„Was ist los mit Ihrer SPD, Herr Sarrazin?“

Kein anderes Buch wird im deutschen Sprachraum so häufig verkauft und kein anderes wurde bereits vor Veröffentlichung so verteufelt wie Sarrazins „Feindliche Übernahme“. Immer wieder wird versucht, ihn aus der SPD auszuschließen. Während Sarrazin als Autor immer neue Erfolge feiert, fällt die SPD in der Wählergunst immer tiefer. Da kann man sich schon die Frage stellen: Wer liegt richtig? Wir sprechen mit Sarrazin über die SPD und sein Buch.

 

Die mediale Empörung über das «verlegerische Unglück dieses Jahres», das Deutschland «so dringend braucht wie ein Ebola-Virus» («Süddeutsche Zeitung»), ist groß und eint nahezu die komplette Presse von taz bis FAZ.

Einige wenige Kollegen erlauben sich jedoch, differenzierter hinzuschauen. So zum Beispiel die NZZ, die den über die Grenzen Deutschlands hinweg hörbaren Aufschrei in der Medienlandschaft auseinander nimmt und konstatiert: „Natürlich muss niemand Sarrazins Buch lesen. Aber als Grundlage für den Streit über Integration liefert es viel denkwürdigen Gesprächsstoff. Hätte man sich in den acht Jahren seit «Deutschland schafft sich ab» etwas weniger echauffiert und manches, was dort steht, bedacht, wäre Deutschland vermutlich schon weiter.“

Auch die SPD hadert mit ihrem langjährigen Mitglied Sarrazin, der u.a. als Finanzsenator im SPD-geführten Berliner Senat wirkte.

Sie möchte überprüfen, ob der Autor wegen des neuen Werks doch aus der Partei ausgeschlossen werden kann. „Die SPD wird sehr genau prüfen, ob er seine Auflagen aus dem Parteiordnungsverfahren von 2011 erfüllt“, sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (F.A.S.) noch vor dem Erscheinen des Buches und ohne es zu kennen. Bislang sind diese Versuche gescheitert. Wie kommt es, dass Sarrazins Buch die Bestsellerlisten anführt, und die SPD Wahlen verliert?


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Kommentare ( 70 )

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Baumann
5 Jahre her

Es gibt für Journalisten, die lieber keinen technischen Beruf ergriffen haben, weil sie in der Schule schon mit Mathe und dem Teufelszeug ihre Probleme hatten, keinen schlimmeren Feind, als der leibhaftige SARRAZIN. Mit seinen vielen, systemischen, geordneten und zahlenbasierten Schlussfolgerungen. Der Kern des Versagens der Kritiker: Zahlen anfechten, denen man schon im Gymnasium nicht mehr gewachsen war. Es ist der direkte Weg, nur ein Schritt, vom Zenit der schreiberischen Erfolgs zur Lächerlichkeit.

Waehler 21
6 Jahre her

Die SPD vertritt und streitet vehement für gesellschaftliche Aussteiger , Glücksritter ( also 40 Jahre Südsee und wenn man älter wird, ab nach Hause ) und ein par Ruinen ihrer Kernphilosophie. Hat sie etwas aus dem Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus gelernt ? Nö ! Kleine und kleinste Einkommen (Bäckerei Fachverkäufer und, und ) finanzieren über ihre Sozialabgaben die Frühverrentungen von sehr gut bezahlten Mitarbeitern im Bergbau und anderen Industriearbeitern mit. Gut, einer muss auch der Dumme sein. Warum nicht der kleine Mann ? Zu den Äußerungen zum Asylthema muss man sich fragen, warum es einem Europäer – zum Beispiel… Mehr

Old-Man
6 Jahre her

Gäbe es in der SPD noch klar denkende,dann würden sie nicht so unqualifiziert über diesen vorzüglichen Mann sprechen,sondern alles versuchen seine Thesen durch Handeln zu erschüttern,was aber schwerlich möglich ist,denn der Mann hat mit jedem Wort Recht! Wer will sich denn noch auf das Wort eines Stegners stützen,ist doch Stegner selber mehr Belastung denn Stütze der SPD! Die Wähler haben ein gutes Gespür,und einen guten Geruchssinn,die merken wenn eine Partei anfängt nach Aas zu riechen und wenden sich angewidert ab! Wer sich die traurige Riege der letzten Weltverbesserer in Reihen der SPD anschaut,der empfindet mit diesen ideologisch gestrandeten keinerlei Mitleid,der… Mehr

Pankratius
6 Jahre her

Sehr gutes Interview. Sarrazin ist ein Analytiker und die meisten abgebrochenen Student*Innen im rot-grünen Führungskader der Parteien können dem mangels Vorbildung gar nicht folgen. Eine grüne Claudia R. kann zum Beispiel nur sagen „Mich schaudert’s“ – sie kann aber nicht analytisch begründen, was falsch sein soll und sie hat auch nicht den wissenschaftlichen Hintergrund, das notwendige Wissen zu erwerben und anzuwenden. Leider sind diese Leute aber einflussreich und stimmberechtigt in den Gremien.

Für das Interview: Spende in die Kaffeekasse.

Contra Merkl
6 Jahre her

Wenn Sarrazin Parteivorsitzender wäre und ihm die SPD folgen würde, dann würde die SPD wieder eine Volkspartei werden. Das die ganze SPD auf dem Holzweg ist, merken die nicht. Der Fahrplan von Nahles, Stegner etc. Ist jetzt aber Gas geben. Sollen Sie machen. Mit welcher waagrechten Geschwindigkeit die in den Abgrund springen, spielt keine Rolle. Die Aufschlagsgeschwindigkeit am Boden wird die gleiche sein.

mielforte
6 Jahre her

Wagen wir mal die mutige These, Martin Luther sei der erste Sozialdemokrat auf deutschem Boden gewesen, regt dieser Blick doch mindestens zum Nachdenken an, was diese Partei eigentlich ist. Also keine Enteignungsmaschine mit Rückversicherung zu den Fürsten (neudeutsch „Godesberger Parteiprogramm“ oder „Industriegesellschaftstheorie“).
Bei allem Sinn für Humor sehe ich Frau Nahles als Kanzlerin. Und das ist wirklich kein Spaß. Wer nach oben will muß unten beginnen. Und das tut sie mit 9% in Bayern.

Odysseus JMB
6 Jahre her

Die SPD ist Opfer eines akademischen Internationalismus geworden, zu dem sie als traditionelle Klientelpartei aber nicht ihr Klientel überreden kann. Warum sollten die hierzulande („national“) erarbeiteten Wohltaten/Steuermittel über Europa/die Welt oder Wirtschaftsmigranten verteilt werden und nicht hier die Infrastruktur-, Bildungs-, Wohnbau-, ….-Miseren beseitigen helfen? Die Religionen und ihre Herkunft wären politisch ohne Belang, würden sie nicht versuchen die Errungenschaften der Aufklärung (Begriff der Freiheit und der damit verbundenen persönlichen Verantwortlichkeit) nach Kräften wieder abzuräumen und durch hoffende Glückseligkeit (oder was sie dafür halten) für die Scharen (Herden) der Gläubigen zu ersetzen. Der Islam versucht in besonderem Maß seine Schäfchen in… Mehr

MartinLa
6 Jahre her
Antworten an  Odysseus JMB

Ein interessanter Text, den ich gerne als einem redaktionellen Gastbeitrag lesen würde. Auch wenn ich punktuell die Ansichten nicht teile, ist der Text doch von hinreichender Eloquenz und gedanklicher Tiefe. Meine Kritik ist die scharfe Abgrenzung zwischen jenen Gläubigen und den vermeintlich Intellektuellen. Die Kritik am Islam als Lehre ist absolut berechtigt, aber die Menschen sind oftmals nicht vollständig über Kultur und Bekenntnis zu beschreiben. Im Besonderen, wenn der Begriff sich nicht auf den Islam oder eine Variante beschränkt, sondern Religion als Oberbegriff generalisiert. Das verkürzt und lässt die Illusion aufkommen, in dem man sich selbst für Ideologiefrei hält, dabei… Mehr

MartinLa
6 Jahre her

Sehr geehrter Herr Tichy, Sie behaupteten (13:14): ‚In der Bibel stehe ziemlich viel Mist, wenn man es mal genau nimmt. Aber wer nimmt sie ernst?‘ Nun, ich nehme sie erst, und ich bezweifle, dass da ziemlich viel Mist steht. Denn die Bibel wird auch mit überwältigender Mehrheit der Evangelikalen nicht wörtlich in toto als ‚herabgesandt‘ verstanden, sondern als Glaubenszeugnisse, als Erfahrungen, Offenbarungen und Deutungen. Und selbst jene christliche Fundamentalisten, Young-Earth-Creationists, denen ich nicht zustimme, halte ich für harmlos. Sie finden keine gültige Rechtfertigung in der Bibel für aktuelle Gewalttaten. Die behaupteten Genozide im Zusammenhang mit der Landname des gelobten Landes… Mehr

amendewirdallesgut
6 Jahre her
Antworten an  MartinLa

Es macht am Ende immer noch einen Unterschied ob das gut Gedachte ( wie übrigens alles gut Gedachte ) , dem Mißbrauch zum Opfer fällt , oder ob Mißbrauch unter dem heuchlerischen und trügerischen Deckmantel des gut Gedachten daher kommt .

MartinLa
6 Jahre her
Antworten an  amendewirdallesgut

Stimmt … aber ist der Unterschied hier wirklich so groß? Im einen Fall ist es das unbeabsichtigte Missverständnis, dass die Lehre des Guten nicht wirklich verstehen und befolgen will, und seine geistwidrige Deutung darüber stülpt. Im anderen Fall ist es die böse Absicht, die die Gute Absicht vorspiegelt, um diese für unlautere Zwecke zu rekrutieren. So darf sich die gute Absicht hinterfragen lassen, in wie weit sie dem Bösen durch eigene Schwächen Tür und Tor öffnet, wie wohl es grundsätzlich keine Silberkugel gibt, mit der man sich des Bösen absolut entschlagen kann. Die Absicht des Guten – gerade auch in… Mehr

Pankratius
6 Jahre her
Antworten an  MartinLa

Selbstverständlich steht in der Bibel viel Mist und ihn zu finden ist ausschließlich eine Funktion der Lesezeit. Speziell im Alten Testament hagelt es von Gewalttätigkeit und -phantasie. Leider haben diesen literarischen Schwachsinn Leute wie Mendelssohn-Bartholdy in seinem „Elias“ jahrhundertefest vertont, sodass die Texte auch dann noch rezitiert werden werden, wenn die christliche Verkündung längst durch Implosion in Päderastie und rhetorisch-leeres Wohlfühloasentum im Absurden entschwunden ist.

Henni
6 Jahre her

Die SPD ist wie sie ist, im Grunde nicht wählbar für Menschen, die lieber “ unter sich “ leben möchten. Das gilt aber genauso für alle großen Parteien in Deutschland, ausser der AFD. Das sage ich, obwohl ich eigentlich eher sozialistischdenkend bin. Ich bereise gerne andere Länder und Kulturen, lasse dort mein Geld, unterstütze auch gerne Hilfsorganisationen VOR ORT, aber bei mir Zuhause will ich diese Leute nicht haben. Ich brauche eine Abgrenzung, die ich für mein Überleben , für mein Wohlbefinden extenziell benötige. Ich brauche einen Staaat, der auch mein Denken schützt. Dieser Staat kann durchaus auch klein sein,… Mehr

Kassandra
6 Jahre her
Antworten an  Henni

Ich kann mir nur vorstellen, dass die immer wieder innerhalb der SPD aufflackernden Diskussionen helfen, Sarrazins Themen am Köcheln zu halten und in die Öffentlicheit zu bringen – und auch innerhalb der Partei Anstoß zum Nachdenken sein können.
Ein Sandkorn in einem Getriebe bringt dieses eher zum Stocken als eines außerhalb – und bei der SPD ist ja auch noch dieses 2. Sandkorn, Buschkowsky…

Schon arm, wenn alle anderen mitlaufen.

MartinLa
6 Jahre her
Antworten an  Henni

Ich habe den Daumen hoch gegeben, nicht weil ich allem zustimme, aber weil ich es gut finde, wenn Menschen sich in ihren Ansichten klar äußern. Der Wunsch nach einem Hort des Friedens ist völlig nachvollziehbar. Ich selbst sehe im Pluralismus weitere Grenzen und einen kleineren notwendigen Minimalkonsens, vor allem in Fragen der Religion. Aber mir ist es lieber, wenn ein Mensch sich zu einer Position bekennt, die er auch vollends vertreten kann, als wie wenn so manche irgend was nachplappern, aber dann weder praktizieren, noch in seiner Konsequenz daran glauben.

Mareike
6 Jahre her

Heinz-Hermann Thiele, Aufsichtsratsvorsitzender der Vossloh AG und Eigentümer der Knorr-Bremse AG, einem der weltweit führenden Hersteller von Bremssystemen für Schienen- und Nutzfahrzeuge, mahnt schon lange.

Hier beim Abschieds-Vortrag des scheidenden Präsidenten des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Prof. Hans-Werner Sinn, am 31. März in München. https://youtu.be/LwXa4ifHjJM

Keiner der hohen anwesenden Wirtschaftsprominenz hatte den Mut, ihn zu unterstützen. Herr Thiele zittert sogar im Laufe seines Aufrufes – es ist sicher nicht seine erste Rede vor großem Publikum, wohl angesichts dessen, dass alle anderen versuchen, sich da nicht öffentlich zu bekennen.

Grumpler
6 Jahre her
Antworten an  Mareike

@ Mareike: Herr Thiele hat kürzlich bei einer Podiumsdiskussion der Passauer Neuen Presse nachgelegt. Und der Sinn war auch wieder dabei.

Ausschnitt mit Heinz-Hermann Thiele:
https://www.youtube.com/watch?v=Se6SfW38oEs
Die Diskussion komplett:
https://www.youtube.com/watch?v=Z7u8XIiLkvI