Tichys Ausblick: Wie groß ist Putins Einfluss in Deutschland?

Bei Tichys Ausblick diskutieren Roland Tichy und Frank Henkel mit dem ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen und dem Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt.

Explodierende Energiepreise, eine neue Flüchtlingswelle, Kontrollverlust – die Folgen des Ukraine-Krieges erreichen Deutschland. Angesichts der Blindheit der deutschen Politik der letzten Jahre gegenüber Russland stellt sich die Frage: Wie groß ist Putins Einfluss in Deutschland? Welche Rolle spielen seine Einflussagenten? Wird eine neue Flüchtlingswelle als Waffe eingesetzt, um Europa zu spalten?

Darüber diskutieren die Moderatoren Roland Tichy und Frank Henkel in der heutigen Ausgabe von Tichys Ausblick mit dem ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes und Juristen Dr. Hans-Georg Maaßen sowie mit dem Vorsitzenden der deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt.

„2015 wiederholt sich nicht nur, es wird schlimmer als 2015“

Zu Anfang diskutiert die Runde über die Lage an der Grenze: Droht wieder ein Kontrollverlust? Wendt erklärt, dass die Aufnahme und Registrierung aller Flüchtlinge aus der Ukraine in Polen lückenlos verlaufe: „Weil die Polen wissen wollen, wer in ihr Land kommt, und sie haben allen Grund dazu.“ Genau das Gegenteil finde aber an der deutsch-polnischen Grenze statt. Er bezieht sich hier auf die Eindrücke seines Kollegen Heiko Teggatz, dem Chef der Bundespolizeigewerkschaft.

In Bezug auf die Schlangen ukrainischer Flüchtlinge, die sich aktuell in Berlin vor den Behörden bilden, sagt Wendt: „Ich schäme mich für die Hauptstadt, ich schäme mich auch für mein Land.“ Laut Wendt wären diese Schlangen überhaupt nicht nötig, würde man bereits an der Grenze ordentliche Registrierungen vornehmen. „Durch den Kontrollverzicht entsteht ein Kontrollverlust. Mein Eindruck ist: 2015 wiederholt sich nicht nur, es wird schlimmer als 2015.“

Auch Hans-Georg Maaßen befürchtet, dass aus der Ukraine auch Kriminelle und Banden zu uns kommen könnten, die jetzt die Chance nutzen. Zudem sieht er auch eine Gefahr darin, dass sich viele illegale Migranten aus Afrika und arabischen Ländern gefälschte ukrainische Pässe besorgen, um dann als „ukrainische Flüchtlinge“ nach Deutschland zu gelangen.

„Russland hat ein Interesse daran, Europa und Deutschland zu destabilisieren“

Dann steht die Frage im Raum, wie Russlands Agentennetzwerk in Deutschland aussieht. Es gebe immer offizielle und inoffizielle Mitarbeiter, genau zu beziffern sei die Anzahl aber – gerade im inoffiziellen Bereich – nicht, erläutert Maaßen. „Ein kleiner Prozentsatz (der Mitarbeiter) wird für ‚schmutzige Operationen‘ (zum Beispiel Mordanschläge) eingesetzt – das Entscheidende sind Einflussoperationen. Warum soll man Informationen gewinnen, wenn man Leute an der richtigen Stelle sitzen hat, die Entscheidungen treffen?“, so Maaßen.

Und weiter: „Das Entscheidende ist, auf einen anderen Staat einzuwirken, damit er gewisse politische Entscheidungen im eigenen Sinne trifft. Deswegen sind Einflussagenten so gefährlich.“ Dass das natürlich nicht nur das Geschäft der Russen ist, stellt Maaßen auch fest: „Jeder Staat der einen guten Geheimdienst hat, betreibt dieses Geschäft, Einfluss zu nehmen auf andere Staaten, im Sinne des eigenen Staates.“

Allerdings ist die deutsche Infrastruktur in dieser Hinsicht schwach. „Der BND ist nicht mehr so gut, wie er sein müsste“, kritisiert Maaßen. Ziel der nachrichtendienstlichen Aufklärung seien natürlich auch ausländische Personen (wie zum Beispiel Putin). Das habe der BND über Jahrzehnte gut gemacht. Nun hat das Bundesverfassungsgericht vor Kurzem entschieden, dass auch Ausländer Grundrechtsträger sind.

Bislang konnte der BND umfangreich Informationen im Ausland generieren, das ist jetzt sehr schwierig geworden. „Das ist eine große Gefahr für uns“, resümiert Maaßen, aber es passe in das „pazifistische Wohlfühlklima“. Das stehe im Widersprich zur weltpolitischen Lage – „Plötzlich sind wir in der Realität angekommen“, so Maaßen weiter.

„Das passt ja in die alte KGB-Strategie, Einflussoperationen gerade im linken, im grünen, im Umweltbereich zu fahren“

Auch Rainer Wendt sieht große Bedrohungen für die sicherheitspolitische Lage in Deutschland: „Russland hat ein Interesse daran, Europa und Deutschland zu destabilisieren. Und was ist besser dafür geeignet als Angriffe auf unsere kritische Infrastruktur? Und da brauchen wir starke Sicherheitsbehörden.“ Wendt wird konkret: „Was wir brauchen, sind bessere gesetzliche Befugnisse.“

Es geht um die Reform des Bundespolizeigesetzes, die unter der Groko nicht erfolgt sei. Wendt spricht von einem „glatten Fehlschlag einer gesamten Legislaturperiode“. Er zeigt sich pessimistisch: „Ich habe wenig Erwartung und Hoffnung, dass die neue Bundesregierung hier wirklich vernünftige Dinge schafft. Die denken über Antidiskriminierungsbeauftragte und all so ein Zeugs nach, das ist nicht unser Schwerpunkt und auch nicht die Notwendigkeit.“

Maaßen sieht in der Öko-Bewegung – dem maßgeblichen Treiber deutscher Energieabhängigkeiten – auch ein strategisch wichtiges Vehikel Moskaus. „Das passt ja in die alte KGB-Strategie, Einflussoperationen gerade im linken, im grünen, im Umweltbereich zu fahren.“

Für die Runde ist klar, dass eine Vorverurteilung russischstämmiger Menschen in Deutschland ausgeschlossen werden muss. Rainer Wendt hat hierzu eine klare Position: „Menschen zu diskriminieren, weil sie eine russische Herkunft haben, geht überhaupt nicht. Diese Differenzierung muss sein. Aber man sieht, dass wir in einer hysterischen Gesellschaft leben, die dann aufgeheizt wird, auch in sozialen Netzwerken.“

Wie groß ist Putins Einfluss in Deutschland? Provoziert der russische Präsident ein neues 2015, eine neue Überlastung unserer Infrastruktur? Bei Tichys Ausblick werden heute Abend diese Fragen kritisch beleuchtet. 

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Kommentare ( 17 )

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Demokratius
2 Jahre her

Der ist gut!
Putin ist lediglich (noch) nicht als der Schuldige für Klimawandel und Erderwärmung ausgemacht worden.

Vermesser17
2 Jahre her

Die Abschaffung der deutschen Kernenergie ist ganz klar im Sinne Moskaus und Pekings. Und auch im Interesse der globalen Ölkonzerne.

Selbiges gilt für die Kohle, die stärkste Energiequelle Deutschlands. Früher haben wir mit Stadtgas (CO+H2) geheizt und gekocht !

Der gewaltige Aufstieg Chinas wird angetrieben durch eine noch gewaltigere Nutzung von chinesischer und australischer Kohle.

Nur die Deutschen habens noch nicht kapiert.

Last edited 2 Jahre her by Vermesser17
AP
2 Jahre her

Bitte machen Sie es nicht wie die ÖR, laden Sie auch mal einen AfD-Politiker zu der Diskussionsrunde ein, gerne neben der CDU. Es wäre einfach interessant zu sehen/hören, wie/ob sich das unterscheidet und in welchem Ausmaß. Und es wäre fair uns Lesern gegenüber.

Juergen Waldmann
2 Jahre her

Mit den Carola Rakete Dampfern kamen auch 3 Straftäter nach Italien , die dort jetzt mehrjährige Haftstrafen bekommen haben . Uns blieben die Mörder erspart , da sie schon in ersten Land straffällig wurden . Frei ist nur Frau Rakete ,
die diese Bande unkontrolliert aus dem Meer gefischt hatte ! Mittschuldig ist aber in meinen Augen die BRD , da sie gegen Schleuser nichts unternimmt !

N. Niklas
2 Jahre her

Ernsthaft? Ich frage mich eher, wie viel noch der Einfluss von irgendjemand zählt, wenn die, die solche Fragen stellen und damit ständig und unaufhaltsam im Konzert mit allen Sendern, Medien – und demnächst wohl auch der Plattenindustrie – die McCarthyeske Vorstellung insinuieren, wir wären von Russen unterwandert, einen großen Teil dazu beigetragen haben, dass der Krieg in der Ukraine zu einem Weltkrieg eskaliert. Dass uns der KGB und die Stasi jahrzehntelang unterwandert und die Politik in Westdeutschland – ebenso wie der CIA – mitbestimmt haben, ist sicherlich unzweifelhaft. Als das von Bedeutung war, hat niemand davon gesprochen. Auch Herr Maaßen… Mehr

Last edited 2 Jahre her by N. Niklas
EinBuerger
2 Jahre her

Putin behandelt die Ukraine derzeit sicher nicht gut. Er ist aber nicht mein persönlicher Feind. So gesehen, ist mir „sein Einfluss in der BRD“ egal.
Selbst wenn die BRD nicht der woke S…haufen wäre, der er ist, wäre Russland keine Bedrohung. Sie können ja kaum die Ukraine erobern. Bis Berlin wäre es noch viel viel schwieriger.

friedrich - wilhelm
2 Jahre her

…..hierher gehörte eigentlich meine antwort als denkanstoß! die enthielt einen hinweis auf den financier des wahlkampfes von ukraines präsidenten, der vorher ein komödiant war!

Last edited 2 Jahre her by friedrich - wilhelm
Dagmar
2 Jahre her

(…) Zum anstehenden NATO-Gipfel in dieser Woche fliegt der amerikanische Präsident Joe Biden höchstselbst ein. Er wird auch seine Aufwartung dem für diesen Tag einberufenen Sondergipfel der Europäischen Union machen. Das alles steht unter der Prämisse von Washington, die der deutsche Vizekanzler, Herr Habeck, formuliert hat: Danach bemisst sich der deutsche Einfluss im Westen danach, in welchem Maß und Umfang Deutschland zu “dienen” bereit sei. (…) Über die Konfliktlage im Osten und jetzt über den Krieg gegen die Ukraine soll die Gesamtstatik Deutschlands so verändert werden, dass selbst polnischen Forderungen auf einen NATO-Einsatz in der Ukraine kein Widerstand aus Berlin… Mehr

friedrich - wilhelm
2 Jahre her
Antworten an  Dagmar

……eine atomare auseinandersetzung macht mir angst! dabei habe ich noch erinnerungen an meine kinderzeit, die ich zum großen anteil in kellern und bunkern verbringen mußte! d a s kommt aber dabei nicht in bedracht, obwohl ich ein haus mit atombunker besitze!

Last edited 2 Jahre her by friedrich - wilhelm
friedrich - wilhelm
2 Jahre her

…..angeblich wird präsident selenskyj – auch sein wahlkampf – von einem namens kolomoiskyj, der zugleich der pate der ukraine mafia sein soll, finanziert…..

friedrich - wilhelm
2 Jahre her

…..zum glück kann ich die folge direkt in deutschland sehen und komme gleich mit einer gegenfrage: wie groß ist eigentlich der us – einfluß und hat auf diesen hin herr maßen den berlin- breitscheidtplatz – attentäter zeitig zu lang in deutschland herumreisen lassen, um spezielle beobachtungen einer bestimmten terrorgruppe vorzunehmen? wurde dadurch nicht das leben der toten vom breidtscheidplatz in gefahr gebracht,derzufolge sie dann eben tot waren? der tatbestand ist doch viel zu ernst um n u r einseitig betrachtet zu werden!