grünen lässt…
Grüne wohnen fast ausschließlich in großen Städten und können sich gar nicht vorstellen, wofür die Landbevölkerung Autos braucht. Die könnten doch auch mit U- und S-Bahn zur Arbeit fahren. Nur ist die Realität eine andere. Und mit Realität haben es die GRünen nicht so. Die glauben, grüne Ideologie ist Realität. Ähnliches kann man beim Wolf sehen. Aber der Wähler entscheidet sich immer wieder für die Grünen, auch auf dem Land.
Immerhin entlässt VW die überschüssigen Mitarbeiter…andere Unternehmen (auch Automobil) leiten derzeit ihre „Materialien“ um und produzieren im billig-Lohn-Ausland….und schicken ihre Mitarbeiter auf unser aller Kosten in Kurzarbeit….Begründung: Lieferkette. Das ist mal ein Geschäftsmodel…da macht sich VW wenigstens einigermaßen ehrlich.
Der Plug-in-Hybri-PKW muss ehrlicherweise den Verkaufszahlen der Verbrenner zugeordnet werden, denn er ist ein 100% Verbenner mit elektrischen Hilfsmotor, so wie ein Segelboot ein Segelboot bleibt, auch wenn es einen Zusatzmotor für den Flautefall hat. Die CO2-Bilanz ist in der Praxis ohnehin schlechter als beim Verbrenner. Also angeordneter Betrug. Die Software-Mauscheleien von VW sind dagegen Peanuts.
Erzählen Sie das doch bitte mal den GrünInnen. Aber da das ja ein sektenähnlicher Verein ist, werden sie und andere keinen Erfolg haben. Denn die GrünInnen sind resistent, was andere Meinungen angeht. Vermutlich sind Sie bereits in die rechte Ecke gedrängt, Querdenker und Klimaleugner. Alles live erlebt. Von Leuten, von denen man glaubte, sie jahrelang zu kennen.
Richtig. Wiegen die doch mindestens 1/7 mehr als die Verbrenner, also über 200kg. Das ist Gewicht, welches mitbeschleunigt und mitgeschleift wird. Das sind also 0,6l/100km mehr.
Der ID6 ist eher ein Fahrzeug für den chinesischen Markt (dort verkauft sich der ID4 nicht so gut und man bevorzugt längere Radstände, weil der Besitzer öfter mal hinten sitzt). VW geht von ca. 15.000 Stück/Jahr für Europa aus. Dafür lohnt es sich nicht in Deutschland eine eigene Fertigung zu aufzubauen. VW hat das Problem, dass man parallel Verbrenner und Batteriefahrzeuge bauen muss und die Stückzahlen je Variante sind entsprechend gering. Die Überschrift empfinde ich daher als ungenau.
Ich finde, dass sich das die VW-Nochmitarbeiter redlich verdient haben. Einfach mal die Wahlergebnisse der letzten Wahlen in Wolfsburg angucken.