„Dann ist der Rechtsstaat fast am Ende“

Robert Habeck muss zurücktreten, sagt Rupert Scholz. Der Kanzler könne ihn nicht länger im Kabinett halten, ohne dass das Vertrauen in den Staat Schaden nimmt.

 

Der Fall Habeck und Graichen zeigen auf, wie die Politik das Parlament und die Demokratie aushebelt, sagt Rupert Scholz im Tichys Einblick Talk. Denn in mit der Politik verfilzten Vorfeldorganisationen werden Gesetzesinitiativen begonnen und dann durch den Bundestag gepeitscht.

„Zum Beispiel, der deutsche Bundestag beklagt sich gerade durch seine Präsidentin, dass die Regierung ihre Gesetzgebungsvorhaben viel zu schnell durchzieht, und dass gar nicht genug Zeit und Sorgfalt im Parlament gegeben ist, die Dinge wirklich zu beraten und zu prüfen.“ Diese Gesetzte kommen maßgeblich aus den Lobbyorganisationen und dem Umfeld des Graichen-Clans.

Rupert Scholz hält ein Plädoyer für das Beamtentum. „Öffentlicher Dienst, Beamtenrecht bedeutet Unabhängigkeit, Neutralität, parteipolitische Neutralität, Kompetenz, Leistungsprinzip alles das sind Dinge, die eigentlich maßgebend sind für die Bestellung von Beamten, auch von Staatssekretären. Was haben wir stattdessen? Stattdessen haben wir diesen Staatssekretär Graichen, offenkundig eine äußerst fragwürdige Figur. Aber er, Habeck, hält an ihm fest, scheint von ihm abhängig zu sein. Ich will das mal unterstellen, obwohl in Wahrheit der Graichen mit seinen familiären Geschichten vom Ministerium abhängig ist.“

Ein Staatssekretär handelt stehts im Namen des Ministers, führt Scholz weiter aus. Deswegen oblige es Robert Habeck seinen Staatssekretär zu maßregeln. Dass er es nicht tut, fällt auf Habeck zurück, so Scholz. Er toleriert den Filz im Ministerium, fördert ihn sogar. Deswegen müsste Bundeskanzler Scholz eigentlich Habeck schassen, denn das Festhalten am Staatsekretär macht alle Verfehlungen zu Habecks eigenen Verantwortung.

„Dann ist der Staat fast am Ende“

Man müsse fast dankbar sein, ist Rupert Scholz der Meinung, dass sich der Skandal an Graichens Schwager entzündet hat. Denn damit wird das System der NGOs und ihrer Verflechtungen mit der Politik ans Licht gezerrt. Ein System, das in Scholz‘ Einschätzung die Demokratie bedroht.

„Wir leben in einer Phase einer partiellen Entstaatlichung öffentlicher Aufgaben“ -denn immer mehr Aufgaben werden aus Ministerien ausgelagert an NGOs, Verbände und Beauftragte der Regierung mit eigenem Stab und eigenem Etat. „Das bedeutet aber wiederum nicht nur, dass der Rechtsstaat in Frage gestellt wird, sondern das Demokratieprinzip. Denn hier gibt es keine demokratisch parlamentarische Verantwortung. Und wenn es die nicht gibt, dann ist der Staat genau genommen so, wie unser Grundgesetz ihn vorschreibt, fast am Ende. Und die Gefahren bestehen eindeutig.“

„Ich brauche nicht nur von der Sache her, sondern auch unter Legitimation zu Aspekten von Rechtsstaatlichkeit angefangen bis zum Demokratieprinzip, eine, ich möchte einmal sagen, voll transparente und buchstäblich saubere Verwaltung“. Doch: „Transparenz und Sauberkeit geraten aber immer mehr offenkundig in den Hintergrund und werden schlicht verdrängt oder werden nicht mehr beachtet. Und damit wird unser demokratisches Gemeinwesen insgesamt fragwürdig, unglaubwürdig. Das Vertrauen der Bürger wird massiv beschädigt. Ohne Vertrauen und Glaubwürdigkeit können wir ein demokratisch-rechtsstaatliches System nicht in Funktionsfähigkeit behalten. All diese Dinge sehe ich heute in hohem Maße gefährdet.“

Den ganzen Tichys Einblick Talk mit Rupert Scholz, Roland Tichy, Mario Mieruch und Frank Henkel finden Sie hier:


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Kommentare ( 7 )

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Karlo der Echte
1 Jahr her

[..]damit wird unser demokratisches Gemeinwesen insgesamt fragwürdig, unglaubwürdig[..]
nein, deligitimiert!

Cethegus
1 Jahr her

Es ist wirklich schon fast tragisch wie Herr Scholz noch immer tapfer glaubt, daß dieser Rechtsstaat innerhalb des an allen Ecken und Enden durchlöcherten Systems zu retten wäre…

Timur Andre
1 Jahr her

„schaden nimmt“, also der Schaden ist schon da. Politikerverdrossenheit, Nichtwähler, ein großer Teil glaubt nicht mehr, dass wir eine Demokratie haben, mit einer Wirtschaftskrise, werden wir Verhältnisse der 20 und 30 Jahre bekommen.

raschaefer
1 Jahr her

Was hindert denn unsere Abgeordneten daran, einen 1000-seitigen Gesetzentwurf bei der zu kurzfristig angesetzten Lesung im Bundestag einfach mal abzulehnen, weil nicht genug Zeit der Vorbereitung war? Muss man denn jedem Entwurf zustimmen? Ach, ich vergass: man ist ja per Liste in den Bundestag geraten und es kommt nicht gut, wenn man den Parteioberen lästig wird. Da könnte der sichere Listenplatz bei der nächsten Wahl ja gegen einen weiter hinten getauscht werden und das war’s dann mit der Wiederwahl. Also Demokratie geht ganz sicher anders!

non sequitur
1 Jahr her
Antworten an  raschaefer

Wir wissen doch, der Abgeordnete ist seinem sicheren Listenplatz und nicht seinem reinen Gewissen verpflichtet.

Fieselsteinchen
1 Jahr her

Herr Scholz mag irren. Ein Kunderbuchautor/ein Germanist übernimmt das deutsche Wirtschaftsministerium, offenkundig dass der Mann überhaupt keine Ahnung von der Materie hat, dazu offenbarte er sein Unwissen in Interviews/Talkshows auch vor 2021. Ein Ministeramt ist auch kein Learnin‘ by doin‘-Job, auf fachlicher Ebene. Das Scheitern der aktuellen Chefdiplomatin und diverser Verteidigungsministerinnen zeigen es schon – seit längerem. Graichen hat VWL und Politik studiert. Ohne Graichen, auch als persönlich Vertrautem kann Habeck gar nichts mehr. Seine Reaktionen in dieser Affäre weisen darauf hin, dass der Staatssekretär die graue Eminenz des Wirtschaftsministeriums ist, seine Vorschläge werden abgearbeitet. Habeck ist nur der Repräsentant… Mehr

non sequitur
1 Jahr her
Antworten an  Fieselsteinchen
  • Noch erschütternder als der exekutive Graichen Clan ist, dass Multi-Milliardäre wie z.B. ein Christopher Hohn mit seinem TCI Hedge Fund, ein Real Estate Scalper vom Feinsten, Deutschlands Wirtschaftspolitik genau dorthin führen, dass sie sich massenhaft billig Immobilien einverleiben können, die deren Eigentümer aufgeben müssen, weil sie dank Grüner „Klimaschutz“-Gesetzgebung, deren Heizungsumbau finanziell nicht stemmen können und diese wegen des so erzeugten Wertverlustes weder beleihen können noch in einem Lebensalter sind, in dem ihnen irgendeine Bank Kredite geben würde.
  • Nannte man solche Drahtzieher im Hintergrund unter Sozen, Grünen und Linken nicht einst Heuschrecken?